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Entfristen! Der Kampf um den Gesetzentwurf zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Dossier
„„Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindeststandards für Zeitverträge“ – unter diesem Motto hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) heute ihren Gesetzentwurf für die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes präsentiert. (…) Mit unserem Entwurf zeigen wir, wie das Gesetz ganz konkret verbessert werden kann und erhöhen so den Druck auf Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, endlich zu handeln…“ Pressemitteilung der GEW am 16.01.2015 (zum Entwurf hier ganz unten). Siehe auch unser Dossier Kampagnen für Entfristung im Hochschulwesen: Frist ist Frust und hier zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz:
- Frist oder stirb! Zeitverträge an Hochschulen: Chancen auf bessere Arbeitsbedingungen geschwunden.
„Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) – ein Wortungetüm, so lang und zäh wie der Streit um eine Reform desselben. Und die Hängepartie geht weiter. Seit Mittwoch steht ziemlich sicher fest: Auf Dauerstellen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen müssen die Betroffenen noch auf unbestimmte Zeit warten. Bei einer Anhörung im Bildungsausschuss des Bundestags waren die Vorbehalte der geladenen Sachverständigen am Regierungsentwurf weiterhin so groß, dass mit einem finalen Parlamentsbeschluss vor den anstehenden Neuwahlen nicht mehr zu rechnen ist. Schlimmer noch: Mit einer absehbar neuen Regierung, mutmaßlich unter Führung der Union, dürfte eine Lösung im Sinne der Beschäftigten wieder in sehr weite Ferne rücken.
Bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) weiß man um die Gefahr. »SPD, Grüne, Union, Linke und BSW sollten über ihren Schatten springen, die Vorlage der ehemaligen FDP-Ministerin Bettina Stark-Watzinger gründlich gegen den Strich bürsten und die Weichen für Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindestlaufzeiten für Zeitverträge und verlässliche Perspektiven für Postdocs stellen«, mahnte am Donnerstag der stellvertretende Vorsitzende Andreas Keller im Gespräch mit junge Welt…“ Artikel von Ralf Wurzbacher in der jungen Welt vom 15.11.2024 - GEW und ver.di zur Anhörung im Bundestagsausschuss für Bildung und Forschung: „Wissenschaftszeitvertragsgesetz jetzt reformieren – und zwar richtig!“
- GEW: „Wissenschaftszeitvertragsgesetz jetzt reformieren – und zwar richtig!“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Bundestag aufgefordert, die ausstehende Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) noch vor den erwarteten Neuwahlen im Bund zu verabschieden. „Die Probleme sind seit Jahren bekannt und dulden keinen Aufschub: Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten in der Wissenschaft, lange und unberechenbare Karrierewege. Das ist nicht nur unanständig gegenüber den hoch qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sondern untergräbt auch die Qualität der Lehre und der Forschung sowie die Attraktivität des Arbeitsplatzes Hochschule und Forschung. Es wäre fatal, wenn die anstehende Reform in die nächste Wahlperiode vertagt wird. Die Abgeordneten sollten sich jetzt einen Ruck geben, den vorliegenden Gesetzentwurf gründlich überarbeiten und noch vor der Auflösung des Parlaments durch den Bundespräsidenten beschließen“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und -Hochschulexperte, mit Blick auf die heutige Anhörung im Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Keller hob drei Punkte hervor, in denen die GEW deutlichen Nachbesserungsbedarf sieht. „Erstens muss die missglückte Neuregelung der Postdoc-Befristung vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Promovierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern muss von Anfang an eine Entfristungszusage gegeben und nicht erst nach vier Jahren vage in Aussicht gestellt werden. Zweitens müssen die Mindestvertragslaufzeiten von drei Jahren für Promovierende auf mindestens vier Jahre erhöht und verbindlich werden. Drittens müssen sowohl Arbeitgeber und Gewerkschaften als auch die Länder die Chance haben, für die Beschäftigten bessere Befristungsregelungen festzulegen: weg mit der Tarifsperre und her mit der Länderöffnungsklausel“, betonte der GEW-Vize.“ Pressemitteilung der GEW vom 13. November 2024 - Zur Anhörung im Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung haben der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Vereinte Dienstleitungsgewerkschaft (ver.di) und die GEW am 8. November 2024 eine gemeinsame Stellungnahme vorgelegt
- Sitzung zum #WissZeitVG Live schauen und Berichterstattung von Amrei Bahr auf bsky
- Post an den Bundestag:
„In den nächsten Wochen wird entschieden, ob und wie das Befristungsrecht in der Wissenschaft reformiert wird. ver.di hat klare Anforderungen. (… ) Die erste Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag hat deutlich gemacht, dass es auch zwischen den Regierungsfraktionen noch viel Diskussionsbedarf gibt. Am 13. November startet die parlamentarische Beratung mit einer Sachverständigenanhörung in die heiße Phase. In den Wochen danach wird verhandelt. Die Erwartungen von ver.di liegen auf dem Tisch, wir sagen in einem Positionspapier: Schluss mit dem Befristungswahn
Über 65.000 Menschen haben die gewerkschaftlichen Kernforderungen in einer Petition unterstützt: 65.000 gegen Dauerbefristung. Jetzt sind die Abgeordneten am Zug.“ Beitrag vom 04.11.2024 bei ver.di Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft
- GEW: „Wissenschaftszeitvertragsgesetz jetzt reformieren – und zwar richtig!“
- Debatte um Länderöffnungsklausel im WissZeitVG – negative Fakten des Berliner Senats durch Rolle rückwärts bei Entfristungsregelung im Berliner Hochschulgesetz
- Berlin: Senat begräbt Entfristung – Postdoktoranden sollen doch nicht dauerhaft an Unis angestellt werden
„Die Senatswissenschaftsverwaltung vollzieht eine 180-Grad-Wende – zum Nachteil vieler wissenschaftlicher Nachwuchskräfte: Die Entfristungsregelung für Postdoktoranden im Berliner Hochschulgesetz soll nicht weiter verfolgt werden. Man wolle von der Regelung »Abstand nehmen«, erklärte ein Sprecher der Senatsverwaltung am Dienstag gegenüber »Table Media«. Die in Paragraf 110, Absatz 6 festgehaltene Regelung sollte eigentlich die Arbeitsbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs verbessern: Alle promovierten Mitarbeiter sollten demnach eine unbefristete Stelle erhalten, sofern ihre Stellen nicht der Qualifizierung dienen. Ebenfalls von der Regelung ausgeschlossen werden sollten Promovierte, die für Drittmittelprojekte arbeiten. Beschlossen wurde die Regelung 2021 von der damaligen rot-rot-grünen Koalition – gegen heftige Kritik der heutigen Regierungspartei CDU. Zuletzt kündigte die Senatsverwaltung im vergangenen Jahr an, das Inkrafttreten der Regelung um ein Jahr auf 2025 verschieben zu wollen. Dass sich der Senat nun ganz von der Regelung verabschiedet, ist überraschend. Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) war usprünglich eine der Abgeordneten, die das Vorhaben überhaupt erst angestoßen hatten. (…) Aus der Opposition kommt Kritik an der Kehrtwende der Senatorin. »Hier wird eine unliebsame Gesetzesänderung abgeschossen«, sagt Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion, zu »nd«. Dies sei »nicht ehrlich gegenüber den Menschen, die große Hoffnung in die neue Regelung« gesteckt hätten. Die Regelung im Berliner Hochschulgesetz berühre nicht den Regelungsbereich des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. »Vor Gericht würde das standhalten«, ist Schulze überzeugt. Die neuen Stellenkategorien sieht Schulze nicht als adäquate Alternative zur generellen Entfristung. Diese seien »nutzlos«. Weil sie für die Hochschulen nicht verpflichtend seien, würden sie in Zukunft kaum genutzt werden, prophezeit er. »Freiwillig wird da gar nichts passieren«, so Schulze. Für die Professoren seien befristete Stellen »bequemer«. Dabei könnte der Wegfall der Entfristung schwere Schäden für die Berliner Wissenschaft anrichten: »Viele Nachwuchskräfte werden Berlin jetzt verlassen«, warnt Schulze.“ Artikel von Marten Brehmer vom 23. Oktober 2024 in Neues Deutschland online - Berliner Senat gefährdet verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft – Entfristungsregelung im Berliner Hochschulgesetz soll gekippt werden
„Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege plant eine Rolle rückwärts bei der verbindlichen Entfristung von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen. Der Vorgängersenat hatte mit einer bundesweit beachteten Reform des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) festgelegt, dass promovierten wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen (Post-Docs) ein unbefristetes Anstellungsverhältnis angeboten werden muss, wenn das im Arbeitsvertrag benannte Qualifikationsziel erreicht wurde. Diese Reform stellt einen wichtigen Schritt dar, um prekäre Arbeitsverhältnisse im Mittelbau zurückzudrängen. Sie stellt daneben einen wichtigen Baustein zur Demokratisierung der Universitäten dar, da Befristungen zu einer hohen Abhängigkeit der Post-Docs von ihren Vorgesetzten führen. Nicht umsonst gelten außerhalb der Wissenschaft strengere Regelungen für die Möglichkeit von Befristungen. In einer Sitzung des Forums „Gute Arbeit an Berliner Hochschulen“ gab die Senatsverwaltung nun überraschend bekannt, dass sie eine Aufweichung des Berliner Hochschulgesetzes in diesem Punkt plant. (…) „Noch in der Anhörung im Wissenschaftsausschuss 2023, nach der das ursprüngliche Einführungsdatum von 2023 auf 2025 verschoben wurde, beteuerte die SPD, dass die neue Koalition mehr Zeit für eine gute Umsetzung des §110 (6) bräuchte, die Regelung aber nicht grundsätzlich in Frage stelle. Das nun der Wissenschaftssenat unter Senatorin Czyborra die Zukunftsperspektiven der Post-Docs angreift und damit die dauerhafte Bindung hochqualifizierter Wissenschaftler*innen gefährdet, ist nicht akzeptabel…“ Pressemitteilung vom 18.10.2024 des ver.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg - Zur angekündigten Aufweichung des § 110 (6) Berliner Hochschulgesetz und deren Folgen
„In der Sitzung des Forums „Gute Arbeit an Berliner Hochschulen“ am 15.10.2024 hat Wissen-schaftsstaatssekretär Dr. Marx völlig überraschend angekündigt, dass die verpflichtende unbefristete Beschäftigung von promovieren Wissenschaftler*innen zur Disposition steht. Wegen angeblicher Rechtsunsicherheiten soll die Umsetzung des § 110 Abs. 6 Berliner Hochschulgesetz nicht weiterverfolgt werden. Damit würde eines der zentralen und bundesweit viel beachteten Reformvorhaben des am 14.09.2021 beschlossenen Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) gekippt. (…) Die Sitzung des Forums „Gute Arbeit an den Berliner Hochschulen“ am 15.10.2024 sollte einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung des § 110 Abs. 6 BerlHG ab dem 01.04.2025 leisten. Mit der nun verkündeten Abkehr von der verbindlichen dauerhaften Beschäftigung von promovierten Wissenschaftler*innen knickt die SPD geführte Senatswissenschaftsverwaltung nicht nur vor ihrem Koalitionspartner CDU und den konservativen professoralen Kräften der Universitäten ein. Sie degradiert damit auch das „Forum Gute Arbeit an Berliner Hochschulen“ zu einem unverbindlichen Gesprächskreis. /…) Wir – als Vertretungen der Arbeitnehmer*innen im Forum Gute Arbeit – sehen diese Abkehr von § 110 (6) mit großer Sorge. Nach über drei Jahren sollen alle Anstrengungen für mehr attraktive und dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse neben der Professur zunichtegemacht werden. Das ist absolut inakzeptabel. Als einen wesentlichen Grund für die Abkehr von § 110 Abs. 6 BerlHG führte Staatssekretär Marx an, dass die Senatswissenschaftsverwaltung zu dem Schluss gekommen ist, dass die Regelung des § 110 (6) nicht rechtssicher sei. Diese Begründung können wir nicht nachvollziehen. (…) Wir fordern daher die politische Leitung der Senatswissenschaftsverwaltung auf, den § 110 Absatz 6 Berliner Hochschulgesetz ohne Wenn und Aber zu erhalten und umzusetzen und endlich den Weg für attraktive dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft neben der Professur frei zu machen. Schaffen Sie Gelingensbedingungen für eine konstruktive weitere Zusammenarbeit im Forum sowie für die Umsetzung von § 110 (6)!“ Gemeinsame Stellungnahme vom 24.10.2024 der Vertretungen der Arbeitnehmer*innen im Forum „Gute Arbeit an Berliner Hochschulen“ beim vber.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg - Länderöffnungsklausel im WissZeitVG: Ermöglichen statt Blockieren!
„In zehn Tagen jährt sich die Vorgänger-Initiative von #IchBinHanna zum vierten Mal: Am Reformationstag des Jahres 2020 haben Kristin Eichhorn, Sebastian Kubon und ich auf Twitter angeregt, unter dem Hashtag #95vsWissZeitVG 95 Thesen gegen das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu sammeln. Die zahlreichen Tweets haben wir zu 95 Thesen destilliert und (…) dokumentiert. Die Community, die damals zusammenfand, hat dann auch #IchBinHanna nach vorne gebracht. Vieles hat sich seit Oktober 2020 verändert. Die Diskussion um Arbeitsbedingungen im deutschen Wissenschaftssystem, aber auch um dessen weitere Probleme und Fehlanreize ist eine andere geworden. Ein grundlegender Änderungsbedarf ist inzwischen allgemein anerkannt; kaum jemand wird noch bestreiten wollen, dass es so, wie es jetzt ist, nicht bleiben kann. Gleichwohl hätten wir uns im Oktober 2020 sicherlich nicht träumen lassen, dass vier Jahre später noch immer kein reformiertes WissZeitVG vorliegt. (…)Seit Samstag liegt nun aber ein weiterer Vorschlag auf dem Tisch, der das Zeug hat, die verfahrene Debatte doch noch auf die Zielgerade einer konstruktiven Lösung zu befördern: die Länderöffnungsklausel. Der Vorschlag kommt von Tobias Rosefeldt, Philosophie-Professor an der HU Berlin, der sich schon seit Jahren für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft einsetzt. Was hat es mit der Länderöffnungsklausel auf sich — und warum ist der Vorschlag so aussichtsreich? (…) In seiner Stellungnahme schreibt Tobias Rosefeldt zur Länderöffnungsklausel: „Ich möchte vorschlagen, dass das Gesetz eine Länderöffnungsklausel enthält, durch die es den Bundesländern explizit gestattet wird, die befristete Beschäftigung an ihren Hochschulen und Forschungseinrichtungen durch weitere Maßnahmen zu regulieren, die im Moment auf Bundesebene nicht zustimmungsfähig sind. Solche Maßnahmen könnten in kürzeren Befristungshöchstdauern, der Pflicht zu früheren Anschlussvereinbarungen, Modellen mit einem Mittelbau-Tenure Track oder aber Höchstquoten für den Anteil befristeter Beschäftigung bestehen.“ Hier wird schon deutlich, was die Idee hinter der Klausel ist: tragfähige Instrumente zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die bereits fester Bestandteil der Debatte sind, die aber bislang nicht (bzw. im Falle der Anschlusszusage in ungeeigneter Form) den Weg in den WissZeitVG-Entwurf gefunden haben, könnten durch die Bundesländer aufgegriffen werden. Eine Länderöffnungsklausel würde den Ländern auf diese Weise Möglichkeiten einräumen, selbst geeignete Regelungen zu treffen, um die Situation von #IchBinHanna zu verbessern. (…) Inzwischen ist nicht nur allgemein anerkannt, dass es dringend tragfähiger Lösungen zur Verbesserung wissenschaftlicher Arbeitsbedingungen bedarf — es wurden auch einige konkrete Vorschläge dafür ausgearbeitet. Dazu zählen vor allem eine ausreichend früh erfolgende Anschlusszusage und die Befristungshöchstquote, die Rosefeldt beide in seiner Stellungnahme nennt. Es wäre ein großer Fehler, diese Instrumente nicht ins neue WissZeitVG aufzunehmen. Ein Fehler, für den die deutsche Wissenschaft mit ihrer Attraktivität als Arbeitgeberin bezahlen und die ihr ebenso wie ihren Beschäftigten massiv schaden würde. Sollten sie nicht ins neue WissZeitVG integriert werden, wäre es das Mindeste, den Bundesländern die Möglichkeit einzuräumen, diese Instrumente ihrerseits zu implementieren — mit einer entsprechenden Länderöffnungsklausel, und zwar zusätzlich zur Abschaffung der Tarifsperre, nicht als deren Alternative. Es ist zu hoffen, dass die Mitglieder des Bildungsausschusses das Potenzial einer solchen Klausel erkennen. Denn sollte die WissZeitVG-Reform am Ende eine schlechte Regelung durch eine auf andere Art schlechte ersetzen, ist eines sicher: die #IchBinHanna-Debatte wird weitergehen — so lange, bis sich wirklich etwas zum Guten verändert hat.“ Beitrag von Amrei Bahr vom 22. Oktober 2024 im Blog ‚Arbeit in der Wissenschaft‘
- Berlin: Senat begräbt Entfristung – Postdoktoranden sollen doch nicht dauerhaft an Unis angestellt werden
- Bundestagsdebatte zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz und Zeitverträge in der Wissenschaft: Ampel muss das WissZeitVG umfassend überarbeiten
- GEW: „Zeitverträge in der Wissenschaft: Ampel muss jetzt Farbe bekennen!“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Ampelkoalition aufgefordert, den vorliegenden Gesetzentwurf für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) in den heute startenden parlamentarischen Beratungen umfassend zu überarbeiten. „Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten – das geht nicht nur auf Kosten der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern schadet auch der Kontinuität und damit der Qualität von Lehre und Forschung. Der Gesetzentwurf, den Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) vorgelegt hat, sieht nur minimale Verbesserungen vor, die überdies durch eine Verschlechterung der Perspektiven der Postdocs konterkariert werden. Statt das WissZeitVG zu verschlimmbessern, muss der Bundestag der hemmungslosen Befristungspraxis in der Wissenschaft endlich einen Riegel vorschieben“, sagte Andreas Keller, stellvertretende GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, am Mittwoch in Frankfurt a.M. Er stellte fest, dass der Gesetzentwurf weit hinter den Erwartungen zurückbleibe, die die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag geweckt hat. (…) Der Deutsche Bundestag berät heute in erster Lesung über den Gesetzentwurf für eine WissZeitVG-Reform, der anschließend in den Ausschüssen diskutiert werden soll. Die GEW hat eine umfassende Stellungnahme zum Gesetzentwurf vorgelegt . Diese enthält auch eine Synopse, die den geltenden Gesetzestext, die geplanten Änderungen und die Kritik der GEW gegenüberstellt. “ Pressemitteilung vom 15.10.2024 - Endspurt mit Gestaltungswillen: WissZeitVG-Reform als Chance nutzen!
„… Viel wurde darüber geschrieben, was Deutschland als Wissenschaftsstandort verlieren wird, wenn die von der Ampel-Regierung versprochene WissZeitVG-Reform zur Verbesserung der Karrierewege scheitert — von mir und vielen anderen. Heute möchte ich den Fokus auf etwas anderes lenken: auf die Frage, was es zu gewinnen gibt, wenn diese Reform im Zuge des parlamentarischen Verfahrens doch noch gelingt. Die Antwort lautet: ein zukunftsfähiges Wissenschaftssystem, das auch in Zeiten des Fachkräftemangels ein so attraktives Arbeitsumfeld ist, dass sich dafür ausreichend viele richtig gute Leute gewinnen lassen. Leute mit vielfältigen Profilen, Hintergründen und Lebensrealitäten, die dann nicht mehr von Zukunftsängsten und Existenzsorgen geplagt werden, sondern sich voll auf ihre Arbeit konzentrieren können. Die damit zugleich die deutsche Wissenschaft durch Diversität bereichern.
