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Es ist geschafft? Ein Rückblick von Mr. Pinguin auf die Kämpfe im Jahr 2022 im kaputtreformierten Gesundheitssystem in Köln und NRW
„Alles hustet und keucht, liegt ermattet von unzähligen Überstunden unter dem Weihnachtsbaum, doch es ist geschafft, Corona ist vorbei. Während ca. 9,5 Millionen Menschen in Deutschland an akuten Atemwegsinfektionen leiden, in Krankenhäusern, Kita, Schulen, deutsche Post, etc. der Notbetrieb durch dutzende Überstunden von Kolleg:innen aufgefangen wurde, gratuliert sich die Politik gegenseitig für ihr Gesundheitsmanagement. Schließlich hat Herr Drosten, Chef Virologe der Nation, dass Ende der Pandemie verkündet. Grund genug für einen kurzen, exemplarischen Rückblick um die Kämpfe rund um Gesundheit 2022 in Köln und NRW…“ Rückblick vom 28.12.2022 von Mr. Piguin (Köln/Dortmund), aktiv bei radio nordpol und in verschiendenen sozialen Bewegungen u.a. Wir zahlen nicht mehr! – Kölner Vollversammlung gegen Preiserhöhungen – wir danken!
Es ist geschafft? Ein Rückblick von Mr. Pinguin
auf die Kämpfe im Jahr 2022 im kaputtreformierten Gesundheitssystem in Köln und NRW
Alles hustet und keucht, liegt ermattet von unzähligen Überstunden unter dem Weihnachtsbaum, doch es ist geschafft, Corona ist vorbei. Während ca. 9,5 Millionen Menschen in Deutschland[1] an akuten Atemwegsinfektionen leiden, in Krankenhäusern, Kita, Schulen, deutsche Post, etc. der Notbetrieb durch dutzende Überstunden von Kolleg:innen aufgefangen wurde, gratuliert sich die Politik gegenseitig für ihr Gesundheitsmanagement. Schließlich hat Herr Drosten, Chef Virologe der Nation, dass Ende der Pandemie.[2] verkündet. Grund genug für einen kurzen, exemplarischen Rückblick um die Kämpfe rund um Gesundheit 2022 in Köln und NRW.
Die Pandemie spülte in seiner Dramatik das Thema #Gesundheit in die Short Time Agenda vieler Linker. Gerade die Verlaufsform staatlicher Pandemiebekämpfung zeigte Techniken der Individualisierung und Entpolitisierung, wie sie für den autoritären Liberalismus prägend sind.[3]
Im radionordpol starteten wir Diskussionen um die Frage, wie eine #Biopolitik von unten aussehen könnte, die die unterschiedlichen Verletzlichkeiten nach class, race, gender zum Ausgangspunkt einer solidarischen Praxis macht.
- Hörspiel: Take Care! Politiken radikaler Sorge und die Möglichkeiten einer Biopolitik von unten – Radioessay #2 zu Ausnahmezustand, Biopolitik und die Corona-Krise – radio nordpol
- Interview: FRN: Für eine Politisierung der Medizin – Unterschiedliche Verletzlichkeiten nach class and race und Möglichkeiten ihrer Aufhebung (freie-radios.net)
Im Wahlkreis von Karl Lauterbach spitzte sich 2022 bis heute die Frage um den Erhalt des Krankenhauses Holweide zu.[4] Lauterbach, der stets für die Schließung von unrentablen Krankenhäusern plädierte, machte schnell den Wackeldackel angesichts des Zusammenschluss von Personal, Bürger:innen und Patient:innen auf den Straßen im rechtsrheinischen Köln.
Im #radionordpol dokumentierten wir einige Stimmen aus dem Widerstand mit der Skizzierung der Hintergründe der Krankenhausmisere in der BRD: Radio-Feature: Die Schließung des Krankenhauses in Köln-Holweide, ein Stadtteil im Widerstand & die Suche nach einer linksradikalen Gesundheitspolitik. – radio nordpol
Neben dem Abwehrkampf um die Aufrechterhaltung medizinischer Grundversorgung im Kölner Norden verfolgte Mr. Pinguin mit großem Interesse den Aufbau eines Stadtteilgesundheitszentrum in Köln-Kalk. Im Radio-Feature bei #radionordpol collagierte ich Perspektiven zur Gesundheitsautonomie mit den Stimmen von der Initiative Soli Med Köln[5]. Radio-Feature: Prinzipien einer Gesundheitsautonomie & die Initiative für ein Stadtteilgesundheitszentrum Köln-Kalk. – radio nordpol . 2023 wird die Initiative mit kostenfreien Beratungsangeboten durchstarten.
