Dumpinglöhne in der Bio-Branche des Einzelhandels: Glückliche Kühe statt glückliche Mitarbeiter

Dossier

Bio-LebensmittelSie stehen für umweltschonende Landwirtschaft und fairen Handel, aber auch bei Öko-Märkten gibt es niedrige Löhne. Glückliche Kühe auf Kosten der Mitarbeiter. Nach Alnatura sorgt nun die Bio-Kette Denn’s für Unruhe. (…) Viele Öko-Händler, die auf eine angemessene Bezahlung und Behandlung von Kleinbauern in Entwicklungsländern pochen, bezahlen ihre eigenen Mitarbeiter teils schlechter als die konventionellen Läden. (…) Schnell taucht in der Debatte um das Lohnniveau in der Bio-Branche deshalb immer auch der Hinweis auf sogenannte weiche Faktoren auf: Der Verkauf von Bio-Lebensmitteln sei schließlich eine sinnvolle und befriedigende Tätigkeit. Das Arbeitsklima sei gut, die Hierarchien flach, die Arbeitszeiten flexibel gestaltbar und die Möglichkeit, Abläufe selbständig zu gestalten, sei höher als in konventionellen Betrieben…“ Artikel von Carina Groh-Kontio im Handelsblatt online vom 28.05.2013 externer Link. Siehe auch:

  • Geschäftiges Treiben. Biomarktketten: Unternehmen schieben Filialen hin und her. Belegschaft bleibt auf der Strecke – wie in Hamburg-Eimsbüttel New
    Als in den 1970ern die ersten Bioläden in der BRD eröffneten, saß die Eigentümerin oder der Eigentümer noch selbst an der Kasse. Nur ganz wenige hatten mehr als ein Geschäft. Heute dominieren große Ketten mit Dutzenden Standorten die Branche. Sie kaufen Konkurrenten auf und schieben untereinander Filialen hin und her. In Hamburg ging das zu Lasten der Belegschaft. Ende Mai schloss im Stadtteil Eimsbüttel ein Biomarkt in der Osterstraße. Die Belegschaft erfuhr nach eigenen Angaben erst kurz vor dem Aus davon. Ein Handwerker, der im Ladenlokal zu tun hatte, habe es zufällig ausgeplaudert. »Wann geht es denn los mit dem Abriss?« habe der Mann gefragt, erzählte eine Verkäuferin Anfang vergangener Woche beim WDR in der »Lokalzeit Münsterland«. Einige Beschäftigte klagen nun vor Gericht auf eine Abfindung und ausstehendes Gehalt. »Ich warte immer noch auf meinen Junilohn«, sagte ein Beschäftigter, der wegen des schwebenden Verfahrens seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, am Mittwoch gegenüber jW. Ob er jemals Geld sehen wird, entscheidet der Insolvenzverwalter. Der Jobverlust für die Belegschaft in Eimsbüttel ist gewissermaßen ein Kollateralschaden eines Geschäfts zwischen der Superbiomarkt AG aus Münster und dem Konkurrenten Basic AG aus München. Die Basic AG will sich anscheinend auf Süddeutschland und Österreich konzentrieren. Deshalb bot sie Anfang 2021 sechs Biomärkte in Nordrhein-Westfalen und den einen in Eimsbüttel zur Übernahme an. Die Superbiomarkt AG aus Münster griff zu. Sie unterhält mehr als 30 Märkte in NRW und im niedersächsischen Osnabrück. (…) Die GmbH erwirtschaftete laut Radau 2021 einen Verlust von 450.000 Euro. »Als nach der Marktschließung klar war, dass die GmbH mit Forderungen durch den Betriebsrat in Höhe von insgesamt rund 200.000 Euro konfrontiert war, gab es leider keine andere Möglichkeit als Insolvenz anzumelden, da die GmbH diesen Betrag nicht hatte«, schiebt Radau der Belegschaft eine Teilschuld zu. Der unternehmerische Kniff, die Filiale in Eimsbüttel auszulagern und nicht wie alle anderen unter die Fittiche der kapitalkräftigeren Superbiommarkt AG zu nehmen, zahlt sich also aus. Eine GmbH mit einem Stammkapital von nur 25.000 Euro ist eben deutlich schneller pleite als eine AG mit einem Grundkapital von rund 2,5 Millionen Euro. Die Forderungen des Betriebsrats wären vermutlich für die AG ebenfalls leichter zu stemmen...“ Artikel von Gerrit Hoekman in der jungen Welt vom 04.08.2022 externer Link
