SLAPP: Wie (Agrar)Konzerne Kritiker zum Schweigen bringen und Pressefreiheit bedrohen

Dossier

Strategic Lawsuit Against Public Participation - SLAPPMenschen, die Missstände aufdecken, werden gemobbt. Auch durch missbräuchliche Klagen. Ein EU-Gesetz soll dies nun verhindern (…) Für alle möglichen Arten von Einschüchterungsklagen gibt es einen Fachbegriff: SLAPP, kurz: „Strategic Lawsuits against Public Participation“, was auf Deutsch „strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung“ heißt. Betroffen sind Journalisten, Aktivisten, Medien und NGOs und andere engagierte Personen – all jene eben, die Missstände aufdecken und die mächtige Konzerne, Lobbyisten oder Verbände zum Schweigen bringen wollen. (…) Das europaweite Bündnis CASE externer Link will die Rechte all derer schützen, die Missstände anprangern und für umfassende Reformen kämpfen. Nun endlich scheint sich etwas zu bewegen: Am 11. November 2021 votierte die Mehrheit des EU-Parlaments für einen besseren Schutz von NGOs, Zivilgesellschaft und Journalisten externer Link vor missbräuchlichen Klagen…“ Beitrag von Susanne Aigner vom 13. November 2021 in Telepolis externer Link mit vielen Beispielen und dazu:

  • SLAPP, Meinungsfreiheit & Union Busting: 4. juristisch-politische Fachkonferenz am 9. November 2024 in Köln
    Die 4. juristisch-politische Fachkonferenz der Aktion gegen Arbeitsunrecht beschäftigt sich mit strategischem Rechtsmissbrauch im Arbeits- und Medienrecht.  Die Konferenz richtet sich an Betriebsräte, Gewerkschafter, Arbeitsrechtler & konzernkritische Publizist*innen. Siehe alle Infos zur Fachkonferenz externer Link am Samstag, 9. November 2024 in Köln im Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Großes Forum (Südtrakt), Melchiorstraße 3, 50670 Köln um 10.00 – 17.30 Uhr. Siehe dazu:

    • »Union Busting«-Konferenz: Viel Geld, keine Skrupel New
      „»Aktion gegen Arbeitsunrecht« setzt sich auf Konferenz mit Angriffen auf kritische Stimmen in der Öffentlichkeit auseinander
      Unerbittlich rennt der kleine computeranimierte Hamster durch sein Laufrad, überschlägt sich dann und wann, um schließlich von neuem anzurennen. Die an die Wand projizierte Sequenz ist eine Anspielung auf das Motto »Stoppen wir das Hamsterrad«, unter dem die vierte politisch-juristische Fachkonferenz »No SLAPP! Stop Union Busting!« der »Aktion gegen Arbeitsunrecht« am vergangenen Sonnabend in Köln stand. Rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Einladung ins Bürgerzentrum »Alte Feuerwache« im Kölner Agnesviertel, um sich auszutauschen über »juristischen Dauerbeschuss, strategischen Rechtsmissbrauch und kostspielige Bullshit-Verfahren«, mit denen Betriebsräte und kritische Gewerkschafter, aber auch Journalisten und Blogger von oft spezialisierten Anwaltskanzleien eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht werden sollen. (…)
      Mit »Inside Arbeitsgericht« gewährte der Jurist Noah Klaholz einen exklusiven Blick hinter die Kulissen von Arbeitsgerichten. Dabei beklagte Klaholz die oft lange Verfahrensdauer, die regelmäßig zu Lasten der Beschäftigtenseite gehe. So solle eine Güteverhandlung in einem Kündigungsschutzprozess eigentlich binnen zwei Wochen stattfinden. In der Regel dauere es aber drei bis sechs Wochen. Komme es zu keiner gütlichen Einigung, lasse der Kammertermin gerne drei bis sechs Monate auf sich warten – drei bis sechs Monate, in denen ein Beschäftigter, der sich gegen eine Kündigung wehrt, keinen Lohn oder Gehalt erhält. »Die wenigsten Beschäftigten haben derartige Rücklagen, dass sie das durchhalten können«, sagte Klaholz im Gespräch mit jW. Vor Arbeitsgerichten gebe es aus seiner Sicht daher nur eine »vermeintliche Ausgewogenheit«. In der Regel seien Unternehmer vor den Arbeitsgerichten in einer viel besseren Lage, weil sie finanziell abgesichert seien. Zudem würden sie die Situation vor Gericht meist kennen, während ein Prozess für einen Beschäftigten den Ausnahmefall darstelle. »Das hat einen hohen psychischen, finanziellen und existentiellen Druck zur Folge«, so Klaholz. Und diesen Druck für Beschäftigte vor Gericht, den könne man nicht »überschätzen«. Das spiegle sich auch in einer hohen Vergleichsquote wider. »Ich schätze, die liegt bei 60 bis 70 Prozent«, sagte Klaholz.