- Automobilindustrie
- Bauindustrie und Handwerk
- Chemische Industrie
- Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst
- Elektro- und Metall(-Zulieferer)
- Elektrotechnik
- Energiewirtschaft (und -politik)
- Fahrzeugbau (Vom Fahrrad, über Trecker bis zum Flugzeug)
- Gewerkschaften als Arbeitgeber
- Holz, Papier, Glas und Kunststoffe
- Landwirtschaft und Gartenbau
- Lebens- und Genussmittelindustrie
- Maschinen- und Anlagenbau
- Rüstungsindustrie und -exporte
- Sonstige Branchen
- Stahl-Industrie
- Stoffe und Bekleidung
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Wie kommt der rechte Vormarsch zustande? Unter anderem mit neuem Sprachgebrauch in den Medien
Dossier
„… 3. Beschönigung. Nennen Sie Rassisten „Zuwanderungskritiker“. Bezeichnen Sie alle Akteure zunächst als konservativ, höchstens aber als „rechtspopulistisch“, egal, wie extremistisch, rassistisch oder gewalttätig sie sind. Überlegen Sie sich für eindeutig Rechtsextreme lustig verharmlosende Worte wie „Nationalromantiker“. (…) 4. Passivierung. Direkt an Entschärfung und Beschönigung grenzt die Passivierung, mit der Sie rechte Täter von der Hauptperson zu allenfalls zufällig Beteiligten machen. Bei einem Nazimord wurde das Opfer nicht von einem Rechtsextremen erschossen, sondern kam durch einen Schuss zu Tode. Der sich gelöst hat. Von einer Waffe. Auf bisher unklare Weise. Wenn eine Passivierung zu umständlich ist, entscheiden Sie sich für eine Objektifizierung: Der Molotowcocktail hat das Flüchtlingsheim angezündet, nicht etwa ein rassistischer Attentäter. Je häufiger Sie sprachlich vertuschen, dass Rechtsextreme absichtsvoll und geplant handeln, um so besser…“ – das sind nur zwei von der Anleitung in 20 Schritten „So verschieben Sie eine Debatte nach rechts“ von Sascha Lobo am 26. Juni 2019 beim Spiegel online
– die offensichtlich auch in den Medien viel gelesen und befolgt wurde… Siehe zu dieser Entwicklung weitere Beiträge über rechte Vorgehensweise und ihre mediale (wie auch politische) Beförderung:
- Medien-Analyse: Kaum Nachrichten über Waffenexporte und Menschenrechtsverletzungen – dafür Migrationspolitik
„Wichtige Themen haben es nach Einschätzung von Fachleuten zunehmend schwer, in den Medien wahrgenommen zu werden. Zu diesem Schluss kommt die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) in ihrer am Donnerstag in Köln veröffentlichten Liste mit den zehn relevantesten vergessenen Themen des vergangenen Jahres. Wichtige Nachrichten würden verstärkt durch wenige Dauerbrenner-Themen verdrängt, erklärte Hektor Haarkötter, INA-Vorsitzender und Professor für politische Kommunikation an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. (…) Auf Platz eins der verdrängten Themen des vergangenen Jahres sieht die INA die Folgen deutscher Kleinwaffen-Exporte in Kriegsgebiete. Weltweit würden mehr als 250.000 Kinder und Jugendliche in militärischen Konflikten und kriegerischen Handlungen eingesetzt und vor allem mit Kleinwaffen ausgerüstet. Deutschland als zweitgrößter Exporteur von Kleinwaffen habe trotz internationaler Abkommen seine Rüstungspolitik nicht ausreichend angepasst. In deutschen Medien werde darüber praktisch nicht berichtet. (…)
