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[„Modus der Kriegswirtschaft“] Pläne der EU-Kommission: Eine Milliarde Euro für Munitionsproduktion
Dossier
„… Die europäische Rüstungsindustrie soll mit finanziellen Anreizen in Milliardenhöhe zu einem schnellen Ausbau der Produktionskapazitäten für Munition bewegt werden. Nach einem von der EU-Kommission präsentierten Vorschlag sollen bis Mitte 2025 bis zu 500 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung gestellt werden. Weitere 500 Millionen Euro sollen den Planungen zufolge als Kofinanzierung von den Mitgliedstaaten kommen. (…) Ein Ausbau der Produktion soll nun weitere Engpässe bei den ukrainischen Streitkräfte verhindern und auch dafür sorgen, dass die EU-Staaten selbst verteidigungsfähig bleiben und ausreichend Vorräte vorhalten können. (…) „Wenn es um die Verteidigung geht, muss unsere Industrie jetzt in den Modus der Kriegswirtschaft wechseln“, sagte Breton…“ Meldung vom 3. Mai 2023 bei tagesschau.de und leider mehr dazu:
- Die Konzentration der europäischen Rüstungsindustrie: Europas Wehretats könnten um 280 Milliarden US-Dollar wachsen.
„Manager großer Rüstungskonzerne planten vergangene Woche auf einem Geheimtreffen in Hamburg eine Konzentration der europäischen Rüstungsbranche.
Führende Repräsentanten der Rüstungsindustrie der europäischen NATO-Staaten arbeiten an einer Konzentration der Branche und einer massiven Ausweitung der Rüstungsproduktion über europäische Grenzen hinweg. Dies geht aus einem Bericht über ein Treffen namentlich nicht genannter europäischer Rüstungsmanager hervor, das in der vergangenen Woche auf dem britischen Flugzeugträger HMS Queen Elizabeth abgehalten wurde, während dieser – bewacht von einer sogenannten Heimatschutzkompanie – im Hamburger Hafen ankerte. Das Geheimtreffen knüpfte an das Trinity House Agreement an, ein deutsch-britisches Militär- und Rüstungsabkommen, das im Oktober in London unterzeichnet wurde und unter anderem gemeinsame deutsch-britische Rüstungsprojekte vorsieht. In dem Bericht über das Hamburger Treffen heißt es, man gehe davon aus, dass die für 2024 in den europäischen Militärhaushalten eingeplanten Ausgaben von 436 Milliarden US-Dollar schon bald gesteigert würden; komme es zu der anvisierten Einigung auf eine Aufstockung der Wehretats auf 3 Prozent der Wirtschaftsleistung, dann stünden in Kürze gut 280 Milliarden US-Dollar zusätzlich zur Verfügung. Ansätze zur Verschmelzung der EU-Rüstungsindustrie sind bereits vorhanden. (…) So hat erst kürzlich der deutsche Rheinmetall-Konzern bekanntgegeben, er gründe ein Joint Venture mit dem italienischen Rüstungsgiganten Leonardo, um gemeinsam neue Kampfpanzer zu entwickeln und herzustellen. Rheinmetall arbeitet schon jetzt mit der britischen Rüstungsbranche zusammen, um den Radpanzer Boxer weiterzuentwickeln und damit das britische Heer auszustatten. Der Konzern sucht zudem die europäische Herstellung von Artilleriemunition, die für künftige Kriege besondere Bedeutung hat, bei sich zu bündeln und hat angekündigt, als „europäisches Systemhaus“ zu den US-Branchenriesen Lockheed Martin, Raytheon und Northrop Grumman aufschließen zu wollen. Ansätze für eine Verschmelzung der Rüstungsindustrien der europäischen NATO-Staaten sind bereits vorhanden, und zumindest zum Teil stehen sie unter deutscher Führung – siehe Rheinmetall.“ Bericht vom 26. November 2024 von und bei German-Foreign-Policy.com - Brüssel und die Rüstungsgüter: Die EU bereitet die Kriegswirtschaft vor und strebt die Führung im Wettbewerb der internationalen Rüstungsindustrie an
