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[Fusion-Festival 2019] Eigenes Sicherheitskonzept bei einem Festival? Verboten! Sonst könnte ja jemand auf die Idee kommen, es gehe ohne Polizeistaat: Unterzeichnet die Protesterklärung!
Dossier
„Der Polizeipräsident von Neubrandenburg will eine Polizeiwache mitten auf dem Festival und eine anlasslose Bestreifung des Geländes durch Beamte. Die Veranstalter wehren sich: Sie verweisen auf die Freiheit der Kunst und auf mehr als 20 Jahre ohne nennenswerte Zwischenfälle. In der Tat kann die Fusion als Modellprojekt für einen alternativen Sicherheitsansatz bei Großveranstaltungen gelten. Seit mehr als 20 Jahren findet Ende Juni in Mecklenburg-Vorpommern das Fusion-Festival statt. Was als kleine linksalternative Technoparty auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Lärz begonnen hatte, ist mittlerweile mit etwa 70.000 Gästen zu einem der größten alternativen Kulturfestivals Europas geworden. Trotz allem Wachstum, trotz mancher Veränderungen und vielen Menschen ist das fünftägige Festival immer anders geblieben als seine kommerziellen Gegenstücke: Es gibt keine Medienpräsenz, keine Werbung, kein Sponsoring, keine Promotion, keine Getränkekontrollen, kein Fleisch – und keine Polizei auf dem Gelände. Das Festival an der Müritz ist auch aus bürgerrechtlicher Sicht interessant, kann es doch als Alternativbeispiel dafür gelten, wie Ordnung und Sicherheit mit einer zurückhaltenden Strategie auch auf Großveranstaltungen gewährleistet werden kann. Das liegt nicht nur an einer funktionierenden Sicherheitsstruktur der Veranstalter, den achtsamen und friedlichen Besucherinnen und Besucher des Festivals, sondern vor allem auch daran, dass die Fusion aus einem Netzwerk veranstaltet wird, aus dem bis zu 10.000 Menschen aktiv an der Gestaltung mitwirken und so die involvierte Basis des Festivals bilden. Es sind also nicht nur gesichtslose kommerzielle Dienstleister, sondern Communities, die mit viel Einsatz für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Hierin unterscheidet sich die Fusion von anderen Veranstaltungen in der Größenordnung…“ aus dem Beitrag „Fusion-Festival: Wie die Polizei ein liberales und erfolgreiches Sicherheitskonzept gefährdet“ von Markus Reuter am 04. Mai 2019 bei Netzpolitik über das versuchte Diktat, den Polizeistaat walten zu lassen… Siehe dazu die Reaktion der Veranstaltungsorganisation – und die Protesterklärung, zu deren Unterzeichnung aufgerufen wird (auch vom LabourNet Germany) sowie weitere Infos:
- Breite Proteste erzwingen Rückzug: Keine Polizeistaats-Übung auf dem Festival
„… Am Ende verkaufte er das Ergebnis als einen klugen Verhandlungserfolg seiner Behörden. Doch in der Realität sind der mecklenburgische Innenminister Caffier (CDU) und sein Polizeipräsident Hoffmann-Ritterbusch krachend gescheitert beim Versuch, eine Polizeiwache auf dem Fusion-Gelände zu errichten und das Gelände rund um die Uhr anlasslos zu bestreifen. Dieser Plan war weithin als Angriff auf Grund- und Freiheitsrechte angesehen worden. In der heutigen Landtagsdebatte in Schwerin machte der Innenminister nun klar: Es wird keine Polizeiwache auf dem umzäunten Festivalgelände geben und keine Polizeistreifen, die anlasslos über das Areal ziehen. Einzig einen anlassbezogenen Zugang wird die Polizei haben, so wie sie ihn rechtlich auch schon in den Vorjahren hatte. (…) Das Zurückrudern von Polizei und Innenminister in der Causa Fusion ist ein kleiner Sieg für Grund- und Freiheitsrechte in diesem Land. Das Festival kann seinen Charakter als Freiraum behalten und der Allgegenwärtigkeit von Polizei und Sicherheitsbehörden bei großen Kulturveranstaltungen wurde zumindest vorerst ein Riegel vorgeschoben. Caffier könnte allerdings im neuen Polizeigesetz SOG MV solche Befugnisse rechtlich verankern lassen. In diesem Jahr bleibt freilich abzuwarten, ob die Polizei nun ernsthaft auf den Weg der kooperativen Zusammenarbeit zurückkehrt und als Geste des guten Willens die 1.000 Betten für Polizeibeamte storniert oder während des Festivals alle Register zieht, um ihre Niederlage mit Schikanen zu kompensieren…“ – aus dem (abschließenden?) Kommentar „Freiheit gewinnt: Keine Wache und keine Polizeistreifen auf dem Fusion-Festival“ von Markus Reuter am 24. Mai 2019 bei Netzpolitik zum Rückzug von Polizei und Innenministerium