  • Skandal: Demeter & Naturland verschleiern Ausbeutung bei Haciendas Bio 
    Seit über einem Jahr kämpfen Arbeiter*innen des biologisch zertifizierten Betriebes Haciendas Bio aus Almería gegen das Unrecht, was ihnen angetan wurde. Durch Lohndumping und Unionbusting wurden die Arbeiter*innen schikaniert und letztendlich illegal gefeuert. Gemeinsam mit der SOC-SAT Almería kämpfen die Arbeiter*innen gegen die intransparenten Fänge und Entschuldigungen der Bio-Label-Industrie. Die genannten Methoden zur Ausbeutung und Unterdrückung der Erntearbeiter*innen sind im Plastikmeer von Almería alltäglich. Seit über einem Jahr hatten Demeter und Naturland Zeitauf die betroffenen Arbeiter*innen zuzugehen. Leider haben sie dies nicht getan. Wir prangern an, dass stattfindende Kontrollen, Kontrollkriterien, Prüfberichte und auch Maßnahmen und Sanktionen aus den Kontrollen von den großen Biolabels nicht öffentlich zugänglich sind. Stattdessen halten sich die Label sehr bedeckt. Lediglich Lippenbekenntnisse werden öffentlich kommuniziert. Die betroffenen Betriebe behalten weiterhin ihr Label. So kann es in der Bio-Label-Industrie nicht weitergehen! Teilt das Video und baut gemeinsam mit uns den Druck auf alle großen Bio-Label auf, damit endlich Transparenz und Ehrlichkeit an dem Tag gelegt wird.“ Infos zum Video vom 10.03.2021 von Interbrigadas e.V. bei youtube externer Link , siehe auch den Thread vom 10.3.2021 der Interbrigadas auf Twitter externer Link und deren früheres Video zur Kampagne gegen Bio-Ausbeutung bei “Haciendas Bio” externer Link
  • Faule Früchtchen. Milliardengeschäft Biobranche: Arbeitsschutz bleibt zunehmend auf der Strecke 
    “… Für 2019 weist der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft einen Gesamtumsatz für Naturkost und Naturwaren von 11,9 Milliarden Euro aus; gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um fast zehn Prozent. Auf den Naturkostfachhandel entfallen dabei 28 Prozent, aber 57 Prozent auf die Großen der Branche. 2020 dürfte der Umsatz noch weiter gestiegen sein. Ersten Schätzungen des Landwirtschaftsministeriums zufolge sogar um 17 Prozent und damit mehr als 14 Milliarden Euro. »Die Branche hat in der Pandemie noch mal einen Schub bekommen«, sagte die zuständige Ministerin Julia Klöckner (CDU) am 15. Januar in Berlin. Generell beträgt der Anteil von Bioprodukten am gesamten Lebensmittelumsatz in Deutschland aber nur etwa 5,5 Prozent (2018). Dänemark und Schweden liegen mit 11,5 bzw. 9,6 Prozent deutlich darüber. (…) Im Großhandel mit Naturkost und Naturwaren haben sich erstaunlich viele Unternehmen aus der Pionierzeit der Branche gehalten. Allerdings sind sie längst zu florierenden Kapitalgesellschaften avanciert, die wachsende Umsätze und Gewinne verzeichnen, aber bis auf sehr wenige Ausnahmen kaum etwas von betrieblicher Mitbestimmung und Tariflöhnen halten. Zum Beispiel Terra Naturkost in Berlin, vor mehr als 30 Jahren gegründet und bis heute im Alleinbesitz des Gründers Meinrad Schmitt. Der hält sich bei Umsatzzahlen eher bedeckt. Immerhin bezeichnet sich Terra auf der Firmenwebseite als »regionaler Marktführer«, mit stetig ausgeweitetem Sortiment und rund 350 Beschäftigten. Den Versuch, am Neuköllner Firmensitz einen Betriebsrat ins Leben zu rufen, brachen die wenigen in der Gewerkschaft Verdi organisierten Beschäftigten schon vor Jahren ab, da sie kaum Rückhalt für ihre Initiative fanden. (…) Naturkost ist offenkundig ein lukratives Geschäftsmodell. Dass angesichts von Milliardenumsätzen Tierwohl, Anbau- und Produktionsstandards, aber auch die Wahrung von Beschäftigtenrechten und Mitbestimmung ins Hintertreffen geraten, muss zumindest befürchtet werden.“ Artikel von Gudrun Giese in der jungen Welt vom 23.01.2021 externer Link