- EU setzt auf Kriegswirtschaft: Massenproduktion von Rüstungsgütern läuft an (Teil 1)
„EU-Kommission und Krieg. Gremium setzt militärische Prioritäten. Führung im Wettbewerb der internationalen Rüstungsindustrie angestrebt
Anfang März 2024 legte die Europäische Kommission zwei neue Papiere vor, mit denen die Union einen weiteren großen Schritt in Richtung Kriegswirtschaft unternimmt. Dabei formuliert die European Defence Industrial Strategy (EDIS) recht konkrete Ziele, während das European Defence Industry Programme (EDIP) ergänzend die entsprechenden Maßnahmen zur Umsetzung vorschlägt. Es geht dabei um nicht weniger als die Fähigkeit zur „Massenproduktion“ von Rüstungsgütern und den forcierten Aufbau eines europäischen Rüstungskomplexes, um international stärker in Konkurrenz treten und die eigenen Interessen besser durchsetzen zu können. (…) Dabei entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet die ansonsten neoliberal bis ins Mark daherkommende EU-Kommission damit Befugnisse erhalten will, um „Eingriffe in die Grundrechte der Unternehmen“ (EDIP: Artikel 61) vornehmen zu können – augenscheinlich stoßen die vielbeschworenen Freiheiten des Marktes bei Aufrüstungsfragen inzwischen an ihre Grenzen. Parallel dazu betont der zuständige Industriekommissar Thierry Breton, es gehe darum, dass sich die EU schrittweise einer Kriegswirtschaft nähern und bei Bedarf der militärischen Produktion einen Vorrang vor ziviler Produktion einräumen müsse. Kriegswirtschaft, das bedeutet nichts weiter als alle Bereiche der Produktion und Wirtschaft dem Bedarf des Krieges unterzuordnen. Diese Programme sind also eine vorauseilende Maßnahme, die deutlich machen, wohin die Reise in der EU geht. (…) Weil es der EU-Vertrag verbietet, militärische Ausgaben der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik aus dem EU-Haushalt zu bestreiten, tarnt die EU-Kommission entsprechende Vorhaben mittlerweile als industriepolitische Maßnahmen. (…) Dringender Handlungsbedarf in Sachen Aufrüstung sei dabei allein schon aus dem Grund angezeigt, weil sich die Europäische Union von anderen Akteuren direkt bedroht sehe (…) Während sich direkte Bezuschussungen aufgrund des – zunächst einmal – noch relativ kleinen EDIP-Budgets von 1,5 Milliarden Euro noch in finanziell halbwegs überschaubaren Dimensionen abspielen dürften, ist die Option zur Befreiung von der Mehrwertsteuer von großer Tragweite, besonders da sie den gesamten Lebenszyklus eines Rüstungsgutes umfassen soll. (…) Während also eine Mehrwertsteuerreduzierung auf Lebensmittel oder elementare Bereiche der Daseinsvorsorge ausgeschlossen werden, möchte man eine indirekte Subvention auf den Erwerb und Betrieb von Rüstungsgütern gewähren, indem die Mehrwertsteuer hier entfallen soll.“ Beitrag von Özlem Alev Demirel und Jürgen Wagner vom 10. April 2024 bei Telepolis - Brüssel und die Rüstungsgüter: So bereitet die EU die Kriegswirtschaft vor (Teil 1)
„Die Rüstungsindustrie soll ausgebaut werden. Dazu erhält sie viele Privilegien. Warum das für die zivile Wirtschaft eine Gefahr ist. (…) Was die Herstellung von Rüstungsgütern anbelangt, sollen nach dem Willen Brüssels unter anderem finanzielle Anreize zur Ausweitung und zum Vorhalten großer Produktionskapazitäten gegeben werden. Im Gegensatz zu ASAP soll sich dies nun nicht mehr allein auf die Munitionsherstellung beschränken: „Das Programm sollte (…) Maßnahmen finanziell unterstützen, die zur rechtzeitigen Verfügbarkeit und Lieferung von Verteidigungsgütern beitragen, (…) einschließlich der Reservierung und Bevorratung von Verteidigungsgütern, dem Zugang zu Finanzmitteln für Unternehmen, die an der Herstellung einschlägiger Verteidigungsgüter beteiligt sind, der Reservierung von Fertigungskapazitäten (‚ewig warme Anlagen‘), industrieller Verfahren zur Wiederaufbereitung abgelaufener Produkte, der Erweiterung, Optimierung, Modernisierung, Verbesserung oder Umwidmung bestehender oder der Schaffung neuer Produktionskapazitäten in diesem Bereich sowie der Ausbildung von Personal.