- Nachdem die Aufmarschpläne gegen das Festival bekannt geworden sind, tritt die Polizei einen – vorläufigen? – Rückzug an… Trotzdem mitzeichnen: Gemeinsame Erklärung für die Freiheit von Kunst und Kultur
„… Die aktuellen Einsatzplanungen der Polizei sähen „weder Räumpanzer noch Wasserwerfer vor“, erklärte die Polizei am späten Montagabend. Das neue Sicherheitskonzept des Veranstalters Kulturkosmos Müritz e. V. biete „eine Vielzahl von Ansatzpunkten, die ein Einvernehmen mit der Polizei möglich erscheinen lassen“. (…) Zivilkräfte der Polizei sollten „offene und verdeckte Aufklärungsmaßnahmen durchführen“, außerdem sollten soziale Medien ausgewertet werden, um „geplante Provokationen und Behinderungen des Polizeieinsatzes frühzeitig erkennen zu können“. In der Nähe sollte außerdem eine Beweis- und Festnahmeeinheit der Bereitschaftspolizei positioniert werden und weitere Beamte einer Einsatzhundertschaft, die den Verkehr regeln und bei Bedarf ihre Kollegen auf dem Festival unterstützen sollten. Die Polizeiführung geht in dem Konzept vom 12. März dieses Jahres davon aus, in der Nähe des Geländes etwa 1.000 Polizisten unterbringen zu müssen. Von diesen Planungen rückt die Polizeiführung nun zumindest teilweise ab, offenbar auf öffentlichen Druck. Ende vergangener Woche hatte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Neubrandenburg auf die Frage von ZEIT ONLINE, ob das vorliegende Einsatzkonzept aktuell sei, noch ausweichend geantwortet: Wenn die Polizei Einsatzunterlagen erstellt, ziehe sie dabei „eine Vielzahl von Einsatzvarianten“ in ihre Überlegungen ein. „Welche Variante in welchem Umfang tatsächlich zur Anwendung kommt, wird im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Veranstalter oder sogar erst während des Einsatzes entschieden.“ – aus dem Beitrag „Polizei lenkt im Streit um Fusion Festival ein“ von Frida Thurm am 21. Mai 2019 bei Zeit online , aus dem deutlich wird, dass die Polizei zwar aufgrund weiter wachsender öffentlicher Empörung einen Rückzug macht, dies aber keinesfalls eingestehen möchte. Siehe dazu einen weiteren aktuellen Beitrag zur „Kommunikations-Strategie“ der Polizei, sowie zwei Kommentare zu unterschiedlichen Aspekten der Auseinandersetzung um das Festival und eine Petition:- „Fusion-Festival: Wie die Polizei in der Krisen-Kommunikation Fakten verdreht“ von Markus Reuter am 21. Mai 2019 bei Netzpolitik zur polizeilichen Propaganda und den Fakten unter anderem: „… Nun nimmt die Polizei also mit versöhnlichen Tönen den Druck von sich und ihrem Polizeipräsidenten. Allerdings fiel die Polizei Neubrandenburg in der der öffentlichen Kommunikation der letzten Tage und Wochen auch mit Nebelkerzen und kreativen Interpretationen von Fakten auf – zu ihren Gunsten. Wir haben ein paar Beispiele gesammelt: Beispiel 1: Gegenüber Süddeutsche.de wird das Papier zur Einsatzplanung vom 12. März von der Polizei folgendermaßen dargestellt: Allerdings handele es sich bloß um ein Konzept, so die Sprecherin. Dies bedeute nicht, dass dieses tatsächlich zum Tragen komme. Vor [einer] solchen Veranstaltung würden unterschiedliche Konzepte erstellt und je nach Lage kämen unterschiedliche Varianten zum Einsatz. Fakt ist aber, dass die Polizei in der Region um Lärz