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AlarmstufeRot – Kunst ist systemrelevant: Deutschlands sechstgrößter Wirtschaftszweig steht vor dem Kollaps
“Die aktuelle Situation bedroht die Veranstaltungswirtschaft. Clubs sterben aus, KünstlerInnen, VeranstaltungstechnikerInnen und VeranstalterInnen sind arbeitslos oder stehen vor der Insolvenz. Dagegen hat sich das Bündnis AlarmstufeRot gebildet, ein Zusammenschluss der einflussreichsten Initiativen und Verbände der deutschen Veranstaltungswirtschaft, hinter dem rund 10000 Unternehmen mit 250000 Beschäftigten stehen. An dessen erster bundesweiter Protestaktion, der «Night of Light 2020», haben sich über 40000 Mitwirkende aus mehr als 8000 Unternehmen beteiligt. (…) Ravi T. Kühnel sprach mit Daniel Schulz über die Situation der Veranstaltungswirtschaft. [Wie ist aktuell die Situation in der Veranstaltungsbranche?] Katastrophal. Unsere Branche war als erstes vom Shutdown betroffen und wir werden am längsten und h ärtesten unter den Auswirkungen der Corona-Krise leiden. Gleichzeitig greifen die Finanzhilfen in vielen Bereichen der Veranstaltungsbranche nicht. Zum Beispiel fallen die Hunderttausende von Soloselbständigen durchs Raster, sie haben meist keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil sich nur die wenigstens eine Arbeitslosenversicherung leisten können.Darauf wird seit März in zahlreichen Petitionen und Gesprächen mit der Politik hingewiesen, aber es interessiert offensichtlich nicht, obwohl die Veranstaltungsbranche die sechstgrößte Branche des Landes ist und auch das sechsthöchste Steueraufkommen beiträgt. Aber wir haben halt keine Lobby. Mag wohl auch daran liegen, dass wir keine Aufsichtsratsposten an Politiker zu vergeben haben…“ Aus dem Interview von Ravi T. Kühnel mit Daniel Schulz bei SoZ vom Oktober 2020 – siehe weiter aus dem Interview und Neues:
- Deutsche Veranstaltungswirtschaft kollabiert: Zweite Großdemonstration am 28. Oktober in Berlin
„Die deutsche Veranstaltungswirtschaft ist der von den Corona-Schutzmaßnahmen am stärksten betroffene Wirtschaftszweig. Seit Anfang März sind Veranstaltungen weitgehend verboten. Die Unternehmen erzielen seitdem keine Einnahmen. Eine Perspektive, wann es weitergehen kann, ist nicht in Sicht. Viele Betriebe sind mittlerweile insolvent. Nur die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht erlaubt es der vergessenen Branche, noch auf ein Wunder zu warten. Trotz Verlängerung der Überbrückungshilfe sehen die Veranstalter kein Licht am Ende des Tunnels. Zum 28. Oktober 2020 ruft die deutsche Veranstaltungswirtschaft unter Federführung der Initiative #AlarmstufeRot erneut zur Großdemonstration nach Berlin auf, um auf ihre immer dramatischer werdende Lage aufmerksam zu machen. Mitwirkende der Initiative sind die Fachverbände Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV), Europäischer Verband der Veranstaltungscentren (EVVC), FAMAB Kom-munikationsverband, Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik (VPLT), Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleisterinnen und Dienstleister in der Veranstaltungswirtschaft (ISDV) und Berufsverband Discjockey (BVD)...“ Pressemitteilung von und bei #AlarmstufeRot , auf deren Homepage weitere Infos - Weiter aus dem Interview von Ravi T. Kühnel mit Daniel Schulz bei SoZ vom Oktober 2020 : „… [Was sind konkrete Forderungen der Bewegung?] Es geht um eine wirksame Finanzhilfe für die Clubs, Technikfirmen, Veranstalter und vor allem für die vielen Soloselbständigen, von denen viele seit März ohne jegliches Einkommen dastehen und entgegen den anfangs vollmundigen Versprechungen der Politik, unbürokratisch zu helfen, nun oftmals nicht mal Hartz IV gewährt bekommen. So gehen momentan reihenweise Existenzen den Bach runter, obwohl Deutschland das Land mit den am besten qualifizierten Veranstaltungstechnikern weltweit ist. Die müssen jetzt teilweise bei der Kartoffelernte helfen, weil sie sonst kein Geld verdienen können. Um die Corona-Schutzmaßnahmen wie Abstand, Hygiene und Masken, geht es dagegen überhaupt nicht. Die werden nicht in Frage gestellt, weil jeder, der mit Veranstaltungen zu tun hat begreift, dass sie nötig sind, um so schnell wie möglich durch die Krise zu kommen. Über die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und Lockerungen in den einzelnen Branchen muss allerdings dringend geredet werden. Während z.B. Millionen von Hobby-Fußballern inzwischen wieder im Spielbetrieb sind (ich bin einer davon), kann es nicht sein, dass unser Bereich, an dem Existenzen hängen, geopfert wird, weil hier so wenig Menschen zu Konzerten zugelassen sind, dass diese nicht rentabel durchzuführen sind. Wenn nun in der ersten und zweiten Fußballbundesliga für 20 Prozent der Stadionkapazitäten wieder Zuschauer zugelassen werden, muss das gleiche analog auch für die Musikbranche gelten. Alles andere wäre nicht zu rechtfertigen. [Warum denkst du, ist es wichtig die Bewegung zu unterstützen?] Stellt euch einfach mal die Zeit des Lockdowns, der hier ja sogar noch gemäßigt war im Gegensatz zu den meisten anderen betroffenen Ländern, ohne Musik, ohne Filme, Dokus usw. vor. Musik ist systemrelevant! Ohne sie wären die Menschen in dieser Situation durchgedreht. Wenn man also nicht will, dass die kulturelle Vielfalt im Land der Dichter und Denker den Bach runter geht, dann sollte man sich solidarisch zeigen und mit uns auf die Straße gehen bzw. Petitionen unterschreiben, entsprechende Posts weiterteilen usw., denn das Club- und Firmensterben ist längst im Gang. Und ohne Clubs gibt es keine lebendige Subkultur, aus der ja nun mal alles entsteht. (…) [Wieviel Raum gibt die aktuelle Situation KünstlerInnen um sich zu entfalten?] Man kann sich kreativ entfalten wie eh und je, was ich auch mache, man hat ohne Konzerte nur kaum eine Möglichkeit, damit momentan seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Und Streaming-Konzerte oder die Konzerte unter aktuellen Bedingungen sind nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Während des Sommers betrug die Auslastung der Branche gerade mal 10–20 Prozent, und mit Beginn der Indoor-Saison bricht das auch wieder weg…“
- Siehe auch unser Dossier: Rasche Nothilfen auch für Solo-Selbstständige erforderlich und [NGG] Corona-Krise im Gastgewerbe: Einkommen durch tarifliche Vereinbarungen absichern