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[Tarifrunde 2017] Bodenverkehrsdienst in Berlin und Brandenburg im Streik
Dossier
„Im Rahmen der bundesweiten ver.di-Initiative „Damit fliegen sicher bleibt“ verhandelt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) aktuell an den Flughäfen Hamburg, Berlin Tegel/Schönefeld, Leipzig, Dresden, Frankfurt, Düsseldorf, Köln und Stuttgart Tarifverträge für Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste. Von den Verhandlungen betroffen sind die Beschäftigten privater Dienstleister und ausgegliederter Töchter öffentlicher Flughäfen. Im Zentrum der Verhandlungen stehen dringend notwendige Einkommenserhöhungen. Gefordert wird eine Erhöhung um ein bis zwei Euro pro Stunde sowie die Einführung neuer Gehaltsgruppen. Da die Arbeitgeber bisher zu keinen substantiellen Angeboten bereit sind, kann ver.di Arbeitskampfmaßnahmen in den nächsten Monaten nicht ausschließen…“ ver.di-Pressemitteilung vom 27.01.2017 . Siehe für alle Infos die ver.di-airport-Sonderseite und ebenfalls bei ver.di die Seite Streik bei den Bodenverkehrsdiensten und hier dazu:
- Bodenverkehrsdienste: Erfolgreiche Vermittlung – Tarifkonflikt beigelegt
„Im Tarifkonflikt bei den Berliner Bodenverkehrsdienstleistern auf den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld konnte in den frühen Morgenstunden des Dienstags, 28. März 2017 eine Einigung erzielt werden. (…) Der Tarifkompromiss beinhaltet eine Laufzeit des Vertrages über drei Jahre und ein Volumen von etwa 14 Prozent. In vier Erhöhungsschritten werden die Stundenlöhne deutlich bis 2019 erhöht, in einigen Vergütungsgruppen bis zu 1,90 Euro. „Damit konnte ver.di ein wesentliches Ziel erreichen“, so Enrico Rümker. Auch beim Tarifvertrag gibt es diverse Verbesserungen, die ver.di gefordert hatte. Vor allem sei es gelungen, den Flächentarifvertrag zu erhalten. So können über 2.000 Beschäftigte an den beiden Airports bei den fünf Firmen, die Bodenverkehrsdienste anbieten, von der Tarifeinigung profitieren…“ Pressemitteilung des ver.di-Landesbezirks Berlin-Brandenburg vom 28.03.2017
- [Video] „Ich muss noch aufstocken“ – Gründe für den Streik des Bodenpersonals in TXL
„… Ein Streikender, der seit 30 Jahren am Flughafen Tegel arbeitet: „Es ist nichts schlimmer, als wenn jemand sagt: „Hey, ich muss noch zum Amt, ich muss noch aufstocken. Oder: Sorry, ich kann da nicht. Ich hab da noch meinen Nebenjob an der Tanke.“ Die meisten Kolleg_innen haben Teilzeitverträge. Sie arbeiten für Tochterunternehmen der Aviation Ground Service Berlin (AGFB). Zunächst für 9,- Euro die Stunde, nach zwei Jahren, wenn sie sich bewährt haben, für 10,20 Euro. „Und wenn sie ganz viel Glück haben werden sie nach 7, 8 Jahren in die AGFB übernommen.“ (aus dem Video)“ Video bei labournet.tv (deutsch| 3 min | 2017)
- Legale Kriminalität an Berlins Flughäfen: Elmar Wigand über Ryanairs Einfuhr von Streikbrechern und eine wegschauende Bundesregierung
„… Am dritten Streiktag, dem 14. März, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU): »Es gibt ganz klare Grenzen, an denen auch meine Toleranz endet.« Für ihn liege es jenseits dieser Toleranz, wenn die »Strafbarkeitsgrenze« erreicht sei. Er meinte natürlich nicht den Flughafenstreik, sondern AKP-Politiker, die in Deutschland für die offizielle Abschaffung ihrer Pseudo-Demokratie warben. Dass sich Ryanair am Flughafen Schönefeld durch eklatante Missachtung von Gesetzen hervortat und damit die Sicherheit des Flugverkehrs gefährdete, lag innerhalb der Toleranzgrenze des Innenministers.(…) Dass aus dieser Verquickung von Unternehmerkriminalität, staatlicher Untätigkeit und politischer Tolerierung (etwa durch SPD-Politiker im Flughafen-Aufsichtsrat) bislang kaum ein Skandal wurde, ist schwer zu verstehen. Ich meine: Die Toleranz gegenüber Ryanair und dem irischen Wirtschaftsmodell aus Lohndumping, dem Unterlaufen von Arbeitsstandards, Rechtsnihilismus und Steuerflucht sollte dringend enden. Nicht zuletzt aus Gründen der Sicherheit.“ Kommentar von Elmar Wigand bei neues Deutschland vom 17. März 2017