Unterkünfte und Verpflegung für 1.000 Beamte suchte – und auch fand. Es handelt sich also nicht nur um eine reine Konzeption: Nach Informationen von netzpolitik.org sind die Unterkünfte auch weiterhin gebucht. Die Polizei hat dies auf Nachfrage nicht dementiert. (…) Beispiel 2: In einem dpa-Artikel in der Berliner Morgenpost wird die Polizei mit der folgenden Aussage zitiert: Bereits in den Vorjahren seien „mehrere hundert Polizisten“ vor allem für Verkehrskontrollen abgestellt gewesen. Im Tagesspiegel wird die Sprecherin wie folgt zitiert, der Autor des Artikels bestätigte die Aussage der Sprecherin auch gegenüber netzpolitik.org: Allein für Verkehrskontrollen seien es zu Spitzenzeiten 236 Beamte gewesen. Beide Aussagen sind nur bedingt richtig und erwecken einen falschen Eindruck bezüglich der Größe des Einsatzes vergangener Jahre. Gegenüber netzpolitik.org sagte das Polizeipräsidium vor einigen Tagen, dass im Jahr 2018 pro Einsatztag insgesamt bis zu 236 Beamte im Einsatz waren. Nach Informationen von netzpolitik.org sind zu keinem Zeitpunkt mehr als 130 Polizisten gleichzeitig an Verkehrskontrollen beteiligt gewesen. Auch hier ist die kommunikative Stoßrichtung klar: Die Planungen für 1.000 Beamte sollen kleiner erscheinen als sie tatsächlich sind. Das wird im gleichen Tagesspiegel-Artikel noch einmal deutlicher, weil hier die 236 Polizisten des letzten Jahres pro Einsatztag jetzt möglichen 333 pro Schicht gegenüber gestellt werden…“
- „Die Macht der Fusion“ von Ulrike Kumpe am 21. Mai 2019 in neues deutschland online ist ein Kommentar zum (taktischen) Rückzug des Oberpolizisten, in dem unter anderem unterstrichen wird: „… Dann kam alles noch viel besser – Räumpanzer, Wasserwerfer, Einsatz von Bundeswehrsoldaten, 1000 Beamte vor Ort. Das angedachte Konzept der Polizei ist auf Eskalation ausgerichtet. Neubrandenburgs Polizeipräsident Nils Hoffmann-Ritterbusch hat damit einen Machtkampf angezettelt. Die Linken, und das ist genau der Punkt, sollen sich der Polizei unterwerfen. In den meisten Fällen gewinnt die Polizei. Doch die Fusion hat auf ihrer Seite so einiges zu bieten. Was Hoffmann-Ritterbusch nicht berücksichtigt hat, ist dass es bereits über 20 Jahre miteinander funktioniert hat. Blind ist das polizeiliche Auge auch dahingehend, das nicht nur die Fusion, sondern der Kulturkosmos insgesamt ein Wirtschaftsfaktor in der dünn besiedelten Region geworden ist…“
- „Kanonen gegen Konfetti“ von Erik Peter am 20. Mai 2019 in der taz online ist ebenfalls ein Kommentar zu den polizeistaatlichen Vorgängen, der zwar bereits vor dem Rückzug der Aufmarschpläne am selben Tag verfasst wurde, aber unter anderem auf einen anderen Zusammenhang verweist: „…Der verantwortliche Neubrandenburger Polizeichef kennt die Fusion aus Videos und das Gelände von einem Hubschrauberüberflug. Obwohl kein Handlungsbedarf bestand, hat er vor Monaten eine wissenschaftliche Arbeit in einer Polizeifachhochschule angeregt, in deren Kuratorium er sitzt. Das erwünschte Ergebnis: Es brauche mehr Polizei. Kaum auszudenken, dass diese 1.000 Polizisten, selbst wenn sie keine Wache auf dem Festivalgelände bekommen, nicht auch zum Einsatz kommen. Wie sonst könnte der Hunderttausende Euro teure Einsatz gerechtfertigt werden? Hinter den vermeintlichen Sorgen um die Sicherheit verbirgt sich ein Kulturkampf. Dazu gehört auch, dass mit jener Bachelorarbeit sensible Daten der Fusion-Veranstalter bei einem verurteilten rechten Gewalttäter landeten, einem an die Fachhochschule versetzten Polizisten, der als AfD-Mitglied Jugendliche, die zuvor Konfetti geworfen hatten, mit Reizgas attackierte. Die Fusion muss das als Warnung verstehen…“
- Jetzt mitzeichnen: Für die Freiheit von Kunst und Kultur! Gegen anlasslose Polizeipräsenz auf friedlichen Kulturveranstaltungen!
