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IGM-Kollege: IG BCE-Führung begeht Verrat!
Quelle: Jour Fixe Info 28 – 2013
Der Kollege H., jahrzehntelanges Mitglied der IGM, Betriebsrat und Arbeitsrichter hat einen empörten Brief an die IG BCE in Hamburg geschrieben. Hier ein Auszug: „Aus Ihrer Streikinfo geht hervor, dass sich Streikende in zulässiger Weise und Streikende in unzulässiger Weise beteiligt haben. Diese Kategorisierung wurde doch wohl vom Arbeitgeber und nicht von Ihnen vorgenommen.
Ich nehme mal an, dass es allen Streikenden darum ging, die nicht menschengerechten Arbeitsbedingungen bei Neupack zu beenden und nicht willentlich gegen irgendwelche Gesetze zu verstoßen?
Deswegen ist es ungeheuerlich, dass Sie die Rücknahme der Maßregelungen für die „legalen Streiker“ in das Verhandlungspaket mit aufgenommen haben und für die vom Arbeitgeber angeschuldigten „illegalen Streiker“ explizit nicht. Eine Gewerkschaft darf eine solche Kategorisierung bei Streikbeteiligungen nicht akzeptieren.
Sie erwecken den Anschein, dass sie die Meinung des Arbeitgebers teilen und die Betroffenen somit dem zufälligen Urteil eines Arbeitsgerichtes, im schlimmsten Fall der Strafjustiz, überlassen.
Kann sich überhaupt ein Richter oder auch jemand anders, der nicht die ganze Zeit an diesem Arbeitskampf teilgenommen hat, in die Lage der Streikenden und insbesondere derer, denen eine besondere Verantwortung während des Streikes zukommt, versetzen? Eigentlich nicht.
Das habe ich während meines 23jährigen Ehrenamtes als Arbeitsrichter beim Arbeits- und Landesarbeitsgericht beobachten müssen.
Ein enormer psychischer Druck lastet auf den Kollegen in diesem Spannungsfeld von Streikbrechern, Arbeitgeber Propaganda und Sicherheitsdienst mit Wachhunden am Werktor, also die gesamte aufgefahrene gesetzlich geschützte Übermacht des Arbeitgebers.
Deswegen ist eine Solidargemeinschaft wie die Gewerkschaft verpflichtet, solange es irgendwie möglich ist, seine Mitglieder nicht in die Klauen des Arbeitgebers zu geben, sondern sich schützend vor sie zu stellen. Es wäre im Rahmen der Verhandlungen eine wunderbare Gelegenheit dazu gewesen und nicht nur die Selbstgänger, die „legalen Streiker“ zu verhandeln. Das noch als Erfolg zu vermarkten ist beschämend.
Mit Ihrer Haltung haben Sie die Kolleginnen und Kollegen bei Neupack und darüber hinaus nicht gerade ermutigt, sich in Zukunft an Streikaktionen zu beteiligen, zumal die Kolleginnen und Kollegen erleben mussten, dass ihnen arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen können und dass sie nicht in jedem Fall den Schutz ihrer Gewerkschaft genießen.
Zuzulassen, dass der Arbeitgeber über eine Gruppe von Streikenden herfällt, ist ein Verrat.
Ich habe alle Hochachtung vor den Kolleginnen und Kollegen der Firma Neupack und freue mich, dass sie dazu beigetragen haben, dass der schamlosen Ausnutzung der Arbeitsmarktsituation durch die Arbeitgeber, zumindest bei Neupack, etwas entgegengesetzt wurde…
Mit freundlichen Grüßen