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Mehrheit der Schiffseigner hält ökologische Umrüstung ihrer Flotte für problematisch und will nicht in alternative Antriebe investieren
„Alle Jahre wieder befragen die Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers (PWC) rund 100 Unternehmen der maritimen Wirtschaft, bevorzugt Reeder und Schiffseigner, zur Lage ihrer Branche; im Mittelpunkt der aktuellen »Reederstudie«: Fragen des Klimawandels. (…) Zusammengenommen 76 Prozent halten die Investitionskosten für alternative Antriebe für problematisch, 75 Prozent die strengeren gesetzlichen Vorgaben für verwendete Treibstoffe, 76 Prozent die Regelungen für ein ökologisches Ballastwassermanagement zur Vermeidung des unbeabsichtigten globalen Austauschs fremder Tier- und Pflanzenarten. Führt man sich vor Augen, dass 59 Prozent allgemein die Entwicklung der staatlichen Förderung für die deutschen Reedereien für problematisch halten, wird schnell klar, worauf die Reeder warten…“ Artikel von Burkhard Ilschner in der jungen Welt vom 12. August 2019 („Reeder geben Kurs vor „), siehe zu Schiffsverkehr und Umwelt:
- Stühlerücken auf der Titanic: Warum der Schiffsverkehr weiter ohne Klimakompass fährt
„… Wie auch bei den Emissionen des internationalen Flugverkehrs fallen die Emissionen des internationalen Seeverkehrs bislang in keine Klimabilanz und unterliegen damit auch nicht den Vereinbarungen des Pariser Klimaschutzabkommens. Nach Angaben der Weltschifffahrtsorganisation (IMO) war der Sektor im Jahr 2018 für knapp drei Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Nun hat sich die IMO am vergangenen Freitag auf eine Klimastrategie geeinigt, die der Branche schrittweise Reduktionsziele vorgibt. Netto-Nullemissionen sollen demnach bis zum oder um das Jahr 2050 herum erreicht werden – hier bleibt die Strategie sehr schwammig. (…) Nicht einigen konnten sich die in der IMO organisierten Staaten auf eine CO2-Abgabe für die Emissionen der Schifffahrt. Eine solche soll erst mittelfristig entwickelt werden. (…) Nichtregierungsorganisationen sehen indessen die Regierungen von Ländern und Staatengemeinschaften gefordert, schnell Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Seeverkehrs zu ergreifen. „Glücklicherweise müssen Staaten wie die USA, das Vereinigte Königreich und die EU nicht darauf warten, dass China, Brasilien und Saudi-Arabien handeln. Eine ehrgeizige nationale Politik und umweltfreundliche Schifffahrtswege können globale Auswirkungen haben“, … sagte Faig Abbasov, der bei der Organisation Transport & Environment für den Bereich Schifffahrt zuständig. Die Verhandlungsrunde beschreibt er als komplett ergebnislos: „Abgesehen von der FIFA gibt es wohl kaum eine nutzlosere internationale Organisation als die IMO. Die Klimagespräche in dieser Woche erinnerten an das Umstellen der Liegestühle auf einem sinkenden Schiff. Die IMO hatte die Gelegenheit, einen eindeutigen und klaren Kurs in Richtung des Temperaturziels von 1,5 Grad Celsius festzulegen, aber alles, was sie zustande gebracht hat, ist ein Wischiwaschi-Kompromiss.“ Beitrag von Jutta Blume vom 14. Juli 2023 in Telepolis - „Billigflaggen“ ermöglichen Ausbeutung und Umweltverschmutzung auf hoher See
„90 Prozent des Welthandels findet heute auf dem Seeweg statt. Auf den Schiffen steht es um ArbeitnehmerInnen- und Umweltschutz oft sehr schlecht. Grund dafür ist auch eine Rechtslücke: Reedereien steht es frei, den Flaggenstaat ihrer Schiffe zu wählen und sich so geltende Arbeits- und Umweltstandards quasi auszusuchen. Auf einem Schiff gilt das Recht des Flaggenstaates. Also das Recht jenes Staates, dessen Flagge auf dem Schiff gehisst ist. Durch diese Besonderheit des Seerechtes ist ein Wettbewerb zwischen Flaggenstaaten entstanden. Staaten mit sogenannten offenen Registern buhlen um Reedereien. Offenes Register heißt, dass es jeder Reederei freisteht, die Flagge des Landes anzunehmen – auch wenn keine weitere „echte Verbindung“ zwischen Person und Land besteht. (…) Zu den sogenannten Billigflaggen zählen neben Panama vor allem Liberia, aber auch Länder wie Nordkorea und sogar die Mongolei, wohlgemerkt ein Binnenstaat. Insgesamt arbeiten etwa 1,5 Millionen Menschen in der Branche, für 300.000 von ihnen hat die International Transport Workers‘ Federation (ITF) einen Tarifvertrag verhandeln können. Zwischen den Flaggenstaaten herrscht mittlerweile ein „Race to the bottom“. Auch die panamaische Flagge hat schon negative Aufmerksamkeit wegen schlechter Arbeitsbedingungen erfahren. Die Flaggenstaaten helfen des Weiteren ReederInnen dabei, ihre Identität zu verschleiern, es gibt Verbindungen zu terroristischen Netzwerken und Menschenhandel. (…) Die ITF prangert schon seit vielen Jahren die Bedingungen auf den Schiffen, die unter Billigflaggen fahren, an. ArbeiterInnen auf den Schiffen sind oft unzureichend ausgebildet; 80 Prozent der Unfälle auf hoher See sind auf menschliches Versagen zurückzuführen. Ein großes Frachtschiff hat eine Besatzung von 20 bis 25 Seeleuten. Die Offiziere stammen oftmals aus Osteuropa, die Matrosen in den meisten Fällen aus Niedriglohnländern in Asien. Den Seeleuten wird teilweise verboten, Gewerkschaften und dem ITF beizutreten, weshalb sich die Verhältnisse auf den Schiffen kaum ändern…“ Artikel von Hans Heyduck vom 30. Juli 2019 im A&W-Blog des ÖGB
Siehe auch bereits von 2017: Kampagne für menschenwürdige Arbeitsbedingungen und mehr Umweltschutz im Seeverkehr: FAIR ÜBERS MEER!