Ein gut reformiertes WissZeitVG sorgt dafür, dass die Expertise, die Wissenschaftler_innen mithilfe öffentlicher Finanzierung auf- und ausbauen konnten, der Gesellschaft langfristig zugute kommt. Dass diese Leute einfach einen guten Job machen können in Forschung und Lehre, statt sich ständig zu verbiegen und alle möglichen Fehlanreize des Systems zu bedienen (publish or perish usw.). Tickt nicht mehr ständig die Befristungsuhr und hängt das Damoklesschwert Karriereende nicht mehr über ihnen, können Wissenschaftler_innen ihre Einsichten und Forschungsergebnisse im Interesse des Gemeinwohls auch beherzt öffentlich und öffentlichkeitswirksam kommunizieren, ohne fürchten zu müssen, dass das ihrer Karriere Schaden zufügen könnte. Und nicht zuletzt: Eine gute WissZeitVG-Reform stellt sicher, dass Wissenschaftler_innen aller Karrierestufen sich trauen können, aktiv mitzuarbeiten bei der Bewältigung der Mammutaufgabe, unsere Demokratie zu retten. Unsichere Beschäftigungsverhältnisse machen die, die drinstecken, zusätzlich (und unnötig) angreifbar — und erschweren es daher, den Mut aufzubringen, den es für den Schutz unserer Demokratie dringend braucht.
Eine tragfähige WissZeitVG-Reform würde das deutsche Wissenschaftssystem sehr, sehr viel besser machen. Zunächst einmal für die, die darin arbeiten:..“ Beitrag von Amrei Bahr vom 15.10.2024 auf ihrem Blog Arbeit in der Wissenschaft
- GEW: „Zeitverträge in der Wissenschaft: Ampel muss jetzt Farbe bekennen!“
- Ein Aufruf zur grundlegenden Neugestaltung der wissenschaftlichen Stellenstrukturen
„Zur Schaffung gesunder Stellen- und Karriere-Strukturen in der Wissenschaft reicht eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) nicht aus. Man muss bereit sein, viel weiter über das bestehende System und die darin etablierten Wege hinauszudenken. Seit ich zusammen mit Amrei Bahr und Sebastian Kubon (damals noch auf Twitter, heute X) die Aktionen „#95vsWissZeitVG“ und „#IchBinHanna“ angestoßen habe, ist viel passiert. Ausgangspunkt der Kritik war damals das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), mit dem ein umfassendes Sonderbefristungsrecht in der Wissenschaft geschaffen wird: Mit dem Argument, dass sich der größte Teil (!) des wissenschaftlichen Personals noch in der Qualifikation befinde, wird in Forschung und Lehre fleißig in einem Umfang befristet, wie er in anderen Bereichen schlicht nicht legal wäre. Auf Lebenszeit verbeamtete Professuren machen inzwischen nur noch ein gutes Zehntel des wissenschaftlichen Personals aus, daneben gibt es einige wenige unbefristete Stellen. Alle anderen sind entweder mit dem Argument der „Qualifikation“ oder durch Drittmittelprojekte auf Zeitstellen. Die Folge: Immer wieder laufen Verträge aus und Menschen sind ständig damit beschäftigt, die nächste Anschlussanstellung zu suchen. Bis ins fünfte Lebensjahrzehnt kann das so gehen – und wenn dann keine Entfristung erfolgt (was bei vielen wahrscheinlich ist), droht die zwangsweise berufliche Neuorientierung. (…) Was man tun kann, habe ich selbst schon an verschiedener Stelle ausgeführt. Tatsächlich liegen von mehreren Universitäten Konzepte vor, die erklärtermaßen das Ziel verfolgen, die Stellenstruktur in der Wissenschaft so umzugestalten, dass bessere Arbeitsbedingungen und frühere Planbarkeit zur Regel werden. Dazu muss man jedoch bereit sein, über das bestehende System und die dort etablierten Wege hinauszudenken. (…) Wir brauchen mit anderen Worten Stellen, auf denen sich Menschen weiterentwickeln können – auch wenn es sich nicht um befristete Positionen handelt! Denn dass diese beiden Aspekte – Befristung und Weiterentwicklung – im Wissenschaftssystem so stark verkoppelt sind, als gäbe es das eine nicht ohne das andere, führt viele der Probleme erst herbei, die wir aktuell haben. (…) Genauso muss man generell über Reformen hinsichtlich der Professur nachdenken. (…) Ein weiterer Faktor, den man ins Auge fassen muss, um das Gesamtsystem konkurrenzfähiger und beweglicher zu machen, ist die Dauer von Berufungsverfahren. Diese liegt selbst bei zügigem Verlauf wegen diverser Vorgaben so gut wie nie unter anderthalb bis zwei Jahren. Das ist für einen Bewerbungsprozess schlicht zu lang. (…) Es geht also um wesentlich mehr als um das WissZeitVG und die Stellenkategorien neben der Professur. Wir müssen die großen Reformprozesse in Angriff nehmen, um mittelfristig ein System zu schaffen, das wieder mehr Übersicht zulässt und die in den letzten Jahren und Jahrzehnten entstandenen Fehlentwicklungen abstellt. Das ist keine einfache Aufgabe. Doch wer die Probleme kennt, kann sie stückweise in Angriff nehmen.“ Essay von Kristin Eichhorn vom 22. Juli 2024 beim LaborJournal - Von wegen teurer. Es gibt ein Dauerstellen-Modell, das ohne höhere Budgets auskommt und nicht zu Personalabbau führt
- Von wegen teurer
„Der Potsdamer Uni-Präsident Oliver Günther argumentiert, deutlich mehr Dauerstellen in der Wissenschaft und damit deutlich bessere Karrierechancen würden viele Milliarden zusätzlich kosten. Das stimmt aber gar nicht.
ES IST ERFREULICH, nun auch von Herrn Günther wie von vielen anderen Hochschulleitungen das Eingeständnis zu hören, dass die Unsicherheit zwischen Promotion und Professur in Deutschland „besonders extrem“ ist, weshalb der Frust von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Deutschland auch besonders groß ist. Und gut, dass auch Herr Günther diesen schlechten Berufsaussichten entgegenwirken möchte. Dafür sieht er in seinem Gastbeitrag im Wiarda-Blog neben der Möglichkeit einer Reduktion von Promotionsstellen, auf die ich später noch eingehen werde, nur diejenige, den Hochschulen deutlich mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Er folgt damit der insbesondere bei Hochschulleitungen üblichen Argumentation: Wir würden mit Freude mehr Dauerstellen schaffen, wenn wir das dafür nötige zusätzliche Geld zur Verfügung gestellt bekämen. Man tut damit so, als wäre es ausreichend, einem dysfunktionalen einfach noch ein gutes System aufzupfropfen. Auf dieser Basis berechnet Herr Günther, was es kosten würde, so viele zusätzliche Stellen zu schaffen, dass sich die Wahrscheinlichkeit, nach einer Promotion irgendwann eine Dauerstelle zu erreichen, verdoppeln würde, und kommt zu nicht unerklecklichen Summen.
Ein Dauerstellen-Modell, das ohne höhere Budgets auskommt und nicht zu Personalabbau führt
Zufälligerweise führen auch Berechnungen , die Kollegen und ich kürzlich zur möglichen Ersetzung des Befristungsregimes durch ein Modell mit dauerhaften Dozentenstellen vorgelegt haben, zu dem, was Herr Günther anstrebt: zu einer Verdopplung der Chancen für angehende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, nach der Promotionsphase eine Dauerstelle zu erreichen. Unser Modell kommt jedoch gänzlich ohne höhere Budgets für die Hochschulen aus – und es funktioniert, ohne das Personal im Universitätsbetrieb merklich zu reduzieren. Auch wenn wir in unseren Berechnungen zum Status quo anders vorgegangen sind als Herr Günther, kommen wir zu einem sehr ähnlichen Ergebnis wie er: Die derzeitigen Chancen auf eine Dauerstelle in der Wissenschaft für Promovierende liegen bei zwölf Prozent. Viel wichtiger ist jedoch, wie sich diese Wahrscheinlichkeiten aufteilen. So liegt nach unseren Berechnungen die Wahrscheinlichkeit, nach einer Promotions- eine befristete Postdoc-Stelle anzutreten, bei 32 Prozent…“ Umfangreiche Replik von Mathias Kuhnt vom 26. Juni 2024 im Blog von Jan-Martin Wiarda auf: - Tenure Track, sechs Milliarden und ein weiter Flaschenhals
„Was würde es eigentlich bedeuten, die Forderung nach mehr Dauerstellen in der Wissenschaft mit der Förderung des Gemeinwohls in Einklang zu bringen? Und wie realistisch wäre das?…“ Gastbeitrag von Oliver Günther vom 12. Juni 2024 im Blog von Jan-Martin Wiarda , siehe auch: - Neben der Professur und im Departmentmodell: HRK und Junge Akademie schlagen drei Dauerstellen-Kategorien vor
„Um den dritten Geburtstag unserer Initiative #IchBinHanna am 10. Juni haben wir in diesem Jahr bislang wenig Aufhebens gemacht. Die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) gestaltet sich weiterhin zäh; aktuell macht das Bundesministerium unter Ministerin Stark-Watzinger vor allem wegen der Fördergeldaffäre von sich reden, was einen Großteil der wissenschaftspolitischen Aufmerksamkeit bindet. Aller Blockadehaltung des BMBF und der FDP zum Trotz bewegt sich aber an anderen Stellen einiges in Sachen #IchBinHanna, und es lohnt sich, das nicht aus dem Blick zu verlieren. Immer wieder wird deutlich, dass unsere Protestbewegung in den vergangenen Jahren den gesamten Diskurs um wissenschaftliche Arbeitsbedingungen grundlegend verändert hat: Inzwischen verteidigt kaum noch jemand das aktuelle System, dessen Mängel werden nur noch äußerst selten bestritten — und, nicht minder erfreulich: Immer mehr Hochschulen und Institutionen machen sich selbst auf den Weg, um auch unabhängig von gesetzlichen Regelungen die Karrierewege in der Wissenschaft transparenter und verlässlicher zu gestalten. Es liegen bereits einige Personalkonzepte vor, zum Beispiel aus Hamburg oder Konstanz. Vieles ist in Bewegung geraten. Diejenigen, die die nächsten Schritte der WissZeitVG-Reform verantworten, sollten sich also sehr gut überlegen, ob sie als Ewiggestrige dieser rasanten Entwicklung hinterherhinken wollen oder doch noch die Kurve kriegen hin zu einem WissZeitVG, das die Fortschritte in der Debatte angemessen berücksichtigt. (…) Seit gestern gibt es nämlich sogar ein Dauerstellenpapier auf übergeordneter Ebene: Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat zusammen mit der Jungen Akademie „Leitlinien für unbefristete Stellen an Universitäten neben der Professur“ vorgelegt. Konkret schlagen die beiden Organisationen drei Kategorien von unbefristeten Stellen vor, die es in der Wissenschaft künftig für das nichtprofessorale wissenschaftliche Personal geben soll: Lecturer (mit max. 12 Semesterwochenstunden — kurz: SWS — Lehrdeputat), Researcher (mit 8 SWS) sowie Academic Manager, die sich vorrangig um wissenschafts- und lehrbezogene Verwaltungsaufgaben oder Transfer kümmern sollen, dabei aber weiterhin mit bis zu 4 SWS in die Lehre integriert bleiben. (…) Ob der Vorschlag von HRK und Junger Akademie tatsächlich überzeugen kann, wird erst seine konkrete Umsetzung zeigen. Denn die vorgelegten Leitlinien erzeugen noch keine Verpflichtungen für die Hochschulen, entsprechende Personalkonzepte auch umzusetzen. Dennoch darf man die Signalwirkung des Papiers nicht unterschätzen: Es zeigt, dass es so, wie es ist, nicht weitergehen kann, und dass es Mut braucht, die Personalstruktur der Hochschulen grundsätzlich neu zu gestalten. (…) Die Botschaft der neuen HRK-Leitlinien lautet: Wir wollen es besser machen und haben die Probleme erkannt. Fortschrittliche Hochschulleitungen, die bereits jetzt eigenständig nach Wegen suchen, um die Prekarität zu verringen, erhalten somit Rückendeckung von oben. Und alle anderen geraten unter Zugzwang, wenn das wissenschaftliche Personal, das dank des Fachkräftemangels und der #IchBinHanna-Debatte längst nicht mehr alles mit sich machen lässt, seinen Arbeitgeber nach den Arbeitsbedingungen aussucht, die dieser bietet. Eine Zukunftsvision, die hoffnungsvoll stimmt — wir werden mit Spannung und Interesse beobachten, welche Ansätze noch folgen, mit denen wir uns dieser Vision weiter annähern können!“ Beitrag von Amrei Bahr, Kristin Eichhorn und Sebastian Kubon vom 25. Juni 2024 bei Arbeit in der Wissenschaft online - Euphorie und Wirklichkeit: Mehr Dauerstellen neben der Professur? Neue HRK-Leitlinien wecken Hoffnungen bei Gewerkschaften und Initiativen – doch die politischen Realitäten bewegen sich in eine andere Richtung.
„AMREI BAHR ZEIGTE SICH hocherfreut. „#IchBinHanna wirkt!“, postete die „#IchBinHanna“ Mit-Initiatorin am Montag bei BlueSky. Während der GEW-Vizevorsitzende Andreas Keller bei „X“ kommentierte: Egal, was aus der immer noch nicht verabschiedeten Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) werde: „Unsere Forderungen sind nicht mehr einzufangen.“ Die seit Jahren lauteste Forderung, auf die Keller anspielte, lautet: „Dauerstellen für Daueraufgaben“. Und Anlass für die Freude von Bahr wie Keller waren die „Leitlinien für unbefristete Stellen an Universitäten neben der Professur“, welche die Mitgliedergruppe Universitäten in der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zusammen mit der Jungen Akademie verabschiedet und am Montagmorgen veröffentlicht hatte. (…) Nur: Worauf genau haben die Universitäten eigentlich festgelegt? Darauf, wie aus ihrer Sicht sinnvolle Stellenprofile und neue Karrierewege aussehen sollten. Und welche politischen und (tarif-)rechlichen Rahmenbedingungen es dafür bräuchte. (…) „Weder unsere Leitlinien noch eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes schaffen eine einzige unbefristete Stelle. Nun sind Bund und Länder gefragt – nicht nur mit Blick auf ein geplantes Programm zum Ausbau wissenschaftlicher Karrierewege neben der Professur.“ Aus Sicht der Universitäten dürfte dies der entscheidende Satz sein. Und die Rektor:innen und Präsident:innen wissen genau, warum sie ihn so betonen. Nicht nur ist aus der Ampel-Koalition zu hören, dass in dieser Legislaturperiode mehr als das vom Bundestags-Haushaltsausschuss verlangte Konzept zum Karrierewege-Programm nicht mehr kommen werde, weil das Geld fehle. Auch werden in zahlreichen Bundesländern die Hochschulbudgets gerade ab- und nicht aufgebaut. (…) Besonders paradox – und aus Sicht der Universitäten aussagekräftig – ist in der Hinsicht aktuell die Situation in Hessen. Das Land, als einziges Bundesland nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), hatte im März mit den Gewerkschaften eine in dieser Form bundesweit einzigartige Regelung für seine Hochschulen abgeschlossen: Diese müssen die Zahl ihrer unbefristeten Tarif-Vollzeitstellen für Wissenschaftler:innen deutlich steigern, von 1.459 Ende 2022 auf mindestens 1.850 im Jahr 2030. Nicht in Form der üblichen Absichtserklärungen, sondern verbindlich, abgesichert durch eine schuldrechtliche – das heißt: von den Gewerkschaften gegenüber dem Land einklagbare – Vereinbarung. (…) Statt dieser Unterstützung erleben die Hochschulen aber etwas Anderes: Anfang Juni hat die Landesregierung per Nachtragshaushalt massive Kürzungen beschlossen, darunter 34 Millionen im Wissenschaftsbereich noch im laufenden Jahr. (…) Der Glaube an die Ernsthaftigkeit der politischen Unterstützer von mehr Dauerstellen in der Wissenschaft wird durch solch eine Kombination programmatischer Reden und mit einem entgegengesetzten haushaltspolitischen Handeln schwer beschädigt. Und auch die Debatte um mehr Dauerstellen in der Wissenschaft verliert bei aller demonstrativen Genugtuung von „#IchbinHanna“ und GEW weiter an Momentum – sind die Leitlinien doch in der aktuellen finanziellen Lage der Hochschulen kaum mehr als freundliche Bekenntnisse, deren Umsetzungsbeweis die Hochschulen auf absehbare Zeit nicht antreten können/müssen.“ Kommentar von und bei jmwiarda.de vom 24. Juni 2024
- Von wegen teurer
- Kraftvoll gegen Wissenschafts-Verkrustungen: Ein Netzwerk als Ausdruck des professoralen Reformanspruchs
„Warum es besonders wichtig ist, dass sich jetzt Professor:innen für Reformen engagieren und ein neu gegründetes Netzwerk daher genau zum richtigen Zeitpunkt kommt.
2022 haben Wissenschaftler:innen verschiedener Disziplinen und Altersstufen ein Netzwerk zum Kampf gegen den Machtmissbrauch in der Wissenschaft gegründet und innerhalb von zwei Jahren viel erreicht, um Betroffene zu beraten und dem Thema endlich zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen. Wer sich die Funktionen der Mitglieder anschaut, stellt allerdings fest: Es sind bislang wenig Professoren dabei. Als das BMBF im März 2023 seinen umstrittenen Erstentwurf zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) präsentierte und schnell wieder zurückzog, setzten dagegen 3000 Professor:innen ihre digitale Unterschrift unter die Protestnote mit dem Hashtag „#ProfsFuerHanna“ , um sich für junge Wissenschaftler:innen und bessere Karrierebedingungen einzusetzen.Weitere Offene Briefe folgten. Was bislang aber fehlte: dass Profs sich in größerer Zahl zu einem formalen Bündnis zusammenschließen, um ihren Einfluss nicht nur adhoc etwa im Streit ums WissZeitVG geltend zu machen. Sondern um viel grundsätzlicher auf umfassende Reformen in der Wissenschaft zu drängen. Das ändert sich gerade, nachdem 16 Hochschullehrer:innen sich in Leipzig getroffen und ein Professoren-Netzwerk gegründet haben, das noch keinen Namen, aber bereits eine Sprecher:innengruppe hat und das Mitte Mai ein erstes Positionspapier beschließen möchte. Die Grundidee: Um wirklich etwas an den Verkrustungen im Wissenschaftssystem zu ändern, bedarf es des besonderen und anhaltenden Engagements möglichst vieler Professor:innen – und des gleichzeitigen Drehens an vielen Stellschrauben. Wobei, wie Daniel Leising, Dresdner Psychologieprofessur und Ko-Sprecher des Netzwerks sagt, „jedes einzelne Drehen für sich schon hilft„…“ Beitrag vom 06. Mai 2024 von und bei Jan-Martin Wiarda - Bündnis gegen Dauerbefristung in der Wissenschaft und GEW üben scharfe Kritik an Befristungen und forder den Bundestag auf: „Dauerstellen für Daueraufgaben!“
- Scharfe Kritik an Befristungen: Erklärung des „Bündnis gegen Dauerbefristung in der Wissenschaft“ zum unveränderten Referentenentwurf der WissZeitVG-Novelle
„Maximale Enttäuschung nach monatelangem Stillstand beim WissZeitVG
Die Bundesregierung hat sich auf einen Gesetzentwurf für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) geeinigt. Dass dieser exakt dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) vom Juni 2023 entspricht, ist unakzeptabel. Dieser Entwurf bedroht sowohl die Vereinbarkeit von Leben und Beruf als auch die Qualität von Forschung und Lehre massiv. (…)Es ist schlicht unverständlich, dass die ausführlich vorgetragene Kritik von der Bundesregierung entweder nicht verstanden oder absichtlich nicht gehört wird. Die angedachte Regelung schadet den Wissenschafter:innen, die in der Rush Hour des Lebens in höchstem Konkurrenzdruck von Befristung zu Befristung eilen. Vor allem Menschen mit Kindern, unsicherem Aufenthaltstitel oder Behinderung drohen das Rennen systematisch zu verlieren. Eine solche Regelung schadet auch der Forschung sowie der Lehre für rund drei Millionen Studierende, weil die permanente Weiterbewerbung und kurze Vertragslaufzeiten eine vertiefte Entwicklung in der wissenschaftlichen Arbeit geradezu verhindern.