Gleiches gelte für die katastrophale Lage der Menschen im Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Samos. Über die dortigen menschenunwürdigen Lebensbedingungen werde kaum berichtet, erklärte die Initiative. Ebenso hätten deutsche Medien das Verbot von Menschenrechtsorganisationen in Äthiopien im November 2024 kaum thematisiert. Deutschland habe als Mitglied des UN-Menschenrechtsrates durch seine Enthaltung bei wichtigen Abstimmungen die Straflosigkeit in dem Land begünstigt. Auf Platz vier der Liste sieht die Initiative die stark gestiegene Zahl derjenigen Menschen, die sich trotz eines Vollzeitjobs keine Wohnung leisten könnten. Zu wenig berichtet werde außerdem über die Bildungsungerechtigkeit für Pflege- und Heimkinder, die sinkende Zahl tödlicher Arbeitsunfälle, oder die unaufgearbeitete Geschichte der DDR-Vertragsarbeiter aus Mosambik. (…)
Zu den am meisten verdrängten gehört auch das Risiko medizinischer Fehleinschätzungen bei Menschen mit Migrationshintergrund. Menschen aus südländischen Ländern berichteten häufig von schmerzhaften medizinischen Erfahrungen, die durch Missverständnisse und kulturelle Unterschiede verursacht wurden. Studien zeigen, dass Diskriminierung im Gesundheitswesen systematisch auftritt und besonders Frauen, Muslime, Schwarze und Asiaten betrifft. Laut einer Studie mussten 34,4 % der Menschen mit Migrationshintergrund schon ihre Ärzte aufgrund von Diskriminierung wechseln. Die INA veröffentlicht jährlich gemeinsam mit der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks eine Liste der zehn am meisten „vergessenen Nachrichten“. Die Themen werden von einer Jury aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Journalistinnen und Journalisten auf Grundlage von Vorschlägen aus der Bevölkerung gekürt.“ Meldung vom 27. März 2025 im MiGAZIN - Triumph des Volkswillens. Zum Sprachgebrauch der Medien von ARD bis RTL2 und von »FAZ« bis »Taz«.
„… Apropos Vokabular und Umgang mit Wörtern: In den Medien war an diesem Wahlabend und danach viel vom »Volkswillen« oder einem »Willen des Volkes« die Rede, weil den meisten Journalisten heutzutage gar nicht mehr auffällt, wenn sie mit der größten Selbstverständlichkeit Begriffe übernehmen, die von den Spin Doctors der Rechtsextremen in Umlauf gebracht wurden. Einen »Volkswillen« gab es zuletzt unterm Führer. Heute gibt es ihn ebenso wenig, wie es ein »Volk« gibt. Was es hingegen gibt, sind Klasseninteressen und eine Bevölkerung. Aber man wird Fernsehjournalisten wohl auch künftig nicht zu Sprachkritik- und Materialismus-Schulungen schicken. Na ja, was sollten sie auch dort? Schlimmstenfalls müssten sie etwas lesen, das länger ist als ein Tweet. Dort könnten sie jedenfalls unter Umständen sogar noch etwas anderes lernen als eigenständiges Denken, nämlich dass Sprache und die Prägung von Begriffen der Schlüssel zur Macht sind.
Wie sehr die drastische Rechtsentwicklung des Landes, die wir seit Jahren erleben, bereits die Wahrnehmung und den Verstand vieler getrübt hat, zeigt der Sprachgebrauch der Medien von ARD bis RTL2 und von »FAZ« bis »Taz«. Das geht so weit, dass das gegenwärtige politische Koordinatensystem, wie es von vielen deutschen Journalisten dargestellt wird, groteske Züge aufweist: Die AfD, die der Sprachkritiker Stefan Gärtner jüngst einen »Nazihaufen« nannte, gilt offiziell als »konservativ-bürgerlich«; das Treiben der rassistischen Merz-CDU gilt mittlerweile offiziell als »Politik der Mitte«; die opportunistischen Abschiebungs-, Aufrüstungs- und Sozialkahlschlagsparteien SPD und Grüne gelten offiziell als »links«; und eine kreuzbrave, gemäßigt sozialdemokratische Partei wie die »Linke«, die sich dreimal stündlich selbst dann zur Verfassung der BRD bekennt, wenn man sie nicht dazu auffordert, gilt offiziell als »extremistisch« und »radikaler Rand des politischen Spektrums«.