“ EDIP, Artikel 19 (…) „Die Verpflichtung zur Prioritätseinstufung sollte Vorrang vor allen privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Leistungsverpflichtungen haben, mit Ausnahme derjenigen, die unmittelbar mit militärischen Aufträgen zusammenhängen.“ EDIP: Artikel 62 (…) „Ergreift der Rat diese Maßnahme (…), so kann ein Mitgliedstaat, in dem (…) ein ernsthaftes Risiko eines Mangels an krisenrelevanten Waren besteht oder bestehen könnte (…), die Kommission ersuchen, ein Unternehmen zu verpflichten, bestimmte Bestellungen krisenrelevanter Waren anzunehmen oder vorrangig zu bearbeiten („vorrangig bewertete Anträge“). Diese Anträge dürfen nur Verteidigungsgüter betreffen.“ EDIP: Artikel 50 (…) Zweifellos sind die neuen Kommissionspläne überaus ambitioniert – besonders die zunächst einmal überschaubaren Finanzmittel dürften dem ganzen einstweilig allerdings noch gewisse Grenzen setzen. (…) Schon länger steht die Idee eines umfangreichen EU-Rüstungsbudgets zur Debatte. (…) Dass die Vorhaben der Kommission nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen, zeigt sich allein schon daran, dass deren ursprünglich für November 2023 geplante Veröffentlichung gleich mehrfach, mutmaßlich aufgrund von Einwänden der Mitgliedsstaaten, verschoben werden musste. (…) So stehen hinter der abschließenden Verabschiedung der ehrgeizigen Kommissionsvorschläge noch einige Fragezeichen, die generelle Richtung, in die sich die Europäische Union bewegt, ist aber eindeutig: In eine Kriegswirtschaft! Das bedeutet auch, dass wir auf eine kriegerische Zeit vorbereitet werden, die weder Europa noch die Welt sicherer machen wird. (…) Wenn wir nicht wollen, dass Europa ein Kontinent der permanenten Aufrüstung und Kriegsgefahr wird, sollten wir die Lehre aus zwei Weltkriegen verteidigen. Und diese lautet, dass wir keine Militärunion brauchen, sondern dass wir den Einsatz für Abrüstungsverträge und Friedensverhandlungen erhöhen müssen.“ Beitrag von Özlem Alev Demirel und Jürgen Wagner vom 12. April 2024 bei Telepolis
- EU setzt auf Kriegswirtschaft: Massenproduktion von Rüstungsgütern läuft an (Teil 1)
- Massive Investitionen in die Verteidigungsindustrie: Neuer Rüstungsplan der EU: Mit „Europa first“ gegen Putin und Trump
„Die Waffenlager in Europa werden immer leerer und die Rüstungsindustrie kommt so schnell nicht hinterher. Die EU-Kommission stellt am Dienstag ihre Strategie für die Verteidigungsindustrie der EU vor, wonach die Mitgliedsstaaten ihre Armeen vorrangig mit Waffen europäischer Rüstungshersteller ausrüsten sollen. Von den USA will man sich unabhängiger machen. (…) Leere Waffenarsenale und lange Produktionszeiten der Rüstungsindustrie stellen in diesen Monaten fast alle EU-Mitgliedsstaaten vor Herausforderungen bei der Unterstützung der Ukraine und der eigenen Verteidigungsfähigkeit. Das soll bald ein Ende haben. Am Dienstag wollen EU-Industriekommissar Thierry Breton und Chefdiplomat Josep Borrell die lange erwartete Strategie für die Verteidigungsindustrie der Europäischen Union vorstellen. Sie sieht umfangreiche Investitionen in die Rüstungsindustrie und strengere Vorgaben für Anschaffungen in den europäischen Armeen vor. (…) „Die Kapazitäten unserer Verteidigungsindustrie müssen innerhalb der nächsten fünf Jahre massiv hochgefahren werden“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kürzlich in Straßburg. „Europa muss mehr Geld in die Hand nehmen und es besser ausgeben, europäisch ausgeben.