Auch die Erwartung, dass wenigstens die Tarifsperre abgeschafft wird, wurde enttäuscht. Den Gewerkschaften soll weiter ihr Grundrecht verwehrt bleiben, mit den Arbeitgebern sachgerechte Befristungsregelungen für ihre Mitglieder auszuhandeln.
Für eine zukunftsfähige Wissenschaft
So, wie der Entwurf nun vorliegt, darf er im Parlament keine Zustimmung finden. Schon deutlich über 55.000 Menschen haben sich mit unserer Petition „Stoppt die Dauerbefristung in der Wissenschaft“ gegen den Gesetzentwurf und für eine zukunftsfähige Wissenschaft ausgesprochen. Wir werden auch mit diesen Stimmen im Rücken den Protest sichtbar in die kommenden Debatten im Bundestag tragen…“ Die Bündnis-Erklärung vom 27.03.2024 bei ver.di Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft - GEW fordert den Bundestag auf: „Dauerstellen für Daueraufgaben in der Wissenschaft durchsetzen!“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Bundestag aufgefordert, bei der geplanten Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) die Weichen für Dauerstellen für Daueraufgaben zu stellen. „Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten, lange und steinige Karrierewege. An Hochschulen und Forschungseinrichtungen feiert das Hire-and-Fire-Prinzip fröhliche Urständ – auf Kosten der Kontinuität und damit Qualität von Lehre und Forschung. So kann es nicht weitergehen – der Bundestag muss auf eine radikale Reform des WissZeitVG pochen, die dem Befristungsunwesen in der Wissenschaft einen Riegel vorschiebt“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzende und Hochschulexperte. Er erinnerte die Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP daran, dass die Ampelparteien in ihrem Koalitionsvertrag von 2021 eine entsprechende Reform versprochen hatten, die, wie von der GEW gefordert, „Dauerstellen für Daueraufgabe“ schaffe, die „Planbarkeit und Verbindlichkeit in der Post-Doc-Phase deutlich erhöhe“ sowie die familienpolitische Komponente des WissZeitVG „für alle verbindlich“ machen solle. „Der Regierungsentwurf ist von den Zielen der Ampelkoalition weit entfernt. Statt verbindlicher Mindestvertragslaufzeiten für Zeitverträge gibt es wachsweiche Soll-Bestimmungen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Kinder betreuen, sollen weiterhin der Willkür der Arbeitgeber ausgesetzt bleiben, wenn sie zum Nachteilausgleich eine Vertragsverlängerung brauchen“, betonte Keller. „Der Druck auf die Post-Docs wird weiter erhöht – statt ihnen Dauerstellen oder eine verbindliche Zusage zur Entfristung bei Erfüllung festgelegter Kriterien anzubieten, sollen sie künftig schon nach vier statt wie bisher nach sechs Jahren auf die Straße gesetzt werden. Das ist ein glatter Bruch der Ampel-Versprechen, mit dem das Parlament die Regierung nicht durchkommen lassen darf.“…“ Pressemitteilung vom 27.03.2024 - Siehe aktuell auch: Arbeit in der Wissenschaft: Ist sie zu hart, bist Du zu schwach?!
- Scharfe Kritik an Befristungen: Erklärung des „Bündnis gegen Dauerbefristung in der Wissenschaft“ zum unveränderten Referentenentwurf der WissZeitVG-Novelle
- Kabinettsentscheidung zum WissZeitVG: Entspricht dem seit Juni 2023 kritisierten Referentenentwurf – Schluss mit Hire and Fire sieht anders aus, kein Schluss mit Protesten
- Memo an die Montagehalle. Zum Referentenentwurf einer Reform des WissZeitVG und verfassungskonformen Alternativen
„… Dass der Referentenentwurf auf dieser Grundlage ohne Änderungen in das parlamentarische Verfahren eingebracht werden soll, überrascht in zweierlei Hinsicht: Nach dem Scheitern des Eckpunktepapiers war aus dem BMBF zu vernehmen, man strebe eine neue geteilte Vision an. Ein Entwurf, der von nahezu allen angehörten Fachverbänden vehement abgelehnt wird, erfüllt diesen Anspruch evident nicht. Zugleich verletzt der Vorgang eine interne Vorgabe der Ampel-Koalition, die sie sich als Lehre aus dem Gebäudeenergiegesetz-Debakel gegeben hat: keine ungeeinten Gesetzesvorhaben ins Parlament zu geben.
Der verfassungsrechtliche Ruf nach Überarbeitung
Warum die Bundesregierung gerade für diesen Reformentwurf bereit ist, mit eigenen Vorsätzen zu brechen, bleibt angesichts der gravierenden Abweichungen der Neukonzeption des Wissenschaftsbefristungsrechts von den Zielsetzungen im Koalitionsvertrag (Neue Richter 2023, S. 2 ff.) fraglich. Diese Diskrepanz lässt durchblicken, dass die Reform die verfassungs- und europarechtlich gebotene Senkung der Befristungsquote in der Wissenschaft nicht anstrebt. (…)
Der Ruf nach den Tarifparteien
Wo politischer Raum für Änderungen im parlamentarischen Verfahren besteht, deutet das Zuleitungsschreiben des BMBF an das Kabinett an: Denkbar wäre, die Tarifsperre des § 1 Abs. 1 S. 2, 3 WissZeitVG teilweise aufzuweichen. Der Referentenentwurf sieht bisher nur geringfügige Regelungsmöglichkeiten der Tarifvertragsparteien vor (Neue Richter 2023, S. 13). Im aktuellen Klima scheint eine tarifautonome Bestimmung der zulässigen Höchstbefristungsdauer in der PostDoc-Phase jedoch politisch möglich. Sofern den Tarifparteien allerdings auch insoweit nur eine marginale Regelungsmacht (etwa die Verlängerung oder Absenkung der Höchstbefristungsdauer um ein Jahr, wie bei der Mindestdauer von Erstverträgen) eingeräumt wird, ist keine wesentliche Besserung zu erwarten. Die Gewerkschaften werden kaum willens und in der Lage sein, Beschäftigte für den Arbeitskampf zu gewinnen, wenn sich dadurch ihre Arbeitsbedingungen erwartbar weiter verschlechtern (drei Jahre) oder der Arbeitgeberseite weitergehende Befugnisse zur Befristung eingeräumt werden sollen (fünf Jahre). Will der Gesetzgeber den Tarifvertragsparteien die Regelungsmacht zurückgeben, die ihnen § 1 Abs. 1 S. 2, 3 WissZeitVG in Abweichung vom Regelfall des Arbeitsrechts als Mindestarbeitnehmerschutz nimmt, dann sollte er sie umfassend rücküberantworten. Nur dann sind die Tarifvertragsparteien in der Lage, einen umfassenden Kompromiss hinsichtlich der Beschäftigungsbedingungen zu schmieden.
Die Tarifvertragsparteien könnten dazu nicht nur an der Schraube der Höchstbefristungsdauer drehen. Vielmehr könnten sie auch Zeitdauer und Modalitäten der Anschlusszusage bestimmen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat mit dem Dresdner Entwurf eines Wissenschaftsentfristungsgesetzes bereits einen Vorschlag vorgelegt. Weiterhin wäre denkbar, dass die Tarifvertragsparteien eine Befristungshöchstquote festsetzen (Neue Richter 2023, S. 19). Dieses auch nach Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages verfassungskonforme Instrument verhinderte den Missbrauch von sachgrundlosen Befristungsmöglichkeiten, die zur Orientierung vorgesehen sind und den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erleichtern sollen. Die Quote ließe sich schrittweise anpassen und könnte damit einen bruchlosen Übergang vom aktuellen unsicheren Terrain zu einer beschäftigtenfreundlichen Wissenschaftslandschaft sicherstellen. (…)
Damit die Tarifvertragsparteien für eine faktische Absenkung der europarechtswidrig hohen Befristungsquote von mindestens 85 % der PostDocs bis 42 Jahren in der deutschen Wissenschaft sorgen können, muss ihnen jedoch nicht nur die notwendige Regelungskompetenz zurückgegeben werden. Die Gewerkschaften müssen auch ihre Kampffähigkeit beweisen. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz..“ Beitrag von Simon Pschorr vom 15.3.2024 im Verfassungsblog (umfassende Verlinkung entfernt) - Kabinettstermin fürs WissZeitVG
„Nach monatelanger Ressortabstimmung gibt es endlich eine Einigung im Streit innerhalb der Bundesregierung. Am 27. März könnte das Wissenschaftszeitvertragsgesetz im Kabinett beschlossen werden. Und dann? (…)
Wie dieser Kompromiss aussehen soll, hatte ich bereits im Februar hier im Blog skizziert: Demzufolge soll der Entwurf im Wesentlichen unverändert ins Kabinett eingebracht werden. Vor allem soll es bei der von SPD und Grünen abgelehnten Befristungshöchstdauer nach der Promotion (vier Jahre plus zwei weitere Jahre mit Anschlusszusage) bleiben, davon könnte auch per Tarifvertrag nicht abgewichen werden.
Im sogenannten Zuleitungsschreiben, mit dem der Gesetzentwurf ins Kabinett geht, soll stattdessen stehen, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Erweiterung der Tarifklausel im WissZeitVG in der Postdoc-Phase geprüft werden solle, und zwar um die Aspekte Höchstbefristungsdauer und Zeitpunkt der Anschlusszusage. Ziel dabei sei, so die Formulierung im Zuleitungsschreiben, „einen angemessen Zeitraum zur Qualifizierung zu gewährleisten und eine frühere Perspektive auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu eröffnen“. Womit, wenn es so käme, eben doch eine Abweichung per Tarifvertrag möglich wäre. Aber dafür müsste es im Parlament eine Verständigung zwischen FDP, SPD und Grünen zur Befristungshöchstdauer geben, die bislang weder bei den Berichterstatter-Gesprächen im vergangenen Jahr noch in der Ressortabstimmung seitdem gelungen ist. Die einzige, die nach dem monatelangen Poker auf einen Erfolg verweisen könnte, wäre demnächst also BMBF-Chefin Stark-Watzinger, wenn das Kabinett ihren Entwurf beschließt. Die Wissenschaftsexperten von SPD und Grüne im Bundestag scharen derweil schon mit den Hufen…“ Beitrag vom 10. März 2024 von Jan-Martin Wiarda auf seinem Blog - Koalition einigt sich auf Reform des WissZeitVG
Meldung vom 10. März 2024 in Table.Media – mit kostenloser Anmeldung, siehe deren Zusammenfassung auf bsky : „… Für die Qualifizierungsbefristung in der Postdoc-Phase ist entsprechend dem Referentenentwurf weiterhin die Regelung „4 + 2 mit Anschlusszusage vorgesehen“, erklärt ein Sprecher des Bundesministerium für Bildung und Forschung gegenüber Table.Briefings. Die Höchstbefristungsdauer für die Qualifizierungsphase nach Promotion wird demnach gegenüber dem aktuell geltenden WissZeitVG von 6 auf 4 Jahre gesenkt. Eine weitere Qualifizierungsbefristung von bis zu 2 Jahren ist nur noch mit verbindlicher Anschlusszusage für den Fall der Bewährung zulässig. Enthalten im Beschluss ist auch, den Tenure-Track-Gedanken in das WissZeitVG zu integrieren, heißt es weiter. Von dieser gesetzlichen Regelung könne nicht durch Tarifvertrag abgewichen werden:
– Die sogenannte Tariföffnungsklausel im WissZeitVG werde nur in dem bereits im Referentenentwurf vorgesehenen Umfang erweitert, aber nicht darüber hinaus.
– Nach dem Referentenentwurf könne durch Tarifvertrag die Anzahl der zulässigen Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge festgelegt werden.
– Die Erweiterung der Tariföffnungsklausel für die Höchstbefristungsdauer nach der Promotion und den Zeitpunkt der Anschlusszusage soll im weiteren Gesetzgebungsverfahren geprüft werden…“ - GEW: „Schluss mit Hire and Fire – Gesetzentwurf grundlegend überarbeiten!“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert eine grundlegende Überarbeitung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). Medienberichten zufolge hat sich das Bundeskabinett auf den Regierungsentwurf für eine Reform des WissZeitVG geeinigt. „Es ist gut, dass fast zwei Jahre nach Vorlage der Gesetzesevaluation endlich die parlamentarischen Beratungen zur WissZeitVG-Reform starten können. Der vom Kabinett auf den Weg gebrachte Entwurf entspricht aber eins zu eins dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Juni 2023 vorgelegten Referentenentwurf, den nicht nur die GEW, sondern auch SPD und Grüne kritisiert hatten. Schluss mit Hire and Fire in der Wissenschaft – das Parlament muss den Gesetzentwurf so überarbeiten, dass das reformierte WissZeitVG Dauerstellen für Daueraufgaben, verbindliche Mindestvertragslaufzeiten für Zeitverträge und berechenbare Karrierewege in Hochschule und Forschung sorgt“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte.
Das GEW-Vorstandsmitglied benannte vier Kernpunkte, die für die Bildungsgewerkschaft eine besondere Bedeutung bei der Gesetzesreform hätten. „Erstens müssen im WissZeitVG für Promovierende Mindestvertragslaufzeiten festgeschrieben werden, die den tatsächlichen Promotionszeiten entsprechen. Das sind in der Regel sechs Jahre, mindestens aber vier. Zweitens müssen promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Anspruch auf entweder eine unbefristete Beschäftigung oder eine verbindliche Zusage zur Entfristung erhalten, wenn sie festgelegte Kriterien erfüllen. Drittens brauchen Forschende und Lehrende, die Kinder betreuen, Angehörige pflegen oder selbst behindert oder chronisch krank sind, einen verbindlichen Nachteilsausgleich in Form eines Anspruchs auf Vertragsverlängerung. Und viertens muss endlich die Tarifsperre, die Gewerkschaften und Arbeitgebern verbietet, vom Gesetz abweichende Befristungsregelungen auszuhandeln, aus dem Gesetz gestrichen werden“, mahnte Keller…“ Pressemitteilung vom 11.03.2024 - ver.di fordert deutliche Nachbesserungen am Entwurf für ein neues Befristungsrecht an Hochschulen
Pressemitteilung vom 11.03.2024 - „Diesen Beschluss als „Einigung“ zu bezeichnen, ist ein schlechter Witz, er ist 100 % FDP. Wozu war der Koalitionsvertrag gut?
Der Bundestag darf diesen Beschluss nicht übernehmen. Es wäre ein Verrat an den prekär Beschäftigten und ein Desaster für die dt. Wissenschaft.“ Post von Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft am 10. März 2024 auf bsky - „Eine reine Begrenzung der PostDoc Befristung 4 + 2 ohne Verpflichtung, Dauerstellen zu schaffen, verwandelt die Unis endgültig in eine homogene (Herkunft, Schicht, Inhalt) Mainstream-Maschine. Wer weiß, wie es geht, kommt durch, der Rest…. ade‘. Berufsverbot. Schande!“ Tweet von Juergen Zimmerer am 10. März 2024
- WissZeitVG-Referentenentwurf geht mit 4+2 ins Parlament – und nun?
Beitrag von Kristin Eichhorn vom 12.03.2024 im Blog Arbeit in der Wissenschaft - Wir daher erinnern an:
- Warum „4+2“ nicht gleich „2+4“ ist
„Der Referentenentwurf des WissZeitVG ist ein reiner Arbeitgeberentwurf. Das kann nicht so bleiben…“ Gastbeitrag von Jennifer Henke, Lutz Böhm und Michael Gerloff vom 9. Juni 2023 auf dem Blog von Jan-Martin Wiarda - Petition: Stoppt die Dauerbefristung in der Wissenschaft
- Warum „4+2“ nicht gleich „2+4“ ist
- Memo an die Montagehalle. Zum Referentenentwurf einer Reform des WissZeitVG und verfassungskonformen Alternativen
- Wer stoppt den Befristungswahn? Der Kampf für eine echte Reform des WissZeitVG geht weiter – u.a. mit einer Postkarten-Aktion von #IchBinHanna
- Für eine echte Reform
„Die Anforderungen der Beschäftigten an die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) stellte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler bei einer Podiumsdiskussion am 21. Februar 2024 in Berlin gleich zu Beginn klar: Strengere Befristungsregeln, längere Vertragslaufzeiten, die Abschaffung der sogenannten Tarifsperre und deutlich mehr Dauerstellen müssten her. Kurzum: »eine echte Reform«. Der vor einem Dreivierteljahr von der Bundeswissenschaftsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) verantwortete Referentenentwurf für ein neues WissZeitVG genügt diesen Ansprüchen bei Weitem nicht. Die Auseinandersetzung darum wird – das machte die Debatte mit Vertreter*innen der demokratischen Bundestagsfraktionen deutlich – in den kommenden Wochen weitergehen.
Ein Kern ist die Frage, ob für Wissenschaftler*innen mit abgeschlossener Promotion, sogenannte Postdocs, noch gesagt werden kann, diese seien in einer »Qualifikationsphase«. Der FDP-Abgeordnete Stephan Seiter vertrat diese Position – mit dem Argument, Postdocs würden sich mit Publikationen, der Leitung von Arbeitsgruppen oder der Drittmittelakquise nicht nur für eine Professur, sondern auch für den Arbeitsmarkt außerhalb der Hochschulen qualifizieren. Bei den 40 Teilnehmenden vor Ort und den über 200 Kolleg*innen, die die Veranstaltung online verfolgten und im Chat ausgiebig kommentierten, stieß dies auf entschiedenen Widerspruch. Natürlich hörten auch und gerade Wissenschaftler*innen nicht auf zu lernen, von einer »Qualifikationsphase«, die eine Befristung des Arbeitsvertrags rechtfertige, könne jedoch nach der Promotion keine Rede mehr sein, so der Tenor…“ Beitrag vom 26.02.2024 bei ver.di Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft , siehe dazu:- WissZeitVG: Klare Erwartungen: Wer stoppt den Befristungswahn?
„Das hat ver.di Bundestagsabgeordnete live gefragt. Die Beschäftigten haben ihre Erwartungen dabei klar gemacht. Diskutiert hat Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand, am 21. Februar 2024, mit folgenden Abgeordneten: Dr. Carolin Wagner (SPD), Laura Kraft (Bündnis 90 / Die Grünen), Prof. Dr. Stephan Seiter (FDP), Thomas Jarzombek (CDU), Dr. Petra Sitte (Die Linke)…“ Den komplette Mitschnitt der Podiumsdiskussion von 1:50:35 Dauer gibt’s hier zum Nachsehen
- WissZeitVG: Klare Erwartungen: Wer stoppt den Befristungswahn?
