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Systematische Verstöße gegen Personalvorgaben in Psychiatrien
Dossier
„Vor der morgen beginnenden Gesundheitsministerkonferenz in Magdeburg kritisiert die Gewerkschaft ver.di den eklatanten Personalmangel in psychiatrischen Einrichtungen.(…) Die Richtlinie „Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik“ (PPP-RL) schreibe den Einrichtungen vor, wie viel Personal welcher Berufsgruppen sie in der Versorgung psychisch kranker Menschen einsetzen müssten. „Nach unserer aktuellen betrieblichen Erhebung werden die Vorgaben der PPP-RL im Durchschnitt gerade mal zu 78 Prozent erfüllt“, erklärte Bühler mit Verweis auf eine ver.di-Untersuchung bei 91 psychiatrischen Stationen mit insgesamt 1.809 Betten…“ Pressemitteilung vom 21.06.2022 („ver.di kritisiert systematische Verstöße gegen Personalvorgaben in Psychiatrien und fordert Gesundheitsminister zum Handeln auf“), siehe u.a. auch die genannte Erhebung:
- ver.di begrüßt Urteil des Bundesozialgerichts zur Rechtmäßigkeit verbindlicher Personalvorgaben in der Psychiatrie
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt das heute veröffentlichte Urteil des Bundessozialgerichts zur Rechtmäßigkeit verbindlicher Personalvorgaben in der Psychiatrie. „Der Gemeinsame Bundesausschuss kann und soll zwingende Mindestvorgaben für die Personalausstattung in psychiatrischen Einrichtungen machen. Das ist nun höchstrichterlich bestätigt und das ist gut so“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erlassene Richtlinie Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL) für rechtmäßig und verhältnismäßig erklärt (B 1 KR 16/23 R). Einige Krankenhäuser hatten mit Verweis auf den Fachkräftemangel und fehlende Evidenz gegen die Vorgaben geklagt. „Seit fünf Jahren gelten die Personalvorgaben in der Psychiatrie. Die Einrichtungen hatten mehr als genug Zeit, sich darauf einzustellen und das nötige Personal zu gewinnen“, erklärte Bühler. Leider habe der G-BA, in dem Kliniken und Krankenkassen den Ton angeben, die volle und verbindliche Einführung der PPP-RL immer wieder verschoben. Ab 2026 sollen Kliniken erstmals sanktioniert werden, wenn sie zu wenig Personal einsetzen. Erst ab 2029 muss die Richtlinie zu 100 Prozent erfüllt werden. „Das Urteil des Bundessozialgerichts ist ein Signal an Kliniken und Krankenkassen, endlich ernst zu machen mit einer verbindlichen Mindestpersonalausstattung in der Psychiatrie. Für die gute Versorgung psychisch kranker Menschen ist das dringend geboten.“ Bühler verwies auf Erhebungen von ver.di, wonach die Standards der PPP-RL durchschnittlich nur zu 75 Prozent erfüllt werden. „Die unzureichende Personalausstattung in vielen psychiatrischen Krankenhäusern schadet der Behandlungsqualität und treibt Beschäftigte aus dem Beruf“, kritisierte Bühler. „Der Fachkräftemangel kann keine Ausrede sein. Im Gegenteil: Nur mit guten Arbeitsbedingungen werden sich in Zukunft noch genug Menschen finden, die diese gesellschaftlich so wichtige Arbeit leisten wollen.“ ver.di-Pressemitteilung vom 20. Dezember 2024 - Die oftmals Vergessenen der Krankenhauswelt: Psychiatrische Krankenhäuser. Dort wird häufig (auch) zu wenig Personal eingesetzt „Über „die“ Krankenhäuser wird andauernd berichtet und diskutiert – nicht nur angesichts ihrer Bedeutung während der zurückliegenden Corona-Pandemie-Jahre, sondern seit langem und zunehmend vor dem Hintergrund des Personalmangels, vor allem in der Pflege. Und seit kurzem auch im Kontext des im Dezember 2022 vorgelegten Empfehlungen der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“: Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung. Dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung, so sind die überschrieben. Interessant dabei: Die psychiatrischen Krankenhäuser spielen hier keine Rolle – wie so oft in der Debatte über „die“ Kliniken. Dabei bilden sie eine bedeutsame Säule der Versorgung in unserem Land. (…) Auch ohne vertiefende Kenntnisse über die vielfältigen Anforderungen in der psychiatrischen Versorgung wird jedem einleuchten, dass man gerade in diesem