“ Bericht von Bernhard Krebs in der jungen Welt vom 13.11.2024 externer Link
    • Union Busting: Viel Geld und keine Skrupel. Juristisch-politische Fachkonferenz der Aktion gegen Arbeitsunrecht und SLAPP mit ca. 50 TeilnehmerInnen
      Eine Konferenz in Köln informierte über »Union Busting« und Angriffe auf konzern-kritische Berichterstattung
      Was tun, »wenn die Gegenseite jede Menge Geld, wenig Respekt und keinerlei Skrupel hat?« Danach fragt die vierte juristisch-politische Fachkonferenz der Aktion gegen Arbeitsunrecht, die am Samstag in Köln stattfand. Auf dieser zeigen Stimmen aus Justiz, Gewerkschaft, Betrieb und Medien, mit welchen Tricks Unternehmen versuchen, die Organisierung am Arbeitsplatz zu behindern und Konzernkritik zu schwächen – und wie man sich zusammenschließt, um in Zeiten eines erodierenden Rechtsstaats, die Demokratie im Betrieb zu stärken. (…) Als Gegenmittel gegen »Slapp« und »Union Busting« bietet die Konferenz am Samstag in Köln Aufklärung, Vernetzung und Solidarität. Viele der circa fünfzig Anwesenden aus dem Publikum erzählen ihre eigenen Geschichten aus der Arbeitswelt, teilen ihre Ängste miteinander, die kostspielige Klagen bei ihnen auslösten. Wenngleich die Veranstaltenden Jessica Reisner und Elmar Wigand von der Alktion gegen Arbeitsunrecht einen Raum für die Schattenseiten der deutschen Arbeitswelt öffneten, bleibt ihr Appell klassenkämpferisch-optimistisch: »Es besteht keine Gefahr, dass der Aktion gegen Arbeitsunrecht die Arbeit ausgeht«, sagt Wigand.“ Bericht von Jule Meier vom 10.11.2024 in ND online externer Link („Union Busting: Viel Geld und keine Skrupel.“) mit Zusammenfassung der Referate und Fallbeispiele
    • Siehe auch die Berichterstattung der Aktion gegen Arbeitsunrecht auf ihrem Bluesky-Account externer Link
    • [Konferenz am 9. November 2024] Meinungsfreiheit in der Arbeitswelt? SLAPP gegen arbeitsunrecht FM. 
      Kündigungsversuche & anrollende Prozesswelle: Radiosendung & Podcast für aktive Betriebsräte und konfliktbereite Gewerkschafter*innen im Fadenkreuz von Medienkanzleien und Fertigmachern.
      Die Radio-Sendung arbeitsunrecht FM, die vom Verein Aktion gegen Arbeitsunrecht produziert wird, sieht sich zunehmend juristischen Angriffen ausgesetzt — direkter und indirekter Art. Sowohl der Vereinsvorstand, der Moderator Elmar Wigand, als auch die Interviewpartner von arbeitsunrecht FM sind mitterweile regelmäßige Zielscheiben von strategischen juristischen Attacken durch einschlägige Kanzleien wie Schertz Bergmann und Irle Moser. Zu den Auftraggebern gehören das Klinikum Lippe, der Lieferdienst Flink, der Arbeitsrechtsanwalt Tobias Pusch und andere. (…) Derzweil beharkt die Medienkanzlei Irle Moser, die offenbar routinemäßig die Sendung arbeitsunrecht FM auf mögliche Angriffspunkte hin abhört, den Verein und ihren Pressesprecher im Auftrag von Flink und deren Union Buster Tobias Pusch mit Unterlassungsaufforderungen vor dem Landgericht Hamburg
      …“ Pressemitteilung vom 28. Oktober 2024 bei der Aktion gegen Arbeitsunrecht externer Link
  • Wichtige Online-Umfrage zu SLAPP-Erfahrungen von Journalist*innen – bitte bis zum 1. Oktober 2024 mitmachen!
