In den 90er Jahren begann die „große schwedische Schulreform“ – mit der zunächst das ganze Bildungswesen kommunalisiert wurde – und danach, ohne zentrale Kontrollinstanzen irgendeiner Art, privaten Unternehmen geöffnet. Die heute so weit vorgedrungen sind, dass demnächst die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler Stockholms an private Schulen gehen werden. Kein Zufall, dass dieser Prozess darauf basiert, welchen Ausbildungsstand und welches Einkommen die Eltern haben – öffentliche Schulen sind dann eben vor allem für junge Menschen aus der Migration und der Arbeiterschaft da, der Rest geht zunehmend in Privatschulen. Mit horrenden Ergebnissen, die etwa in den (stets zu kritisierenden) PISA-Tests ansatzweise zu Tage treten. Was damit zu tun hat, dass eine der ganz konkreten Entwicklungen im Zuge der Profitjagd im Bildungswesen es ist, dass in Schweden Lehrerinnen und Lehrer an privaten Schulen eben nicht nach Regeln, sondern nach „Leistung“ (sprich: Abschlüsse) bezahlt werden. Mit anderen Worten: Möglichst billig. In dem Beitrag „The Great Swedish Child Experiment: A Failure“ von Per Kornhall am 11. Dezzember 2020 in Diane Ravitchs Blog (geschrieben als Beitrag zur Debatte um Privatschulen in den USA) wird als eine von den konkreten Konsequenzen der „Markt-Ausbildung“ genannt: 30% aller, die an Privatschulen Schwedisch unterrichten, sind keine Schwedisch-LehrerInnen, Tendenz steigend. Der schwedische Bildungsanalytiker zieht immer wieder den Vergleich zu Finnland (und im Übrigen auch zu Chile, das als einziges weiteres Land diesen Kurs ähnlich radikal eingeschlagen habe, wie Schweden): Dort sei zunächst das einstige schwedische Schulwesen übernommen worden, des gleichen Zugangs für alle und repressionsfreiem Lernen – aber der Schritt der Privatisierung sei verhindert worden. Weswegen die Ergebnisse in beiden Ländern zunehmend diametral unterschiedlich seien, was die allgemeine Ausbildungsqualität betrifft. Summarisches Motto: Marktwirtschaft schafft nicht bessere Ausbildung – sondern besseres Marketing…
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