  • Interview mit einem Mitarbeiter: Die Wahrheit über Bio Company 
    “Die Supermarktkette Bio Company präsentiert sich als fair und ökologisch. Alles Lüge, wie ein Mitarbeiter berichtet. Im Interview erzählt er von der Ausbeutung, wie Kolleg:innen, die eigentlich in Quarantäne müssten, zur Arbeit beordert werden und über die qualvollen Bedingungen für Tiere im angeblich biologischen Schlachthof der Firma. (…) Es wird suggeriert, dass durch bio mehr ausgegeben wird in der Wertschöpfung und dadurch natürlich auch teurer verkauft wird. Das heißt ja eigentlich, dass die Mitarbeiter:innen mehr verdienen müssten, weil der Profit höher ist. Aber das ist leider nicht so. [Bist du mit deinen Arbeitsbedingungen zufrieden und wenn nicht, was würdest du gerne ändern?] Nein gar nicht. Es gibt eine riesige Liste, die auch mit der Zeit immer größer wird. Je länger man in der Branche arbeitet, umso mehr fällt einem auf, welche Missstände es gibt. Und nicht nur bei der Bio Company, sondern in der ganzen Branche. Das ist ja das Ding, wie das Grundverständnis von Leuten ist, in einem Bio-Markt zu arbeiten. Das ist so dieser Traum von „es riecht nach frischen Lebensmitteln“. Es scheint erst mal so zu sein und viele denken, auch wenn sie schon da arbeiten, es ist so. Weil es ihnen suggeriert wird und die Arbeitgeber angeblich Werte großgeschreiben wie „Mitarbeiterzufriedenheit“, „Mitarbeiterförderung“ und „faire Bedingungen“, aber es wird nur schwach umgesetzt. Es gibt nicht umsonst eine Flächentarifvertrag im Handel und es ist dem Unternehmen selbst freigestellt, ob sie da eintreten oder nicht. Und bei BC gibt es keinen Tarifvertrag. Das ist der Knackpunkt, wo man sagt: Ey, warum zahlen die meisten Bio-Supermärkte weit unter dem Tarif? Also wirklich weit drunter! Das hat so viele Auswirkungen. Der Lohn im Einzelhandel ist ja schon gering und dann noch 200 oder 300 Euro weniger zu haben, ist extrem viel weniger, gerade bei den heutigen Mietpreisen und Lebensbedingungen. Es gibt einen inaktiven Betriebsrat. Ich hab in meinen drei Jahren noch nie gemerkt, was der Betriebsrat für die Mitarbeiter:innen gemacht hätte. Die kommen in den Laden, stellen sich vor, fragen dich wie es dir geht. Was sollen wir denn bitte dazu sagen? Es müsste mal eine Mitarbeiter:innen-Versammlung geben, wo wir alle Punkte vorbereiten können, die uns stören. Aber so was gibt es nicht! Definitv nicht. Anderseits gibt es ständig Kontrollen der Mitarbeiter:innen. Das ist eine externe Firma, die dafür bezahlt werden, in den Laden zu kommen und einen Diebstahl zu simulieren. Die verstecken Sachen und werten das dann nachher mit der Filialleitung aus. Derjenige der es dann war, wird zum Gespräch gerufen. Wenn man das nicht besteht, wird in einem anderen Gespräch besprochen, wie du das in Zukunft besser machen kannst. Die Leute werden unter krassen Druck gesetzt. Es ist total krank! Ich hab ein Diebstahllehrgang gehabt, von morgens bis abends. Mit einem Polizisten und einem BC-Mitarbeiter. Die haben uns darüber aufgeklärt, wie wir mit Diebstählen umzugehen haben. Die Grundannahme in diesem Ding ist, dass die BC damit rechnet, das viele Diebstähle durch Mitarbeiter:innen passieren. Sie rechnen Diebstähle im Wert von Millionen im Jahr von Mitarbeiter:innen ein. Aber warum passiert das denn so? Das Witzige daran ist, was die BC daraus schließt, sind Maßnahmen wie Mitarbeiter:innenkontrolle. Jeden Abend werden alle Tasche kontrolliert. Es wird unangekündigt kontrolliert, wenn