- Streik des Bodenpersonals an den Flughäfen Tegel und Schönefeld: Mittwoch starten Flugzeuge wieder planmäßig – Verdi kündigt Streikpause bis nächsten Montag an
„Das Bodenpersonal streikt; an den Flughäfen Tegel und Schönefeld hebt seit Montagfrüh kaum ein Flugzeug ab. Weil Ryanair Streikbrecher einsetzte, kündigte Verdi weitere Streiks an. Doch vorerst will die Gewerkschaft auf weitere Arbeitskämpfe verzichten. Im Tarifkonflikt des Bodenpersonals an den Berliner Flughäfen verzichtet die Gewerkschaft Verdi auf weitere Streiks bis einschließlich des Wochenendes. Der laufende Ausstand werde wie geplant Mittwochfrüh gegen 5 Uhr beendet, kündigte Verdi-Streikleiter Enrico Rümker an. (…) „Wir haben uns zu dieser Streikpause entschlossen, um den Arbeitgebern eine weitere Nachdenkpause zu gewähren.“ Nur mit einem verbesserten Angebot durch die Arbeitgeber könne der verschärfe Konflikt beigelegt werden. Zuvor hatten die Arbeitgeber eine Schlichtung vorgeschlagen. „Wir sehen die Schlichtung als einzige Lösung, für beide Seiten eine vertretbare Lösung zu finden“, sagte Tim Alexandrin von Forum der Bodenverkehrsdienstleister rbb|24. Verdi will nun über diesen Schlichtungs-Vorschlag nachdenken, ist aber skeptisch. Die Gewerkschaft fordert einen Euro mehr Stundenlohn, die Arbeitgeber hätten bislang 27 Cent mehr geboten. (…) Das Bodenpersonal bekommt derzeit etwa elf Euro pro Stunde. Zudem arbeiten viele Beschäftigte nur in Teilzeit und seien auch Zweitjobs angewiesen, um sich über Wasser zu halten, so Verdi…“ Beitrag vom 14. März 2017 bei rbb 24 online
- Streik am Flughafen Tegel
„Schönes Video vom ersten Streiktag der Bodenverkehrsdienste am 10. März 2017 am Flughafen Tegel. Die Hauptforderungen der Beschäftigten an den Berliner Flughäfen Schönefeld und Tegel sind 1 Euro mehr pro Stunde und verbesserte Eingruppierungen. Die Arbeitgeber bieten derzeit 27 Cent mehr pro Stunde. Der Streik wurde heute, am 14. 3. fortgesetzt, wird aber bis Sonntag wieder ausgesetzt. In Hamburg, Köln und Düsseldorf konnten bereits Abschlüsse mit Steigerungen zwischen 8 Prozent in den höheren und 22 Prozent in den niedrigsten Lohngruppen erkämpft werden. In Stuttgart wird ab dem 1. März 2017 wird für alle Beschäftigten 1 Euro mehr pro Stunde gezahlt, das bedeutet eine Steigerung um rund 10 Prozent in 2017. „Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg war 2008 eine der ersten bundesweit, die die Bodenverkehrsdienste privatisierte, und zwar über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus. Der gesamt Bodenverkehrsdienst wurde ausgegliedert und an private Dienstleister verkauft. Dies wäre nicht nötig gewesen. So hat etwa die Politik am Flughafen Frankfurt lediglich einen weiteren Anbieter zugelassen, der Flughafen selber hat noch 80 % der Bodenverkehrsdienste in eigener Regie. Die Komplettliberalisierung führte zu einem gnadenlosen Konkurrenzkampf der mittlerweile 7 Unternehmen um die Verträge mit den Fluggesellschaften.“ Video bei labournet.tv (deutsch|5 min|2017)
- Wettbewerbsstrukturen machen Tarifkonflikt schwer lösbar
„Bis Sonntag soll es keine neuen Streiks an den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld geben. Verdi will den Arbeitgebern eine Nachdenkpause einräumen, heißt es seitens der Gewerkschaft. Das ändert aber nichts am ruinösen Preisdruck, der auf Dienstleistern an den Flughäfen lastet. Bis 2008 lag das Be- und Entladen der Flugzeuge, der Check-In und das Einweisen der Maschinen in der Hand eines einzigen Dienstleisters. Die Globe Ground gehörte der Flughafengesellschaft und der Lufthansa. Die Tariflöhne waren auskömmlich. Der Verkauf von Globe Ground und die Zulassung von insgesamt fünf Wettbewerbern in Tegel und Schönefeld änderten Struktur und Löhne der Branche grundlegend…“ Beitrag von Johannes Frewel vom 14.03.2017 beim rbb-Inforadio
- Gefährlich prekär: Berlins Bodenverkehrsdienste im Streik
