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[Logistikfirma Kühne + Nagel] Schmutzig reich: Klaus-Michael Kühne verdrängt seine Familiengeschichte
Dossier
„Wenn es um die Familiengeschichte geht, dann macht der derzeit reichste Deutsche, Klaus-Michael Kühne, dicht. Der 87-Jährige hat offenbar eine von ihm selbst in Auftrag gegebene Studie zur Firmengeschichte seiner Logistikfirma Kühne + Nagel verschwinden lassen. Einzelheiten dazu hat jetzt die Zeitschrift »Vanity Fair« ans Licht gebracht. Demnach soll er zum 125-jährigen Jubiläum des Unternehmens 2015 eine Studie zur Unternehmensgeschichte beim Forschungsinstitut Handelsblatt Research Institute beauftragt haben. Bei der Präsentation passte ihm das Kapitel zur NS-Zeit nicht. Kühne habe auf Änderungen bestanden, andernfalls wollte er die Studie nicht veröffentlichen. So geschah es dann auch…“ Artikel von Stefan Otto vom 19.09.2024 in ND online
, siehe mehr daraus und dazu:
- NS-Vergangenheit von Kühne+Nagel: Schlussstrich vom Chef Klaus-Michael Kühne
„Im „Spiegel“ behauptet Klaus-Michael Kühne, für eine Debatte um die Beteiligung seiner Firma an der Ausplünderung von Europas Juden sei es zu spät.
Der Multimilliardär Klaus-Michael Kühne hat dem Spiegel eine Audienz gewährt. Und da wurde er nicht nur gefragt, ob der Elbtower in seiner Heimatstadt Hamburg noch zu retten ist (glaubt er nicht) oder er die Eröffnung der von ihm gestifteten Oper noch erleben wird (glaubt er erst recht nicht). Sondern auch nach der NS-Vergangenheit seiner Firma, des Logistikkonzerns Kühne + Nagel. Ganz höflich und zartfühlend, weil: Er kann ja nichts dafür, er war ja 1945 erst sieben Jahre alt. Aber dann haben die Spiegel-Leute auch noch gefragt, warum Kühne eine historische Aufarbeitung dieser Geschichte immer wieder verhindert hat. Weil: Da kann er was für. Dazu hat er eine bestürzend klare Haltung. „Wenn die Diskussion kurz nach dem Krieg aufgekommen wäre, hätte ich volles Verständnis“, sagt er. Sie habe aber genau 2015 begonnen, zum 125-jährigen Jubiläum des Logistikkonzerns, 70 Jahre nach Kriegsende. Voll unfair, oder? (…) Denn wessen Wunden sind das, die da aufgerissen werden? Seine? Welche Wunden hat er denn davongetragen, als siebenjähriger Arierknirps? Oder meint er etwa die Wunden der Opfer, der Opfer auch seines Unternehmens, das sich ein Monopol auf den Abtransport und die „Verwertung“ jüdischen Eigentums im besetzten Westeuropa gesichert hatte? Als hätten deren Wunden je heilen können, als wären sie nicht auf ewig offen, schwärend, sich vererbend von Generation zu Generation. Kühne erlaubt sich festzulegen, bis wann eine Debatte darüber zulässig gewesen wäre. Klar, es ist natürlich schwer zu verstehen, dass die in Auschwitz Vergasten nicht am 9. Mai 1945 bei den Kühnes auf der Matte gestanden und Schadenersatz verlangt haben. Und dass die Überlebenden danach damit beschäftigt waren zu überleben, zunächst ganz körperlich und für immer seelisch, fast alle. Wären sie 1945 im Land der Mörder vorstellig geworden, hätte K+N ihnen sicher „voller Verständnis“ alles Geraubte zurückerstattet, mitsamt Zinsen. Aber so – weggegangen, Platz vergangen. Seltsamerweise haben auch die nichtjüdischen Deutschen gar nicht die Konzernzentrale gestürmt, um seinen Vater Alfred zur Rechenschaft zu ziehen – die waren nämlich wiederum ziemlich lange angestrengt damit befasst, sich mit sich selbst zu versöhnen. (…) Mord verjährt nicht. Massenmord schon gar nicht. Und für das Profitieren vom Massenmord sollte dasselbe gelten. Erst recht, da Kühne + Nagel seinen Aufstieg vom Mittelständler zum Global Player der Beteiligung am Menschheitsverbrechen Schoah verdankt. Falls Herr Kühne all das bestreiten möchte, kann er ja mal Historiker:innen beauftragen.“ Kommentar von Jan Kahlcke vom 3. April 2025 in der taz online - Vorwurf mangelnder Aufarbeitung: Das NS-Erbe von Kühne + Nagel
„Klaus-Michael Kühne gehört zu den reichsten Deutschen. Seine Firma transportierte nach 1933 für das NS-Regime Möbel und Hausrat verfolgter und ermordeter Juden. Eine öffentliche Aufarbeitung verweigert Kühne seit Jahren.