Selbst wenn die AfD in den unzähligen Interviews, die man nach wie vor mit ihren Funktionären führt (was in Zukunft vermutlich noch exzessiver betrieben wird, so steht zu befürchten), lautstark eine »stabile Mitte-Rechts-Koalition« vorschlägt oder ankündigt, »endlich Politik für unser Land« machen oder »Deutschland nach vorne bringen« zu wollen, ist das nichts als hohles Wortgeklingel, dessen Hauptzweck dreierlei ist: die Simulation von Tatkraft, das erfolgreiche Abrufen nationalistischer Ressentiments bei gleichzeitiger Selbstverharmlosung und die Vernebelung ihrer tatsächlichen Pläne. Am Wahlabend beantwortete Alice Weidel wie üblich keine einzige Frage, sondern laberte, wie sie das immer tut, einfach stur ihren propagandistischen Stiefel in sämtliche Mikros, die ihr bereitwillig hingehalten werden. Selbst wenn sie ihren Redeschwall morgen mit einem Sack voll Goebbels-Zitaten spicken würde, säßen die Journalistendarsteller des deutschen Fernsehens wohl bloß lächelnd da und würden brav die Begriffe apportieren, die ihnen hingeworfen werden. So geht das seit vielen Jahren…“ Artikel von Thomas Blum vom 03.03.2025 in ND online(„Triumph des Volkswillens. Der Weg ist das Ziel: Seit Jahren arbeitet die AfD daran, alles nach rechts zu verschieben, was geht. Und es gibt genug willige Vollstrecker“)
- Siehe auch unser Dossier: Presse-Umgang mit „Alternative für Deutschland“: Je weniger, desto besser und darin aktuell: [ZDF Magazin Royale] Politik und Medien und die Stimmung im Land
- We saw what we fucking saw: Die freiwillige Selbstverzwergung des deutschen Journalismus am Beispiel Elon Musks Hitlergruß
- We saw what we fucking saw: Die freiwillige Selbstverzwergung des deutschen Journalismus
„Beim Springen über Elon Musks neues Stöckchen – seinen ausgestreckten rechten Arm – sollten wir zumindest versuchen, die Mechanismen des Spiels aufzuzeigen. In einer Hinsicht markiert die Berichterstattung über Musks Hitlergruß ein neues Level. Die Botschaft allzu vieler Journalisten lautet: Traut euren Augen nicht! (…)
Nun geht es aber doch um Musks aktuelles „Stöckchen“ (Lenz Jacobsen, Zeit Online). Was man wohl betonen muss: „Ein Hitlergruß ist ein Hitlergruß“ (so lautet der Vorspann eines taz-Kommentars). Beziehungsweise: „Ein Hitlergruß ist ein Hitlergruß ist ein Hitlergruß“ (so lautet die Überschrift von Jacobsens erwähntem Zeit-Online-Kommentar). Man muss es betonen, weil es auch Berichterstattung gibt, die einen anderen Eindruck zu erwecken versucht.
Thomas Laschyk („Volksverpetzer“) zählt Beispiele auf: „Hitlergruß-ähnliche Geste“, „Hitlergruß?“, „mutmaßlicher Hitlergruß“, „irritiert mit Hitlergruß-ähnlicher Geste“ und „Aufregung um seltsame Musk-Geste“.