    Studie untersucht in Kooperation mit der dju in ver.di die Bedeutung von rechtlichen Einschüchterungsmaßnahmen – Bis einschließlich 1. Oktober
    Im Rahmen einer Studie untersucht Prof. Dr. Stephanie Egidy in Kooperation mit der Otto Brenner Stiftung, der Gesellschaft für Freiheitsrechte, dem Umweltinstitut München und der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di die Bedeutung von rechtlichen Einschüchterungsmaßnahmen, die sich gegen die öffentliche Betätigung von Journalist*innen, Vereinen, Politiker*innen, Privatpersonen, Aktivist*innen und anderen richten. In bestimmten Konstellationen strategischer Einschüchterung – etwa bei einem großen Machtgefälle zwischen Klägern und Beklagten, Zermürbungstaktiken, überhöhten Streitsummen u.v.m. – spricht man von SLAPP-Verfahren (Strategic Lawsuits Against Public Participation). Kläger/Abmahner können Unternehmen, wohlhabende Privatpersonen oder Verbände sein. Ihr Ziel: Unliebsame Stimmen einzuschüchtern und aus der öffentlichen Debatte zu drängen. Um besser zu verstehen, wie häufig und in welchen Konstellationen solche SLAPP-Verfahren vorkommen, wen sie treffen, welche Taktiken die Kläger einsetzen und welche Folgen sie für die Betroffenen haben, bitten wir euch, eure Erfahrungen in der folgenden Umfrage mit uns zu teilen, die ihr über diesen Link erreicht:  https://egidy.limesurvey.net/693793 externer Link
    Die Teilnahme an der Umfrage ist bis zum 1.Oktober 2024 um 24 Uhr möglich
    …“ dju-Aufruf vom 23.09.2024 externer Link
  • Gegen rechte Slapp-Klagen wehren: Wie Rechte SLAPP-Klagen nutzen – und was wir dagegen tun können
    SLAPP – dieses Kürzel steht für strategic lawsuits against public participation und befasst sich mit einem Phänomen, das sich steigender Beliebtheit erfreut: Klagen, die in erster Linie erhoben werden, um unliebsame Kritik zu unterdrücken. Insbesondere bei rechten Akteuren sind SLAPPs zuletzt immer beliebter geworden. (…) Kürzlich hatte das OLG in Hamburg darüber zu entscheiden, ob eine Reihe öffentlicher Äußerungen eines Kommunalpolitikers über den Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstleisters das Persönlichkeitsrecht des Unternehmens verletzt habe (OLG Hamburg, Beschl. v. 8 März 2024, 7 W 22/24). Der Mitarbeiter hatte eine Kappe mit der Orchon-Rune getragen, die als Symbol der Ülkücüler-Bewegung, auch bekannt als „Graue Wölfe“, gilt. Daraufhin war er von dem Kommunalpolitiker als „Türkischer Rechtsextremist“ bezeichnet worden. Negative Presse also für den Sicherheitsdienstleister, der deshalb klagte, um diese Äußerung untersagen zu lassen. Das OLG Hamburg bestätigte nun die Entscheidung der Vorinstanz: Wer Symbole einer rechtsextremen Organisation trägt, muss damit leben, wenn andere ihn deshalb als Rechtsextremist bezeichnen. (…) Der Fall zeigt: Wenn Journalist*innen, Aktivist*innen oder andere zivilgesellschaftliche Akteur*innen über Missstände in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft berichten, müssen sie mit Gegenwind rechnen, auch in Form von Klagen. Dabei geht es oft nicht primär um Rechtsdurchsetzung, sondern eher darum, unliebsame Äußerungen zu unterdrücken. Konfrontiert mit einem hohen Prozessrisiko, so das Kalkül der in aller Regel finanziell überlegenen Kläger*innen, werden die Beklagten viele der Aussagen zurücknehmen oder zumindest nicht wiederholen. (…) Welche Antworten die Zivilgesellschaft auf diesen unbefriedigenden Zustand finden kann, zeigt FragDenStaat beispielhaft mit dem Gegenrechtsschutz. Im Rahmen dieses Projekts können sich Personen, deren Äußerungen oder Tätigkeiten Ziel rechtsmotivierter juristischer Angriffe werden, beraten lassen. (…) Etwa 70 Verfahren hat der Gegenrechtsschutz mittlerweile betreut, fast alle begannen mit einer anwaltlichen