Seit Jahren verweigert Klaus-Michael Kühne eine Aufarbeitung der NS-Vergangenheit seiner Firma. Die Geschichte der Speditions- und Logistikfirma Kühne + Nagel ist dabei nicht nur die seiner Firma, sondern auch die Geschichte seiner Familie. Kühne ist Erbe und Mehrheitsgesellschafter des Logistikriesen Kühne + Nagel. Er hält 30 Prozent der Anteile an der Reederei Hapag-Lloyd und ist seit 2022 der größte Einzelaktionär der Lufthansa. Hinzu kommen Anteile an Flixbus und Flixtrain. Seit den 1970er-Jahren lebt der 87-Jährige in der Schweiz. (…) 1890 gründeten August Kühne und Friedrich Nagel die Speditionsfirma Kühne + Nagel in Bremen. Sie legten damit den Grundstein eines der heute weltweit größten Speditions- und Logistikunternehmen. (…) Nach dem Tod von Friedrich Nagel im Jahr 1907 ging die Firma schließlich in den alleinigen Besitz von August Kühne über. Als 1932 auch er starb, übernahmen seine Söhne Alfred und Werner Kühne den Betrieb. (…) [Am] 1. Mai 1933 traten die Brüder Kühne dann in die NSDAP ein. (…) Nach 1933 konnte sich die Firma als Spedition für „Umzugsgut“ etablieren. (…) Spätestens ab 1935 profitierte Kühne + Nagel von [der] Vertreibung [der Juden], indem sie das Umzugsgut nach Übersee verschiffte. Jüdische Logistikunternehmen waren zu dieser Zeit bereits „arisiert“, übernommen von Firmen wie Kühne + Nagel. (…) Ab 1942 hatte Kühne + Nagel dann in der sogenannten „M-Aktion“ (M steht für Möbel) eine Monopolstellung inne, um Möbel und Hausrat geflohener, deportierter und Jüdinnen und Juden aus den besetzten Westgebieten ins Deutsche Reich zu transportieren. Es ist die wohl dunkelste Epoche der Firmenhistorie. So wurden zwischen 1942 und 1944 fast 70.000 Wohnungen von Jüdinnen und Juden in den besetzten Gebieten in den besetzten Westgebieten systematisch geplündert, während ihre früheren Bewohnerinnen und Bewohner bereits in Vernichtungslager deportiert und ermordet wurden.Zwischen 1939 und 1945 wurde Kühne + Nagel zudem jedes Jahr mit dem Gau-Diplom als „Nationalsozialistischer Musterbetrieb“ für „hervorragende Leistungen“ ausgezeichnet. (…) Adolf Maass, der bis 1933 Teilhaber von Kühne + Nagel war, wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert und starb vermutlich 1944 in Auschwitz. (…) Nach Kriegsende mussten Alfred und Werner Kühne als Parteimitglieder und Profiteure der Zeit durch ein Entnazifizierungsverfahren der Alliierten. Obwohl sie zunächst – wie in der Entnazifizierungsakte aus Hamburg zu lesen ist – als „Große Nazis“ betitelt wurden, blieben die Brüder straffrei und durften bald ihren Betrieb weiterführen. Ein ebenfalls der Akte beiliegender Brief erklärt warum: Der vom britischen Geheimdienst mit „Top Secret“ deklarierte Brief, datiert auf den 17. Februar 1948, wies das amerikanische Entnazifizierungskommitee in Bremen an, dass „Herr Alfred Kühne zu entnazifizieren und in eine Kategorie einzustufen sei, in der er seine Firma weiterführen könnte.“ Fortan galten die Kühnes als Mitläufer und entkamen einer Strafverfolgung. (…) 1958 stieg schließlich Klaus-Michael Kühne in die Firma ein und übernahm 1966 mit 29 Jahren die Leitung.(…) Kühne + Nagel sowie die Familie Kühne sind bei weitem nicht die einzigen, die während der NS-Zeit profitiert haben. Neben der Familie Quandt und Klatten, der Familie Porsche-Piech, den Flicks, den Oetkers oder den von Fincks ist Klaus-Michael Kühne in bester Gesellschaft von Milliardärs-Erben, dessen Familienvermögen ihren Ursprung in der NS-Zeit haben. Anders als mittlerweile viele große Unternehmen weigert sich Kühne jedoch bis heute, die Geschichte öffentlich aufzuarbeiten…“ Beitrag von Teresia Minjoli vom 13. März 2025 in tagesschau.de, siehe dazu:
- Der reichste Deutsche: Das dunkle Geheimnis hinter seinem Vermögen
„Der Logistik-Milliardär Klaus-Michael Kühne hat nicht nur ein riesiges Vermögen geerbt, sondern auch eine Vergangenheit, über die er nicht sprechen will. Sein Vater Alfred Kühne profitierte in der NS-Zeit von der sogenannten „M-Aktion“ – der Enteignung und Versteigerung jüdischer Möbel und Haushaltsgegenstände. Die Möbel enteigneter Familien landeten in Haushalten im ganzen Land, ein Verbrechen, das bis heute kaum aufgearbeitet ist. Doch Kühne verweigert sich noch immer einer kritischen Auseinandersetzung mit der Rolle seines Vaters in Nazi-Deutschland. Kühnes Umgang mit seiner Familiengeschichte ist auch exemplarisch für unsere Erinnerungskultur und den Umgang mit der NS-Zeit: Die Nazis und Nutznießer waren immer die anderen und keinesfalls unsere Vorfahren.“ Video des Beitrags vom 13.03.2025in Reschke Fernsehen / Das Erste
- Der reichste Deutsche: Das dunkle Geheimnis hinter seinem Vermögen
- Schmutzig reich: Klaus-Michael Kühne verdrängt seine Familiengeschichte
Weiter im Artikel von Stefan Otto vom 19.09.2024 in ND online: „… Dabei sind viele Details bereits bekannt. Das Familienunternehmen wurde von Kühnes Großvater August gegründet. 1910 stieg Adolf Maass
ins Geschäft ein, der 1933 aber von Kühnes Vater Alfred und seinem Onkel Werner aus der Firma gedrängt wurde – weil er Jude war. Maass erhielt keine Entschädigung für seine Anteile. Er wurde später verfolgt und starb in Auschwitz. Kühne + Nagel entwickelte sich dagegen zum »nationalsozialistischen Musterbetrieb«. Maßgeblich war die Firma an der Ausplünderung der europäischen Juden beteiligt und schaffte jüdisches Eigentum aus den besetzten westeuropäischen Gebieten ins Deutsche Reich.
Klaus-Michael Kühne stieg 1958 in die Firma ein und weiß genau, worauf sein Reichtum fußt. Dass auch eine größere Öffentlichkeit darüber Bescheid weiß, liegt an dem Mahnmal, das in der Nähe des Firmenstandortes in Bremen 2023 eingeweiht wurde. Es geht auf die Initiative des Taz-Redakteurs Henning Bleyl zurück, der das Schweigekartell um den mächtigen Konzern durchbrechenwollte…“
Siehe auch:
- The Richest Man in Germany Is Worth $44 Billion. The Source of His Family Fortune? The Nazis Know. Recherche von David de Jong Paywall bei Vanity Fair
oder als Buch beim Verlag Kiepenheuer & Witsch
- „Arisierungs“-Mahnmal in Bremen: Vier Quadratmeter Wahrheit
„Die Bremer Logistikfirma Kühne + Nagel hat in der NS-Zeit von den Enteignungen der Juden profitiert. Nun wird ein Mahnmal eingeweiht – auf taz-Initiative…“ Artikel von Henning Bleyl vom 9.9.2023 in der taz online - David de Jong – Nazi Billionaires und der Nihilismus der Reichsten
FREIHEIT DELUXE mit Jagoda Marinic am 02.12.2022 - „Fragt bloß nicht, wo das Geld herkommt“: Nazi-Enthüllungen um reichsten Deutschen
„Klaus-Michael Kühne ist 37 Milliarden Euro schwer. Jetzt werden neue Details zum Umgang mit seiner düsteren Familiengeschichte bekannt…“ Artikel von Matti Hartmann am 19.09.2024 bei t-online