man aus der Pause kommt mit seinen gekauften Sachen. Es wird kontrolliert, ob du das bezahlt hast. Es werden die Taschen auf „freiwilliger“ Basis kontrolliert, du könntest sagen: „Nein, ich möchte nicht, dass du meine Tasche kontrollierst“. Aber wenn du das machst, bist du sofort verdächtigt. Also in was für eine Situation werden wir gebracht? Das sind private Sachen in unseren Taschen! Ich finde das ziemlich grenzwertig. Dann sollte sich die BC fragen: Wenn man zufriedene Mitarbeiter:innen hat, klaut er/sie ja nichts. Warum sollten wir uns Lebensmitteln klauen, wenn wir ein angemessenes Gehalt hätten, um uns gute Lebensmittel kaufen zu können? Also es macht alles gar keinen Sinn! Der Grundgedanke sollte sein, den Mitarbeiter:innen ein angenehmes Arbeits- und Lebensverhältniss zu schaffen, damit sie nicht klauen müssen. (…) [Du bist ein Arbeiter, der im sogenannten essentiellen Sektor arbeitet. Wie wirkt sich Corona auf deine Arbeit aus? Hattet ihr Infektionsausbrüche im Betrieb?] Das ist alles ein absoluter Scheiß. Es wirkt sich auf jeden Fall auf uns aus. Gerade am Anfang, als die Pandemie losging, das war wirklich krass. BC hat den vierfachen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr gemacht. Es sollte einen Ausgleich für die Beschäftigten dafür geben und den gibt es nicht. Also die haben jetzt drei Monate lang einen Euro mehr die Stunde bezahlt, aber was ist das? Das ist alles ein Witz! Die Bio Company hat in dem letzten halben Jahr durch die Pandemie und die ganze Werbung, dass die Leute mehr auf sich achten wollen und gesünder sein wollen, hart davon profitiert und machen viel mehr Umsatz. Bei uns in der Filiale gab es mehrere Corona-Fälle. Das macht natürlich auch was mit den Arbeitsbedingungen. Es geht ja nicht nur darum, nach außen hin die ganzen Hygienevorschriften einzuhalten, sondern, dass sich die Mitarbeiter:innen sich sicher fühlen. Wir hatten einen Mitarbeiter in der Filiale, dessen Mitbewohner Corona hatte. Die BC hat ihn trotzdem bei uns arbeiten lassen, weil das Gesundheitsamt nicht gesagt hat, dass er in Quarantäne muss. Aber das liegt in der freien Entscheidung der Firma und jede andere Firma, die sich Sorgen um ihre Mitarbeiter:innen macht, hätte ihn nach Hause geschickt. Sofort! Das find ich krank, dass die Bio Company trotzdem noch die Arbeitskraft von dem ausnutzt, bis zum letzten. Ihm ging es schon sogar richtig schlecht. Sie sagen, es gibt keine andere Möglichkeit. Man fühlt sich dann auch verantwortlich. Im Supermarkt kannst du nicht ins Homeoffice, du kannst nicht von Zuhause aus arbeiten. Es muss alles gemacht werden. Ich hatte richtig Stress und bin deswegen richtig krank geworden nach dieser ersten Woche. Es gab einen andere Corona-Fall in der Filiale und die Person hat über Tage hinweg mit mehreren Kolleg:innen zusammengearbeitet und wir können uns meistens nicht wirklich aus dem Weg gehen. Man steht an der Kasse nebeneinander… Wir werden von der BC unter Druck gesetzt. Es war so, dass unsere Filialleiter:innen gesagt hat: wenn ihr die Hygieneregeln nicht einhaltet, dann gibt es hier richtig Ärger und eine Person hat dann eine Mahnung gekriegt, weil sie sich mit einem anderen Mitarbeiter:in ohne Maske fünf Minuten im Pausenraum unterhalten hat. Da war es noch nicht so krass, da hatten wir das noch mit den 1,5 Metern Abstand und dann muss man keine Maske tragen. Das hat sich ja jetzt geändert. Es gab mehrere Fälle. Die Schuld wird den Mitarbeiter:innen in die Schuhe geschoben. Dafür, dass diese Pandemie sich auch bei uns ausbreitet. Obwohl wir an der Front sind. Wir sehen hunderte Kund:innen jeden Tag und sind durch eine Plexischeibe