Abmahnung. Wurden die Abmahnungen zurückgewiesen, meldeten sich diejenigen, die die Abmahnung ausgesprochen hatten, in der Hälfte der Fälle nicht wieder. Das zeigt, dass rechte Abmahner*innen oft wissen, dass die Ansprüche, die sie geltend machen, nicht bestehen. Auch in den vor Gericht ausgetragenen Fällen hat sich das Engagement des Gegenrechtsschutzes gelohnt. Bislang gab es in sieben betreuten Verfahren eine gerichtliche Entscheidung, sechs davon gingen zu Gunsten der*des Betroffenen aus. Zwei dieser Entscheidungen wurden mittlerweile auch in der zweiten Instanz bestätigt, eine davon wurde eingangs bereits erwähnt. Neben der Unterstützung im Einzelfall hat der Gegenrechtsschutz noch einen weiteren wichtigen Effekt: Argumentationsstrukturen rechter Akteur*innen werden gerichtlich erschüttert. Dies macht es für die Zukunft leichter, adäquat auf ähnliche Argumente zu reagieren. (…) SLAPPs funktionieren für deren Initiator*innen besser, je höher das finanzielle Risiko für Betroffene ist. Dieses Risiko hängt wiederum unmittelbar mit dem Streitwert zusammen.  Bei den vom Gegenrechtsschutz betreuten Verfahren lag dieser bspw. zwischen 10.000 und 60.000€. Eine Deckelung könnte Abhilfe schaffen. Dabei müssten auch die Kosten von Abmahnungen beachtet werden, die, das legen die Zahlen des Gegenrechtsschutzes nahe, in vielen Fällen ins Blaue hinein ausgesprochen werden und im Erfolgsfall finanziell lohnend sind. Hier wäre es denkbar, eine an § 97a Abs. 3 S. 2 – 4 UrhG orientierte Regelung zu schaffen. Diese Norm beschränkt den Gegenstandswert, auf den sich die Abmahnung beziehen darf, in bestimmten Fällen auf 1.000 €. Abmahnungen könnten dadurch in der Regel nur noch mit etwas über 100 € in Rechnung gestellt werden. Insoweit bleibt es am Gesetzgeber, die Risiken für Betroffene von SLAPPs durch Deckelung der Streitwerte zu senken…“ Gastbeitrag von Johannes Maurer vom 7. August 2024 beim Volksverpetzer externer Link
  • NO SLAPP: dju in ver.di ruft Anlaufstelle zum Schutz publizistischer Arbeit ins Leben
    „… Wir unterstützen Journalist*innen, die mit einschüchternden Abmahnungen oder Klagen konfrontiert sind. In dieser Woche startet ein zivilgesellschaftliches Bündnis, dem auch die dju in ver.di angehört, eine Anlaufstelle, die Expertise zum Umgang mit juristischen Einschüchterungspraktiken („SLAPP“), Austausch unter Betroffenen sowie Trainings für Medienschaffende und Jurist*innen bietet. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju in ver.di) engagiert sich als Kooperationspartnerin des Projekts, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert wird. „Dass es in einem starken Bündnis mehrerer Organisationen gelungen ist, eine Anlaufstelle einzurichten für Journalistinnen und Publizisten, die mit juristischen Klagen eingeschüchtert werden sollen, ist ein großer Erfolg. Und zeigt, dass das Engagement für eine kritische Öffentlichkeit dann gut gelingt, wenn viele Partner gemeinsam dafür kämpfen“, sagt Tina Groll, Bundesvorsitzende der dju in ver.di. Eine wachsende Zahl von Journalist*innen sehe sich Abmahnungen und anderen Rechtsmitteln ausgeliefert. „Das ist Gewalt“, sagt Groll. Mit der SLAPP-Anlaufstelle sei ein wichtiger Schritt erreicht, doch es müsse noch mehr geschehen. „In einer bedrohten Demokratie, in der die Meinungs- und Pressefreiheit und die kritische Öffentlichkeit immer mehr Angriffe erfährt, ist die Bundesregierung aufgefordert, die EU-Anti-SLAPP-Richtlinie in nationales Recht zu überführen und hier wirksam auszugestalten. Die dju in ver.di und ihre Bündnispartner werden nicht nachlassen, hier Druck zu machen.“ Das Akronym „SLAPP“ steht für „Strategic Lawsuits Against Public Participation“ und bezeichnet das Phänomen, dass Unternehmen oder reiche Privatpersonen zunehmend juristische Mittel nutzen, um gegen unliebsame Recherchen oder Berichterstattung vorzugehen. Zweck solcher Verfahren ist, die Gegner*innen durch langwierige und teure Prozesse einzuschüchtern und kritische Aufmerksamkeit für bestimmte Sachverhalte zu verhindern. Die dju in ver.di war selbst bereits von einem SLAPP betroffen…“ Pressemitteilung der dju in ver.di vom 14. Mai 2024 externer Link mit Links zu weiteren Infos, siehe auch:

  • [Studie] Agenda Cutting durch SLAPP als europaweites Phänomen und Geschäftsmodell: Einschüchterungsklagen bedrohen Presse- und Wissenschaftsfreiheit
    „Eine Studie der Universität Leipzig hat am Fallbeispiel der Hohenzollern untersucht, wie Presseberichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollte. Dabei haben die Kommunikationswissenschaftler die Wirkung von Einschüchterungsversuchen durch strategische Klagen gegen kritische Berichterstattung, sogenannte SLAPP-Klagen, aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Die Ergebnisse wurden in der führenden Fachzeitschrift „Publizistik“ veröffentlicht. (…) In letzter Zeit haben SLAPP-Klagen zugenommen. 2022 wurden in Europa rund 160 missbräuchliche Klagen eingereicht, der höchste je gemessene Jahreswert. Die Dunkelziffer ist vermutlich höher, sagt Dr. Uwe Krüger vom Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig. „Seit mehr als zehn Jahren nimmt die Verrechtlichung des Journalismus zu. So ist es etwa für Politmagazine im Fernsehen immer alltäglicher geworden, dass sie schon während ihrer Recherchen presserechtliche Warnschreiben von einschlägig bekannten Anwaltskanzleien erhalten. Das ist zu einem Geschäftsmodell geworden und kein ausschließlich deutsches Phänomen.“
    Strategisches Vorgehen, um Öffentlichkeit zu verhindern
    Im Zuge ihres Reputations- und Krisenmanagements sind die Hohenzollern in den vergangenen Jahren mit über 120 Klagen beziehungsweise Abmahnungen massiv juristisch gegen öffentliche Äußerungen zur politischen Rolle der Familie beim Aufstieg des Nationalsozialismus vorgegangen. Adressaten waren Historiker:innen, Redaktionen und andere Beteiligte in der öffentlichen Berichterstattung. Auch aus diesem Grund haben sich für die Leipziger Studie, die im Rahmen der Masterarbeiten von Connor Endt und Max Beuthner entstand, lediglich zehn Betroffene zu Interviews bereit erklärt. (…)
    74 Organisationen der europäischen Zivilgesellschaft, darunter „Reporter ohne Grenzen“ und das PATFox-Projekt, hatten die europäischen Institutionen dringend dazu aufgerufen, eine Anti-SLAPP-Richtlinie auszuhandeln, um wirksamen Schutz für Menschenrechtsaktivist:innen und investigative Journalist:innen zu gewährleisten. EU-weit ist das Thema als Bedrohung für die Demokratie erkannt worden und es findet grenzüberschreitende und fachübergreifende Zusammenarbeit statt, unter anderem zu möglichen Verteidigungsstrategien. Ein Ziel ist, Gerichte, aber auch schon Jurastudierende frühzeitig zu sensibilisieren. In der Wissenschaft ist Agenda-Cutting durch SLAPPs ein relativ neues Thema, mit bislang wenig Forschung und Begriffsarbeit. Deshalb sei die aktuelle Veröffentlichung aus Leipzig ein wichtiger Baustein, um diese voranzubringen, so das Forschungsteam…“
    Pressemitteilung der Uni Leipzig vom 22.02.2024 externer Link zur Veröffentlichung der Studie von Max Beuthner und Connor Endt externer Link in open access: „Agenda-Cutting durch SLAPPs? Die Klagen der Hohenzollern und ihre Wirkung auf die Presse- und Wissenschaftsfreiheit aus Sicht der betroffenen Journalisten und Forscher“
  • Offener Brief vom No-SLAPP-Bündnis an deutschen Justizminister: EU-Rat verwässert Richtlinie gegen SLAPPs Bündnis gegen SLAPPs bittet, Zusagen während der Trilog-Verhandlungen in konkrete Maßnahmen umzuwandeln