- Postkarten-Aktion von #IchBinHanna
„Wir finden: Vor Beginn einer wissenschaftlichen Karriere sollte es Warnhinweise geben. Dazu finden sich auf dieser Seite einige Vorlagen zum Selbstausdrucken und Verteilen…“
- Für eine echte Reform
- Droht eine Einigung beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz ohne substanzielle Verbesserungen? „Für fairen Interessenausgleich statt Arbeitgeberdiktat!“
- GEW: „Für fairen Interessenausgleich statt Arbeitgeberdiktat!“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Bundesregierung gewarnt, die geplante Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) ohne substanzielle Verbesserungen auf den Weg zu bringen. „Fast ein Dreivierteljahr hat die Bundesregierung über dem WissZeitVG-Referentenentwurf des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gebrütet. Nachdem sich Abgeordnete von SPD und Grünen anfangs von dem Papier distanziert und auf Nachbesserungen gepocht hatten, dürfen deren Ministerinnen und Minister den Entwurf im Kabinett jetzt nicht einfach durchwinken. Der Regierungsentwurf würde dann eins zu eins den Vorstellungen der Bundesforschungsministerin Bettina Stark Watzinger (FDP) sowie der in der Allianz der Wissenschaftsorganisationen zusammengeschlossenen Wissenschaftsarbeitgeber folgen, aber die Interessen der Beschäftigten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen ignorieren. Das Kabinett muss das verhindern und einen fairen Interessenausgleich statt eines Arbeitgeberdiktats durchsetzen“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und -Hochschulexperte, mit Blick auf einen Bericht im Blog des Bildungsjournalisten Jan-Martin Wiarda. Wiarda zufolge hätten sich die Bundesministerien für Bildung und Forschung sowie Arbeit und Soziales darauf geeinigt, strittige Fragen wie die Befristung promovierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (Postdocs) oder die Lockerung der Tarifsperre dem Parlament zu überlassen. „Dass Bundestag und Bundesrat einen Gesetzentwurf der Bundesregierung ändern können, ist ebenso trivial wie fatal. Wie sollen SPD und Grüne die FDP im Parlament überzeugen, wenn sich Forschungsministerin Stark-Watzinger im Kabinett durchsetzt? Es wäre eine Bankrotterklärung der Ampelkoalition, wenn der missglückte Referentenentwurf vom Juni 2023 unverändert auf den Weg gebracht würde. Die Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP müssen sich jetzt ein Herz fassen und den Gesetzentwurf gründlich gegen den Strich bürsten“, mahnte Keller. Er erinnerte an den Vorschlag der GEW, Postdocs entweder Dauerstellen oder eine verbindliche Zusage zur Entfristung anzubieten, wenn sie festgelegte Kriterien erfüllen. Die Tarifsperre, die Gewerkschaften und Arbeitgebern verbietet, vom Gesetz abweichende Regelungen auszuhandeln, müsse ersatzlos gestrichen werden.“ GEW-Pressemitteilung vom 14. Februar 2024 , bezieht sich u.a. auf: - Zeit fürs WissZeitVG?
„Monatelang steckte die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes in der Ressortabstimmung fest. Jetzt kommt Bewegung in die Verhandlungen. (…) Aus dem BMWK ist zu hören, dass der Leitungsvorbehalt sich erledigt habe, der Ball liege jetzt beim BMAS. Und auch das BMAS scheint sich gemeinsam mit dem BMBF einer Lösung anzunähern, wie sie aus der Verhandlungssackgasse herauskommen – auch wenn diese Lösung angesichts des monatelangen Stillstandes erstaunlich trivial wirkt.
Der Plan: Man einigt sich, dass man sich nicht einig ist, und setzt – oh Wunder – auf das Parlament. Im sogenannten Zuleitungsschreiben, mit dem der Gesetzentwurf ins Kabinett geht, soll demzufolge stehen, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Erweiterung der Tarifklausel im WissZeitVG in der Postdoc-Phase geprüft werden solle, und zwar um die Aspekte Höchstbefristungsdauer und Zeitpunkt der Anschlusszusage. Ziel dabei sei, hieße es weiter in dem Formulierungsvorschlag, eine frühere Perspektive auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu eröffnen. (…) Kann es dann jetzt bald losgehen? Einen konkreten Termin für einen Kabinettsbeschluss gibt es jedenfalls noch nicht. Und aus dem BMBF heißt es lediglich, die Gespräche dauerten an, und es gebe noch keine finale Einigung. Doch selbst wenn die bald verkündet und die parlamentarischen Beratungen beginnen könnten, ginge der Streit um die Postdoc-Befristungshöchstdauer nur in eine neue Runde, sollte nach den Berichterstatter-Gesprächen nun auch die Ressortabstimmung an der Stelle keinen Durchbruch bringen. Beobachter meinen indes, genau ein solches Szenario würde die BMBF-Position weiter stärken – wenn es dem Ministerium gelänge, seinen Gesetzentwurf in dieser entscheidenden Frage unverändert ins Parlament einzubringen. Womöglich ein weiterer Grund, warum die Ressortabstimmung immer noch nicht zu Ende ist. Fest steht: Im dritten Versuch, im Parlament, müsste sich die Ampel auf eine gemeinsame Position einigen. Sonst wird es in dieser Legislaturperiode keine Reform des WissZeitVG mehr geben.“ Beitrag vom 14. Februar 2024 im Blog des Bildungsjournalisten Jan-Martin Wiarda
- GEW: „Für fairen Interessenausgleich statt Arbeitgeberdiktat!“
- #profsfürhanna: Nivellierung statt Novellierung
„… Als Professorinnen und Professoren mit Festanstellung bzw. im tenure track protestieren wir gegen die geplante Novellierung. Wir erklären uns solidarisch mit den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zu über zwei Dritteln auf befristeten Stellen tätig sind. Denn ihre jetzt schon kaum mehr zumutbaren Arbeitsbedingungen an deutschen Hochschulen drohen sich noch weiter zu verschlechtern. Bei den vorgelegten Eckpunkten handelt es sich allem Anschein nach nicht um solche für eine juristische Novellierung, sondern für eine politische Uminterpretation zentraler Begriffe, v.a. „Qualifizierung”. (…) Klar ist: Der Vorschlag aus dem Hause von Bundesministerin Stark-Watzinger plant eine Verschlimmbesserung der bisherigen Situation durch noch niedrigere Befristungshöchstgrenzen für Post-Docs. Gleichzeitig speist er Promovierende bei den Mindestvertragslaufzeiten von zweimal 3 Jahren nur mit einer unverbindlichen Soll-Regelung ab. (…) Post-Docs und Promovierende leisten unverzichtbare Arbeit in Lehre und Forschung. Viele haben strukturbedingt nur Halbtags- bzw. Teilzeitstellen und ein erhöhtes Lehrdeputat, zum Teil bis zu 10 Lehrveranstaltungen im Jahr. Zu beiden Punkten macht das BMBF-Papier keine (z.B. arbeitsrechtlichen) Verbesserungsvorschläge, obwohl sie die beiden größten Hemmschuhe für die „Weiterqualifizierung” (s.o.) darstellen. (…) Dass es viel weniger Professuren als Aspirant:innen gibt, ist bekannt. Es ist daher unerlässlich, mehr entfristete und attraktive Stellen neben und unterhalb der Professur, auch der Juniorprofessur, zu schaffen. Das System braucht deutlich mehr Dauerstellen in der Breite, nicht nur die ca. 15% unbefristeten Professuren an der Spitze. (…) Das Werbevideo zum „research wonderland“ Deutschland, das das BMBF auf seinem Youtube-Kanal zeigt, um Studierende aus dem Ausland zu gewinnen, ist eine Fiktion, in der das WissZeitVG nicht existiert. In der Realität muss das WissZeitVG entweder grundlegend novelliert oder endlich abgeschafft werden.“ Stellungnahme vom 14.06.2023 zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Mitzeichnen auf der Aktionsseite #profsfürhanna , siehe auch #profsfürreyhan - Kritik am Entwurf zum WissZeitVG von GEW und ver.di
- GEW: „Für fairen Interessenausgleich statt Kotau vor Arbeitgebern!“ Bildungsgewerkschaft zum Referentenentwurf für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den heute bekannt gewordenen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) scharf kritisiert. „Im März hat das BMBF seine Eckpunkte für eine WissZeitVG-Reform ‚zurück in die Montagehalle‘ gerufen und damit Hoffnungen auf eine stärkere Berücksichtigung der Interessen der Beschäftigten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Sinne von mehr Dauerstellen und verlässlichen Karrierewegen geweckt. Diese Hoffnungen wurden bitter enttäuscht: Der Referentenentwurf folgt weitgehend den in der Allianz der Wissenschaftsorganisationen zusammengeschlossenen Wissenschaftsarbeitgebern. Die Ampelkoalition muss den Entwurf stoppen und auf einen fairen Interessenausgleich statt eines Kotaus vor den Arbeitgebern pochen“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte der GEW, am Dienstag in Frankfurt a.M. Keller kritisierte insbesondere, dass das BMBF bei der umstrittenen Neuregelung der Postdoc-Befristung „eins zu eins“ dem Ansatz der Allianz gefolgt sei. „Die Verkürzung der Höchstbefristungsdauer von sechs auf vier Jahre greift zu kurz, um die Arbeitgeber zu einer Veränderung ihrer Befristungspolitik zu zwingen…“ GEW-Pressemitteilung vom 06.06.2023 - ver.di: Kritik am Entwurf zum WissZeitVG: Bundestag muss beim Referentenentwurf zum Befristungsrecht an Hochschulen nachbessern
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) übt deutliche Kritik am heute vom Bundesbildungsministerium vorgelegten Referentenentwurf für eine Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Bereits im März hatte es erste Eckpunkte vorgelegt. »Die Bundesbildungsministerin ignoriert sämtliche dagegen vorgebrachte Argumente und Proteste. Es braucht eine grundlegende Reform des Befristungsrechts an Hochschulen und Forschungseinrichtungen«, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. »Hoch qualifizierte Beschäftigte, die nach ihrem Studium auch die Promotion abgeschlossen haben, sollen weiterhin auf Jahre hinaus befristet sein, weil sie sich angeblich noch qualifizieren müssen. Das ist absurd.« Laut Referentenentwurf sollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach ihrer Promotion vier Jahre ohne weitere Begründung auf Zeit angestellt sein können. Danach sollen Befristungen zwei weitere Jahre möglich sein, wenn den Betroffenen im Anschluss ein unbefristeter Arbeitsvertrag unter bestimmten Bedingungen zugesagt wird. »Die weiterhin zulässige sachgrundlose Befristung nach der Promotion wird den Druck auf die Beschäftigten absehbar nur weiter erhöhen…“ Pressemitteilung vom 06.06.2023 von ver.di Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft - Bundesweite #AktionswocheWissenschaft 12.-16. Juni 2023: Breites Bündnis kämpft für bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft
Siehe alle Infos im Dossier Kampagnen für Entfristung im Hochschulwesen: Frist ist Frust
- GEW: „Für fairen Interessenausgleich statt Kotau vor Arbeitgebern!“ Bildungsgewerkschaft zum Referentenentwurf für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
- Nach dem Entwurf zum WissZeitVG ist vor dem Entwurf: „Entfristung statt Befrustung“ – „Postdocs berechenbare Perspektiven geben!“
- GEW: „Postdocs berechenbare Perspektiven geben!“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) aufgefordert, Postdocs mit der geplanten Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) berechenbare Perspektiven zu eröffnen. „Die Qualifizierung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist mit der Promotion abgeschlossen. Das zeigt sich schon daran, dass die Promotion sowohl im Deutschen als auch im Europäischen Qualifikationsrahmen die höchste Qualifizierungsstufe ist. Wenn eine Hochschule oder Forschungseinrichtung Postdocs beschäftigten möchte, muss sie ihnen daher entweder Dauerstellen oder eine Entfristungszusage für den Fall anbieten, dass vorher vereinbarte Entwicklungsziele in Forschung und Lehre erreicht werden“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, während des Austausches zum Thema am Donnerstag im Berliner Sitz des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). „Es ist erfreulich, dass die Ministerin ihre am 17. März veröffentlichten Eckpunkte für eine WissZeitVG-Novelle heute zur Diskussion stellt. Jetzt kommt es darauf an, nicht zurück zu rudern, sondern die Eckpunkte zu einer konsequenten Reform weiterzuentwickeln, die für Dauerstellen für Daueraufgaben, berechenbare Karrierewege, Mindestvertragslauzeiten für Zeitverträge und verbindliche Nachteilsausgleiche sorgt. Darüber hinaus muss die Tarifsperre, die Gewerkschaften und Arbeitgebern verbietet, bessere Befristungsregelungen auszuhandeln, endlich aus dem Gesetz gestrichen werden“, mahnte Keller. „Bildungs- und Wissenschaftspolitik ist weitgehend Ländersache, aber für das Arbeitsrecht und damit das WissZeitVG hat der Bund unbestreitbar die Gesetzgebungskompetenz. Ich appelliere an Regierung und Parlament, diese Gestaltungsmöglichkeit zu nutzen, um eine Entfristungsoffensive in der Wissenschaft auszulösen. Gute Wissenschaft und gute Arbeiten sind zwei Seiten einer Medaille. Packen Sie es an, Frau Ministerin“, betonte der GEW-Hochschulexperte….“ GEW-Pressemitteilung vom 30.03.2023 - Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes: „Entfristung statt Befrustung“
„Die Wissenschaft ist in Aufruhr. Das Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss) macht im Bündnis mit Gewerkschaften gegen die Vorschläge des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Reform des WissZeitVG mobil.
Demoratschen surren, die Demonstrierenden strecken Schilder in die Luft: „Mehr Entfristung statt Befrustung“, „Schluss mit Vorlesungen bei Dr Prekär“. „Toll, dass Ihr alle da seid“, ruft die Frau der Bühne in den Berliner Nieselregen. „Über Statusgruppen hinweg gehen wir heute solidarisch auf die Straße, um gegen Kettenverträge und Fristwahnsinn in der Wissenschaft zu kämpfen. Das gab´s noch nie. Alleine sind wir ausgeliefert, zusammen können wir das System ändern.“ Brausender Applaus. Der Protest richtet sich gegen das Mitte März vorgelegte Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG), das nach heftigem Widerstand auch von Professorinnen und Professoren nach nur 51 Stunden wieder zurückgezogen wurde . (…) Warum bislang die Positionen der unterschiedlichen Gesprächspartner:innen zwar im BMBF durchaus in der Vorbereitung zur Eckpunktepapier gehört, aber letztlich nicht berücksichtigt wurden, ist unklar. Die entscheidenden Gespräche fänden möglicherweise woanders mit den Leitungen statt, vermutet GEW-Experte Keller. „Daher ist es so wichtig, dass wir nicht nur gute Argumente haben, sondern dass wir uns auch artikulieren und Druck erzeugen“, so Keller. Auf der Bühne rief er Richtung Bildungsministerium: „Frau Ministerin, hören Sie nicht auf die Hochschulbosse. Wir sind hier und wir sind viele, hören Sie uns?“ Für den 30. März hat das BMBF zur Gesprächsrunde geladen, Andreas Keller wird für die GEW mit dabei sein.“ Beitrag von Anja Dilk vom 27.03.2023 bei der GEW - Stakeholder Statement zur WissZeitVG-Reform
„Knapp ein Jahr nach Veröffentlichung des Evaluationsberichts zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG), und nach einer Vielzahl von Stakeholdergesprächen (u.a. mit uns), hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein erstes Eckpunktepapier zur Reform des Gesetzes vorgelegt. Wir begrüßen diesen Schritt, sind aber inhaltlich enttäuscht: Die Vorschläge lindern allenfalls Symptome des Befristungssystems, versprechen aber keine Heilung. Eine Festlegung angemessener, verbindlicher und konkreter Mindestvertragslaufzeiten, insbesondere für Erstverträge, und eine Eindämmung von Kettenverträgen sind wichtige Beiträge zur nötigen Reform. Doch in den vorgeschlagenen Kompromissen zu Höchstbefristungsgrenzen ist der ursprüngliche Grund für eine erneute Reform des Gesetzes in den Hintergrund getreten: die mangelnde Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren, sowohl vor als auch nach der Promotion. Die ersten Reaktionen auf das Eckpunktepapier haben noch einmal klar gezeigt: Es bedarf einer umfassenden und gut durchdachten Strategie zur Schaffung von mehr Dauerstellen, fairen und geschlechtergerechten Beschäftigungsbedingungen und planbaren Berufswegen für Lehrende und Forschende im deutschen Wissenschaftssystem… Gemeinsame Stellungnahme vom 24. März 2023 bei fzs von Beschäftigten- und Studierendenvertretungen zum Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 17.03.2023
- GEW: „Postdocs berechenbare Perspektiven geben!“
- Für eine umfassende Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes – gemeinsame Stellungnahme vor dem Protest am 24. März vor dem Forschungsministerium in Berlin
- Für eine umfassende Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
„Knapp ein Jahr nach Veröffentlichung des Evaluationsberichts zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG), und nach einer Vielzahl von Stakeholdergesprächen (u.a. mit uns), hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein erstes Eckpunktepapier zur Reform des Gesetzes vorgelegt. Wir begrüßen diesen Schritt, sind aber inhaltlich enttäuscht: Die Vorschläge lindern allenfalls Symptome des Befristungssystems, versprechen aber keine Heilung. Eine Festlegung angemessener, verbindlicher und konkreter Mindestvertragslaufzeiten, insbesondere für Erstverträge, und eine Eindämmung von Kettenverträgen sind wichtige Beiträge zur nötigen Reform. Doch in den vorgeschlagenen Kompromissen zu Höchstbefristungsgrenzen ist der ursprüngliche Grund für eine erneute Reform des Gesetzes in den Hintergrund getreten: die mangelnde Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren, sowohl vor als auch nach der Promotion. (…) Allgemein geht ein erheblicher Anteil der Befristungen auf die Finanzierung durch Drittmittel zurück. Ein derart großer Anteil ist weder im Sinne einer Qualifizierung noch im Sinne nachhaltiger Forschung, Lehre und Personalentwicklung. Dieses Problem lässt sich im Rahmen einer Novellierung des WissZeitVG nicht lösen. Stattdessen müssen Bund und Länder die Struktur der Hochschul- und Forschungsfinanzierung verändern und den Anteil der Grundfinanzierung deutlich erhöhen. Daneben sind die Hochschulen und Forschungseinrichtungen aufgefordert, über Drittmittelpooling für mehr Dauerstellen auch im Drittmittelbereich zu sorgen. Wir fordern das BMBF auf, seine Eckpunkte zu Leitlinien für eine umfassende Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes im Sinne unserer gemeinsamen Stellungnahme weiterzuentwickeln und zügig einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzubereiten.“ Umfangreiche Mitteilung des NGA vom 24.3.2023 samt den Forderungen und der (langen) Liste der Unterzeichnenden, siehe auch: - GEW: „WissZeitVG-Reform aus einem Guss statt fauler Kompromisse!“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemahnt, zügig einen Gesetzentwurf für eine umfassende Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) vorzulegen. „Trippelschritte nach vorn, ein Riesenschritt zurück – so lassen sich die BMBF-Eckpunkte vom vergangenen Freitag zusammenfassen. Statt fauler Kompromisse brauchen wir eine Reform aus einem Guss, die Dauerstellen für Daueraufgaben, verlässliche Karrierewege, gleiche Chancen für alle und Gestaltungsmöglichkeiten für die Tarifpartner eröffnet“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, am Freitag in Berlin mit Blick auf eine gemeinsame Stellungnahme der GEW mit weiteren Organisationen, die Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie Studierende vertreten…“ GEW-Pressemitteilung vom 24-3-2023 - Die gemeinsame Stellungnahme der Beschäftigten- und Studierendenvertretungen auf der GEW-Website
- Für eine umfassende Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
- WissZeitVG: »Kaum mehr zumutbare Arbeitsbedingungen« in Lehre und Forschung – Protest am 24. März vor dem Forschungsministerium in Berlin
„Wissenschaftler*innen laufen Sturm gegen eine geplante Gesetzesänderung der Bundesregierung. Das Bildungsministerium hat jüngst Vorschläge zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) vorgelegt. Seit 2007 regelt das Gesetz für »wissenschaftliches und künstlerisches Personal« an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, wie lange deren Arbeitsverträge befristet werden dürfen. Befristungen stellen in der Wissenschaft die Regel dar. 80 Prozent der Beschäftigten in der Wissenschaft, ausgenommen der Professor*innen, arbeiten laut dem Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs in befristeten Verhältnissen. (…) Widerstand gegen die Pläne der Regierung regte sich auch bei den Professor*innen, die von den Änderungen selbst gar nicht betroffen sind. Die Münchner Soziologie-Professorin Paula-Irene Villa Braslavsky verbreitete auf dem Nachrichtendienst Twitter eine Erklärung, der sich bislang knapp 600 Professor*innen anschlossen. »Als Professorinnen und Professoren mit Festanstellung protestieren wir gegen die geplante Novellierung«, heißt es in dem Schreiben. Die »kaum mehr zumutbaren Arbeitsbedingungen an deutschen Hochschulen drohen sich noch weiter zu verschlechtern«, so die Hochschullehrer weiter. »Der Vorschlag aus dem Hause von Bundesministerin Stark-Watzinger plant eine Verschlimmbesserung der bisherigen Situation durch noch niedrigere Befristungshöchstgrenzen für Post-Docs.« Seit Jahren gibt es Kritik des Hochschulpersonals an den häufig prekären Arbeitsbedingungen. In den sozialen Netzwerken teilen Betroffene unter dem Hashtag #IchbinHanna ihre Erfahrungen. Eine Folge der gegenwärtigen Lage sei, dass viele Wissenschaftler*innen ins Ausland ziehen würden. Auch die Professor*innen sprechen von einem »brain drain«, einer Abwanderung des talentierten wissenschaftlichen Nachwuchs. Bereits am vergangenen Sonntag zeichnete sich jedoch ab, dass der lautstarke Protest erfolgreich gewesen sein könnte: Der Vorschlag der Bundesregierung »geht zurück in die Montagehalle« und solle nochmals überarbeitet werden, schrieb Sabine Döring, Staatssekretärin im Bundesforschungsministerium auf Twitter.“ Artikel von Christopher Wimmer vom 20. März 2023 in Neues Deutschland online („Lehre und Forschung: »Kaum mehr zumutbare Arbeitsbedingungen«“)-
Aufruf zum Protest: Novelle des WissZeitVG – ja, aber nicht so!