“ Eine Milliarde Euro sind nach Angaben von EU-Diplomaten für den Ausbau der Produktionskapazitäten vorgesehen, ein Teil davon soll über Kredite bereitgestellt werden. Zudem sieht die Strategie vor, dass EU-Staaten bis 2035 die Hälfte ihrer Waffenkäufe bei europäischen Rüstungskonzernen vornehmen. Bisher kaufen die Mitgliedsstaaten Waffen für ihr Militär vor allem außerhalb Europas ein…“ Beitrag von Sven Christian Schulz vom 05.03.2024 in RND - Die europäische Militärunion. Von der Leyen: EU soll Rüstungsstrategie und Verteidigungskommissar erhalten
- Die Dominanz in Ost- und Mitteleuropa
„Die EU will in Kürze eine eigene Rüstungsstrategie veröffentlichen und nach den Europawahlen den neuen Posten eines EU-Verteidigungskommissars einrichten. Dies kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz an. Verteidigungsminister Boris Pistorius bekräftigte auf der Veranstaltung, auch die Bundesrepublik müsse in Zukunft stärker aufrüsten und dazu mehr als zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für das Militär aufwenden; das sei notwendig, um der „Strategie des Kremls“ entgegenzutreten, „seine Dominanz in Ost- und Mitteleuropa wiederzuerrichten“. (…) Dabei schwellen die Forderungen an, nicht nur die europäischen NATO-Streitkräfte massiv hochzurüsten, sondern zugleich auch die EU als eine Militärunion zu formieren. So verlangte Außenministerin Annalena Baerbock unmittelbar vor der Münchner Sicherheitskonferenz: „Wir brauchen endlich eine Sicherheits- und Verteidigungsunion“. Dazu seien „eine gemeinsame strategische europäische Beschaffung“ von Kriegsgerät und dessen gemeinsame Entwicklung durch die jeweiligen nationalen Rüstungsindustrien erforderlich. Der Forderung nach massiv verstärkter Aufrüstung schlossen sich Bundeskanzler Olaf Scholz und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell an. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte zudem an, die EU werde bereits in drei Wochen eine eigene Rüstungsstrategie vorlegen. Künftig müsse nicht nur mehr Geld für die Produktion von Kriegsgerät aufgewendet werden; es gelte zudem, die Rüstungsindustrien auf EU-Ebene enger zu vernetzen. Von der Leyen erklärte darüber hinaus, sie wolle in einer möglichen zweiten Amtszeit an der Spitze der EU-Kommission den Posten eines Verteidigungskommissars schaffen…“ Beitrag vom 19.2.2024 von und bei german-foreign-policy.com - Idee eines EU-Verteidigungskommissars: Ursula von der Leyen stellt Brüssel auf den Kopf
„… Der Vorschlag für die Einsetzung eines Verteidigungskommissars zementiert diese fragwürdige Entwicklung. Ursula von der Leyen hebelt damit den Vertrag von Lissabon aus, der zwar die Vergemeinschaftung der Sicherheitspolitik regelt, das Militär aber ausklammert. Anstatt also die EU auf den Kopf zu stellen, sollte die Kommissionspräsidentin lieber in Fähigkeiten investieren, die in der EU tatsächlich benötigt werden. Hierzu gehören etwa Löschflugzeuge oder Schiffe zur Seenotrettung, aber auf keinen Fall ein eigenes Militär.“ Kommentar von Matthias Monroy vom 19.02.2024 in ND online
- Die Dominanz in Ost- und Mitteleuropa
- EU und Ukraine-Krieg: Lieferung von Munition an Kiew nur erster Schritt? Plant Brüssel Aufbau europäischer Kriegswirtschaft und mehr Bestand für Rüstungsindustrie?