Bereich quantitativ und zugleich qualitativ hinsichtlich der notwendigen Fachlichkeit ausreichend Personal braucht. Und da scheint es – vor dem Hintergrund der seit Jahren vorgetragenen Problematisierung einer generellen Personalknappheit in „den“ Krankenhäusern nicht überraschend – erhebliche Probleme zu geben. (…) Dass jedes dritte psychiatrische Krankenhaus die Personalmindestvorgaben nicht einhält, sollte Sorge bereiten. Und man muss wissen, dass die PPP-Richtlinie schon weitreichende Ausnahmen beinhaltet, wie beispielsweise in der Corona-Pandemie. Und darüber hinaus: So können Krankenhäuser auch bei überdurchschnittlich hohem Personal-Krankenstand von der Richtlinien-Vorgabe abweichen oder in begrenzten Umfang auch unqualifizierte Hilfskräfte einsetzen, um die Patientenversorgung sicherzustellen. Der GKV-Spitzenverband behauptet, dass die psychiatrischen Krankenhäuser ausreichende Mittel zur Finanzierung des Personals erhalten würden. »Allerdings zeigte sich im Jahr 2019, dass noch jede fünfte Psychiatrie das vereinbarte Personalbudget auch für andere Zwecke und nicht vollständig für therapeutisches Personal verwendet hatte. Die nunmehr für 2021 vorliegenden Zahlen lassen befürchten, dass diese Zweckentfremdung weiterhin erfolgt.« Und dann wird eine Argumentation nachgeschoben, die wir auch seitens der Krankenkassen hinsichtlich der allgemeinen Krankenhäuser kennen – es gebe einfach zu viele stationäre Behandlungen, wird da behauptet: »Die niedrigen PPP-Erfüllungsquoten sind nicht nur Ausdruck eines Fachkräftemangels, sie offenbaren auch ein strukturelles Problem in der psychiatrischen Versorgung in Deutschland. In den meisten europäischen Ländern wurden in den letzten 20 Jahren stationäre Kapazitäten abgebaut. Eine adäquate Therapie muss nicht immer zwingend vollstationär erfolgen. Bisher werden jedoch in den deutschen Krankenhäusern die bestehenden Alternativen zur stationären Behandlung viel zu wenig genutzt. Modellvorhaben zeigen, dass durch eine intensive Behandlung in Tageskliniken und psychiatrischen Institutsambulanzen die stationäre Verweildauer erheblich reduziert werden kann.« Und was sagen die Krankenhaus-Vertreter? Psychiatrische Krankenhäuser: DKG widerspricht Vorwürfen des GKV-Spitzenverbandes, berichtet das Deutsche Ärzteblatt. Zu Wort kommt die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Zum einen wird der Zeitraum kritisiert, auf den sich die Datenanalyse bezieht: »Die Datenlage sei „absolut noch nicht aussagekräftig“, da sich das Verfahren für die Mindestvorgaben in der Psychiatrie im zweiten Halbjahr 2021 noch in der Implementierungsphase befunden habe, hieß es von der DKG. Zudem habe zu diesem Zeitpunkt durch die Coronapandemie eine „besondere Situation bei Patientenbetreuung, Patientenbelegung und Personalsituation“ geherrscht.« Darüber hinaus wird ein angebliche Webfehler der Mindestpersonalvorgabe kritisiert: »Ein generelles Problem sei, dass die Mindestvorgaben nach der Richtlinie als in Gänze nicht erfüllt gelten, wenn die Vorgaben schon in einer von insgesamt sechs Berufsgruppen (Ärzteschaft, Psychologie, Pflege, Spezialtherapie, Bewegungstherapie und Sozialarbeit) nicht eingehalten werden können. Es gehe also in diesen Fällen nicht darum, dass in Gänze zu wenig Personal vorhanden wäre. „Schon gar nicht kann in diesem Zusammenhang über Patientengefährdung gesprochen werden“, betonte die DKG.«“ Beitrag von Stefan Sell vom 4. Februar 2023 auf seiner Homepage
- Neue Zahlen bestätigen schlechte Personalausstattung in Psychiatrien: ver.di fordert verbindliche Vorgaben