„Die Polizei will das Fusion Festival verhindern, wenn Sie dort keine Polizeiwache mitten auf dem Veranstaltungsgelände bekommt und nicht mit anlassloser Bestreifung die Gäste rund um die Uhr überwachen darf. Dagegen wehren wir uns! Seit Jahren heißt die Antwort auf alle gesellschaftlichen, sozialen und politischen Fragen: mehr Polizei, mehr Überwachung und mehr Kontrolle. Und damit weniger Selbstbestimmung, weniger Grundrechte und weniger Freiheit. Dieser autoritäre Trend erreicht nun zunehmend die Kultur, deren Spiel- und Freiräume mit dem Argument vermeintlicher „Sicherheit“ immer mehr beschnitten werden. (…) Es geht hier im Kleinen um nicht weniger als um das Ganze: die Verteidigung der freien und liberalen Gesellschaft. Dafür stehen wir als Unterzeichner:innen dieser Gemeinsamen Erklärung! Wir fordern deshalb: Die Selbstgestaltungsfreiheit von Kultur und Kunst stärken, fördern, verteidigen! Kunst, Kultur und Zivilgesellschaft brauchen Räume frei von ständiger staatlicher Kontrolle! Polizeibefugnisse müssen eng ausgelegt und zugunsten der Grund- und Freiheitsrechte interpretiert werden! Keine polizeiliche Überwachung von friedlichen Kulturveranstaltungen!“ Gemeinsame Erklärung für die Freiheit von Kunst und Kultur bei Kulturkosmos an die Politik
- Fusion Festival: Polizei rüstet sich für Großeinsatz
„Ob das Fusion Festival stattfinden darf, entscheidet sich in wenigen Tagen. Nun zeigen interne Papiere: Die Polizei bereitet sich seit Monaten auf eine Konfrontation vor. (…) Das geht aus einem Polizeipapier hervor, das ZEIT ONLINE vorliegt. Das örtliche Polizeipräsidium hat zudem bereits vor Monaten eine Bachelorarbeit an der Polizeifachhochschule in Güstrow angeregt, die die Möglichkeiten für polizeiliches Einschreiten aufzeigen soll. Auf diesem Weg sind interne Unterlagen des Veranstalters auch an einen Polizisten gelangt, der mit dem Genehmigungsverfahren gar nichts zu tun hat: Er ist Dozent der Polizeifachhochschule, ehemaliges AfD-Mitglied und wurde wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. (…) Im Hintergrund laufen aber nicht nur die Planungen für eine mobile Wache mit zwölf Beamten, sondern Vorbereitungen für einen Großeinsatz. So sieht es ein Einsatzkonzept der Polizei vor, das ZEIT ONLINE vorliegt und auf den 12. März dieses Jahres datiert ist. Demnach sollen zeitgleich etwa 100 Beamte, uniformiert und in zivil, auf das Gelände geschickt werden – rund um die Uhr im Schichtsystem. In der Nähe wird nach Plan außerdem eine Beweis- und Festnahmeeinheit der Bereitschaftspolizei positioniert. (…) Hinzukommen sollen laut dem Einsatzkonzept weitere Beamte einer Einsatzhundertschaft, die den Verkehr regeln und bei Bedarf ihre Kollegen auf dem Festival unterstützen. (…) Auch Räumpanzer und Wasserwerfer sollen laut Einsatzkonzept außerhalb des Festivals bereitstehen, ebenso eine Gruppe TMÖL (Technische Maßnahmen Öffnen und Lösen) – Beamte, die normalerweise Demonstrantinnen losschneiden, die sich in Gleisbetten angekettet haben, etwa bei Protesten gegen Castortransporte. Sogar die Bundeswehr soll eingesetzt werden: Soldaten sollen eine Zufahrt zum Polizeicamp bauen. Zivilkräfte der Polizei würden „offene und verdeckte Aufklärungsmaßnahmen durchführen“, außerdem sollen die sozialen Medien ausgewertet werden, um „geplante Provokationen und Behinderungen des Polizeieinsatzes frühzeitig erkennen zu können“...“ Artikel von Frida Thurm und Christian Fuchs vom 20. Mai 2019 bei der Zeit online
