Zugegeben: In einem Land, dessen Sprache den Begriff „Würde“ nahezu ausschließlich in Zusammensetzungen kennt (Menschenwürde, wie auch immer erworbene Ehrendoktor…), ist es nicht so ganz einfach, über politische Vorgänge in Ländern zu urteilen, in denen der Begriff eine ganz andere Rolle spielt, wie etwa Rund ums Mittelmeer (samt den postkolonialen Erben anderswo). Und wo hierzulande der fleißige (modernisiert: Leistungsbereite) – also: gehorsame – Mensch als Leitbild verschiedenster politischer Strömungen dient, ist in solchen Ländern die Frage durchaus im Alltag präsent, ob die Würde einer Person bei einer bestimmten, keineswegs wirklich freiwilligen, Tätigkeit gewahrt bleibe. Dass das erste Gesetz, das die neue italienische Rechtsregierung verabschiedet hat, den Titel „Dekret Würde“ trägt, und in dem ganzen Sammelsurium von Maßnahmen in verschiedensten Bereichen direkt auf die Fahrradkuriere und ihre Entwürdigung Bezug nimmt, ist also keineswegs eine solche Überraschung, als die sie hierzulande des Öfteren medial behandelt wurde. So wenig, wie etwa eine Einschränkung der Dauer, in der Menschen mit Zeitarbeitsverträgen zu besonderer Unsicherheit und Erpressbarkeit verurteilt werden. Und während in Italien die Unternehmerverbände „not amused“ reagierten – selbstverständlich mit gleichklingendem Echo in bundesdeutschen Medien – und gar die Universitäten ihre Forschung zusammen brechen sahen (nicht etwa durch die Prekarisierung, sondern durch ihre angebliche Begrenzung), sahen die meisten Betroffenen und gewerkschaftliche Organisationen dieses Würde-Dekret ganz anders: Ein Berg, der eine Maus gebar – das war noch die freundlichste der entsprechenden Bewertungen, während die meisten das ebenfalls enthaltene angebliche Grundeinkommen als genau das kritisieren, was es ist: Eine HartzIV-Kopie auf italienisch. Siehe zum italienischen Würde-Dekret und seiner Bedeutung für eine reaktionäre nationalistische Sozialpolitik die aktuelle Materialsammlung „Die Würde der Lakaien“ vom 14. August 2018
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Zugegeben: In einem Land, dessen Sprache den Begriff „Würde“ nahezu ausschließlich in Zusammensetzungen kennt (Menschenwürde, wie auch immer erworbene Ehrendoktor…), ist es nicht so ganz einfach, über politische Vorgänge in Ländern zu urteilen, in denen
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