[ver.di] Reinigungspersonal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen muss aufgestockt werden – Ausgliederung von Dienstleistungstätigkeiten rückgängig gemacht

Charite Kampagne „Berlin für mehr Krankenhauspersonal!““ver.di fordert angesichts der Corona-Pandemie eine deutliche Aufstockung des Reinigungspersonals in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. „Gründliche und umfassende Reinigung ist zentral, um die Hygienevorschriften einzuhalten und die Ausbreitung des Virus in den Einrichtungen zu vermeiden“, stellte Sylvia Bühler klar, die im ver.di-Bundesvorstand für das Gesundheits- und Sozialwesen zuständig ist. „Dafür braucht es ausreichend viel Personal, das für diese besondere Situation entsprechend vorzubereiten ist.“ Doch gerade in diesem relevanten Bereich sei in den vergangenen Jahren rigoros gespart worden (…) „In vielen Kliniken finden regelmäßig nur noch sogenannte Sichtreinigungen statt. Das muss sofort unterbunden und dauerhaft geändert werden.“ In der Altenpflege, wo besonders gefährdete Menschen versorgt werden, müssten nachts Pflegekräfte zusätzlich zu ihren sonstigen Aufgaben auch noch die Reinigung und Desinfektion übernehmen, so Bühler weiter. „Das ist ein unhaltbarer Zustand. Wir brauchen in den Einrichtungen die bestmöglichen Hygienestandards. Auch in der Reinigung sind Personalvorgaben nötig (…) Bühler forderte zudem, die im Gesundheitswesen vielerorts erfolgte Ausgliederung von Dienstleistungstätigkeiten rückgängig zu machen, um Reibungsverluste zu verringern und hohe Standards zu gewährleisten…“ Themenbeitrag bei ver.di vom 18.03.2020 externer Link, siehe dazu:

  • Reinigungskräfte in Krankenhäusern: „Keiner sagt Danke, keiner sieht uns“ New
    „… auch die Reinigungskräfte in Krankenhäusern riskieren täglich ihre Gesundheit. Unter fragwürdigen Hygienebedingungen, extremem Zeitdruck und mit mangelnder Bezahlung. Durchschnittlich 1.827 Euro verdienten Reinigungskräfte im Jahr 2018 in Deutschland. Laut Statistischem Bundesamt sank die Anzahl der Beschäftigten von knapp 70.000 im Jahr 2000 auf knapp 40.000 im Jahr 2015. Hier berichtet Clea Timmert*, 38 Jahre alt, die in einem großen Universitätsklinikum arbeitet. Als Reinigungskraft bin ich für andere unsichtbar. Zumindest fühle ich mich so. Ich putze seit knapp 20 Jahren in einer Uniklinik. Angestellt bin ich über eine Serviceagentur, die Dienstleistungen unter anderem für Krankenhäuser erbringt. (…) Ich arbeite 30 Stunden unter der Woche plus zwei Schichten im Monat am Wochenende. Dafür bekomme ich 11,44 Euro als Stundenlohn. Im Monat komme ich damit auf ungefähr 1.900 Euro brutto. Mein Lohn wird pro Jahr nur um 20 Cent die Stunde erhöht. Die Reinigungskräfte, die direkt über das Klinikum angestellt sind, bekommen pro Stunde zwei bis drei Euro mehr als ich. Der größte Unterschied ist aber der zeitliche Druck: Sechs Stunden haben die Klinikangestellten Zeit für eine Station, also für zehn Zimmer plus Badezimmer und Nebenräume. Dazu zählen zum Beispiel Medikamentenzimmer, die Küche oder der Raum, in dem sich Pflegerinnen und Pfleger treffen. Wir müssen in derselben Zeit 18 Zimmer plus 18 Nebenräume schaffen. Pro Zimmer plus Nebenraum haben wir also gerade mal 15 bis 20 Minuten. (…) wenn ich ehrlich bin, kann ich nicht sagen, wie sauber es wirklich wird. Wir geben unser Bestes, aber die Zeit ist einfach zu knapp. Darum muss ich mir immer überlegen: Wo kann ich ein paar Minuten einsparen? Das mache ich meistens bei den Nebenräumen oder bei den WCs für die Besucherinnen. Die Patientenzimmer versuche ich, möglichst gründlich zu reinigen. Aber wenn ich selbst als Patientin in einem Zimmer liegen müsste, das von mir oder einer Kollegin gereinigt wurde – ich würde mich ekeln. Ich würde mich mit unseren Hygienestandards absolut nicht wohlfühlen. Und am liebsten würde ich dann darum bitten, dass das ganze Zimmer noch mal gesäubert wird. Seit Beginn der Pandemie ist die Station, in der ich vor allem arbeite, die wichtigste Abteilung des Krankenhauses: die Zentrale Notaufnahme. Darum arbeiten wir inzwischen auch immer zu zweit dort. Wir haben gerade Urlaubssperre, aber viele melden sich im Moment auch krank. Weil sie Angst haben, sich mit dem Coronavirus anzustecken. (…) Wir Reinigungskräfte von der Serviceagentur haben gerade bei allen, die in unserem Klinikum arbeiten, Unterschriften gesammelt, weil wir einen höheren Stundenlohn möchten und dieselben Arbeitsbedingungen wie die Angestellten der Klinik: Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, angemessene Lohnerhöhungen. Wir haben 300 Unterschriften zusammenbekommen und haben diese dem Leiter des Personalwesens vorgelegt. Nichts ist passiert. Aber wir lassen nicht locker, wir machen weiter auf unsere Situation aufmerksam und werden weiter für bessere Bedingungen kämpfen…“ Protokoll von Ines Schipperges vom 24. April 2020 in der Zeit online externer Link
  • Siehe auch: [IG BAU] Covid-19: Gebäudereiniger umfassend vor Ansteckung schützen
  • Siehe zum Hintergrund auch unser Dossier: Auch in Deutschland stehen dem Corona-Virus (politisch gewollt) knappe Ressourcen des Gesundheitswesens gegenüber
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=164586
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