- Die politischen Ursachen der Polizei-Offensive gegen das Festival
„… Hoffmann-Ritterbusch, der sein Amt seit Mai 2016 ausübt, hat das Festival des Jahres 2018 genehmigt. Seit dieser Veranstaltung, auf der es keine besonderen Vorkommnisse gab, vertritt er die Position, dass es Änderungen geben müsse. Immer wieder verweisen Behördenvertreter beispielsweise auf das Unglück bei der Love Parade in Duisburg 2010 – obwohl die örtlichen Verhältnisse überhaupt nicht vergleichbar sind. Hoffmann-Ritterbusch stützt sich mit seinem Ansinnen auf die geänderte Versammlungsstättenverordnung von Mecklenburg-Vorpommern, die 2018 in Kraft trat und mehr Vorgaben macht als bisher, beispielsweise zu Rettungswegen und Brandschutz. Zudem steht Hoffmann-Ritterbusch dem CDU-Innenminister Lorenz Caffier nahe, der für eine autoritäre Politik eintritt, die die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, in der Taz als »populistischen Kontrollwahn« charakterisierte. Vor der anstehenden Europawahl sorgt sich die CDU in Mecklenburg-Vorpommern um den Verlust rechter Wähler an die AfD – diese wurde 2016 bei der Landtagswahl zweitstärkste Kraft. Darin dürfte letztlich das Motiv liegen, die als links geltende Fusion in Frage zu stellen…“ – aus dem Beitrag „Sie wollen doch nur spielen“ von Viola Nordsieck am 16. Mai 2019 in der jungle world mit dem der politische Hintergrund der Polizeistaats-Demarche kommentiert wird
- AnwohnerInnen-Demonstration: Solidarisch mit dem Festival, gegen die Polizeipläne
„Hartmut Lehmann steht auf einer kleinen Standleiter, in der rechten Hand hält er ein Megafon. „Für alle, die sich jetzt fragen, wer ich bin: Ich bin hier der Bürgermeister“, beginnt er seine Rede und lacht. Bei strahlendem Sonnenschein haben sich diesem Sonntagvormittag mehr als 100 Menschen unter den blühenden Kastanien vor der Dorfkirche des 500-Einwohner-Örtchens Lärz in Mecklenburg-Vorpommern versammelt. Nicht zum Gottesdienst, sondern zu einer Kundgebung: Sie protestieren für den Erhalt des Fusion-Festivals in seiner bisherigen Form und gegen die Pläne der Polizei, in diesem Jahr erstmals eine Polizeiwache direkt auf dem Festivalgelände einzurichten und dort anlasslose Kontrollen durchzuführen. Bis zu 1.000 Polizisten könnten für das Festival zusammengezogen werden. „Hier wird ein fiktives Bedrohungsszenario aufgebaut, dass es gar nicht gibt“, sagt Lehmann, der ehrenamtliche Bürgermeister von der CDU, im Hauptberuf Busfahrer. Eine Wache auf dem Fusion-Gelände ergebe gar keinen Sinn, wenn überhaupt, könne die Polizei im Bürgerzentrum in Lärz eine Zentrale einrichten, das sei völlig ausreichend. Die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern laufe hervorragend, die Fusion sei ein „überaus friedliches“ Festival. Für diese Worte gibt es lauten Applaus. Das seit 1997 auf dem ehemaligen Militärflughafen am Rand des Ortes stattfindende Festival hat unter den Anwesenden, die aus Lärz und den umliegenden Ortschaften zur Kundgebung gekommen sind, einen hervorragenden Ruf. War die Fusion in ihren Anfangsjahren noch eher wie ein Ufo in Lärz gelandet, ist sie heute längst mit dem Dorf verwachsen…“ – aus dem Beitrag „Ein Ort der Freiheit“ von Malene Gürgen am 13. Mai 2019 in der taz online über die Solidaritäts-Demonstration der AnwohnerInnen mit dem Festival und gegen Polizeipläne