    Das deutsche No-SLAPP-Bündnis, zu dem auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union dju in ver.di gehört, hat einen Offenen Brief an den deutschen Bundesjustizminister Marco Buschmann geschrieben. Das Bündnis ist enttäuscht, wie sehr der Rat der Europäischen Union die Richtlinie der EU-Kommission gegen offensichtlich unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren (SLAPPs) verwässert:
    Sehr geehrter Herr Minister, wir sind Vertreter*innen eines breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses aus Medien-, Menschenrechts- und weiteren Nichtregierungsorganisationen sowie Gewerkschaften gegen Rechtsmissbrauch zur Einschränkung der kritischen Öffentlichkeit (SLAPPs), sowie Teil des europäischen Anti-SLAPP-Bündnisses CASE. Wir sind enttäuscht über die allgemeine Ausrichtung, die der Rat der Europäischen Union am Freitag, den 9. Juni 2023 zum Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission „über den Schutz von Personen, die sich an der Öffentlichkeit beteiligen, vor offensichtlich unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren (SLAPPs)“ angenommen hat. Mit diesem Standpunkt macht der Rat einen Schritt zurück im Kampf gegen den zunehmenden Einsatz offensichtlich unbegründeter und missbräuchlicher Gerichtsverfahren, indem er den ursprünglichen Text erheblich verwässert. (…) Journalist*innen, Medienorganisationen und Aktivist*innen in Europa stehen unter großem Druck, und juristische Schikanen sind eine der größten Bedrohungen, denen sie ausgesetzt sind. Sie rauben ihnen Zeit und Geld, beeinträchtigen ihre Arbeit und verletzen somit letztlich das Recht der Öffentlichkeit auf Information…“ Offener Brief am 12.07.2023 bei der dju externer Link
  • Der Kampf gegen Union Busting und juristische Einschüchterung – SLAPP — strategische Prozessführung gegen unliebsame Öffentlichkeit
    Man nennt es SLAPP: Willkürliche Gerichtsverfahren bedrohen die unabhängige Organisierung von Arbeiter*innen im Betrieb sowie kritische Öffentlichkeit. (…) In den USA ist der Begriff SLAPP etabliert. Das ist einerseits die Abkürzung für „Strategic lawsuit against public participation“ (Strategische Prozessführung gegen öffentliche Beteiligung), andererseits heißt Slap „Ohrfeige“. Die Methode, kritische Berichterstattung zu unterbinden, ähnelt strukturell der Betriebsratsbehinderung. SLAPP zielt darauf, Kritiker*innen zu stressen, einzuschüchtern und bestenfalls finanziell zu ruinieren. Medienkanzleien setzen aktive Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, Initiativen und Journalist*innen mit Hilfe von Unterlassungsaufforderungen, Vertragsstrafen, Androhung von Schadenersatz und Strafverfahren finanziell massiv unter Druck. Dabei handelt es sich um einen Kampf mit sehr unterschiedlichen Ressourcen.
    Wie im Union Busting können Unternehmen ihre Anwaltskosten als gewinnmindernd absetzen. Privatpersonen, Initiativen und Nichtregierungsorganisationen dagegen bleiben auf den Kosten sitzen, selbst wenn sie die von den Unternehmen provozierten juristischen Auseinandersetzungen gewinnen. Deren dicke Schriftsätze zu bearbeiten kostet Zeit, die oftmals perfiden, hahnebüchenen bis absurden Konstruktionen zu beantworten, kostet Nerven und erzeugt nicht selten Gefühlszustände zwischen Brechreiz und Hass. Das ist der Zustand, in dem sie dich haben wollen…“ Beitrag vom 31. Mai 2023 bei der Aktion gegen Arbeitsunrecht externer Link

Grundinfos zum Kampf gegen Strategic Lawsuits Against Public Participation:

Siehe auch: #Gegenrechtsschutz! Initiative in Österreich organisiert Schutz vor Angriffen von Rechts – auch in Deutschland von FragDenStaat

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=195141
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