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[UN-Welternährungsgipfel] Gefährdete Welternährung: Wie Konzerne die Lebensmittelproduktion kapern
„Konzerne bestimmen immer mehr, wie Nahrungsmittel produziert werden. Gleichzeitig nimmt der Hunger weltweit wieder zu. Jetzt sollen Firmen noch mehr Einfluss erhalten. Aus Protest boykottieren NGOs wie „Brot für die Welt“ den Welternährungsgipfel. (…) das Welt-Ernährungswesen ist völlig aus dem Tritt geraten. Deshalb rufen die UN für Mitte September zu einem Ernährungsgipfel nach New York. Dieser Gipfel jedoch ist umstritten. Er solle die Dominanz der Agrar- und Ernährungskonzerne im Welternährungswesen zementieren, meint der italienische Agrarökologe Stefano Prato. Er leitet die Gesellschaft für internationale Entwicklung – ein in Rom ansässiges Netzwerk von 80 NGOs. „In den vergangenen Jahren hat der Einfluss transnationaler Konzerne auf die internationalen Ernährungsorganisationen stark zugenommen. Der Grund, dass nach wie vor Menschen hungern, liege auf der Hand, behaupten die Konzerne. Die Welt müsse nur mehr Nahrung produzieren. ‚Nein‘, sagen wir als Zivilgesellschaft. Tatsächlich hungern Menschen auch deshalb, weil weltweit umweltfreundlich arbeitende Kleinbauern benachteiligt werden, obwohl vor allem sie die Menschheit ernähren.“ Entsprechend erbittert kämpfen die Antagonisten: Agrar-, Agrarchemie- und Lebensmittelkonzerne, ihnen nahestehende Regierungen sowie die Gates-Stiftung setzen auf maximale Produktion von Nahrung mit den Mitteln der Grünen Revolution – Hybridsaatgut, Kunstdünger, Pestiziden. Große Teile der Zivilgesellschaft dagegen fordern eine ökologische Nahrungsmittelproduktion im Einklang mit Umwelt, Klima, Gesundheit und den Rechten armer Menschen in Entwicklungsländern…“ Sehr umfangreicher Beitrag von Thomas Kruchem vom 17.08.2021 beim Deutschlandfunk Kultur (Text und Audio)
- Hungrig nach Profiten. Landwirtschaft und Welternährung im Kapitalismus
„Die Zahl der weltweit unterernährten Menschen ist im vergangenen Jahr auf über 800 Millionen gestiegen. Damit verfehlt die UN-Nachhaltigkeitsagenda deutlich ihr Ziel, bis 2030 die Zahl der Hungernden spürbar zu reduzieren und alle Formen der Mangelernährung zu beenden. Am 23.September tagte in New York der Welternährungsgipfel und unterbreitete Vorschläge, wie der globalen Nahrungsmittelkrise begegnet werden könnte. Leider stand schon im voraus fest, in welche Richtung die Vorschläge gehen würden. (…) Bei der «grünen Revolution» geht es nicht nur um die Einführung neuer, «besserer» Produktionsmittel, sondern um die Durchsetzung eines so weit wie möglich «industrialisierten» Agrarsystems. Die neuen Sorten bringen nur dann die versprochenen hohen Erträge, wenn sie regelmäßig intensiv gedüngt und auf großen Flächen in Monokultur angebaut werden. Diese Form des Anbaus begünstigt die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen, die mit Fungiziden und Insektiziden bekämpft werden, gegen Unkräuter werden Herbizide eingesetzt. Die Bearbeitung großer Flächen ist nur mit dem Einsatz von Maschinen zu bewältigen. Begleitend findet oftmals eine Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen statt. Das Ziel ist hierbei immer, dass Bäuerinnen und Bauern durch neue Regeln gezwungen werden, nur noch kommerzielles Saatgut zu nutzen – Saatgut, das sie kaufen müssen – anstatt ihr eigenes, bäuerliches Saatgut weiter zu verwenden. meist auch eine – durch Strukturanpassungsmaßnahmen oder bilaterale Freihandelsabkommen zusätzlich forcierte – Exportorientierung der Agrarproduktion verbunden.