Ergänzen könnte man u.v.a. noch „umstrittene Geste“ (FAZ mit Agenturen) und „eine Geste, die manch einen an einen Hitlergruß erinnert“ (Kerstin Klein, ARD-US-Korrespondentin in der 20-Uhr-„Tagesschau“). Noch drolliger ist die „New York Times“-Überschrift „Elon Musk entfacht Online-Spekulationen über die Bedeutung einer Handbewegung“. Laschyk meint, „dass Rechtsradikale die offensichtliche Geste leugnen“, sei nicht verwunderlich. Aber: „Dass (…) auch so viele seriöse deutsche Medien unfähig sind, Fakten auszusprechen, ist ein großes Problem.“ Wobei ja noch interessant ist: Es sind deutsche Rechtsradikale, die sagen, dass der Hitlergruß keiner war. Anderswo konnten sich Neonazis gar nicht mehr einkriegen vor Freude (siehe „Wired“ und US-„Rolling Stone“) (…) Thomas Laschyk zitiert beim „Volksverpetzer“ zustimmend Lea Schönborn (Krautreporter): „Mit dem Drumherumreden wird die Wahrnehmung vieler Menschen in Frage gestellt. Was diese Medienschlagzeilen bewirken, ist perfide. Sie senden die Botschaft: ‚Traue deinen eigenen Augen nicht!‘ Ist das nicht das genaue Gegenteil des Auftrags von Reporter:innen?“ Diese hier skizzierte Perfidie kommt mir tatsächlich neu vor. Dass Journalisten als Wegbereiter des Rechtsextremismus agieren (aus Opportunismus oder weil sie vernarrt sind in False Balance), ist keine Überraschung. Ungewohnt scheint es mir zu sein, dass es jetzt Journalisten gibt, die ihrem Publikum sagen: Glaubt ja nicht, was ihr gesehen habt! Wie diese Kollegin von der „Washington Post“. Und ach, bei der „Welt“ schreiben sie Hitlergruß jetzt schon in Anführungszeichen.
Die letztjährige Bert-Donnepp-Preisträgerin Nadia Zaboura kommt in einem Thread zum Thema „Hitlergruß und Realitätsabwehr“ zu einem Fazit, das sie so ähnlich auch schon aus anderen Anlässen formuliert hat: „Die m.E. aus freien Stücken vollzogene Selbstverzwergung des deutschen Journalismus als Chronisten des Faschismus, als Bezweifelnde des Faktischen (…) führt zwangsläufig in die Selbstzerstörung des Journalismus – als Beruf sowie als Demokratie-sichernde Struktur.“
Normalerweise habe ich weder Mitleid mit solide bezahlten Festangestellten, die in den Galeeren der Nachrichtenproduktion ackern, noch mit den mehr als solide bezahlten Entscheidern. Jetzt frage ich mich aber doch: Kann es denn psychisch gesund sein, die Realität derart zu verschleiern, wie es die „Mutmaßlicher Hitlergruß“-Fraktion und die „Hitlergruß-ähnlich“-Fraktion tut. Man sollte vielleicht nicht nur fragen: Was tut ihr dem Journalismus, was tut ihr der Demokratie an? Sondern auch: Was tut ihr eigentlich euch an? …“ Kolumne „Das Altpapier“ am 22. Januar 2025 von René Martens im MDR(alles verlinkt!), siehe auch:
- Hitlergruß im Faktencheck?