- Schon beinahe 100.000 UnterzeichnerInnen der Solidaritätserklärung gegen eine Polizeiwache auf dem Festivalgelände – da werden die Behörden etwas vorsichtiger…
„Auf einer kurzfristig für Dienstag anberaumten Pressekonferenz in Neubrandenburg ruderten Polizeipräsident Nils Hoffmann-Ritterbusch und der verantwortliche Landrat Heiko Kärger (CDU) etwas zurück. Sie versuchten, eine Polizeipräsenz auf dem Fusion Festival als selbstverständliche Notwendigkeit darzustellen. Hoffmann-Ritterbusch, der zuvor noch „schwere gewalttätige Auseinandersetzungen“ befürchtet hatte, schlug da mildere Töne an und betonte, die Fusion nicht verbieten zu wollen. Gleichzeitig hielt er an seiner Forderung fest, einen freien Zugang zum Festivalgelände zu bekommen. „Selbstverständlich“, so Hoffmann-Ritterbusch, könne auch die Polizei im Zweifel keine Anschläge oder Straftaten verhindern. „Aber wir wissen auch: Präsenz hemmt.“ (…)Am Mittwoch legte dann der Trägerverein Kulturkosmos mit einer Pressekonferenz im Berliner Maxim Gorki Theater nach; es war die erste Pressekonferenz des medienscheuen Kollektivs überhaupt. Der Betreiberverein hält die Forderungen der Polizei für überflüssig. Die Ordnungshüter haben auch bisher immer die Möglichkeit gehabt, auf das Gelände zu kommen, sagte Martin Eulenhaupt vom Kulturkosmos. Seit 2016 gebe es zudem ein Kriseninterventionsteam, das beim Fusion Festival 2018 „ein entspanntes Wochenende“ gehabt habe. Sowieso seien auf der Fusion alle „hippiemäßig friedfertig“, ergänzte Schauspielerin Meret Becker…“ – aus dem Bericht „Gefahrenabwehr ohne Gefahr?“ von Darius Ossami am 09. Mai 2019 bei der taz online über die Reaktionen auf die Solidaritätswelle. Siehe dazu auch einen Beitrag, der über die aktuelle Entwicklung der Solidaritätserklärung informiert:- »Zwanglos und unkontrolliert«“ von Marc Bebenroth am 09. Mai 2019 in der jungen welt zur Entwicklung der Solidarität: „Dafür, dass dies so bleibt, hat »Kulturkosmos« einen Aufruf gestartet, den bis Redaktionsschluss rund 96.000 Menschen unterzeichnet haben. Der Appell fordert den Erhalt der Freiheit von Kunst und Kultur und spricht sich gegen Polizisten »auf friedlichen Kulturveranstaltungen« aus. Für diese gäbe es keine Rechtsgrundlage, sagte der den Verein beratene Fachanwalt für Veranstaltungsrecht, Janko Geßner, in Berlin. Ziel der Polizei sei es, einen »Blankoscheck« für eine Reihe von Maßnahmen zu erhalten. Die Forderungen des Polizeipräsidenten seien nicht hinnehmbar, aber die Gespräche mit den Genehmigungsbehörden würde wie gewohnt fortgesetzt. Debatten über Alternativen zur ständigen Präsenz der Staatsmacht seien durch den Polizeipräsidenten abgelehnt worden, erklärte der Jurist…“
- Blanke Polizeistaats-Willkür – die Solidarität entwickelt sich
