Interview von Raoul Hamlet und Vidar Lindström mit dem Autor Achim Szepanski vom 22. November 2018 beim Autonomie Magazin. Frage:
„Nach Marx ist der Grundwiderspruch der kapitalistischen Produktionsweise der zwischen Kapital und Arbeit. Wie drückt dieser sich heute aus, was bedeutet dies für den Kapitalismus des 21. Jahrhunderts und auch für die Entwicklung der Klassenkämpfe?“ Achim Szepanski: „
Der Antagonismus zwischen Kapital und Arbeit hat sich seit den 1970er Jahren auf globaler Ebene stark transformiert. Er ist sozusagen in eine neue Runde eingetreten. (…) Es sind die total Abgetrennten, die Massen von Arbeitslosen, die Tagelöhner und die unter protoindustriellen Bedingungen vernutzten asiatischen und afrikanischen Wanderarbeiter, das postkoloniale Heer von Sklaven, die Alten und Kranken, aber auch die überflüssigen Jungen, – alles in allem ist es die globale Surplusbevölkerung, die außerhalb der offiziellen Arbeitssysteme steht. Die Surplusbevölkerung vegetiert heute auf dem schmalen Grat zwischen Überleben und Liquidierung. Und sie ist, wenn sie sich auf den Straßen politisch artikuliert, nicht mit den Agenten der Produktion, sondern direkt mit dem Staat und der Polizei konfrontiert. Diese Kämpfe haben also von vornherein eine proto-politische Dimension. Das macht die Surplusbevölkerung aber keineswegs zum revolutionären Subjekt, denn sie ist ja, wie Zizek bemerkt, von einem doppelten Ausschluss betroffen. Ausgeschlossen von der Lohnarbeit und ausgeschlossen von allen möglichen Formen der Teilhabe, sei es der ökonomischen oder der sozialen Reproduktion. Das heißt aber auch, dass die Surplusbevölkerung erst gar nicht in Versuchung gerät, ein symbiotisches Interessensverhältnis mit dem Kapital anzustreben, wie dies Teile der Facharbeiterschaft heute über die Gewerkschaften in den wichtigen Ländern des Westens praktizieren. (…) (alle Veröffentlichungen 2018 von Achim Szepanski im Laika Verlag)
weiterlesen »