„Auch am heutigen Dienstag wird an den Berliner Flughäfen gestreikt. Etliche Reisende dürften sich wieder darüber ärgern, dass ihr Flieger nicht abhebt. Doch das ist nicht die Schuld der rund 2.000 Beschäftigten der Dienstleister WISAG, Aeroground, Ground Solution, AHS und Swissport Berlin, die sonst für die Be- und Entladung der Flugzeuge sowie die Sicherheit der Passagiere in Tegel und Schönefeld sorgen. Verantwortlich ist die exzessiv-neoliberale Politik der vergangenen Jahrzehnte. Deren Opfer wehren sich jetzt. (…) Um 1,50 Euro pro Flug würden die Ticketpreise steigen, wenn ver. di ihre Forderungen voll durchsetzt. Unbezahlbar? Wohl kaum. Zumal auch die Passagiere ein Interesse daran haben, die prekäre Arbeit an Flughäfen zu beenden. Denn diese ist potentiell (lebens)gefährlich. In einer Befragung berichteten 72 Prozent der Beschäftigten in den Bodenverkehrsdiensten, Sicherheits- und Qualitätsstandards würden wegen des hohen Arbeitsdrucks nicht eingehalten. (…) Profitmaximierung durch Lohndumping rechnet sich für Konzerne wie die WISAG. Bezahlt wird sie nicht nur von den Beschäftigten, sondern auch von der Gesellschaft. Für 83 Prozent der Kollegen ist ihre Arbeit nicht existenzsichernd. Ein Großteil ist darauf angewiesen, die Löhne per Hartz IV aufzustocken…“ Beitrag von Daniel Behruzi bei der jungen Welt vom 14. März 2017
- Enrico Rümker zur Situation des Bodenpersonals der Berliner Flughäfen: »Viele sind gezwungen, zum Amt zu gehen«
„… In Berlin-Brandenburg gilt ein Tarifvertrag für die gesamten Bodenverkehrsdienste. Doch das niedrigste Entgelt, das hier gezahlt wird, beträgt 9,30 Euro in der Stunde. Und das ist schon eine Verbesserung: Bevor wir den Tarifvertrag 2013 abgeschlossen hatten, wurde den Kollegen teilweise 6,80 Euro in der Stunde gezahlt. Der Großteil der Beschäftigten erhält mittlerweile Stundenlöhne zwischen zehn und elf Euro. Doch viele, wirklich viele Beschäftigte arbeiten nur Teilzeit, oft sind auch ihre Verträge befristet. Ohnehin ist die Bandbreite der Vergütungen hier nicht so groß, wie man das von anderen Unternehmen gewohnt ist. Sogar ein operativer Betriebsleiter, der im Zweifel den Geschäftsführer vertreten muss, erhält nur 19,90 Euro. Und das ist das allerhöchste Gehalt, das hier gezahlt wird. (…) Viele sind gezwungen, zum Amt zu gehen: Sie müssen aufstocken. Das ist eines der ganz großen Probleme, das sie haben. Wenn man einmal weiterdenkt und sich überlegt, was diese Löhne für die Rentenansprüche bedeuten, dann merkt man, wie hochdramatisch die Situation ist. (…) Es gibt einen weiteren Knackpunkt in den Verhandlungen: Wir wollen, dass es endlich Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Derzeit ist es so, dass jemand, der die Arbeit seit 20 Jahren macht, genau denselben Stundenlohn erhält wie einer, der heute seinen ersten Tag im Beruf arbeitet. Es gibt keinerlei Aufstiegsmöglichkeiten mit den Jahren…“ Johannes Supe im Gespräch mit dem ver.di-Gewerkschaftssekretär Enrico Rümker bei der jungen Welt vom 14. März 2017
- ver.di erreicht Tarifergebnis am Flughafen Stuttgart – bis zu 15,2 Prozent Lohnsteigerungen vereinbart
„ver.di hat heute in der fünften Verhandlungsrunde bei der Flughafentochter SGS einen Abschluss erreicht. Die Einkommen steigen je nach Lohngruppe um bis zu 15,2 Prozent auf drei Jahre. Ab dem 1. März 2017 wird für alle Beschäftigten 1 Euro mehr pro Stunde gezahlt. Damit ist eine Eskalation des Tarifkonflikts mit weiteren Streiks am Stuttgarter Flughafen „in letzter Minute“ abgewendet worden. (…) Vereinbart wurden heute Gehaltssteigerungen in drei Stufen. Zusätzlich zu einer Einmalzahlung von 700 Euro als Gewinnbeteiligung für 2016 steigen die Löhne zum 1. März um einen Euro. Weitere Erhöhungen um jeweils 20 Cent gibt es zum 1. April 2018 und 1. April 2019. Damit steigen die Löhne in der untersten Gruppe, die derzeit bei 9,20 Euro liegt, über die Dauer der Laufzeit insgesamt um 15,2 Prozent. Außerdem erhalten Beschäftigte, die länger als 15 Jahre Vollzeit tätig sind, weitere 50 Euro pro Monat sowie einen zusätzlichen Urlaubstag…“ ver.di-Meldung vom 13.03.2017 mit Hintergründen