„Und die vermeintlichen Sicherheitsmängel? Hänschel meint, dass diese bis zum Festival behoben sein würden. In den letzten 22 Jahren hätte es in den Wochen bis kurz vor dem Event immer noch Nachbesserungen gegeben. Warum soll das gerade in diesem Jahr anders sein? Anscheinend möchte sich Polizeipräsident Nils Hoffmann-Ritterbusch als harter Hund profilieren. Etwa, wenn er mutmaßt, dass »eine Beteiligung politischer, in Teilen hoch gewaltbereiter Personen« zu erwarten sei. Hänschel vom Kulturkosmos e. V. sieht dafür »keinerlei Belege«. Laut offizieller Polizeistatistik kam es in den letzten Jahren pro Festival zu 2,5 Gewaltverbrechen. Zum Vergleich: Beim »Baumblütenfestival«, der großen Alkoholparty in Werder unweit von Berlin, gab es im vergangenen Jahr 80 Festnahmen und mehr als 200 Gewaltdelikte. »Abgesehen vielleicht vom Kirchentag, ist das ›Fusion-Festival‹ die entspannteste, friedlichste und konfliktfreieste Großveranstaltung der ganzen Republik«, meint Hänschel….“ – aus dem Beitrag „»Wir dürfen das nicht hinnehmen«“ von Niklas Franzen am 06. Mai 2019 in neues deutschland online unter anderem eben zum Thema des realen Sachverhaltes, was die polizeilichen Begründungen für den Zugriff betrifft… Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge auch zur Entwicklung der Solidaritäts-Petition:- „Gefährlicher Präzedenzfall“ ebenfalls von Niklas Franzen am 07. Mai 2019 in neues deutschland ist der Kommentar zu diesem Bericht, worin unter anderem hervor gehoben wird: „Laut dem Polizeipräsidenten in Neubrandenburg ist eine »Beteiligung politischer, in Teilen hoch gewaltbereiter Personen« zu erwarten. Wer das Festival schon einmal besucht hat, weiß, dass diese Aussage jeglicher Grundlage entbehrt. Mehr noch: In Zeiten, in denen gewaltbereite Nazihorden mit Genehmigung der Behörden durch Plauen marschieren, ist die Aussage kaum an Zynismus zu überbieten: Der Feind steht links. Der Angriff auf die »Fusion« könnte sich zu einem gefährlichen Präzedenzfall entwickeln und weitere Angriffe auf Orte der Selbstverwaltung und alternativen Kultur nach sich ziehen. Sollte es wirklich gelingen, eine Polizeiwache auf dem Gelände einzurichten, wird das Festival laut den Veranstalter*innen in den nächsten Jahren nicht mehr stattfinden. Das Ende der »Fusion« wäre für die Region fatal: Denn Festivals wie die »Fusion« sind in ländlichen Gebieten ein lautes und buntes Gegengewicht zum dörflich-rechten Mainstream“.
- „Feiern unter Aufsicht“ von Michael Merz am 07. Mai 2019 in der jungen welt unter anderem zur massiven Solidarität: „Als Kompromiss bietet Eulenhaupt den Behörden an, dass die geforderte Polizeiwache außerhalb des Festivalgeländes eingerichtet werden könne. Auch der Kulturkosmos bereitet eine Pressekonferenz für Mittwoch im Berliner Maxim-Gorki-Theater vor, auf der über die aktuelle Entwicklung rund um die »Fusion« informiert werden soll. Eine Sprecherin des Landratsamtes Mecklenburger Seenplatte machte am Montag gegenüber jW deutlich, dass das Antragsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Der Rückhalt, den der Verein indes erfährt, ist immens. Seit am Wochenende die Bedingungen der Polizei für eine Genehmigung bekannt wurden, haben mehrere Linke- und Grünen-Bundespolitiker ihre Unterstützung bekundet. Eine am Sonntag mittag ins Netz gestellte Petition unterzeichneten innerhalb eines Tages bereits mehr als 50.000 Menschen…“