“ Artikel von Eva L. Blum in der Soz Nr. 10/2021 - Weiter aus dem Beitrag von Thomas Kruchem vom 17.08.2021 beim Deutschlandfunk Kultur : „… Die FAO kooperiert jedoch mit einigen Unternehmen, deren Geschäftsziele elementaren FAO-Anliegen widersprechen – den Anliegen etwa, umweltfreundliche Landwirtschaft zu fördern und gesunde Ernährung: Der französische FAO-Partner Danone etwa war bereits in zahlreiche Babymilch-Skandale verwickelt und verkauft Kindern stark zuckerhaltige Joghurts als gesund. Und, wie Danone, schürt der Mars-Konzern mit seinen Süßwaren die globale Diabetespandemie – insbesondere auch in armen Ländern wie Indien. (…) Nach einer neuen Untersuchung des Pestizid-Aktionsnetzwerks PAN International kommt es jährlich weltweit zu fast 400 Millionen Vergiftungen durch Pestizide; über 200.000 Menschen sterben daran; Nutzinsekten wie Bienen sind vielerorts verschwunden. Angesichts dessen müsse die FAO eigentlich alles tun, ihren Internationalen Kodex für den Umgang mit Pestiziden wirklich durchzusetzen, meint Stefano Prato von der Gesellschaft für internationale Entwicklung. Stattdessen paktiere die FAO mit der Pestizidindustrie. (…) Vor diesem Hintergrund operiert in Afrika die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika, AGRA. Die Initiative versucht seit 2006, die Landwirtschaft Afrikas zu modernisieren. Finanziert wird sie vor allem von der Gates-Stiftung, die – wie im Gesundheitswesen – auch in der Landwirtschaft schnelle und messbare Erfolge anstrebt. AGRA drängt Afrikas Regierungen, ausländische Investitionen im Agrar- und Ernährungswesen zu fördern. Sie sollen den Markt für Hybridsaatgut, Kunstdünger und chemische Pestizide liberalisieren und solche Agrarinputs subventionieren. Die Bauern wiederum sollen sich, unter Einsatz solcher Inputs, auf ertragreiche Pflanzen wie Mais, Soja und Maniok konzentrieren, die die Industrie exportieren oder zu Pulver für die Nahrungsmittelindustrie verarbeiten kann. Tim Wise, der an der Tufts University in Massachusetts forscht, hat nach 15 Jahren AGRA die Resultate untersucht – unterstützt aus Deutschland von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Brot für die Welt. Sein Report ist unter dem Titel „Falsche Versprechen“ erschienen. (…) „Wir müssen weg von den großflächigen Monokulturen, in denen die Biodiversität keine Chance hat. Wie können wir davon wegkommen? Biolandbau an sich, der auch weiterhin Monokultur auf dem Feld hat, löst das Problem nicht. Wir müssen tatsächlich wieder Biodiversität auf die Felder kriegen – und nicht nur Öko-Inseln am Rand oder Blumenstreifen ums Feld; sondern wir brauchen die Mischkultur im Feld.“ (…) 30 Prozent der Bauern weltweit arbeiten agrarökologisch; die meisten allerdings nur deshalb, weil sie kein Geld für Agrarchemie haben – und höchst ineffizient. Damit diese Bauern bewusst und erfolgreich ökologisch arbeiten können, brauchen sie Kapital, Zugang zu Märkten und zu Wissen. Und viele Fragen der Bauern hat die Wissenschaft noch nicht beantwortet (…) „Die Gates-Stiftung und andere Geldgeber wollen aus der Arbeitsgemeinschaft für internationale Agrarforschung eine Art wissenschaftlich-industriellen Komplex formen – mit Fragestellungen und Forschungsergebnissen, die die Landwirtschaft im Sinne der Industrie unterstützen. Digitalisierung und andere Technologie sollen Umwelt- und Gesundheitsprobleme lösen, die die Industrie mit ihren Technologien verursacht hat. Zugleich wird unabhängige Forschung untergraben; und traditionelles Wissen, wie das Erfahrungswissen von Kleinbauern, Hirten und indigenen Völkern, wird marginalisiert. Solches Wissen passt einfach nicht zu der Wissenschaft, wie sie die Institute der Arbeitsgemeinschaft zunehmend betreiben.“…“