Am 19. Juli 2022 endete der wegweisende Kampf der Beschäftigten der Unikliniken NRW mit einem „Sieg“, der TV-E war nach harten 11 Wochen Streik erkämpft worden. Ein linkes Unterstützungsnetzwerk „Profite schaden ihrer Gesundheit“[6] unterstützte erfolgreich Streik und Demonstrationen und begleitete den Streik mit linken Beiträgen und Pizza am Streikzelt. Ihr Fazit: „Der Tarifvertrag ist ein Meilenstein, für den Kampf gegen die Profitlogik im Gesundheitswesen. Für uns als Bündnis ist klar, dass wir in Zukunft, gemeinsam mit dieser Bewegung, für grundlegende Veränderungen im Gesundheitssystem kämpfen wollen.“ (Profite Schaden Ihrer Gesundheit auf Twitter )
Beim dissens Podcast gibt es ein ausführliches Interview mit Carina Aktivistin bei “Profite schaden Ihrer Gesundheit” & Julia Dück , Referentin der Rosa-Luxemburg-Stiftung für soziale Infrastruktur und verbindende Klassenpolitik. Sie arbeitet außerdem im Berliner Bündnis “Gesundheit statt Profite” : #187 „Es braucht ein Profitverbot für Krankenhäuser“ – Dissens – Podcast
Der bekannte Gesundheitsaktivist Kalle Kunkel wies in einem wichtigen Kommentar im Freitag, aber auch auf die Tücken des Tarifvertrag Entlastung hin. Durch die gemachten Kompromisse würden weiterhin „Teile der Belegschaft [der Unikliniken] im finanziellen Schraubstock der Fallpauschalen verbleiben, die Probleme der Krankenhausfinanzierung bestehen weiter„. Nachzulesen in: Tarifvertrag Entlastung: Abschaffung der Fallpauschalen in weiter Ferne — der Freitag
Die Kämpfe um Gesundheit, ein zusammenbrechendes Profitsystem der Krankenversorgung in der BRD hat den Gesundheitsminister veranlasst, von einer „Revolution im System“ zu sprechen. Gemeint sind erste Vorschläge der Regierungskommission zur Reformierung der Finanzierung der Krankenhäuser in Deutschland: Krankenhausreform: Lauterbach verspricht „Revolution“ | tagesschau.de . Durch die Energiepreiskrise, Flucht der Pfleger:innen aus der Hölle der Arbeit und chronische Unterfinanzierung steht, sollte die Bundesregierung kein weiteres „Entlastungspacket“ schnüren, für 2023 eine Insolvenzwelle von Krankenhäusern bevor: Deutsche Krankenhausgesellschaft: Insolvenzwelle bei Kliniken befürchtet | tagesschau.de
#thefutureisunwritten 2023: Fällt das System der Fallpauschalen und Profitorientierung, verallgemeinert sich der Kampf der Uniklinik Beschäftigten in anderen Bundesländern? Wie wird die radikale Linke den Kampf um Gesundheitsautonomie und Pflegestreiks weiter begleiten?
Ein gewichtiges Thema fehlte in diesem erstveröffentlichten Rückblick: Long Covid. 2022 haben sich bundesweit eine Vielzahl von Betroffenen zu Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen. Selbsthilfegruppen – Long COVID Deutschland Beratung, Austausch, aber auch medialer und politischer Druck dieser Formen einer „Biopolitik von unten“ werden die kommenden Jahre das Thema Corona nicht von der politischen Bühne verschwinden lassen. Denn das Regierungsblättchen TAZ hat in diesem Punkt zumindest Recht: „Es zeichnet sich ab, dass Long Covid für die deutsche Gesellschaft und das Gesundheitswesen noch eine umfassende Herausforderung darstellen wird.“ [7]
Rückblick vom 28.12.2022 von Mr. Piguin (Köln/Dortmund), aktiv bei radio nordpol und in verschiendenen sozialen Bewegungen u.a. Wir zahlen nicht mehr! – Kölner Vollversammlung gegen Preiserhöhungen – wir danken!
Fußnoten
1) RKI-Wochenbericht: Immer mehr akute Atemwegserkrankungen | tagesschau.de
2) Drosten zur Corona-Lage: „Die Pandemie ist vorbei“ | tagesschau.de
3) Autoritärer Liberalismus: Der lange Atem der Konterrevolution (nd-aktuell.de)
4) Kampf um das Krankenhaus Holweide – SoZ – Sozialistische Zeitung (sozonline.de) von Mr. Pinguin
5) SoliMed Köln – Seit mehreren Jahren arbeiten wir an der Umsetzung unserer Idee, ein Stadtteilgesundheitszentrum in Köln aufzubauen
6) Profite Schaden Ihrer Gesundheit (@PSIGesundheit) / Twitter
7) ExpertInnenrat zu Long Covid: Es fehlt Forschung und Aufklärung – taz.de
Siehe auch unser Dossier: Tarifbewegung für Entlastung an den Unikliniken in NRW: Notruf – Gebraucht, beklatscht, aber bestimmt nicht weiter so!