- „„Wir werden nicht kapitulieren““ von Caroloina Schwarz am 05. Mai 2019 in der taz online zur Haltung der Festival-Organisatoren angesichts der Polizei-Offensive: „… Die Behörde will auf dem Festivalgelände eine mobile Polizeiwache errichten. Da es sich um ein laufendes Verwaltungsverfahren handelt, will die Polizei diese Pläne nicht bestätigen. Doch Dokumente, die der taz vorliegen, belegen die Pläne der Wache. Zusätzlich teilte eine Polizeisprecherin mit: „Wir haben das vorgelegte Sicherheitskonzept des Veranstalter detailliert betrachtet und festgestellt, dass bundesweite Sicherheitsstandards nicht eingehalten werden.“ Für die Veranstalter der Fusion, ist es keine Option, dass die Polizei ununterbrochen auf dem Gelände unterwegs ist. „Uns ist es wichtig, dass die Gäste frei sein können auf unserem Festival. Die dauerhafte Anwesenheit der Polizei empfinden wir dabei als Repression“, sagt Jonas Hänschel vom Kulturkosmos Müritz zur taz. Sie seien bereit, ihr Sicherheitskonzept in allen anderen kritisierten Punkten zu verändern und die Polizei im Notfall auf ihr Gelände zu lassen. Ihr Kompromissvorschlag: Statt direkt auf dem Gelände sollten die Beamten eine Wache vor dem Gelände erhalten, für alle gut zu erreichen und genügend ausgeschildert. Ein Kompromiss, den die Polizei nicht eingehen möchte. (…) Obwohl also Veranstalter*innen und die Polizei die Großveranstaltung als friedlich einstuften, teilt die Polizei in einem Schreiben an die Veranstalter mit, dass sie das Einvernehmen zur Durchführung der Veranstaltung verweigert. Aufgeben wollen die Veranstalter aber nicht. „Wir werden nicht kapitulieren. Jetzt geht es darum, für unser Festival zu kämpfen“, sagt Hänschel. Auf ihrer Seite rufen sie seit Sonntagmittag dazu auf, eine Petition mitzuzeichnen. Titel: „Für die Freiheit von Kunst und Kultur! Gegen anlasslose Polizeipräsenz auf friedlichen Kulturveranstaltungen!“
- „Für die Freiheit von Kunst und Kultur! Gegen anlasslose Polizeipräsenz auf friedlichen Kulturveranstaltungen“ bei Kulturkosmos ist die Erklärung, zu deren Unterzeichnung hier aufgerufen wird (was bisher über 35.000 Menschen bereits getan haben – nacheifern!), in der es unter anderem heißt: „… Seit Jahren heißt die Antwort auf alle gesellschaftlichen, sozialen und politischen Fragen: mehr Polizei, mehr Überwachung und mehr Kontrolle. Und damit weniger Selbstbestimmung, weniger Grundrechte und weniger Freiheit. Dieser autoritäre Trend erreicht nun zunehmend die Kultur, deren Spiel- und Freiräume mit dem Argument vermeintlicher „Sicherheit“ immer mehr beschnitten werden. Dabei gehört es zum Wesen der Kunst- & Kunstfreiheit, die Art, Form und Erscheinung ihrer Inszenierung selbst zu gestalten: Clubs, Bühnen, Performance & Festivals sind die Räume des Schaffens, des Ausprobierens, des Experimentierens, des Staunens und des Erlebens, die existenziell für die freie Entfaltung der Person, die Kreativität und die Ausbildung des kritischen Geistes sind. Die Freiheit von Kunst und Kultur ist – nicht nur in Zeiten des Rechtsrucks – eine unabdingbare Säule für eine offene Gesellschaft und die Demokratie: Sie simuliert und stimuliert das mögliche Andere. Die Tendenz zu „shrinking spaces“ muss durchbrochen werden. Es geht also um weit mehr als um die Zukunft unseres geliebten Fusion-Festivals, das durch extreme polizeiliche Forderungen auf dem Spiel steht. Es geht am Ende um die politische Frage, ob es in dieser Gesellschaft weiterhin Freiräume geben kann, die nicht von der Polizei eingeschränkt und mit repressiven Maßnahmen begleitet werden…“
- Und die Erklärung samt Aufruf bei den VeranstalterInnen des Fusion Festivals selbst sowie ebd. den Pressespiegel zur Auseinandersetzung