„Journalismus muss nun in einer Realität agieren, in der alte Regeln aufgehoben wurden und jeden Tag eine neue Grenzüberschreitung passiert. Es ist wie ein Fiebertraum, aber da müssen wir durch…“ Kolumne von Olivera Stajić vom 22. Jänner 2025 in derstandard.at - Medien zu Trumps Amtsantritt: Erst die Ruhe, dann der Sturm
„Sheila Mysorekar kommentiert die Berichterstattung deutscher Medien über den Amtsantritt von Donald Trump…“ Artikel von Sheila Mysorekar vom 23.01.2025 in ND online - Siehe auch unser Beispiel Schweden: In Schweden ist der Hitlergruß von Musk ein solcher („Hitlerhälsning“) – debattiert wird, ob der Streik von IF Metall gegen Tesla davon ideologisch profitieren kann
- We saw what we fucking saw: Die freiwillige Selbstverzwergung des deutschen Journalismus
- [Raul Zelik] Mein Vorsatz 2025: Entschlossener hassen. Die politische Mitte wirbt mit »gegen den Hass«. Dabei setzt der Faschismus auf Befriedung nach innen
„Seit einigen Jahren gehört »Gegen den Hass« zu den Lieblings-Statements der selbst erklärten »Zivilgesellschaft«. Hunderte Kultur-, Medien- und Bildungsprojekte haben das Motto für Aktionstage und Kampagnen verwendet, die Publizistin Carolin Emcke mit einem gleichnamigen Buch 2016 den Friedenspreis des Buchhandels erhalten. Gemeint ist die Botschaft natürlich immer irgendwie faschismuskritisch. Der politische Extremismus so heißt es, sei schuld gewesen am Siegeszug der Barbarei. Hätten Nazis und Kommunisten nicht so abgrundtief gehasst, wäre die Weimarer Demokratie bewahrt und Auschwitz verhindert worden. Man muss kein*e Historiker*in sein, um zu erkennen, was für ein hanebücherner Unsinn mit dem Gegen-den-Hass-Talk verbreitet wird. Denn was hat der Nazi-Barbarei wohl eher den Weg bereitet: der Hass der Kommunist*innen, die Nazis noch 1933 aus ihren Vierteln prügelten, oder die bürgerliche Gemütlichkeit, mit der Konservative und Liberale Hitler erst zum Reichskanzler machten und dann mit allen Vollmachten ausstatteten? (…) Meine Antwort (…) ist klar: Hätte die deutsche Gesellschaft den Faschismus doch nur ordentlich gehasst! (…) Tatsächlich bestand die historische Mission des Faschismus sowohl in Deutschland als auch in Italien darin, die Menschen »zusammenzuführen«. Nach den revolutionären Kämpfen der 1910er und 1920er Jahre galt es, das »Volk« miteinander zu versöhnen – vom Industriellen bis zum Tagelöhner. Der Kampf zwischen den Klassen und jede Ideologie, die den Hass zwischen diesen befeuerte, wurde deshalb unter Strafe gestellt. (…) Hass an sich ist gewiss nichts Positives. Aber umgekehrt sollten wir eben doch auch daran erinnern, dass »innerer Frieden« und »Gemütlichkeit« tragende Säulen des Faschismus sind. Wenn Goebbels’ Propagandamaschine neben sentimentalen Rühr- und Heimatstücken auch rassistische Hetze produzierte, darf das niemanden überraschen. Es sind zwei Seiten derselben Medaille. (…) Deshalb ist es sicher keine blendende antifaschistische Idee, wenn jetzt gefordert wird, »den Hass im Netz« per polizeilicher Strafverfolgung zu unterbinden. Es gibt Formen des Hasses, die viel zu wenig Raum bekommen: Hass auf soziale Ungleichheit, Unterdrückung, Ausgrenzung, menschliche Gleichgültigkeit und die Willkür der Staatsgewalt zum Beispiel. »Ein intensives Gefühl der Abneigung und Feindseligkeit« – wie der Hass enzyklopädisch definiert wird – ist nämlich notwendige Voraussetzung dafür, dass man Verhältnisse nicht einfach hinnimmt. Hier wären »mehr Hass« und »weniger Toleranz« durchaus angebracht. Wenn sich Rassismus, Misogynie und Vernichtungsfantasien heute überall breitmachen, hängt das auch damit zusammen, dass ein emanzipatorischer Hass schwer vorstellbar geworden ist. Wenn sich niemand mehr dazu bekennt, dass die von oben geschaffene Normalität ekelhaft ist, richtet sich die allgemeine Frustration gegen Schwächere und »Andere«. Mein Vorsatz für 2025 lautet deshalb: mich weniger einlullen lassen und entschlossener hassen. An einer wesentlichen Unterscheidung würde ich dabei allerdings festhalten. Mein Hass soll sich nicht gegen Personen, sondern Strukturen richten. Emanzipatorische Kämpfe haben die Verhältnisse im Blick, die Personen wie Elon Musk und Björn Höcke hervorbringen – nicht die einzelnen, letztlich immer austauschbaren Individuen.“ Kommentar von Raul Zelik vom 29. Dezember 2024 in Neues Deutschland online(Mag macht mit) – siehe auch:
- »Rechte Propaganda will Gefühle vom Verstand abspalten«
„Der Sozialwissenschaftler Alex Demirović im Interview über die Massenmanipulation der Nazis und linke Gegenpropaganda (…) Für mich folgert daraus, dass es viel mehr Berichterstattung über antifaschistische Praxis geben müsste. Münzenbergs Schlussfolgerung hieß »Angreifen, angreifen, angreifen«, also an jedem erdenklichen Punkt linke Gegenpropaganda zu entwickeln. Das bedeutet heute zum Beispiel, in den sozialen Medien Gegenpositionen und Antifa-Arbeit zu entwickeln und die Algorithmen dementsprechend zu trainieren. Ich denke zudem auch, dass wir den konventionellen Journalismus deutlicher kritisieren sollten. Beispielsweise verstehe ich nicht, warum der Wahlaufruf von Elon Musk nicht systematisch gegen die AfD gewendet wird. Kritisiert wird ja vor allem, Musk mische sich von außerhalb in die deutsche Politik ein. Aber die Meinungsäußerung von außen ist das geringere Problem. Viel entscheidender ist doch, dass die AfD von einem superreichen US-Tech-Milliardär unterstützt wird, der über ein globales Satellitensystem und eine Kommunikationsplattform verfügt, der den US-Staat umbauen, die EU, die Gewerkschaften, den Wohlfahrtsstaat und die Demokratie zerstören will. Die extreme Rechte ist das Projekt globaler kapitalistischer Eliten – das sollte im Zentrum linker Gegenpropaganda stehen.“ Interview von Raul Zelik vom 03.01.2025 in ND online - Rechtes Framing im Journalismus: Von Stimmungsmache gegen die Schwächsten bis Medienversagen in der Sicherheitsdebatte
- Rechtes Framing im Journalismus: Stimmungsmache gegen die Schwächsten
„Bei Themen wie Migration oder Bürgergeld übernehmen selbst etablierte Medien bis hin zu den Öffentlich-Rechtlichen immer häufiger populistische Strategien und rechtes Framing. Eine dramatische Entwicklung, zumal die Branche vor riesigen inhaltlichen Herausforderungen steht. (…)
Anbiedern beim Publikum und realitätsfernes rechtes Framing – das sind nur zwei ungute Entwicklungen, die einem derzeit in den etablierten Medien auffallen. Eine weitere: Die, sagen wir mal, unternehmerfreundlichen Stimmen, die schon immer stark waren, werden schärfer. Der Leiter des FAZ-Wirtschaftsressorts forderte kürzlich die Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf 80 Prozent. Seine Argumentation: „Eine geringere Lohnfortzahlung wird jeden potentiellen ‚Blaumacher‘ zum Nachdenken bringen, ob er oder sie es sich wirklich leisten kann, krankzufeiern.“
Fast zeitgleich knöpfte sich ein Kommentatorenkollege vom „Stern“ Mitarbeitende von VW sowie die für sie zuständigen Gewerkschafter vor, die Ihren Unmut über vom Konzern geplante Sparmaßnahmen geäußert hatten. Das „Problem“, so der Autor, sei: „Wer bei Volkswagen arbeitet, hat über Jahrzehnte wie die Made im Speck gelebt (…) Ein VW-Vertrag ist wie ein Lottoschein mit sechs Richtigen.“
Solche Kommentare werfen auch die Frage auf: Warum sind diese Menschen eigentlich Journalisten geworden?…“ Artikel von René Martens vom 06.11.2024 in der Kontext-Wochenzeitung - #286 Off The Record: Das Medienversagen in der Sicherheitsdebatte
„In der neuen Folge unseres Hintergrundpodcasts verarbeiten wir die Debatte um das Sicherheitspaket. Es geht um die Diskursverschiebung nach rechts, um das Auseinanderdriften von Politik und Zivilgesellschaft – und um Journalist:innen als Treiber von Überwachung.