angeblich geschützt. Es gibt tausende Berührungspunkte, wenn die Leute zur Arbeit kommen müssen. Es wäre viel nachhaltiger zu sagen, wem es wirklich schlecht geht, der soll Zuhause bleiben. Die BC hat von Anfang an gesagt, wer freiwillig in Quarantäne geht, kriegt keine Notvorzahlung; Wer in ein Krisengebiet fährt (was vorher kein Krisengebiet war) und zurück kommt und in Quarantäne muss, hat die Schuld – du bleibst dann Zuhause und kriegst keinen Lohn. Und das entscheidet die BC. Das entscheidet jede Firma selber…“ Anonymes Interview vom 18.01.2021 bei Klasse gegen Klasse externer Linkvom „Deutschen Tierschutzbüro e.V.“ wurde auf Instagram ein Video veröffentlicht externer Link , das die grausamen Zustände der Tiere in einem Bio-Schlachthof, der die BC mit Fleisch beliefert, zeigt – das Interview geht auch darauf ein
  • [Köln] Arbeitshetze bei Alnatura: „Die sich nicht dran halten können, werden schnellst möglich ausgetauscht.“ 
    Die Bio-Kette „Alnatura“ stellt sich in offiziellen Internetauftritten als grün und humanistisch dar. Doch nun kursiert in sozialen Medien eine Arbeitsanweisung, welche die Leiharbeitsfirma Kötter gegenüber den von ihr in Alnatura-Märkten eingesetzten ArbeiterInnen äußerte. In einem harschen Umgangston fordert die Firma darin auf, schneller zu arbeiten, sonst würde „ausgetauscht“. Auch wenn sich das „böse“ anhöre, so seien „die Regeln“. Mittlerweile haben Alnatura und Kötter offiziell reagiert. „Ab morgen habt ihr noch 3 std pro Palette ! Die sich nicht dran halten können, werden schnell möglichst ausgetauscht. Hört sich böse an aber tut mir sehr leid. So sind die Regeln. Ihr seid alle gut, aber bei einigen fehlt die Schnelligkeit“. Diese Nachricht erhielten MitarbeiterInnen einer Kölner Leiharbeitsfirma ausgerechnet am Abend des 1.Mai, dem Tag der Arbeit, per WhatsApp. Sie sind in verschiedenen Kölner Märkten der Bio-Markt-Kette Alnatura eingesetzt. (…) Auf Nachfrage von Perspektive Online äußerte sich Alnatura weitgehend, was tatsächlich mit der Firma Kötter vertraglich vereinbart sei: Bezahlung nach Tarif, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, der tariflich vorgeschriebene Urlaubsanspruch, die Zahlung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns. Die geschilderten Vorkommnisse gehörten „definitiv nicht zu einem fairen Umgang“, weshalb bald ein „klärendes Gespräch mit der Firma Kötter“ geführt werde. Auf die Rücknahme der Arbeitsanweisung zur Erhöhung der Arbeitsintensität sowie auf die Frage der Gefahrenzulage wurde derweil von Alnatura noch nicht eingegangen…“ Beitrag vom 5. Mai 2020 von und bei Perspektive Online externer Link – siehe auch unser Dossier: Mitbestimmung bei Alnatura: Fair sind hier nur die Produkte
  • Am-Boden-Haltung. Betriebsräte? Tariflohn? Viele Biomärkte behandeln ihre MitarbeiterInnen wie Legehennen 
    „… Es ist ein tolles Gefühl, im Biosupermarkt einkaufen zu gehen. Das Kilo Rinderfiletsteak kostet hier bei Alnatura 64,90 Euro: glückliche Rinder, gesunde Kundinnen, sauberes Klima, so was kauft man sich ja nicht jeden Tag. Hier geht es sicher allen gut. Und bei diesen Preisen wird man sich eine selbstbewusst organisierte Belegschaft wohl leisten können. Denkste. „Tarifgebunden ist keiner in der Biobranche“, sagt die Verdi-Handelsexpertin Erika Ritter. Ob etwa Alnatura nach Tarif bezahlt, könne sie nicht überprüfen. Was man aber überprüfen kann, ist die Existenz von Betriebsräten in Unternehmen. In gerade einmal einer von 133 Filialen gibt es eine gewählte Vertretung der Arbeitnehmer. „Die Arbeitgeber im Biosortiment wollen keine Mitbestimmung in den Betrieben haben“, sekundiert Paul Lehmann, Verdi-Gewerkschaftssekretär im Bezirk Oberfranken-West, „das zeigt der Erfahrungswert.