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Vom Leben auf dem Lande. Die bäuerliche Produktion steht unter großem Preisdruck – mit teilweise katastrophalen Folgen für die Beschäftigten
„Ausbeutung, Sklaverei, Hungerlöhne – wenn diese Begriffe in Europa fallen, weiß man meist, um welchen Sektor der Wirtschaft es sich handelt: die Landwirtschaft. Die Nahrungsmittelproduktion in der EU und im Rest des globalen Nordens lebt von Billigarbeitskräften aus aller Welt, die am untersten Ende der Lohnskala ihr Dasein fristen. Dass in diesem Sektor das Elend besonders verbreitet ist, hängt mit Besonderheiten des bäuerlichen Geschäfts zusammen: erstens mit den Schwierigkeiten, aus Naturprodukten einen Profit zu erwirtschaften; zweitens mit der Erpressbarkeit der Lohnabhängigen. Als kapitalistische Geschäftsmittel haben Obst, Gemüse und Getreide einige schwerwiegende Nachteile. Zum einen ist das Geschäft der Bauern lokal, es bleibt an den Boden gebunden. Standortverlagerungen in Billiglohnregionen wie in der Industrie sind kaum möglich. Das Produkt der Bauern ist zudem abhängig von den Launen der Natur, also von Wetter, Boden und Schädlingsbefall. Es braucht viel Zeit zu wachsen, was den Kapitalumschlag der Bauern verlangsamt und die Steigerung der Produktivität einschränkt. Im Gegensatz zum Industriegut ist die Agrarproduktion daher schwerfällig und nur begrenzt beherrschbar – wann, wie viel und in welcher Qualität geerntet wird, bleibt trotz Agrochemie und Gentechnik unsicher. Damit besteht ein doppeltes Risiko: Missernten können zu Einnahmeausfällen führen ebenso wie Überproduktion, die die Preise ruiniert. (…) In diesem Umfeld sind staatliche Subventionen und niedrige Arbeitskosten zwei wichtige Hebel, um die bäuerliche Produktion rentabel zu machen. Der Preisdruck wird direkt an die Erntehelfer und Saisonarbeitskräfte weitergegeben – mit Erfolg, da die Unternehmen gegenüber den Lohnabhängigen in einer starken Position sind…“ Artikel von Stephan Kaufmann vom 01.08.2020 im ND online