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Polizei eskaliert den Arbeitskampf bei Neupack: Vier Festnahmen
Heute morgen war der bisher härteste Einsätz der Polizei gegenüber den UnterstützerInnen des Neupackstreiks. Drei von ihnen wurden festgenommen, in Handschellen abgeführt und eine Stunde auf der Wache in Stellingen festgehalten. Ein Streikender, der seinen Ausweis nicht vorzeigen wollte, wurde von mehreren Polizisten überwältigt und auf den Boden geworfen und ihm Handschellen angelegt. Nach Personalfeststellung wurde er kurz darauf wieder freigelassen. Was war am Donnerstagmorgen zwischen vier Uhr und acht Uhr vor den Toren des Verpackungsmittelherstellers Neupack passiert?
45 UnterstützerInnen waren meistens mit Nachtbussen bis vier Uhr angereist, um die polnischen Streikbrecher, die in einem Bus von ihrem Wohnheim in Altona jeden Morgen zum Werksgelände nach Stellingen gefahren werden zu empfangen und ihnen Info-Blätter der IG BCE auf polnisch zu überreichen. Nach der Weihnachtspause sind etliche neue Streikbrecher aus Kattowitz (Oberschlesien) dabei, die noch keine Informationen von KollegInnenseite über die Situation in der Firma haben. In dem Info-Blatt wird freundlich und sachlich auch über die Rechtssituation informiert. Zehn Streikende waren frühmorgens am Wohnheim der polnischen StreikbrecherInnen, um ihnen schon dort die Infos zu überreichen.
Der Streikbrecher-Bus traf mit einem starken Polizei-Aufgebot im Doerriesweg, dem Produktionsort ein. Die UnterstützerInnen hatten keine Gelegenheit, den im Bus verweilenden StreikbrecherInnen die Infos zu übergeben. Sobald sich die Türen des Busses öffneten, wurden sie von Security-Leuten wieder eilig geschlossen. Den Streikbrechern war, wie in den vielen Wochen vorher, nicht erlaubt, durch die Gasse der Unterstützer und Streikenden zu gehen, um jeglichen Kontakt zu vermeiden. Die Polizei drohte den UnterstützerInnen Platzverweis bis 22 Uhr an. Auf die Frage nach dem Versammlungsleiter bekam sie die Antwort: Wir alle!.
Dann hatten alle eine lange Wartezeit. Die UnterstützerInnen am Eingang, wo der Feuerkorb steht („das ewige Streikfeuer“), hatten es gut, sie konnten sich wärmen, die an den anderen drei Eingängen vertraten sich heftig die Beine. An einem Eingang, am Nachbargrundstück zu einer Kirche unterhielt ein Unterstützer die Umstehenden, indem er Lieder von Georg Kreisler, jeweils alle Strophen, lauthals sang. Wer kann das schon, alle Strophen? Die zuhörenden Polizisten verzogen keine Mine, konnten den Texten wohl nichts abgewinnen – Humor ist kein Pflichtfach beim Polizeiunterricht.
Die Beschaulichkeit hatte aber bald ein Ende.
Der Bus wollte über die Einfahrt der Kirchengemeinde „Arche“ auf das Gelände von Neupack fahren. Ein Unterstützer machte die Polizei sehr laut auf die Tatsache aufmerksam, daß die Unterstützer auf dem Gelände der Kirchengemeinde stehen. Er wurde festgenommen und in Handschellen abgeführt.
Die UnterstützerInnen hatten sich verständigt, Festnahmen zu vermeiden und sich vorher zu zerstreuen. Dazu kam es nicht, weil die Polizei sich eine Unterstützerin und zwei Unterstützer rausgriff und in Handschellen zur Wache Stellingen brachte.
Alle spürten in diesem Moment und besonders als der streikende Kollege am Boden lag ein Gefühl der Ohnmacht und der Wut – trotz Überzahl der Unterstützer kann man nicht eingreifen und die Kollegen befreien.
Die UnterstützerInnen werden über weitere Aktionen beraten.
Es war für alle Streikenden und UnterstützerInnen, die diese Parteinahme der Polizei für das Eigentum und den Profit der Krüger-Family wieder eine Lehrstunde in realer Demokratie. Firma Neupack unterläuft den Streik und stellt erst 29 Streikbrecher der Firma work-expreß (Polen, Kattowitz) ein, jetzt noch weitere acht ArbeiterInnen, die Produktion kann dadurch hochgefahren werden – alles ganz legal. Profit und Eigentum der Krüger-Family werden durch das Hamburger Arbeitsgericht und die Polizei geschützt. Das Eigentum der Streikenden dagegen, ihre Ware Arbeitskraft ist dagegen für die deutsche Justiz nicht schützenswert. Keine der bisherigen Bundesregierungen, auch nicht letzte Schröder-Trittin Regierung mit Olaf Scholz als Arbeitsminister hat dieser gesetzlichen Möglichkeit des Unterlaufens des grundgesetzlich geschützten Streikbruchs einen Riegel vorgeschoben, um zumindest einen Standard wie in Frankreich zu erreichen. Es gab große Worte der Solidarität von Steinmeier, Steinbrück, Gabriel und etlichen weiteren SPD-Politikern. Jetzt haben sie Gelegenheit, den Worten Taten folgen zu lassen und zusammen mit Grünen, Linkspartei und den Sozialausschüssen der CDU eine Gesetzesinitiative zu starten, mit der die Einstellung von StreikbrecherInnen verboten wird und die Einschränkung der Rechte des Betriebsrates aufgehoben werden. Wir warten – die SPD muß liefern!
Die IG BCE hat zwei Sekretäre nach Hamburg geschickt, um die Streikführung durch das Übernehmen von Verwaltungsarbeiten zu unterstützen.
Das tat auch nötig, jetzt zu Beginn der elften Streikwoche und angesichts der totalen Überlastung der Streikführung.
Dieter Wegner, Soli-Kreis Neupack , soli-kreis@gmx.de, 17.01.2013