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›Go Life‹ für Dorf-Konsum – Mit »Stützlis« und viel Unterstützung: Aus Schlecker wird »Drehpunkt«
Im August hatte Christina Frank, ver.di-Sekretärin in Stuttgart, im express über »Entlassungen XL« und Lehren aus der Schlecker-Pleite berichtet. Zu diesen Lehren zählte die Idee, mit (zunächst) 35 der insgesamt 30000 von der Pleite betroffenen Frauen die Filialen in Eigenregie zu übernehmen. Zwei Ausgaben später geht der erste Laden bereits ›ans Netz‹: als »Bürgerdrogerie mit Nahversorgerauftrag« – und mit ehemaligen Schlecker-Beschäftigten, die nun in den Mini-GmbHs ihre eigenen Chefinnen sind. Sonst, so äußerten die künftigen Inhaberinnen im Interview, werde sich nicht viel ändern – schon früher hätten sie bei Schlecker eigentlich alles machen müssen – außer: Sie machen ernst mit einem Versprechen, das sonst immer die Wanderprediger der Marktwirtschaft im Munde führen: der Konsumentensouveränität. Künftig werde das Sortiment sich stärker an den Bedürfnissen der Kundschaft orientieren, meint eine der schon etwas älteren »Jung-Unternehmerinnen« im Interview mit der »Kontext-Wochenzeitung«.
Weitere »Drehpunkte«, so der Name für die Läden, sollen schon bald folgen. Als Standorte wurden zunächst diejenigen Ladengeschäfte ausgewählt, die schon vor dem Konkurs von Schlecker zu den umsatzstärksten gehörten. Wir dokumentieren aus der Einladung, die Christina Frank zur Eröffnung des ersten »Drehpunkts« in Erdmannhausen, 35 km nördlich von Stuttgart, verschickt hat:
Nach vielen überraschenden Problemen und Abenteuern haben wir es geschafft: Der Pilot geht ans Netz. Erdmannhausen, Pflasterstr. 15, wird der erste Drehpunkt. Die Eröffnung wird am Samstag, den 17. November 2012 stattfinden. Von 12.00-13.00 Uhr wollen wir einen kleinen Empfang vor und im Laden organisieren.
Mit den bisher erreichten Rahmenbedingungen ist es möglich, dass die Gründung nachhaltig funktionieren kann. Weitere Drehpunkte sind in Vorbereitung, darunter Bietigheim-Buch, Welzheim, Plüderhausen, Schwaikheim, Stetten am kalten Markt, Korntal, Wurmlingen, Eberstadt und andere.
Die konkrete Reihenfolge für die Eröffnung ergibt sich aus der Tiefe des bürgerschaftlichen Engagements, aus dem die Möglichkeiten der Finanzierung erwachsen, und der Bereitschaft von Frauen, das Projekt vor Ort anzupacken. Es haben sich im Einzelfall vielfältige Bündnisse ergeben, um den finanziellen Grundstock für solche Bürgerdrogerien anzupacken und aufzubauen. Dadurch wird das Risiko der künftigen Betreiberinnen so weit wie möglich reduziert und überschaubar gehalten. Die Menschen am Ort haben schnell wieder die nötige Einkaufsmöglichkeit. Bürgereinbindung bei diesem Projekt nützt allen Nahversorgern und der Regionalbewegung vor Ort, das erkennen nun viele. Zunehmend beteiligen sich auch andere Selbstständige oder Gewerbevereine, um die Nahversorgung zu stützen.
Natürlich hat man für so ein Strukturprojekt nie genügend Geld. Um gemeinsam handeln zu können, benötigt man viele kleine und größere Beträge. Daher bitten wir erneut um aktive Beteiligung an unserem Projekt durch einen Förderbeitrag an den Verein zur Förderung der Nahversorgung (Konto s. unten) oder durch den Erwerb von »Stützlis«. (Dabei handelt es sich um Münzen im Wert von 50 oder 100 Euro, die von den BürgerInnen der jeweiligen Gemeinden gekauft werden und einen Grundstock für den Kapitalbedarf bilden sollen. Nach einer gewissen Zeit können sie bei Bedarf beim Einkaufen eingelöst werden; Anm. d. Red.)
In dieser Form könnte jede Kommune, die ihre Nahversorgung stärken möchte, aktiv und zielführend tätig werden und dem Leerstand entgegenwirken. Viele BürgerInnen schätzen die Möglichkeit, sich an der Sicherung ihrer Lebensqualität mit einem kleinen Beitrag zu beteiligen und nicht nur Objekt der Politik zu sein. Besonders Beispiele wie Bietigheim zeigen, wie eine sehr positive Unterstützung durch Bürgermeister und Vermieter alle motiviert und anspornt. Die nächsten Bürgerversammlungen zur Sensibilisierung der BürgerInnen in der Region werden stattfinden in Schwaikheim (19. November), Bietigheim-Buch (24. November), Plüderhausen (29. November), Hoheneck (13. Dezember).
Wir laden alle ein, sich an dem Projekt »Wieder-Eröffnung von Nahversorgungsfilialen« zu beteiligen.
Helfen Sie mit, wichtige Nahversorgungsfilialen rasch wieder zu eröffnen. Damit helfen Sie auch mit, dass sich in Deutschland bei der Nahversorgung etwas Wesentliches verändert. Es ist »Zeit, dass sich was dreht«. Denn: Nahversorgung ist ein lebenswichtiges Gut
- für die Kundinnen und Kunden, die sich vor Ort versorgen wollen oder müssen,
- für die Gemeinden, die sich einen sozial und wirtschaftlich lebendigen Ortskern erhalten wollen,
- für die früheren Beschäftigten der Firma Schlecker, die uns allen hierfür ihr Wissen und Können anbieten,
- für die Vermieterinnen und Vermieter, die vielfach investiert haben, und jetzt trotzdem vielleicht lange Zeit einen Leerstand haben.
Der Verein zur Förderung der Nahversorgung e.V. will helfen, diese Form des Wirtschaftens auf solidarische Füße zu stellen. Denn um Nachhaltigkeit zu erreichen, muss gemeinsam eingekauft werden. So wird Nahversorgung bezahlbar und interessant.
Das Beteiligungskonto lautet:
Institut für Nahversorgung e.V.
Konto: 835 665 003,
BLZ 604 901 50
Volksbank Ludwigsburg
(Sie erhalten automatisch eine Mitteilung als Nachweis über Ihre Beteiligung, wenn Sie ihre Adresse mit angeben.)
Weitere Informationen & Kontakt: Christina Frank, Tel. 0711-1664-123, Email: christina.frank@verdi.de
Erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 10-11/12
express im Netz unter: www.express-afp.info , archiv.labournet.de/express