„Am 20. März 2023 kündigte der EU-Rat einen dreistufigen Plan zur Lieferung, Beschaffung und Produktion von Munition an. Über verschiedene Instrumente und Töpfe werden dabei kurzfristige Maßnahmen zur Unterstützung der Ukraine mit langfristigen Ambitionen zum Aufbau einer europäischen Kriegswirtschaft verknüpft. Der Plan besteht aus der Ko-Finanzierung von Munitionslieferungen der Mitgliedsstaaten an die Ukraine (Stufe 1), der Bezuschussung länderübergreifender Munitionseinkäufe (Stufe 2) sowie aus einem Maßnahmenpaket zur Ankurbelung der europäischen Munitionsproduktion (Stufe 3). Zuletzt legte die Kommission am 3. Mai 2023 einen Verordnungsvorschlag zum Ausbau der europäischen Produktionskapazitäten vor, der noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Das dreistufige Paket sei in seiner Tragweite „beispiellos“, jubelte aus diesem Anlass Industriekommissar Thierry Breton: „Um die Ukraine kurzfristig zu unterstützen, müssen wir weiterhin aus unseren Beständen liefern. Aber wir müssen auch die derzeitige Produktion neu priorisieren und sie vorrangig in die Ukraine leiten. […] Aber wenn es um die Verteidigung geht, muss unsere Industrie jetzt in den Kriegswirtschaftsmodus wechseln.“ (…) schon länger fordern namhafte Politiker wie der ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, oder der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber, die Umstellung auf eine Kriegswirtschaft. (…) Aber gerade mit dem ASAP-Plan werden wichtige erste Versatzstücke – etwa die Neuausrichtung von Teilen der Produktion auf die Herstellung von Rüstungsgütern, die Umwidmung ziviler Fonds oder die Möglichkeit für Eingriffe in die Marktwirtschaft – vorgeschlagen, die deutlich in diese Richtung weisen. Und sind hier erst einmal die ersten Schritte getan, ist davon auszugehen, dass weitere folgen werden. Auch im ASAP-Plan missbraucht die Kommission im Übrigen erneut rechtswidrig Artikel 173 AEUV als Kompetenzgrundlage für das neue Gesetz – das bedeutet, dass das Instrument ebenfalls in die Zuständigkeit der Industriepolitik gerückt wird. Dass er hier aber völlig falsch verortet ist, machen allein die Ausführungen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Vorstellung des ASAP-Gesetzesvorschlages mehr als deutlich: „Wir werden die rüstungsindustrielle Produktion von Munition in Europa hochfahren und beschleunigen. Dies wird dazu beitragen, mehr Munition für die Ukraine zu liefern, damit sie ihre Bürger verteidigen kann, und es wird auch unsere europäischen Verteidigungsfähigkeiten stärken. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten werden wir eine weitere Milliarde Euro mobilisieren, um die Kapazitäten in ganz Europa zu erhöhen. Dies ist ein entscheidender Teil der strategischen Fähigkeit Europas, seine Interessen und Werte zu verteidigen und zur Erhaltung des Friedens auf unserem Kontinent beizutragen.“ (Ursula von der Leyen, 3.5.2023) Eindeutig stehen hier nicht industrielle, sondern militärische und strategische Erwägungen im Vordergrund. Wie nun schon mehrfach erwähnt, dürfen aber Maßnahmen, die vorrangig militärischen Zwecken dienen, eigentlich nicht aus dem EU-Haushalt finanziert werden. Doch wer sich ohnehin mit zielstrebig in Richtung Kriegswirtschaft bewegt, dem dürften derlei rechtliche Feinheiten dann ohnehin auch vollends egal sein.“ Beitrag von Jürgen Wagner vom 5. Mai 2023 in Telepolis - Munitionsbeschaffung der EU: Tempo für die Kriegswirtschaft
„Mit 500 Millionen Euro will die EU die Munitionsproduktion für den Krieg in der Ukraine ankurbeln. Doch so rasch wie gewünscht ist das kaum machbar.
Europa krempelt die Wirtschaft um – schon wieder. Doch diesmal geht es nicht um die klimafreundliche Transformation, sondern um den Einstieg in die Kriegswirtschaft. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron spricht seit Monaten davon, der französische EU-Kommissar Thierry Breton macht jetzt Ernst. Mit 500 Millionen Euro aus dem EU-Budget will Breton die europäische Munitionsproduktion ankurbeln, um der Ukraine im Krieg gegen Russland zu helfen. Eine Million Artilleriegranaten im Jahr soll die Industrie künftig liefern. Bisher waren es 300.000 – viel zu wenig für die hohe Nachfrage aus dem umkämpften Osten. „ASAP“, so heißt der Gesetzentwurf. Das steht für „Act in Support of Ammunition Production“ aber auch für „as soon as possible“: so schnell wie möglich. Der Name ist Programm. In Rekordzeit will die EU ihre vorwiegend zivile Industrie auf Kriegsproduktion umstellen.
Doch schnell geht hier gar nichts. Aus gutem Grund. Die EU wurde als Friedensunion gegründet, sie kann aufgrund der EU-Verträge nicht einfach auf Kriegswirtschaft umschalten. Und das Geld ist auch nicht da. Für seinen Plan musste Breton sogar Finanzmittel aus dem Corona-Aufbaufonds zusammenkratzen. Zudem streiten die EU-Staaten immer noch darüber, wem der warme Segen aus Brüssel zugutekommen soll...“ Kommentar von Eric Bonse vom 3.5.2023 in der taz online
Siehe auch unser Dossier: Die Prioritäten der EU: Verteidigungsminister der vier größten EU-Staaten fordern (wegen Covid-19-Pandemie) weitere Stärkung des Militärs