Die Debatte um das sogenannte Sicherheitspaketnach dem Anschlag von Solingen
hat viele bei uns im Team erschüttert. Mit Verschärfungen in der Asylpolitik und einem massiven Überwachungsausbau wollte die selbsternannte Fortschrittskoalition die Opposition rechtsaußen überholen. Das ist vorerst zwar teilweise gescheitert – aber nicht am Widerstand innerhalb der Koalition oder aus der Zivilgesellschaft, sondern an der CDU, der die Maßnahmen immer noch nicht weit genug gingen. Auch die mediale Debatte war dominiert von Forderungen nach immer noch krasseren Maßnahmen, um das „Sicherheitsgefühl“ der Menschen zu verbessern. Von evidenzbasierter Innen- und Sicherheitspolitik keine Spur.
In der neuen Folge Off The Record stellen wir uns deshalb schwere Fragen: Warum ist es der Zivilgesellschaft und uns als Medium nicht gelungen, mit unserer Kritik überhaupt nur gehört zu werden? Wie kann es sein, dass im Bundestag so schmerzlich Stimmen für Humanität und Bürgerrechte fehlen? Warum lassen Journalist:innen die Regierung mit billigen Scheinlösungen durchkommen? Und wer fragt noch nach den Folgen dieser Politik für marginalisierte gesellschaftliche Gruppen?
Daniel Leisegang und Markus Reuter sprechen mit mir über eine getriebene Ampel im Endstadium, über die Verschiebung des Diskurses nach rechts und über Journalismus, der zu oft Politik- mit Sportberichterstattung verwechselt. Am Ende wagen wir einen Ausblick auf künftige politische Verhältnisse, die wahrscheinlich noch schwieriger werden. Und wir überlegen, was Zivilgesellschaft, Medien und gerade wir bei netzpolitik.org künftig anders machen müssen…“ Der Podcast von netzpolitik.org von Ingo Dachwitz vom 09.11.2024 - Es müssen also nicht immer Interviews sein… Siehe unser Dossier: Presse-Umgang mit „Alternative für Deutschland“: Je weniger, desto besser
- Rechtes Framing im Journalismus: Stimmungsmache gegen die Schwächsten
- „Neue Wörter, alter Hass“ von Jakob Guhl am 01. Juli 2019 in der taz online
kommentiert: „… „Remigration“ strebt somit nach der Herstellung größtmöglicher „ethnokultureller“ Homogenität. Auch hier spielt die Sprache eine wichtige Rolle: „ethnokulturell“ verschleiert, wie eng „Kultur“ und „Ethnie“ innerhalb der identitären Gedankenwelt miteinander verbunden sind. Genauso gut könnten sie daher von der Herstellung einer völkischen Reinheit sprechen. Die Identitären sprechen jedoch von „Ethnopluralismus“. Im Vergleich mit dem Vokabular traditioneller rechtsextremer Gruppen klingt dies moderater, so, als wollten die Identitären niemandem etwas zuleide tun. Doch in letzter Konsequenz ist die Forderung nach Remigration in einem vielfältigen Europa eine Forderung nach ethnischer Säuberung. (…) Bei den regelmäßig in Schnellroda stattfindenden Konferenzen des Instituts für Staatspolitik, die eine Schlüsselrolle bei der ideologischen Schulung des identitären Nachwuchses spielen, sprachen in den vergangenen Jahren nicht weniger als sieben AfD-Vertreter. Darunter befanden sich der Vorsitzende des völkischen „Flügels“ innerhalb der AfD, Björn Höcke, sowie der Europawahlkandidat Hans-Thomas Tillschneider, welcher ein Büro im Haus der identitären Gruppe „Kontrakultur“ in Halle hat, aber auch die beiden Vorsitzenden der Bundespartei, Jörg Meuthen und Alexander Gauland…“