„Angesichts neuer Belege für die schlechte Personalausstattung in psychiatrischen Einrichtungen bekräftigt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ihre Forderung, die bestehenden Personalvorgaben endlich verbindlich zu machen. „Die vom Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) vorgelegten Zahlen bestätigten die Aussagen unserer Mitglieder aus den psychiatrischen Kliniken, dass die Personalvorgaben systematisch unterlaufen werden“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler am Donnerstag in Berlin. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen hatte zuvor auf die IQTIG-Auswertung hingewiesen, wonach jedes zweite Krankenhaus für Kinder- und Jugendpsychiatrie und fast 40 Prozent der psychiatrischen Kliniken weniger Personal einsetzen als in der Richtlinie „Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik“ (PPP-RL) vorgegeben. „Die aktuellen Ergebnisse können niemanden überraschen. Unsere ver.di-Erhebung vom Sommer letzten Jahres haben wir auch gegenüber der Politik und den Trägern der Klinken öffentlich gemacht. Demnach werden die Vorgaben der PPP-RL nur zu durchschnittlich 78 Prozent erfüllt“, sagte Bühler. „Die Krankenkassen haben völlig Recht, wenn sie darauf verweisen, dass es sich um Mindestvorgaben handelt. Werden sie unterschritten, gefährden die Kliniken sowohl die Gesundheit der Patientinnen und Patienten als auch der Beschäftigten.“ Völlig unverständlich sei vor diesem Hintergrund, dass Krankenkassen und Kliniken im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossen haben, Verstöße gegen die PPP-RL erst ab 2024 zu sanktionieren. Voll umgesetzt werden muss die Richtlinie demnach erst 2026. „Die Daten der Kliniken selbst zeigen nun, dass die Personalvorgaben flächendeckend ignoriert werden. Die Bundesregierung muss die Konsequenzen ziehen und unverzüglich verbindliche Vorgaben für eine bedarfsorientierte Versorgung machen, um psychisch kranke Menschen und Beschäftigte vor Schaden zu bewahren.“ ver.di-Pressemitteilung vom 2. Februar 2023 - Personalvorgaben werden ignoriert – »Privatisierung schadet der Versorgungsqualität«
„Befragung deckt systematische Verstöße gegen die Richtlinie zur Personalausstattung in der Psychiatrie auf. ver.di fordert Konsequenzen und Weiterentwicklung der Richtlinie.
Im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gibt es einiges zu diskutieren. Am Donnerstag (25. August 2022) wird sich das Selbstverwaltungsgremium von Kliniken und Krankenkassen mit der Richtlinie »Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik« (PPP-RL) befassen. Wie groß der Diskussions- und vor allem der Handlungsbedarf sind, zeigt eine ver.di-Erhebung aus dem Frühjahr. Demnach werden die Vorgaben der PPP-RL durchschnittlich zu weniger als 78 Prozent erfüllt. »Das ist ein Alarmsignal«, sagt Heiko Piekorz, der bei ver.di für psychiatrische Einrichtungen zuständig ist. »Die Psychiatrien arbeiten flächendeckend mit zu wenig Personal – auf Kosten der Beschäftigten und zulasten der Versorgungsqualität. Das muss sich dringend ändern.«
Eigentlich sind die Einrichtungen verpflichtet, die Vorgaben der PPP-RL in diesem Jahr zu mindestens 90 Prozent zu erfüllen. Doch das wird laut ver.di-Erhebung nur in einer einzigen Berufsgruppe erreicht – bei den Psychotherapeut*innen. Alle anderen liegen darunter. So liegt der Erfüllungsgrad der PPP-RL bei Pflegefachpersonen unter 81 Prozent. Bei Ärzt*innen sind es gut 76, bei Physiotherapeut*innen sogar weniger als 55 Prozent. Verschärfend wirkt die Größe der Stationen: Diese sind nicht, wie in der PPP-RL empfohlen, mit durchschnittlich 18, sondern mit 22 Patientinnen und Patienten belegt. »Das zeigt: Empfehlungen reichen nicht, wir brauchen verbindliche Vorgaben, auch bei der Stationsgröße«, so Piekorz. (…) Er verweist zudem darauf, dass die Personalausstattung in kommerziellen Kliniken zumeist deutlich schlechter ist als in staatlichen: Während die PPP-RL in öffentlichen Einrichtungen immerhin zu gut 82 Prozent erfüllt wird, sind es bei privaten Trägern weniger als 75 Prozent. »Ganz offensichtlich setzen kommerzielle Kliniken in der Regel weniger Personal ein, um ihre Kosten zu drücken und so höhere Gewinne zu erzielen«, meint Piekorz. »Die Privatisierung schadet also der Versorgungsqualität.« Über die Situation in kirchlichen Einrichtungen lasse sich aufgrund der zu geringen Fallzahl in diesem Bereich keine Aussage treffen. Die in 91 psychiatrischen Stationen mit insgesamt 1.809 Betten durchgeführte Erhebung deckt auf, dass die Besetzung der Nachtdienste besonders prekär ist...“ Ergebnisse der ver.di-Erhebung 2022 vom August 2022