Die GEW ruft am Freitag (24.3.2023) zum Protest gegen geplante Änderungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) auf. Kommt zahlreich! Ort: Bundesministerium für Bildung und Forschung – siehe Aufruf und Infos bei der GEW Berlin - Für die Kritik, aber auch den Protest an Freitag, 10 Uhr, vor dem BMBF siehe auf Twitter das Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft (@NGA_Wiss) und nachwievor #IchbinHanna und neu #ProfsfürHanna
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- Vernichtende Kommentare zur geplanten Reform des WissZeitVG und wachsender Widerstand – einfach abschaffen?
- „Die deutschen Hochschulen behalten auch mit dieser geplanten Reform des WissZeitVG die Sonderlizenz, wissenschaftliches Personal für erhebliche Zeit befristet zu beschäftigen und dann stillschweigend zu entsorgen; sie werden darin nur unwesentlich stärker reglementiert als bisher. Promovierte Wissenschaftler*innen werden dagegen verstärkt unter Druck gesetzt. Das Kunststück, minimale Verbesserungen mit neuen Nachteilen zu verbinden, gelingt in der Einigung zum neuen Gesetz vor allem durch zwei Punkte: eine schwache Regel zu Vertragslaufzeiten vor der Promotion und eine halbherzig von sechs auf drei Jahre gesenkte Höchstbefristungsgrenze danach, ohne den Übergang in unbefristete Beschäftigung zu regeln…“ Kommentar vom 18.3.2023 beim Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss), siehe dazu:
- GEW zum WissZeitVG: „Keine halben Sachen – Koalition muss nachlegen!“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die heute durch Bundesbildungs- und -forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) präsentierten Eckpunkte für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) begrüßt, aber zugleich als zu kurz gesprungen kritisiert. (…) „Während die Ampelparteien in ihrem Koalitionsvertrag noch vereinbart haben, die Planbarkeit und Verbindlichkeit in der Postdoc-Phase deutlich zu erhöhen, sehen die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) präsentierten Eckpunkte lediglich eine Verkürzung der Höchstbefristungsdauer für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von derzeit sechs auf maximal drei Jahre vor. Im Ergebnis würde der Druck auf Postdocs damit deutlich erhöht: Hochschulen und Forschungseinrichtungen müssten sie drei Jahre früher auf die Straße setzen als heute, denn verbindliche Vorgaben für eine Entfristung danach fehlen in den Eckpunkten. Ein reformiertes WissZeitVG muss Postdocs aber berechenbare Perspektiven für eine Dauerstelle geben“, mahnte Keller. „Immerhin sieht der BMBF-Entwurf für Promovierende, wie von der GEW vorgeschlagen, eine konkrete Mindestvertragslaufzeit vor. Mit drei Jahren greift diese aber angesichts einer durchschnittlichen Promotionsdauer von 5,7 Jahren zu kurz. Die Vorgabe droht außerdem ins Leere zur laufen, solange als Sachgrund für eine Befristung nicht explizit die Promotion benannt wird. Hochschulen und Forschungseinrichtungen könnten ihre Beschäftigten weiter über Jahre befristet beschäftigen und sie am Ende auf die Straße setzen, ohne dass diese auch nur eine Seite an ihrer Doktorarbeit geschrieben haben. Dem muss der Gesetzgeber einen Riegel vorschieben – mit einer Mindestvertragslaufzeit von in der Regel sechs, mindestens aber vier Jahren und einer präzisen Definition des Qualifizierungsbegriffs“, sagte der GEW-Hochschulexperte. Einen „Lichtblick“ sieht Keller in der Debatte um die Tarifsperre im WissZeitVG, die Gewerkschaften und Arbeitgebern verbietet, vom Gesetz abweichende Tarifverträge abzuschließen. „Die Ampelkoalition kann sich zwar noch nicht zu einer ersatzlosen Streichung der Sperre durchringen, sie soll aber Löcher bekommen. Zu einzelnen Themen wie Mindestvertragslaufzeiten sollen Tarifpartner Regelungen aushandeln dürfen. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung, zeugt aber von wenig Vertrauen in Gewerkschaften und Arbeitgeber und steht in Widerspruch zur Ankündigung der Ampelkoalition, Tarifautonomie und Tarifbindung im Arbeitsleben zu stärken. Geben Sie Tariffreiheit, Frau Ministerin – ohne Wenn und Aber“, appellierte der GEW-Experte. Für „halbherzig“ hält Keller den Gesetzentwurf auch in Sachen Familienfreundlichkeit. (…) Die Verlängerung befristeter Verträge bei Kinderbetreuung, Behinderung und chronischer Erkrankung auch über die Höchstbefristungsdauer hinaus soll wie bisher eine völlig unverbindliche Option bleiben. (…) Eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr wäre ein erster Schritt gegen extreme Kurzzeitverträge – wenn das Recht der Gewerkschaften, in Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern weitergehende Regelungen durchzusetzen, unangetastet bliebe“, sagte Keller mit Blick auf die Initiative der Gewerkschaften für einen bundesweiten Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TVStud). Die von GEW und ver.di im Januar veröffentlichte Studie „Jung, Akademisch, Prekär“ habe gezeigt, dass die Laufzeiten der Arbeitsverträge mit studentischen Beschäftigten durchschnittlich nicht einmal ein halbes Jahr betragen und Kettenverträge üblich sind…“ GEW-Pressemitteilung vom 17. März 2023 - Ver.di-Statement zu Eckpunkten zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz
„Zu den heute Nachmittag vorgestellten Eckpunkten der Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes sagt Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand: „Es ist gut, dass die Bundesregierung unsere Forderung nach verbindlichen Mindestvertragslaufzeiten aufgegriffen hat. Allerdings muss hier im weiteren Verfahren noch ordentlich nachgebessert werden. Eine Mindestlaufzeit für Promotionsverträge von drei Jahren reicht nicht aus, da Promotionen heute im Schnitt vier bis fünf Jahre dauern. Es muss verhindert werden, dass gerade in der Abschlussphase Arbeitslosigkeit und damit der Abbruch der Promotion drohen. Dass die Koalition für studentische Beschäftigte eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr vorsieht, ist ein Erfolg der von ver.di unterstützten studentischen Bewegung, die mit viel Kraft und Schwung bessere Arbeitsbedingungen einfordert. Aber auch hier fordert ver.di, die Mindestvertragslaufzeit auf zwei Jahren zu verlängern. Diese Regelung haben wir im Land Berlin bereits erreicht und machen damit gute Erfahrungen. Es fehlt außerdem eine klare Perspektive für eine dauerhafte Beschäftigung nach der erfolgreichen Promotion, also in der Postdoc-Phase. Ausdrücklich fordern wir, die Tarifsperre ersatzlos zu streichen, anstatt an ihr etwas herumzuschrauben. Es müssen tarifvertragliche Vereinbarungen möglich sein, die die Lage de rBeschäftigten unmittelbar verbessern. Nur das würde dem im Koalitionsvertrag verankerten Ziel der Bundesregierung entsprechen, die Tarifautonomie zu stärken.“ ver.di-Pressemiteilung vom 17. März 2023 - Siehe auch beim NGAWiss: WissZeitVG-Novelle: Aktiv werden zum Referentenentwurf des BMBF
- Auch Studierende organisieren sich dagegen u.a. auf Twitter unter: @TVStud_bund
- „Das Eckpunktepapier des BMBF zur Reform des WissZeitVG ist ein Grund, meinen erholsamen (#DiehellenDinge) Urlaub zu unterbrechen und mit diesem Thread einer näheren Betrachtung zu unterziehen – Spoiler, ein harter Ritt…“ Thread von Simon Pschorr vom 18. März 2023
- Aktionskonferenz der GEW zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz: „Her mit den Dauerstellen – Ampelkoalition muss jetzt liefern!
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Ampelkoalition aufgefordert, den für diesen Winter angekündigten Gesetzentwurf für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) endlich vorzulegen. „Bereits in ihrem Koalitionsvertrag vom Dezember 2021 haben SPD, Grüne und FDP eine WissZeitVG-Reform versprochen und sich dabei auf den GEW-Slogan ‚Dauerstellen für Daueraufgaben‘ bezogen. Seit der Veröffentlichung der Evaluation des Gesetzes im Mai 2022 haben wir es schwarz auf weiß: Der Trend zu immer mehr Zeitverträgen mit immer kürzeren Laufzeiten in der Wissenschaft ist ungebrochen. Die Ampelkoalition muss das Gesetz jetzt endlich radikal reformieren und dem Befristungsunwesen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen Einhalt gebieten“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, aus Anlass der heutigen Aktionskonferenz der Bildungsgewerkschaft in Berlin. „Das 2007 in Kraft getretene Gesetz hat in beispielloser Weise die Prekarisierung der Arbeit in Hochschule und Forschung vorangetrieben (…)“, betonte Keller mit Blick auf den Dresdner Gesetzentwurf, den die GEW im September 2022 während ihrer Wissenschaftskonferenz in der sächsischen Landeshauptstadt präsentiert hat. „Der Bund muss Rahmenbedingungen festlegen, die eine erfolgreiche wissenschaftliche Qualifizierung ermöglichen, und die Weichen für eine Entfristungsoffensive in der Wissenschaft stellen. Dazu gehören Vertragslaufzeiten von in der Regel sechs, mindestens aber vier Jahren für Promovierende und das Recht auf Qualifizierung in der Arbeitszeit. Wenn keine Qualifizierung möglich ist, werden Daueraufgaben erledigt, für die Dauerstellen eingerichtet werden müssen“, betonte der GEW-Hochschulexperte. „Mit der Promotion ist die wissenschaftliche Qualifizierung nach Maßgabe des Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmens abgeschlossen. Promovierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern muss deshalb entweder eine Dauerstelle oder ein Zeitvertrag mit verbindlicher Entfristungszusage angeboten werden“, sagte Keller. Darüber hinaus müsse endlich die Tarifsperre aus dem Gesetz gestrichen werden, die Gewerkschaften und Arbeitgebern verbietet, sachgerechte Regelungen zu Zeitverträgen auszuhandeln. „Die Stärkung der Tarifautonomie und -bindung ist eines der Leitmotive des Ampelkoalitionsvertrags. Dieses Prinzip muss auch für die rund 800.000 Beschäftigten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen gelten“, mahnte der GEW-Vize…“ GEW-Pressemitteilung vom 15. März 2023 – am 15. März 2023 fand die GEW-Aktionskonferenz „Her mit den Dauerstellen!“ statt, siehe die Infos bei der GEW - Wissenschaftszeitvertragsgesetz: Arbeit in der Wissenschaft muss fair sein. Plädoyer für eine Reform des Befristungsrechts mehrerer Gewerkschaften und Organisationen
„Unsicherheit und Zukunftsängste, Stress und zugespitzte Abhängigkeitsverhältnisse prägen den Alltag von Wissenschaft als Beruf. Obwohl inzwischen der Großteil von Forschung und Lehre von Wissenschaftler*innen ohne Professur gestemmt wird, sind verlässliche Arbeitsverhältnisse und berechenbare Perspektiven in der Regel nur für Professor*innen vorgesehen. (…) Anlässlich der der Diskussionen um gute Beschäftigungsbedingungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordert der DGB, gemeinsam mit ver.di, der GEW und weiteren Netzwerken mehr Planbarkeit und Chancengleichheit der Berufswege in der Wissenschaft. „Der deutsche Wissenschaftsbereich steht zunehmend in Konkurrenz mit der Wirtschaft und mit ausländischen Forschungsinstitutionen. Doch im deutschen Wissenschaftssystem sind prekäre Beschäftigung, unsichere Perspektiven und hohe Anteile unbezahlter Mehrarbeit seit Jahren gang und gäbe. So lassen sich Spitzenkräfte und Spitzenforschung kaum halten,“ kritisiert die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. (…) In einer Befragung zum DGB-Hochschulreport 2020 gaben 78 Prozent der befragten Wissenschaftler*innen an, dass sie befristet beschäftigt sind. Weitere 16 Prozent sagten, dass sie in der Mitarbeit im Bereich Technik und Verwaltung befristete Arbeitsverträge haben. Nach 12 Jahren an der gleichen Hochschule ist Schluss mit solchen Verträgen. Dann kann es keine Befristung mehr geben. Das führt jedoch in den wenigsten Fällen zu einer festen Stelle, sondern überwiegend zu einer neuen unbefristeten Anstellung an einer anderen Hochschule. Diese Bedingungen gilt es laut Hannack rasch zu verbessern: „Gute Forschung und Lehre brauchen endlich anständige Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen. Dazu gehören mehr Dauerstellen für Daueraufgaben, planbare Entwicklungsperspektiven und Karrierewege sowie mehr Vollzeitstellen.“ DGB-Pressemitteilung vom 11. November 2022 mit Link zum Gemeinsamen Statement zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz von:- bukof Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen
- DGB Deutscher Gewerkschaftsbund
- DGJ Deutsche Gesellschaft für Juniorprofessur
- fzs freier zusammenschluss von student*innenschaften
- GEW Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
- Helmholtz Juniors Netzwerk der Promovierenden der Helmholtz Gemeinschaft
- Leibniz PhD Network Netzwerk der Promovierenden der Leibniz Gemeinschaft
- NGAWiss Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft
- ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
- respect science Verein für neue Anreize in der Wissenschaft
- Schluss mit dem Befristungswahn: ver.di-Positionspapier zur Reform des Befristungsrechts
„Die Bundesregierung hat angekündigt, dass Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) zu reformieren. Die Erwartungen an die Novelle sind groß – denn Kurz- und Kettenverträge haben in der Wissenschaft Ausmaße angenommen, die immer mehr zu Empörung führen.ver.di hat jetzt konkrete Vorschläge auf den Tisch gelegt, wie eine wirksame Reform des Befristungsrechts für die Wissenschaft aussehen sollte. Das vom ver.di-Bundesfachbereichsvorstand Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft im Oktober 2022 verabschiedete Positionspapier steht hier zum Download bereit.“ Meldung und Hintergründe bei ver.di Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft - GEW präsentiert Gesetzentwurf für „Wissenschaftsentfristungsgesetz: „Bund muss jetzt Weichen für Dauerstellen in der Wissenschaft stellen“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Bund aufgefordert, das Befristungsrecht in der Wissenschaft umfassend zu reformieren und so die Weichen für „Dauerstellen für Daueraufgaben, verlässliche Karrierewege und gleiche Chancen für alle“ zu stellen. „84 Prozent aller wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Universitäten sind befristet beschäftigt – mit einer durchschnittlichen Vertragslaufzeit von 18 Monaten. Das 2007 in Kraft getretene Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) legitimiert eine hemmungslose Befristungspraxis an Hochschulen und Forschungseinrichtungen – auf Kosten der Zukunftschancen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der Kontinuität und Qualität von Forschung und Lehre sowie der Attraktivität des Arbeitsplatzes Hochschule und Forschung. Es ist höchste Zeit, das WissZeitVG radikal zu reformieren und zu einem ‚Wissenschaftsentfristungsgesetz‘ weiterzuentwickeln“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, bei der Präsentation eines Gesetzentwurfs der Bildungsgewerkschaft während ihrer Wissenschaftskonferenz in Dresden.
„Die Ampelregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, das WissZeitVG zu reformieren und den GEW-Slogan ‚Dauerstellen für Daueraufgaben‘ zitiert. Ein Jahr nach der Bundestagswahl legen wir mit dem Dresdner Gesetzentwurf eine Blaupause für dieses Projekt vor“, sagte Keller. Er erläuterte eines der Kernanliegen des GEW-Entwurfs: „Wenn wissenschaftliche Qualifizierung stattfindet und Arbeitsverträge mit diesem Grund befristet werden, muss das Gesetz Rahmenbedingungen festlegen, die eine erfolgreiche Qualifizierung ermöglichen. Dazu gehören Vertragslaufzeiten von in der Regel sechs, mindestens aber vier Jahren und das Recht auf Qualifizierung in der Arbeitszeit. Wenn keine Qualifizierung möglich ist, sind das Daueraufgaben, für die Dauerstellen eingerichtet werden müssen.“
Der GEW-Hochschulexperte betrachtet die wissenschaftliche Qualifizierung mit der Promotion als abgeschlossen. „Die Promotion ist das höchste Kompetenzniveau im Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmen. Wer sich nach der Promotion wissenschaftlich weiterentwickelt, solle dafür entweder eine Dauerstelle oder einen Zeitvertrag mit verbindlicher Entfristungszusage erhalten“, betonte Keller. Er machte sich außerdem für einen verbindlichen Nachteilsausgleich stark: „Ob Nachteile ausgeglichen werden, darf nicht länger der Arbeitgeberwillkür überlassen bleiben. Wer Kinder betreut, behindert oder chronisch krank ist oder Beeinträchtigungen im Zuge der Corona-Pandemie erlitten hat, muss einen Rechtsanspruch auf Vertragsverlängerung bekommen.“ GEW-Pressemitteilung vom 23.9.2022 , siehe dazu:- Der Dresdner Gesetzentwurf der GEW kann mit einer ausführlichen Begründung auf der GEW-Website heruntergeladen werden.