“ Allein, es gab Versuche, an anderen Alnatura-Standorten Mitbestimmung zu erwirken. Vom Union Busting in dem Unternehmen kann die Bremer Grünen-Politikerin Kai Wargalla ein Lied singen, sie hat dort bis 2016 gearbeitet. Dann ließ man ihren Vertrag aus „betriebswirtschaftlichen Gründen“ auslaufen , sie hatte sich zur Protagonistin im Kampf der Angestellten für einen Betriebsrat aufgeschwungen. Alles ging damit los, erzählt sie, dass Alnatura die Filialleiterin in ihrem Bremer Markt entließ, weil sie hin und wieder alte Salatblätter für ihre Hühner mitgenommen habe. „Dazu muss man wissen: Bei Alnatura darf man nichts mitnehmen, auch nichts, was schon abgelaufen oder verschimmelt ist, wir müssen alles wegwerfen!“ Intern vermuteten die Kollegen noch andere Gründe hinter der Kündigung. Die Filialleiterin habe einen alten Vertrag gehabt, besser vergütet (…) In Bremen gibt es bis heute keinen Betriebsrat, Alnatura zieht das Verfahren mit Gerichtsprozessen in die Länge. Sogar verfassungsrechtliche Gutachten wurden angefertigt. (…) Der Betriebsrat in Bremen wäre der zweite innerhalb des Unternehmens, nur in Freiburg existiert einer. Ein stellvertretender Filialleiter in Berlin-Mitte erzählt, er habe zuvor zehn Jahre bei Bio Company gearbeitet, verglichen damit sei hier „alles super“. Dabei ist Bio Company, zumindest was die betriebliche Mitbestimmung anbelangt, schon weiter als Alnatura. Knapp 20 Jahre hat Verdi dort für den mehrere Filialen umfassenden Betriebsrat gekämpft. (…) Ein Kollege von ihr findet noch deutlichere Worte: „Aus Gewerkschaftssicht sind die Biomärkte schlimmer als die Discounter!“ Bio Company zahlt unter Tarifniveau und hat es geschafft, den von Arbeitnehmerseite hart erkämpften Betriebsrat mit den eigenen unternehmensfreundlichen Leuten zu besetzen, die gewerkschaftsnahen sind in der Minderheit…“ Artikel von Dorian Baganz vom 22.08.2019 bei Der Freitag online externer Link
  • Schlechte Bedingungen in vielen Ökosupermärkten – „Bio“ ist nicht automatisch fair 
    „… Der Handel mit Biolebensmitteln boomt seit Jahren, und Supermarktketten wie Alnatura, Denn’s Biomarkt und Bio Company expandieren Jahr für Jahr. Doch wenn es um Bezahlung und Arbeitszeit nach Tarif sowie um die Mitbestimmung geht, erweist sich die Branche als sehr abweisend, wie Orhan Akman, Leiter des ver.di-Bundesfachbereichs Einzelhandel kritisiert. Doch in anderen Teilen der Branche tut sich seit einiger Zeit eine Menge: im Großhandel nämlich. Mitte Mai wählten die Beschäftigten aus Warenlager und Zentralverwaltung beim Bio-Großhändler Dennree im oberfränkischen Töpen erstmals einen 15-köpfigen Betriebsrat. (…) Orhan Akman kritisiert die Bio-Einzelhandelsketten mit deutlichen Worten. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet in einem Zweig des Einzelhandels, der sich Nachhaltigkeit, Tierwohl und Regionalität auf die Fahnen schreibt, eine Politik gegen Arbeitnehmerrechte gefahren wird“, sagte er im April gegenüber den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Seit Jahren kämpfe ver.di beispielsweise um die Wahl eines Betriebsrates in einer Bremer Alnatura-Filiale – bisher ohne Erfolg. Viele Beschäftigte in Bio-Supermärkten müssten mehr als 37,5 Stunden wöchentlich arbeiten und bekämen dafür weniger Lohn und weniger Urlaubstage als die Tarifverträge des Einzelhandels vorsehen…“ Beitrag von Gudrun Giese aus ver.di publik vom Juni 2019 bei ver.di externer Link

Siehe dazu auch im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=150530
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