- „Hitzeopfer des Tages: Hans-Georg Maaßen“ von Sebastian Carlens am 01. Juli 2019 in der jungen Welt
zu einer weiteren rechtsradikalen Standard-Taktik: „… Andere Sorgen hat der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen. Der Mann ist mittlerweile als Aufmerksamkeitstäter unterwegs, missverstanden fühlt er sich auch: »Ausgerechnet mich in die rechte Ecke zu stellen, empfinde ich als unverschämt«, befand er in der Bild am Sonntag. Ja, wie kommen die Leute da nur drauf? An Maaßen selbst, seinem einfühlsamen Verständnis für einen braunen Wutmob in Chemnitz, an seiner liebevollen Betreuung von AfD-Abgeordneten kann es nicht liegen, denn gerade unter seiner Ägide habe der Verfassungsschutz »das ihm Mögliche« getan, um »Rechtsextremismus zu bekämpfen«. Insgesamt: »keine Versäumnisse« beim Kampf gegen rechte Gewalt. Warum werden dann in diesem Land eigentlich Menschen von Neonazis ermordet? Und dann noch so viele? Auch darauf hat Maaßen eine Antwort: »die andauernden Delegitimierungs- und Diskreditierungskampagnen der früheren SED« gegen den Verfassungsschutz…“
- „„Hart aber fair“: AfD-Politiker Uwe Junge darf am längsten reden, WDR-Rundfunkrat schaltet sich ein“ von D.J. Frederiksson am 02. Juli 2019 in der FR online
über die mediale Beförderung rechtsradikaler Aktivisten: „… Natürlich gibt es auch diese Woche so ein paar ärgerliche Aussetzer von Plasberg und seiner Redaktion. Wieder einmal wird eine absurde Kausal-Umkehrung nicht nur geduldet, sondern von Plasberg selbst wiederholt: Die Behauptung, dass der rechte Terror deswegen so lange unerkannt und unbekämpft geblieben ist, weil der Verfassungsschutz mit dem massiven Islamismusproblem alle Hände voll zu tun hatte, ist ähnlich glaubhaft wie eine Mordkommission, die ihre miserable Aufklärungsquote mit all den Brandstiftungen erklärt. Nicht nur sollten beiden Themenfelder gänzlich unabhängig voneinander sein, sondern man darf auch erwarten, dass sowohl Mordkommission als auch Verfassungsschutz entsprechend ausgerüstet werden, um ihre verdammte Hauptaufgabe zu erledigen, anstatt sich über widersprüchliche Prioritäten zu beklagen…“
Siehe zum Thema auch im LabourNet (nur u.a.):
- unser Dossier: Presse-Umgang mit „Alternative für Deutschland“: Je weniger, desto besser
- von 2019: Pressefreiheit „unter“ Rechtspopulisten – ein Lehrstück über rechte „Rethorik“ – und ihre Wirkung auf den journalistischen Alltag
- von 2018: Studie: Flüchtlinge nicht Ursache für Rechtsruck, sondern Medien
- und Bundesdeutsche Medien nach den Chemnitzer Menschenjagden: Weitermachen, immer weiter machen im Dienst des Kapitals und der Nation oder Bundesdeutsche Leitmedien: Bis zum (für manche Journalisten: bitteren) Ende wird „Staatsräson“ praktiziert – auch aus Chemnitz
- Erfolgreiches Medien-Geschäftsmodell: Rassismus anbieten