- Die 11. GEW-Wissenschaftskonferenz in Dresden steht unter dem Motto „Entfristet Hanna: Dauerstellen für Daueraufgaben – gleiche Chancen für alle“ und geht morgen zu Ende.
- Mit einem Video macht die GEW auf den Gesetzentwurf zum Entfristungsgesetz und die wichtigsten Anliegen der Konferenz aufmerksam.
- Konferenz des Bundesforschungsministeriums „Auf dem Weg zu einer Reform des WissZeitVG“ und GEW-Stellungnahme „Wissenschaftszeitvertragsgesetz radikal reformieren!
- Konferenz des Bundesforschungsministeriums: Gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft – Auf dem Weg zu einer Reform des WissZeitVG
„… Gute Wissenschaft braucht gute und verlässliche Arbeitsbedingungen. Dafür setzt sich die Bundesregierung auf vielfältige Weise und mit unterschiedlichen Programmen und Initiativen ein. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) bildet den rechtlichen Rahmen für befristete Arbeitsverträge an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen und steht im Fokus der Diskussionen um gute Beschäftigungsbedingungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz wurde evaluiert. Die Ergebnisse der Evaluation wurden Ende Mai 2022 der Öffentlichkeit präsentiert. Unter dem Titel „Gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft- Auf dem Weg zu einer Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes“ wollen wir am 27. Juni 2022 die Ergebnisse der Evaluation näher beleuchten und mit verschiedenen Wissenschaftsakteurinnen und -akteuren, (…) mit Vertreterinnen und Vertretern der Beschäftigten, der Hochschulen und Forschungsorganisationen, der Länder, der Gewerkschaften sowie mit den Evaluatoren des Gesetzes [die Weiterentwicklung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes diskutieren]…“ Mitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 27. Juni 2022 und GEW dazu: - GEW zur Konferenz des Bundesforschungsministeriums: „#Dauerstellen für #IchBinHanna – Wissenschaftszeitvertragsgesetz radikal reformieren!“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) aufgefordert, rasch einen Gesetzentwurf für eine radikale Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) vorzulegen. „Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass das Gesetz gründlich überarbeitet werden muss, hat ihn die im Mai veröffentlichte Evaluation im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) geliefert: 84 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Universitäten werden mit einem Zeitvertrag abgespeist, über 40 Prozent von ihnen mit einer Vertragslaufzeit, die kürzer als ein Jahr ist. Wir brauchen daher jetzt eine mutige und grundlegende Reform des Sonderbefristungsrechts für die Wissenschaft, die für Dauerstellen für Daueraufgaben sorgt“, sagte der stellvertretende GEW-Vorsitzende und Hochschulexperte Andreas Keller mit Blick auf eine gemeinsame Erklärung, die die Bildungsgewerkschaft mit sieben weiteren Organisationen heute veröffentlicht hat. (…) Das WissZeitVG ist 2007 in Kraft getreten und 2016 schon einmal novelliert worden. Doch die kürzlich veröffentlichte Evaluation zeige, dass die Novelle nicht gewirkt habe, erklärte Keller. „Eine Trendwende hin zu mehr Dauerstellen ist ausgeblieben, die Laufzeiten der Zeitverträge haben sich nicht nachhaltig verlängert. Instrumente zum Nachteilsausgleich bei Kinderbetreuung, Behinderung oder chronischer Erkrankung sowie pandemiebedingten Beeinträchtigungen laufen weitgehend ins Leere. Eine grundlegende Reform des Befristungsrechts in der Wissenschaft ist daher überfällig“, so der GEW-Hochschulexperte. „Der Begriff der wissenschaftlichen Qualifizierung, die gemäß WissZeitVG die Befristung eines Arbeitsverhältnisses erlaubt, muss präzise definiert werden. Nach der Promotion kommt eine Befristung allenfalls dann in Frage, wenn diese mit einem planbaren Entfristungsverfahren verknüpft wird. Vertragslaufzeiten müssen gewährleisten, dass das Qualifizierungsziel tatsächlich erreicht werden kann – niemandem ist geholfen, wenn Promovierende mit einer halbfertigen Doktorarbeit auf die Straße gesetzt werden. Nachteilsausgleiche müssen in Form eines verbindlichen Anspruchs auf Vertragsverlängerungen ausgestaltet werden. Die Tarifsperre, die Gewerkschaften und Arbeitgebern verbietet, vom Gesetz abweichende Befristungsregelungen auszuhandeln, muss endlich aus dem Gesetz gestrichen werden“, mahnte der GEW-Vize…“ GEW-Stellungnahme vom 27. Juni 2022
- Konferenz des Bundesforschungsministeriums: Gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft – Auf dem Weg zu einer Reform des WissZeitVG
- GEW: „Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindestlaufzeiten für Zeitverträge!“ – Acht-Punkte-Programm für ein Wissenschaftsentfristungsgesetz
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat sich für eine Ablösung des kürzlich evaluierten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) durch ein „Wissenschaftsentfristungsgesetz“ ausgesprochen und dafür ein Acht-Punkte-Programm vorgelegt. „Viel zu viele Zeitverträge mit viel zu kurzen Laufzeiten – die WissZeitVG-Novelle von 2016 war zwar gut gemeint, ist aber praktisch wirkungslos. Wir brauchen jetzt eine radikale Reform des Befristungsrechts in der Wissenschaft, die Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindestlaufzeiten für Zeitverträge und einen verbindlichen Nachteilsausgleich durchsetzt“, sagte der stellvertretende GEW-Vorsitzende und Hochschulexperte, Andreas Keller, aus Anlass der Präsentation des Acht-Punkte-Programms im Rahmen einer Konferenz der Bildungsgewerkschaft in Berlin. „Die Gesetzesevaluation hat offen gelegt, dass die Arbeitgeber praktisch jede wissenschaftliche Tätigkeit als ‚Qualifizierung‘ ansehen. Da das geltende WissZeitVG Zeitverträge erlaubt, wenn diese die wissenschaftliche Qualifizierung fördern, ist einer willkürlichen Befristungspraxis Tür und Tor geöffnet. Dem muss der Gesetzgeber endlich einen Riegel vorschieben. Er muss klipp und klar regeln, dass Befristungen nur dann zulässig sind, wenn sie eine präzise im Gesetz definierte wissenschaftliche Qualifizierung wie die Promotion fördern. Verbindliche Mindestvertragslaufzeiten müssen sicherstellen, dass die Qualifizierung tatsächlich erfolgreich abgeschlossen werden kann. Nach der Promotion kann eine Befristung allenfalls in Verbindung mit einem ‚Tenure Track‘ oder einer Anschlusszusage gerechtfertigt sein, also wenn das Beschäftigungsverhältnis mit Erreichen des Qualifizierungsziels entfristet wird“, betonte Keller. „Weiter muss der Gesetzgeber für gleiche Chancen für alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sorgen. Für Beschäftigte, die Kinder betreuen, pandemiebedingte Beeinträchtigungen erlebt, eine Behinderung oder chronische Erkrankung haben, muss es im Sinne eines Nachteilsausgleichs einen verbindlichen Anspruch auf Vertragsverlängerung im neuen Wissenschaftsentfristungsgesetz geben“…“ Pressemitteilung der GEW vom 3. Juni 2022 zum Acht-Punkte-Programm der GEW für die Ablösung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes durch ein Wissenschaftsentfristungsgesetz“. - (Alternative) Evaluation der WissZeitVG-Novelle: Noch immer 81% der wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen befristet beschäftigt – konsequente Reform gefordert
- WissZeitVG: Wirkung light
„… NEIN, DASS DIE NOVELLE des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ein Erfolg war, das will auch Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger so nicht sagen. Die 2016 am Gesetz vorgenommenen Änderungen hätten „einige Verbesserungen für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland“ gebracht. Aber, fügt die FDP-Politikerin hinzu, „es gibt nach wir vor Verbesserungsbedarf.“ Was diplomatisch ausgedrückt ist: Heute Vormittag um elf Uhr präsentiert das BMBF offiziell den mit Spannung erwarteten Evaluationsbericht zur Novelle, und man muss in den Ergebnissen schon sehr genau hinschauen, um größere (und vor allem nachhaltige) Veränderungen gegenüber der Zeit vor 2016 zu finden. (…) Einige zentrale Eckzahlen aus dem mit Anhängen fast 200 Seiten langen Bericht: Lässt man die (zum großen Teil auf Dauer beschäftigten) Professorinnen und Professoren außen vor, waren 2020 81Prozent der hauptamtlichen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Hochschulen befristet angestellt. Zum Vergleich: Anfang der Nullerjahre waren es noch um die 75 Prozent, 2010 ebenfalls 81 Prozent, Mitte der Zehnerjahre ging es auf zwischenzeitlich 83 Prozent rauf. Der Abschlussbericht spricht von einem „moderaten rückläufigen Trend“ in den vergangenen Jahren. Was bei zwei Prozentpunkten Unterschied auf so hohem Niveau schon mutig ist. Zumal unklar bleibt, was der Rückgang mit der WissZeitVG-Novelle zu tun hat, denn er setzte laut Berichtsdaten schon 2015 ein. An Universitäten lag die Befristungsquote 2020 übrigens mit 84 Prozent erwartungsgemäß noch höher als an HAWs (78 Prozent), Abweichungen zwischen Männern und Frauen gab es dagegen kaum. Nimmt man die Promovierenden also zusätzlich zu den Profs raus aus der Analyse, bleiben die Promovierten und Habilitierten, und für sie ergibt sich eine Befristungsquote von 62 Prozent an Unis und 56 Prozent an HAWs. (…) Die Forscher schreiben: „Das starke Übergewicht der befristeten Beschäftigung insbesondere in den jüngeren Jahrgängen ist ein Ausdruck der Qualifizierungsfunktion in Verbindung mit einem hohen Stellenwert temporärer Finanzierungsmittel.“ Wobei selbst von den wissenschaftlichen Mitarbeitern Ende 30 noch rund 40 Prozent einen Zeitvertrag haben. Am Ende ist es wohl vor allem eine Frage der jeweiligen wissenschaftspolitischen Einschätzung, welche Befristungsquote unter Postdocs einerseits gerecht für die Betroffenen wäre, andererseits aber auch für das Wissenschaftssystem förderlich. (…) Die Hauptmittel der 2016er Novelle bestanden übrigens darin, die zulässigen Befristungsgründe genauer zu definieren (wobei sich am Charakter der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit tatsächlich wenig änderte). Außerdem gab es die Vorgabe, die jeweilige Befristungsdauer so zu gestalten, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist (wobei die Beschreibung dessen, was „angemessen“ ist, fehlt). Und die Bestimmung, dass bei Drittmittelbeschäftigten die Vertrags- der Projektlaufzeit entsprechen muss (wobei Ausnahmen möglich sind). Und tatsächlich: Während sich – zumindest in der Gesamtschau – bei den Befristungsquoten wenig getan zu haben scheint seit der 2016er Novelle, gab es bei den Vertragslaufzeiten eine spannende und zugleich widersprüchliche und damit schwer zu erklärende Entwicklung. Kurz gesagt: Sie schossen erst nach oben (vor allem weil viel mehr dreijährige Verträge abgeschlossen wurden) – und gingen dann zuletzt wieder nach unten…“ Analyse vom 20. Mai 2022 im Wiarda-Blog - Zu Details des Evaluationsberichts des novellierten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vom 17. Mai 2022 siehe die 243-seitige Gesamtausgabe und die Gewerkschaften:
- [ver.di] Alternative Evaluation zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz: Konsequente Reform gefordert
„Gemeinsam mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat das Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft heute (20. Mai 2022) eine Studie zur Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) vorgestellt. Die Ergebnisse belegen, dass befristete Arbeitsverträge mit kurzen Laufzeiten für wissenschaftliche Beschäftigte an Universitäten nach wie vor der Normalfall sind. Unter kurzen Vertragslaufzeiten und unsicheren Perspektiven leiden sowohl die Beschäftigten als auch die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit. (…)
Prof. Dr. Tilman Reitz, Friedrich-Schiller-Universität Jena: „Unsere Ergebnisse bestätigen, dass befristete Arbeitsverträge insbesondere nach der Promotion starke Einschränkungen für das Privatleben bedeuten. Kinderwünsche werden häufig zurückgestellt. Beunruhigend sind aber auch die Auswirkungen der Befristungspraxis auf die Wissenschaft selbst: Insbesondere wenn Vertragslaufzeiten für den Abschluss einer Qualifikationsarbeit nicht ausreichen, leidet die Qualität.“
Dr. Mathias Kuhnt, Technische Universität Dresden: „Besonders überraschend, aber auch besorgniserregend, ist für mich, wie sehr sich befristet Beschäftigte mit wissenschaftlich motivierter Kritik zurückhalten. Das muss uns zu denken geben, denn Wissenschaft lebt davon, ihre Ergebnisse ständig kritisch zu hinterfragen. Eine Einschränkung der Diskussionskultur können wir uns nicht leisten.“
Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand: „Was wir als Gewerkschaft schon lange kritisieren, ist durch die Evaluation nun nachgewiesen: Die Novelle des WissZeitVG von 2016 hat das Befristungsunwesen in der Wissenschaft nicht abgestellt. (…)
Dr. Lisa Janotta, Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft: „Kleinere Reparaturen am WissZeitVG reichen nicht aus. Das im internationalen Vergleich einmalige WissZeitVG hat sich nicht bewährt und ist in seiner derzeitigen Form abzuschaffen. Mehr als 80 Prozent der Befragten haben in der Evaluation angegeben, dass nach der Promotion eine unbefristete Beschäftigung die Regel sein sollte. Das ist ein klarer Auftrag für uns, diese Erwartungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der anstehenden Novellierung des Befristungsrechts unüberhörbar zu machen.“…“ Pressemitteilung vom 20.05.2022 zu Alternative Evaluation des WissZeitVG Mai 2022 - GEW: „Schluss mit Hire and Fire – Wissenschaftszeitvertragsgesetz reformieren!“ Bildungsgewerkschaft zu den Ergebnissen der Evaluation des Befristungsrechts in der Wissenschaft
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Bund zu einer raschen und umfassenden Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) aufgefordert. „Die Befristungspraxis an Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist ungebrochen: Die ganz große Mehrheit der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird mit Zeitverträgen abgespeist. Dabei dominieren Kurzzeitverträge, die im Durchschnitt eineinhalb Jahre laufen. Dieser Befund ist nicht nur dramatisch für die betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, auch die Kontinuität und damit die Qualität der Forschung und Lehre werden unterminiert. Die Bundesregierung muss jetzt schnell handeln und eine Initiative für die Reform des Gesetzes starten. Schluss mit Hire and Fire in der Wissenschaft“, sagte der stellvertretende GEW-Vorsitzende und Hochschulexperte, Andreas Keller, mit Blick auf die Evaluation der 2016 in Kraft getretenen Novellierung des WissZeitVG. Deren Ergebnisse hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) heute vorgestellt. (…) „Die wesentlichen Ziele der WissZeitVG-Novelle wurden verfehlt. Die Novelle dämmt weder unsachgemäße Befristung noch Kurzzeitbefristungen ein. Jetzt gibt es keine Ausrede mehr für die Ampelkoalition, die überfällige Reform des Gesetzes anzupacken“, bilanzierte Keller. Das Gesetz widerspreche auch der ihm ursprünglich zugeschriebenen Funktion, die wissenschaftliche Qualifizierung zu fördern. „Die durchschnittliche Promotionsdauer beträgt nach Angaben des vom BMBF veröffentlichten Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021 knapp sechs Jahre (ohne Medizin). Innerhalb einer durchschnittlichen Vertragslaufzeit von anderthalb Jahren kann das Qualifizierungsziel Promotion somit nicht erreicht werden. Die Folge sind Kettenbefristungen – wer acht Jahre und länger wissenschaftlich an einer Universität beschäftigt ist, blickt im Mittel auf sieben bis acht Verträge zurück. Oder aber die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden mit einer halbfertigen Qualifizierungsarbeit auf die Straße gesetzt. Befristung ist für die Arbeitgeber zum Selbstzweck geworden. Mit dieser missbräuchlichen Praxis muss endlich Schluss sein“, mahnte Keller. Der GEW-Vize forderte den Bundesgesetzgeber auf, das Wissenschaftszeitvertrags- zu einem „Wissenschaftsentfristungsgesetz“ weiterzuentwickeln. „Es muss klipp und klar geregelt werden, dass Befristungen nur zulässig sind, wenn sie eine wissenschaftliche Qualifizierung wie die Promotion fördern. Verbindliche Mindestvertragslaufzeiten müssen sicherstellen, dass die Qualifizierung tatsächlich erfolgreich abgeschlossen werden kann. Nach der Promotion ist eine Befristung allenfalls in Verbindung mit einem ‚Tenure Track‘ gerechtfertigt, also wenn das Beschäftigungsverhältnis mit Erreichen des Qualifizierungsziels entfristet wird. Für Beschäftigte, die Kinder betreuen, pandemiebedingte Beeinträchtigungen erfahren haben oder eine Behinderung oder chronische Erkrankung haben, muss es im Sinne eines Nachteilsausgleichs einen Anspruch auf Vertragsverlängerung geben“, betonte Keller…“ GEW-Pressemitteilung vom 20. Mai 2022 - Durch ständiges Pendeln erschöpft, Partnerschaften leiden – Noch immer sind 81 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen befristet beschäftigt.
