ADAC Nordrhein hat die Betriebsratsvorsitzende nach Abmahnungen wegen Homeoffice und Arbeitszeitbetrug außerordentlich gekündigt

[DGB-Kampagne] Stop Union BustingEin starker Betriebsrat (BR), der für die Interessen der Belegschaft kämpft, ist für Arbeitnehmende Gold wert. Umso brisanter der Fall, mit dem sich am Donnerstag (11. April 2024) das Kölner Arbeitsgericht beschäftigte. Dort will die Geschäftsführung des ADAC-Regionalclubs Nordrhein erreichen, dass die Betriebsratsvorsitzende Petra Gorisch (50) gefeuert werden kann. Es geht um deren außerordentliche Kündigung. (…) Im Sommer 2023 war Gorisch zweimal abgemahnt worden, weil sie am 30. Juni und 10. Juli – wie vorher von ihr angekündigt – mobil, also im Homeoffice, gearbeitet hatte. Laut Geschäftsführung des ADAC Nordrhein habe Betriebsratsarbeit aber im Betrieb, sprich an der Luxemburger Straße in Köln, zu erfolgen. Auch wird ihr Arbeitszeitbetrug vorgeworfen. (…) Am Donnerstag hat die Richterin die Entscheidung vertagt. Ein neuer Termin ist noch nicht bestimmt.“ Artikel von Iris Klingelhöfer vom 14.04.2024 im Kölner Express online externer Link („Prozess schlägt hohe Wellen: ADAC will Betriebsrats-Chefin feuern“) – nun steht der Prozesstermin für den 18. Juli fest:

  • Das Arbeitsgericht Köln bestätigt die Kündigung der Betriebsratsvorsitzenden des ADAC Nordrhein New
    Zustimmungsersetzungsverfahren: Fristlose Kündigung einer Betriebsratsvorsitzenden:
    Mit Beschluss vom 08.08.2024 hat das Arbeitsgericht Köln die vom Arbeitgeber beabsichtigte frist-lose Kündigung der Betriebsratsvorsitzenden für gerechtfertigt erachtet und die notwendige Zustim-mung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung ersetzt, § 103 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG iVm. § 15 KSchG. (…) Das Arbeitsgericht Köln hat entschieden, dass dieses Verhalten der Betriebsratsvorsitzenden einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses darstellt, § 626 Abs. 1 BGB. Dadurch, dass sie in 94 Fällen insgesamt 628 Minuten in ihren monatlichen Übersichten nicht doku-mentierte, habe sie den Arbeitgeber über den Umfang von Betriebsratstätigkeit außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit zumindest zu täuschen versucht und dabei billigend die Möglichkeit der Inan-spruchnahme von Freizeitausgleich aufgrund der Plus-Salden im Arbeitszeitkonto herbeigeführt. Die Rechtslage sei der Betriebsratsvorsitzenden nach den ausführlichen Hinweisen des Arbeitgebers hinreichend bekannt gewesen. Ihr sei zudem erkennbar gewesen, dass der Arbeitgeber ihre monat-lichen Aufzeichnungen der Überprüfung der Mehrarbeitszeiten zugrunde legte und nicht zwingend mit dem elektronischen Arbeitszeitkonto abgleiche.
    Die Betriebsratsvorsitzende kann sich nach Auffassung des Arbeitsgerichts nicht darauf berufen, zu diesem Abgleich selbst nicht verpflichtet gewesen zu sein, da sie die von ihr gemeldeten Zeiten selber der Zeiterfassung entnommen habe. Ihr Einwand, es habe sich bei den nicht gemeldeten Zeiten weder um Betriebsratstätigkeiten gehandelt, noch habe sie diese Zeiten gegenüber dem Ar-beitgeber als Arbeitszeit geltend gemacht, verfängt nach Auffassung des Arbeitsgerichts ebenfalls nicht. Die Betriebsratsvorsitzende habe selber vorgetragen, dass die im Zeiterfassungssystem durch „Stempeln“ dokumentierten Zeiten der Arbeitszeit gleichzusetzen und demnach ausschlaggebend für die Gewährung von bezahltem Freizeitausgleich sind. Letztlich sei es grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers seine Arbeitszeiten korrekt zu dokumentieren. Es komme nicht darauf an, dass der Arbeitgeber die streitgegenständlichen Zeitdifferenzen bei eingehender Kontrolle durch Einsicht-nahme in das Zeiterfassungssystem hätte erkennen können.
    Aufgrund der Schwere des Vorwurfs hielt das Arbeitsgericht Köln eine weitere Abmahnung für ent-behrlich und die Kündigung auch aufgrund des vorherigen abgemahnten pflichtwidrigen Verhaltens und unter Berücksichtigung der langen Betriebszugehörigkeit der Betriebsratsvorsitzenden für verhältnismäßig
    …“ Pressemitteilung des Arbeitsgericht Köln vom 08.08.2024 externer Link  zum Beschluss vom 08.08.2024 – 6 BV 25/24
  • ADAC Nordrhein gegen Betriebsratsvorsitzende: Aufruf zur solidarischen Begleitung vor dem Arbeitsgericht Köln am 18. Juli (13:30 bis 14:30)
    Die Geschäftsführung des ADAC Regionalclubs Nordrhein unter Wolfgang Jakobs und Jacqueline Grünewald will die Betriebsratsvorsitzende Petra G. außerordentlich kündigen. Wir rufen zur solidarischen Begleitung des Verhandlungstermins auf:
    Wann: Donnerstag, 18. Juli 2024, 13:30 Uhr
    Wo: Arbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln, Saal X
    Verhandelt wird, ob das Arbeitsgericht die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung der Vorsitzenden ersetzen will. Petra G. ist seit über 20 Jahren beim ADAC beschäftigt und hat 2015 den Vorsitz des Betriebsrats übernommen. Sie und ihre Gremium machen Betriebsratsarbeit für rund 500 Kolleginnen und Kollegen. Der ADAC bedient  sich beim Kündigungsversuch eines gängigen Konstrukts aus der Werkzeugkiste des Union Busting: angeblicher Arbeitszeitbetrug. Darüber hinaus scheint der Geschäftsführung die Frage wichtig, ob Betriebsratsarbeit im Homeoffice erledigt wurde. Tatsächlich ist es so, dass Streitigkeiten um Zeiten der Betriebsratsarbeit leicht konstruiert werden können. Denn viele Gespräche von Beschäftigten mit Betriebsratsmitgliedern finden spontan und ungeplant statt, weil Kolleginnen oder Kollegen schnellen Rat brauchen
    …“ Aufruf bei Arbeitsunrecht in Deutschland externer Link („Köln: ADAC Nordrhein gegen Betriebsratsvorsitzende“)
  • #ADAC Nordrhein Geschäftsführung unter Wolfgang Jakobs und Jacqueline Grünewald will Betriebsratsvorsitzende feuern. Nächster Verhandlungstermin 18.07.2024. #UnionBusting stoppen! Schließt Euch uns an“  Tweet von @arbeitsunrecht vom 3.7.24 externer Link
  • Bei ver.di weder in Köln noch NRW etwas dazu gefunden

Siehe zu ADAC unser Dossier von 2013: Vorwurf der Mitarbeiterüberwachung beim ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=221561
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