„… Über die Situation der befristet in der Wissenschaft Beschäftigten geben jetzt zwei Evaluationen Auskunft – eine im Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) vorgeschriebene im Auftrag des BMBF und eine Art Gegenevaluation aus Sicht der Betroffenen vom Netzwerk für gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss). Beide wurden am Freitag veröffentlicht. „Nach oben kommt, wer lange durchhält. Und vor allem: Wer sich das Prekariat auf Dauer leisten kann“, hat Amrei Bahr soeben im Tagesspiegel-Interview gesagt. Heute ist die Philosophin Juniorprofessorin an der Universität Stuttgart. In ihrer Promotions- und Postdoc-Zeit aber hatte sie insgesamt acht Verträge und musste zwischenzeitlich von ALG1 leben. (…) Auch wer nicht absolut mobil sei und bereit, alle paar Jahre umzuziehen, schaffe es kaum, durchzuhalten, sagte Bahr. Sie ist Mitinitiatorin des Twitter-Aufschreis #IchbinHanna, unter dem Tausende seit April 2021 die Zumutungen des Wissenschaftsbetriebs geschildert haben. Bestätigt wird vieles davon durch die repräsentative Umfrage des NGAWiss, an der sich 4620 junge Forschende von 23 Universitäten bundesweit beteiligten (…) .Die Aussage, dass Freundschaften und Partnerschaften unter befristeten Arbeitsverhältnissen nach der Promotion leiden und sie durch ständiges Pendeln erschöpft sind, bezeichnen 90 Prozent als zutreffend oder eher zutreffend. Für die Zeit vor der Promotion bejahen dies 72 Prozent. „Auslaufende Verträge und unklare Entfristungsperspektiven erzeugen enorme Unsicherheit“, stellen die Autoren Mathias Kuhnt, Patrick Wöhrle (TU Dresden) und Tilman Reitz (Universität Jena) fest. Das wirkt sich auch auf den Kinderwunsch aus: Zwar sagen zwölf Prozent der befragten Frauen und Männer, dass sie nie einen hatten, aber 38 Prozent haben ihn schon einmal „aufgrund ihrer Arbeit an der Hochschule zurückgestellt“. Die restlichen 50 Prozent sehen sich nicht in der Familienplanung behindert. (…) Auch die wissenschaftliche Qualität akademischer Arbeit werde durch die Befristungspraxis beeinträchtigt, betont das Team vom NGAWiss: So halten sich 72 Prozent der befristet Beschäftigten zumindest manchmal mit wissenschaftlicher Kritik zurück, weil sie sich Karrierechancen nicht verbauen wollen. Bei den unbefristet Beschäftigten sind es 59 Prozent. Zu Qualitätseinbußen führe ebenfalls, dass nichtwissenschaftliche Tätigkeiten einen Großteil des Arbeitsalltags ausmachen und dies durch die Abhängigkeit von Vorgesetzten noch verstärkt wird, heißt es. Bei der Kernfrage, ob die Befristungsdauer dem Qualifikationsziel im aktuellen Arbeitsvertrag angemessen ist, ergibt sich ein gespaltenes Bild: Weniger als die Hälfte der Promovierenden (46 Prozent) beklagt, dass dies bei ihnen nicht der Fall sei, 40 Prozent reicht die Zeit und 14 Prozent wissen es noch nicht. Bei der Habilitation ist die Unzufriedenheit größer: 56 Prozent halten ihre Vertragslaufzeit für nicht angemessen. Aufschlussreich ist auch, dass gut ein Viertel der laut Arbeitsvertrag Habilitierenden ihr Ziel schon aufgegeben hat. Und 49 Prozent geben an, laut Vertrag kein Qualifikationsziel zu haben…“ Artikel von Amory Burchard vom 20. Mai 2022 beim Tagesspiegel online - Stark-Watzinger zu befristeten Verträgen in der Wissenschaft: »Es gibt immer noch deutlichen Verbesserungsbedarf«
„#ichbinhanna: Nachwuchswissenschaftler klagen seit Langem über Kettenbefristungen. Das kritisierte Gesetz wurde nun evaluiert – und soll nach Beratungen mit Betroffenen reformiert werden. (…) Laut der Evaluation, die von der Interval GmbH in Kooperation mit dem HIS-Institut für Hochschulentwicklung durchgeführt wurde, haben sich die Vertragslaufzeiten durch die Reform verlängert – von 15 bis 17 Monaten im Jahr 2015 auf 21 bis 22 Monate im Jahr 2017. Allerdings fielen sie danach wieder etwas ab. Es gebe hier keine kontinuierliche Entwicklung, heißt es im Bericht (…) Maßgeblich für den Anstieg sei die Zunahme dreijähriger Verträge. »Offensichtlich sind jedoch die Vertragslaufzeiten regelmäßig kürzer als die üblichen Promotions- oder Habilitationsdauern«, stellten die Studienautoren fest. Damit sei die Frage aufgeworfen, welcher Maßstab angelegt werde. Das Gesetz sieht nur vor, dass der Zeitraum »angemessen« sein muss. Darüber hinaus gebe es immer etliche Verträge, die kürzer als ein Jahr liefen. Bei den Universitäten und HAW liege der Anteil bei einem Drittel, bei den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und den Universitätskliniken mindestens bei einem Viertel der befristeten Arbeitsverträge. Davon sei ein kleiner Teil der Beschäftigten überproportional häufig betroffen: Auf zehn Prozent entfallen demnach 47 Prozent der Kurzfristverträge. (…) Laut Bericht sind 93 Prozent der nicht promovierten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befristet beschäftigt, bei den Promovierten und Habilitierten seien es 63 Prozent. Vor allem bei den promovierten Beschäftigten müsse dieser Anteil sinken, sagte Stark-Watzinger. Dabei sieht die Ministerin auch die Hochschulen in der Pflicht. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz gebe den Wissenschaftsinstitutionen zwar die Möglichkeit zur Befristung, verpflichte sie aber keineswegs dazu. »Die Hochschulen könnten also auch langfristig einstellen.« (…)
Das Netzwerk für gute Arbeit in der Wissenschaft hat mit Unterstützung von Ver.di eine eigene Evaluation des im Wissenschaftszeitvertragsgesetz geregelten Sonderbefristungsrechts erstellt und ebenfalls am Freitag vorgestellt. Der enge Flaschenhals sei ein deutsches Spezifikum, sagte Janotta, der Wissenschaftsbetrieb in den USA oder auch Dänemark zeige, dass das besser gehe. Gleichwohl forderten ihr Netzwerk und die Gewerkschaft ebenso wie der HRK-Präsident, die Arbeitsbedingungen über das Gesetz hinaus in den Blick zu nehmen. Die Evaluation im Auftrag des Ministeriums kann dazu nur im Ansatz beitragen…“ Artikel von Swantje Unterberg vom 20.05.2022 im Spiegel online
- WissZeitVG: Wirkung light
- Das neue Berliner Hochschulgesetz verpflichtet die Hochschulen, Postdocs mehr Dauerstellen anzubieten. Dagegen gehen die Uni-Leitungen auf die Barrikaden
„Stein des Anstoßes ist der neue Absatz 6 im Paragrafen 110 des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG), dessen Novellierung das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der Koalition aus SPD, Grünen und Linken beschlossen hat. Die neue Regelung verpflichtet die Hochschulen, mit promovierten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (WiMi) eine „Anschlusszusage“ zu vereinbaren, wenn sie diese zur Qualifikation befristet beschäftigen. Unter „Anschlusszusage“ versteht der Gesetzgeber eine unbefristete nach der befristeten Beschäftigung, wenn zuvor festgelegte wissenschaftliche Leistungen erbracht wurden. Dieses Modell ist als Tenure Track bekannt und weltweit in vielen Hochschulsystemen, etwa in den USA, etabliert.
Die Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen hat indes Widerstand gegen die Neuregelung angekündigt. Sowohl die Freie Universität als auch die Humboldt-Universität haben einen Einstellungsstopp für Postdoc-Stellen verhängt. Die Präsidentin der Humboldt-Universität, Sabine Kunst, hat aus Protest gegen das BerlHG sogar ihr Amt niedergelegt – wenige Monate nach ihrer Wiederwahl. Kurz vor Ende ihrer vorzeitig beendeten Amtszeit reichte sie für ihre Universität beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen das Gesetz ein – ohne diese mit den universitären Gremien, etwa dem Akademischen Senat, beraten zu haben. Das sorgt weit über die Hauptstadt hinaus für Empörung.
Und dies zu Recht. Ob die Humboldt-Universität gegen das BerlHG klagt oder es konstruktiv umsetzt, hätte in den Selbstverwaltungsgremien debattiert und entschieden werden müssen und nicht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von der zurückgetretenen Präsidentin. (…) Matthias Jähne, Hochschulreferent bei der GEW Berlin, analysiert den Streit ums BerlHG als „Machtkampf“. Es gehe gar nicht in erster Linie um das Geld, das angeblich für mehr Dauerstellen fehle. „Der eigentliche Grund für den Widerstand ist ein ganz anderer. Die Professorinnen und Professoren sehen ihre Allmacht gefährdet“, schreibt er in einem Beitrag in der Berliner GEW-Zeitung bbz. Wenn Postdocs einen Anspruch auf Tenure Track und Dauerstellen bekämen, könnten die Professorinnen und Professoren „ihr“ Personal eben nicht mehr ständig unter Druck halten…“ Beitrag vom 14.02.2022 von Andreas Keller , GEW-Vorstandsmitglied Hochschule und Forschung, bei der GEW - ver.di: Missbrauch von Befristungen stoppen – Wissenschaftszeitvertragsgesetz muss dringend reformiert werden
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert von den Parteien der zukünftigen Ampelkoalition, den Missbrauch von befristeten Arbeitsverträgen zu stoppen. „Für die etwa drei Millionen Betroffenen – mehr als die Hälfte von ihnen ist jünger als 30 Jahre – ist die Situation unerträglich: Sie haben keine verlässliche Berufsperspektive, Probleme bei der Wohnungssuche, bei der Gründung einer Familie oder auch nur der Urlaubsplanung“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Zudem müssten sie fürchten, für ihre eigenen Interessen einzutreten, weil in diesem Fall der Vertrag nicht verlängert werden könnte. „Sachgrundlose Befristungen gehören abgeschafft, Kettenbefristungen müssen deutlich begrenzt und Befristungen mit Sachgrund auf das notwendige Maß begrenzt werden. Insbesondere gehören Befristungen aus Haushaltsgründen im Öffentlichen Dienst abgeschafft. Das unbefristete Arbeitsverhältnis muss in Deutschland endlich wieder zur Regel werden.“ Besonderes Augenmerk müsse die künftige Bundesregierung auf die Wissenschaft legen, so Werneke weiter. „Das grassierende Befristungsunwesen in der Wissenschaft muss endlich abgestellt werden. Dass neun von zehn wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nur einen Fristvertrag haben, ist nicht hinnehmbar.“ Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) müsse dringend reformiert werden mit dem Ziel, den Anteil unbefristeter Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft erheblich zu steigern und den Missbrauch des Sonderbefristungsrechts zu verhindern. Für Promovierende müssten verbindliche Mindestlaufzeiten eingeführt werden, und für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollten unbefristete Arbeitsverträge oder verbindliche Entfristungsvereinbarungen die Regel werden. Zudem müsse die Tarifsperre im WissZeitVG gestrichen werden. Werneke: „Es muss möglich sein, in einem Tarifvertrag die Beschränkung von befristeten Arbeitsverträgen auf ein nachvollziehbares Maß vorzunehmen. Gewerkschaftlich organisierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dürfen hier nicht in ihren Rechten beschnitten werden.“ ver.di-Pressemitteilung vom 8. November 2021 - GEW: „Schluss mit dem Hire-and-Fire-Prinzip in der Wissenschaft!“. Bildungsgewerkschaft zur Reaktion von BMBF-Staatssekretär Lukas auf #IchBinHanna
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Große Koalition gemahnt, noch vor der Bundestagswahl eine weitere Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) auf den Weg zu bringen. „Es ist ein erster Erfolg der unter dem Hashtag #IchBinHanna geführten Twitter-Kampagne, dass ein Staatsekretär des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), Wolf-Dieter Lukas, per Videobotschaft Verständnis für die Proteste äußert. Jetzt müssen den Worten aber Taten folgen – Schluss mit dem Hire-and-Fire-Prinzip in der Wissenschaft“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, am Freitag in Frankfurt a.M. „89 Prozent aller wissenschaftlichen Angestellten an Universitäten haben einen Zeitvertrag, die Laufzeit der Verträge beträgt im Durchschnitt gerade mal zwei Jahre – ohne die Regelungen des WissZeitVG wäre dies nicht möglich. Zwar wurde das Gesetz vor fünf Jahren nach einer Initiaitive der GEW nachgebessert, aber es hat immer noch zu viele Schlupflöcher, die die Arbeitgeber nutzen. Wir brauchen daher eine klare Regelung, dass für Daueraufgaben in Forschung und Lehre nur Dauerstellen eingerichtet werden dürfen, sowie verbindliche Mindestlaufzeiten für befristete Arbeitsverträge. Darüber hinaus muss ein Rechtsanspruch auf Vertragsverlängerung bei Kinderbetreuung, Behinderung und chronischer Erkrankung sowie pandemiebedingten Beeinträchtigungen ins Gesetz“, betonte Keller…“ GEW-Pressemitteilung vom 18. Juli 2021- Darin auch die Info: Am Donnerstag, 1. Juli 2021, 17:30 Uhr, wird die GEW auf einer Online-Veranstaltung mit dem Titel „#IchbinHanna – Per Hashtag gegen das Wissenschaftszeitvertragsgesetz“ Perspektiven einer Reform des WissZeitVG sowie eine Vernetzung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern diskutieren. Eine Einladung finden Sie in Kürze unter www.gew.de/wissenschaft
- siehe zu „#IchbinHanna unser Dossier: Kampagnen für Entfristung im Hochschulwesen: Frist ist Frust
- 95 Thesen gegen das WissZeitVG
„Am 31.10.2020 haben wir – das sind Dr. Amrei Bahr, PD Dr. Kristin Eichhorn und Dr. Sebastian Kubon – auf Twitter die Aktion #95vsWissZeitVG gestartet, die enorme Resonanz gefunden hat: Wissenschaftler_innen haben in assoziativer Anspielung auf den Reformationstag tagelang gemeinsam Thesen gegen das Wissenschaftszeitvertragsgesetz und seine problematischen Effekte gesammelt. Manche Kritik betrifft nicht nur das spezifische Gesetz, sondern geht darüber hinaus und adressiert die prekären Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft im Allgemeinen. Die Thesen (es waren weit mehr als 95) haben wir gesichtet, thematischen Parallelen durch Zusammenfassungen Rechnung getragen, die Resultate sortiert und redaktionell überarbeitet. Das Ergebnis sind die folgenden 95 Thesen. Herzlichen Dank an alle, die sich an der Aktion beteiligt haben! Wer die Twitter-Thesen im Einzelnen nachlesen möchte, findet sie unter dem Hashtag #95vsWissZeitVG mit ihren Urheber_innen. Ein Interview zur Aktion, das Jan-Martin Wiarda mit Dr. Sebastian Kubon geführt hat, ist hier nachzulesen. Unsere Quintessenz der 95 Thesen findet sich als Gastbeitrag auf dem Blog von Jan-Martin Wiarda…“ Siehe https://95vswisszeitvg.wordpress.com/ - GEW: „Pandemiebedingte Nachteile ausgleichen, Zeitverträge verlängern!“ – Bildungsgewerkschaft für zweite „Corona-Novelle“ des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
“Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat nach der Absage der Bundesregierung ihre Forderung nach einer zweiten „Corona-Novelle“ des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) bekräftigt. „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden auch im kommenden Semester mit Beeinträchtigungen zu kämpfen haben: Archive und Bibliotheken sind geschlossen, Forschungsreisen werden abgesagt, Online-Lehre und Kinderbetreuung im Homeoffice sorgen für zusätzliche Belastungen. Zeitverträge müssen auch nach dem 31. März verlängert werden können, um Forschungsprojekte und wissenschaftliche Qualifizierungen trotz pandemiebedingter Verzögerungen abzuschließen. Wir brauchen eine zweite ‚Corona-Novelle‘ des WissZeitVG, die die entstandenen Nachteile ausgleicht“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, in Frankfurt a.M. Keller machte darauf aufmerksam, dass die im Mai 2020 von Bundestag und Bundesrat beschlossene erste „Corona-Novelle“ des WissZeitVG im März 2021 auslaufe. Vertragsverlängerungen über die nach WissZeitVG zulässige Befristungsdauer hinaus seien ab 1. April nur noch eingeschränkt möglich. „Das Coronavirus wird sich nicht an die im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Fristen halten. Auch Arbeitsverträge, die nach dem 31. März abgeschlossen werden, müssen verlängert werden können. In vielen Fällen wird eine Verlängerung auch um mehr als ein Jahr erforderlich sein“, betonte der GEW-Hochschulexperte. „Darüber hinaus muss die Option auf eine Vertragsverlängerung endlich zu einem Rechtsanspruch der Beschäftigten erweitert werden“, erklärte Keller. „Viele Hochschulen und Forschungseinrichtungen machen von der Verlängerungsoption gar nicht oder nur willkürlich Gebrauch. Das bedeutet, dass Forschungsprojekte abgebrochen und Promovierende mit halbfertigen Doktorarbeiten auf die Straße gesetzt werden. Das darf der Bundestag nicht zulassen und sollte rasch eine Gesetzesänderung verabschieden“, unterstrich der GEW-Vize…“ GEW-Pressemitteilung vom 02.03.2021 - Siehe auch (unbedingt) die Aktionshomepage: 95 Thesen gegen das WissZeitVG
- GEW zum Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs: „Kein Ende der Misere in Sicht: Bund und Länder müssen handeln!“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat Bund und Länder gemahnt, Konsequenzen aus den Ergebnissen des neuen Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN) zu ziehen. „Zeitverträge mit kurzen Laufzeiten, Zwangsteilzeit mit unbezahlter Mehrarbeit, mangelnde Familienfreundlichkeit, Benachteiligung von Frauen – eine Ende der Misere für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in der Qualifizierungsphase sind, ist nicht in Sicht. Bund und Länder müssen endlich wirksame Maßnahmen für Dauerstellen für Daueraufgaben, faire Beschäftigungsbedingungen und verlässliche Karrierewege ergreifen: eine umfassende Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, einen Ausbau der Grundfinanzierung der Hochschulen und eine Reform der Personalstruktur in Hochschule und Forschung“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, am Freitag in Frankfurt a.M mit Blick auf den heute vorgestellten BuWiN-Report. „Alarmierend“ sei, dass der Anteil der befristeten Beschäftigungsverhältnisse beim „wissenschaftlichen Nachwuchs“ (Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die jünger als 45 Jahre sind und keine Professur haben) an Hochschulen mit 92 Prozent, bei den unter 35-Jährigen mit sogar 98 Prozent auf extrem hohem Niveau bleibe. An außeruniversitären Forschungseinrichtungen betrage der Befristungsanteil 83 Prozent, bei den unter 35-Jährigen 90 Prozent. „Der Bundesbericht bestätigt die Befunde der Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, die die GEW vor einem Jahr vorgelegt hat: Die Gesetzesnovelle von 2016 dämmt das Befristungsunwesen an Hochschulen nicht ein und muss dringend nachgeschärft werden“, betonte Keller. (…) Bund und Länder dürften es nicht länger bei „unverbindlichen Appellen“ an die Wissenschaftsarbeitgeber belassen, betonte Keller. „Damit der Ruf nach Dauerstellen für Daueraufgaben kein Lippenbekenntnis bleibt, brauchen wir Maßnahmen, die tatsächlich wirken. Durch eine Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes müssen Zeitverträge auf echte Qualifizierungen wie die Promotion oder Habilitation beschränkt und mit verbindlichen Mindestlaufzeiten versehen werden. Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Kinder betreuen oder Angehörige pflegen, muss es einen Rechtsanspruch auf Vertragsverlängerungen geben, ebenso bei Verzögerungen in Folge der aktuellen Coronapandemie. Statt immer mehr Geld für befristetete Projekte und Programme auszugeben, müssen Bund und Länder die Grundfinanzierung der Hochschulen ausbauen. Wir brauchen eine Reform der Personalstruktur, die dauerhafte Berufsperspektiven neben der Professur eröffnet und für eine nachhaltige Personalentwicklung sorgt,“ unterstrich der GEW-Vize und mahnte abschließend: „Mehr denn je ist unsere Gesellschaft auf ein leistungsfähiges Wissenschaftssystem angewiesen. Dessen Zukunft dürfen wir nicht verspielen.“ Beitrag Pressemitteilung vom 19.02.2021 der GEW zum Bericht - [WissenschaftlerInnen als Verschleißmaterial] Warum befristete Hochschuljobs der Wissenschaft schaden
„Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz prekarisiert die Forschenden und verschlechtert den akademischen Betrieb. Kritische Wissenschaft braucht Dauerstellen. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) ist gegenwärtig eines der verhasstesten Gesetze. Schließlich sorgt das im WissZeitVG geregelte Sonderbefristungsrecht dafür, dass für Forschende – anders als für alle anderen befristet angestellten Beschäftigten – nicht das Teilzeit- und Befristungsgesetz gilt. Stattdessen greift ein Befristungsrecht, das für die Betroffenen erheblich schlechtere Arbeitsbedingungen erzeugt. Es führt im Regelfall zu Kettenbefristungen und zu einem faktischen »Berufsverbot«, wenn man es nicht innerhalb der Höchstbefristungsdauer von zwölf Jahren auf eine der raren Professuren oder noch selteneren unbefristeten Stellen im Mittelbau schafft. So weit, so schlecht. Dennoch lobpreiste das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Gesetz im vergangenen Dezember mit folgenden Worten: »The German Academic Fixed-Term Contract Act (WissZeitVG) gives higher education & research institutions a certain degree of flexibility with regard to fixed-term contracts.« Der zynische Euphemismus des Ministeriums brachte schnell den weitverbreiteten höhnischen Hashtag #acertaindegreeofflexibility hervor. An wen sich der Tweet auf Englisch richten soll, bleibt unklar. Als Anwerbemaßnahme für Forschende aus aller Welt taugt das Gesetz sicherlich nicht – führt es doch schon jetzt zu einem Brain Drain sagenhaften Ausmaßes aus dem deutschen Wissenschaftssystem, weil die Arbeitsbedingungen in Deutschland gerade aufgrund des WissZeitVG denkbar unattraktiv sind. Dass die Stimmung unter den befristet angestellten Forschenden längst über den Kipppunkt hinaus ist, hätte dem BMBF spätestens seit dem Reformationstag klar sein müssen. Am 31. Oktober 2020 hatten Betroffene auf Social Media deutlich und zahlreich die Missstände angeprangert. Unter dem Hashtag #95vsWissZeitVG (kurz für »95 Thesen gegen das Wissenschaftszeitvertragsgesetz«) kamen unter loser Anspielung auf Luthers Thesen tagelang mehrere Tausend Tweets zu den negativen Folgen des Gesetzes zusammen – für Wissenschaft und Gesellschaft, aber auch für betroffene Forschende und Studierende. Wir haben daraus 95 Thesen destilliert. Sie vermitteln einen überwältigenden Eindruck davon, wie viele Argumente sich tatsächlich gegen das für die Wissenschaft geltende Sonderbefristungsrecht und seine verheerenden Konsequenzen vorbringen lassen. (…) Das in Deutschland sonst geltende Arbeitsrecht wird durch das WissZeitVG in mehrfacher Hinsicht ausgehebelt: Da die maximale Befristungszeit auf beliebig viele Verträge mit unterschiedlichen Laufzeiten von zum Teil nur wenigen Monaten gestückelt werden kann, führt das WissZeitVG in der Praxis zu extremer beruflicher und finanzieller Unsicherheit. Da Hochschulen nach Belieben und ohne Sanktionen auf einen Anschlussvertrag verzichten können, laufen die anderswo wirksamen Regelungen zum Kündigungsschutz selbst bei Kranken, Schwerbehinderten oder Schwangeren ins Leere, da ihre Verträge einfach auslaufen, aber kein Anspruch auf Verlängerung besteht. Eine wissenschaftliche Karriere birgt so das ständige Risiko, nach Ablauf der jeweiligen Vertragslaufzeit vor dem Nichts zu stehen. (…) Tatsächlich ist die Befristungsquote in der Wissenschaft deutlich höher als in anderen Branchen: Während 2019 knapp 12 Prozent der in Deutschland abhängig Beschäftigten in befristeten Arbeitsverhältnissen waren, geht die Wissenschaft einen Sonderweg mit derzeit 78 Prozent befristetem Personal. Die Verwaltungen arbeiten in der Praxis entsprechend mit Bedacht darauf hin, Entfristungen zu vermeiden. (…) Das wissenschaftliche Personal ist in diesem Durchlauferhitzersystem vor allem Verschleißmaterial…“ Artikel von Amrei Bahr, Kristin Eichhorn und Sebastian Kubon vom 08.01.2021 bei jacobin.de - GEW: „Dauerstellen für Daueraufgaben, mindestens aber 50 Prozent!“ – Bildungsgewerkschaft startet Online-Petition – gestützt auf neue wissenschaftliche Expertise
“Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) setzt ihren Kampf für mehr Dauerstellen für Daueraufgaben in der Wissenschaft fort und erhöht mit einer Online-Petition den Druck auf Bund und Länder, Hochschulen und Forschungseinrichtungen. „Mit der Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG), Bund-Länder-Programmen und Kodizes für Gute Arbeit ist zwar eine Reihe von Maßnahmen für bessere Beschäftigungsbedingungen und verlässliche Karrierewege ergriffen worden. Diese waren aber nur begrenzt wirksam. Politik und Wissenschaftseinrichtungen müssen jetzt nachlegen“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, zur Eröffnung der Jubiläumskonferenz „Zehn Jahre Templiner Manifest – Der Kampf geht weiter“, die heute im Livestream im Internet ausgestrahlt wird. Im Mittelpunkt der heute gestarteten GEW-Online-Petition steht die Forderung nach „Dauerstellen für Daueraufgaben in Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement“. Mindestens 50 Prozent des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals neben der Professur sollten auf Dauerstellen beschäftigt werden, heißt es in dem Aufruf. Derzeit seien dies an den Hochschulen lediglich 18 Prozent, unter den wissenschaftlichen Angestellten an Universitäten sogar nur elf Prozent. Weiter macht sich die GEW für einen „kräftigen Ausbau der Grundfinanzierung der Hochschulen“, „gleiche Chancen auf eine erfolgreiche akademische Laufbahn für alle“, „wirksame Mitbestimmungsrechte“ sowie „krisenfeste Hochschulen und Forschungseinrichtungen“ stark. In der gegenwärtigen Coronakrise müssten befristete Arbeitsverträge, Stipendien und Ausbildungsförderung „um die Zeit der pandemiebedingten Beeinträchtigungen, mindestens aber um zwölf Monate“ verlängert werden. …“ GEW-Pressemitteilung vom 25.11.2020 zur Petition:- Dauerstellen für Daueraufgaben – Jetzt Petition unterzeichnen!
“Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten, lange und steinige Karrierewege – die Probleme leugnet heute niemand mehr. Wie ein Brennglas hat die Coronakrise die Defizite von Personalstruktur und Beschäftigungsbedingungen in Hochschule und Forschung noch deutlicher sichtbar gemacht. Unterschreibe jetzt die Petition „Daueraufgaben für Dauerstellen“! …“ GEW-Petition zum unterzeichnen
- Dauerstellen für Daueraufgaben – Jetzt Petition unterzeichnen!
- [DGB-Hochschulreport] Wissenschaft an Hochschulen: Vier von fünf Stellen sind befristet
“… Für den DGB-Hochschulreport wurden fast 11.000 Beschäftigte (sowohl wissenschaftliche als auch nicht-wissenschaftliche) von 55 deutschen Hochschulen und Fachhochschulen befragt. Sowohl die befragten WissenschaftlerInnen als auch die MitarbeiterInnen in Technik und Verwaltung bewerten die Qualität ihrer Arbeitsbedingungen insgesamt schlechter als die zum Vergleich herangezogenen Gruppen: alle Beschäftigten mit (Fach-)Hochschulabschluss und Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Mehr als drei Viertel (78%) der wissenschaftlichen Beschäftigten arbeiten regelmäßig länger als vertraglich vereinbart und leisten dabei durchschnittlich 10 Überstunden pro Woche. Auch bei den Hochschul-MitarbeiterInnen in Technik und Verwaltung arbeiten 61 Prozent regelmäßig länger als vertraglich vereinbart. Im Rahmen der Befragung zum DGB-Hochschulreport gaben zudem 78 Prozent der befragten WissenschaftlerInnen und 16 Prozent der MitarbeiterInnen in Technik und Verwaltung an, dass sie befristet beschäftigt sind. Befristung ist damit an Hochschulen bei allen Beschäftigtengruppen weit überdurchschnittlich verbreitet. Das IAB-Betriebspanel zeigte in 2017 für alle abhängig Beschäftigten in Deutschland einen Befristungsanteil von 8,3 Prozent…“ Meldung vom 16.11.2020 bei DGB zum DGB-Hochschulreport – siehe auch unser Dossier [Kampagne] „Hochschulpakt muss Entfristungspakt werden!“ Frist ist Frust - GEW: „Pandemiebedingte Nachteile ausgleichen, Zeitverträge verlängern“
“Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Bundesrat aufgefordert, der neuen Corona-Verordnung zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) heute grünes Licht zu geben. Die GEW hatte sich für eine weitergehende Regelung ausgesprochen. „Ein Rechtsanspruch auf pandemiebedingte Vertragsverlängerung um ein Jahr für alle befristet Beschäftigten wäre fair und angemessen. Immerhin sieht die Verordnung aber eine Verlängerungsoption vor, die nun von sechs auf zwölf Monate ausgedehnt werden soll. Damit kann vielen Kolleginnen und Kollegen geholfen werden, die in der Coronakrise infolge geschlossener oder eingeschränkt nutzbarer Labors und Archive, abgesagter Forschungsreisen oder eingeschränkter Kinderbetreuungsangebote Verzögerungen von Forschung und wissenschaftlicher Qualifizierung hinzunehmen haben“, sagte Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung der GEW, am Freitag. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Hochschulen und Forschungseinrichtungen von der Verlängerungsoption tatsächlich Gebrauch machten. „Stimmt der Bundesrat heute der vorgelegten Verordnung zu, erwarten wir von den Wissenschaftseinrichtungen eine weitestgehende Umsetzung im Sinne eines kollektiven Nachteilsausgleichs für alle befristet Beschäftigten. Wenn Forschungsprojekte und wissenschaftliche Qualifizierungen in Folge der Pandemie abgebrochen werden müssten, wäre das nicht nur ein schwerer Schlag für die Betroffenen, sondern auch ein Schaden für Wissenschaft und Gesellschaft, den es abzuwenden gilt“, mahnte Keller. Er rief die Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf, mit ihren Betriebs- und Personalräten Vereinbarungen über die pandemiebedingte Verlängerung von Arbeitsverträgen abzuschließen. „In der Krise müssen Arbeitgeber und Personalvertretungen gemeinsam Verantwortung dafür übernehmen, den Schaden für die Wissenschaft zu begrenzen und Nachteile für befristet Beschäftigte zu minimieren. Das kann durch eine Ausschöpfung des Verlängerungszeitraums von bis zu einem Jahr sowie den Verzicht auf individuelle Nachweise für Verzögerungen erreicht werden“, sagte der GEW-Vize. Dazu werde die GEW am Montag eine konkrete Formulierungshilfe vorlegen…“ GEW-Pressemitteilung vom 18.09.2020 - GEW fordert Verlängerung von Zeitverträgen: Ein Jahr extra für alle!
„Durch die Corona-Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vom Mai wurde die zulässige Befristungsdauer um sechs Monate verlängert. Das Bundesforschungsministerium möchte diese Regel per Verordnung ausweiten. (…) Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der GEW und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, begrüßt die Initiative. „Die Coronapandemie hält an, eine zweite Welle ist nicht auszuschließen. Damit gehen weiter erhebliche Beeinträchtigungen von Lehre und Studium, Forschung und wissenschaftlicher Qualifizierung einher. Es ist folgerichtig, den Rahmen für die pandemiebedingte Verlängerung von Arbeitsverträgen auszuweiten“, sagte er. Kritisch sieht der GEW-Hochschulexperte, dass das BMBF plant, Beschäftigungsverhältnisse, die erst nach dem 1. Oktober 2020 abgeschlossen werden, zu benachteiligen. „Warum jemand, dessen Arbeitsvertrag im März 2020 ausgelaufen wäre, um ein volles Jahr verlängert werden kann, aber die Kollegin oder der Kollege, die im Oktober 2020 eingestellt wird, nur ein halbes Jahr in Anspruch nehmen kann, ist nicht nachvollziehbar. Wir fordern zwölf Monate für alle. Pandemiebedingte Verzögerungen können erhebliche Auswirkungen auf die wissenschaftliche Arbeit haben,“ erklärte Keller. (…) Keller forderte das Ministerium auf, mit der Verordnung einen Gesetzentwurf für eine weitere WissZeitVG-Novelle vorzulegen, „die aus der Option auf Vertragsverlängerung einen Rechtsanspruch der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler macht.“ Auch die studentischen Beschäftigten sollten in die Regelung einbezogen werden, mahnte Keller. Bis dahin sollten die Hochschulen und Forschungseinrichtungen „großzügig von der Verlängerungsoption Gebrauch machen und sich mit ihren Betriebs- und Personalräten auf entsprechende Vereinbarungen verständigen“, ergänzte er…“ GEW-Pressemitteilung vom 19. August 2020 - Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) zu Beschäftigungsverhältnissen in der Wissenschaft
“Gesellschaftliche Dynamiken machen vor der Wissenschaft nicht halt. In den letzten Jahrzehnten haben staatliche (De-)Regulierungen, Aktivierungspolitiken und neue Formen von ›governance‹ sowie eine zunehmende Ökonomisierung die Bildung im Allgemeinen und die Hochschulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen im Besonderen geprägt. Im Sinne eines ›akademischen Kapitalismus‹ verschärft sich der Wettbewerb um Forschungsgelder und Stellen bei gleichzeitiger Unterfinanzierung der Hochschulen fortwährend. Eine wesentliche Folge ist die Prekarisierung von Arbeits- und Beschäftigungsverhältnissen in der akademischen Forschung und Lehre. In jüngerer Vergangenheit wird diese Situation vermehrt öffentlich debattiert und kritisiert. Auch die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) sieht diese Entwicklungen mit Sorge und fordert ein Umdenken in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik sowie strukturelle Veränderungen im deutschen Wissenschaftssystem. Entsprechende Reformen dürfen nicht bei der äußerst zurückhaltenden jüngsten Neuregelung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes im Jahr 2016 stehen bleiben. Am stärksten treffen die genannten Entwicklungen den sogenannten akademischen Mittelbau – die bei Weitem größte Beschäftigtengruppe an wissenschaftlichen Einrichtungen. Für sie sind die Beschäftigungsperspektiven in der Wissenschaft schwer zu planen. Die überwiegende Mehrheit an wissenschaftlichen Hochschulen arbeitender Wissenschaftler*innen sieht sich mit (meist unfreiwilliger) Teilzeitbeschäftigung, Befristung, Kettenverträgen und nicht sozialversicherungspflichtigen Stipendien konfrontiert. Ein Blick in die Personalstatistik der Hochschulen belegt die verschärfte Konkurrenzsituation des Mittelbaus in der deutschen Wissenschaft eindrücklich: Von 2008 bis 2018 hat sich die Gruppe der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter*innen an deutschen Universitäten um 49.316 (von 127.594 auf 176.910) Personen vergrößert. Von dieser Entwicklung ist auch die Soziologie betroffen (von 1.231 auf 1.735). Der weit überwiegende Teil der Mitarbeiter*innen wird über Drittmittel finanziert, mehr als die Hälfte der im Rahmen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes abgeschlossenen Verträge hat eine Laufzeit von weniger als einem Jahr. Dagegen wurde die Zahl der Professor*innen (ohne Juniorprofessor*innen) in der gleichen Zeit nur um 2.806 (von 20.349 auf 23.155) erhöht. Parallel wurden unbefristete Stellen abseits der Professur immer weiter abgebaut. Im internationalen Vergleich weist Deutschland einen äußerst geringen Anteil an festen Stellen im Wissenschaftssystem auf, konkret derzeit ca. 15 % im Mittelbau. Vom wissenschaftlichen und künstlerischen Personal unter 45 Jahren sind gar 93 % befristet beschäftigt. (…) Die DGS schließt sich der Forderung der Hochschulrektorenkonferenz nach einer Ausweitung der Grundfinanzierung und mehr unbefristeten Stellen sowie den Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu einer Neuordnung der Karrierewege in der Wissenschaft durch die Einführung von Tenure-Track-Professuren (mit entsprechender Ausstattung), einen Zuwachs an Professuren insgesamt und die Etablierung des Karriereziels einer unbefristeten Beschäftigung als Wissenschaftler/in an. (…) Die DGS ist der Auffassung, dass die autonome und innovative wissenschaftliche Wissensproduktion von destruktiver Ökonomisierung, vermeintlich marktförmigen Wettbewerbsmodellen und einer strukturell bedingten Prekarisierung des Personals bedroht ist. Kooperation und Planbarkeit sind grundlegende Bedingungen wissenschaftlichen Arbeitens und fördern die Qualität von Forschung und Lehre…“ Stellungnahme vom 27.05.2020 bei der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) - Prekär von Staats wegen: An Deutschlands Unis ist Selbstausbeutung die Hauptbeschäftigung
“… Nicht minder aufschlussreich war ein Redebeitrag der Bundeskanzlerin zum 20jährigen Bestehen der Helmholtz-Gemeinschaft im Juni 2015 in Berlin: Dabei nannte sie es „eine der schwierigen Aufgaben, die Balance zwischen Dynamik und Sicherheit zu finden“. Einerseits könne eine Gesetzesreform ein Beitrag sein, um „Fehlentwicklungen bei Befristungen“ zu begegnen, andererseits warnte sie vor allzu starren Regelungen. „Denn was einmal fixiert ist, ist in unserer Gesellschaft auch nicht ganz einfach wieder zu entfixieren.“ Mehr „Sowohl-als-auch“ geht kaum, und im Zweifelsfall hat Angela Merkel (CDU) in der Vergangenheit immer zu den Arbeitgebern gehalten. So auch in diesem Fall. Wirklich „fixiert“ wurde nichts, womit sich auch das „Entfixieren“ erübrigt. Mehr als ein Alibigesetz ohne Substanz und ohne echten Nutzen für die Leidtragenden, dafür mit wie gehabt weitreichenden Freiheiten ihrer Dienstherren beim Befristen und Ausbeuten sprang bei der Novelle nicht heraus. Aber die Hochschulen wollen noch mehr. In ihrer Bayreuther Erklärung vom Herbst 2019 drängten die Universitätskanzler, die für Haushalte und Personal zuständig sind, auf eine „weitere Entwicklung“ von Befristungsmöglichkeiten für wissenschaftliche Mitarbeiter . Dabei heben sie einmal mehr auf die „Rolle der Universitäten als Qualifizierungssystem“ ab, in dem praktisch nichts nicht dem Zweck der Ausbildung – der Studierenden nebst sämtlicher Wissenschaftler außer Professoren – unterliegt. Damit, warnt GEW-Vize Keller, „sind einer ausgedehnten Interpretation des Qualifizierungsbegriffs Tür und Tor geöffnet“. Die Verlogenheit hinter solchen Vorstößen offenbart ein Blick aufs Große und Ganze. Gassmann konstatiert in ihrer Studie, das einstige Ziel des WissZeitVG, „einen sicheren Rechtsrahmen für die Befristung von Arbeitsverträgen in der wissenschaftlichen Qualifizierung zu schaffen, wird verfehlt“. So habe sich zwar die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter von 1994 bis 2018 mehr als verdoppelt, die Zahl der Promotionen sei aber nicht einmal um ein Viertel gestiegen und die der Habilitationen nahezu unverändert geblieben. Woraus sie folgert, „dass ein nicht unerheblicher Teil der befristeten Beschäftigten keine formale Qualifizierung während ihrer Beschäftigung an den Hochschulen erwirbt“. Für die Wissenschaftlerin stellt sich so auch die Frage nach der Existenzberechtigung des Gesetzes, „wenn der Nutzen womöglich lediglich in der nicht formalen Qualifizierung der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liegt“. Das ließe sich zuspitzen: Vielleicht lag und liegt der Nutzen des Regelwerks ja darin, möglichst viel aus den Beschäftigten herauszupressen, um den Vorstehern eines Hochschulwesens auf Sparflamme (Haushaltskonsolidierung, Schuldenbremse, schwarze Null) einen Rest an finanzieller Handlungsfähigkeit zu bewahren. Die Suche nach den Schuldigen des WissZeitVG wie seiner „vermasselten“ Novellierung müsste dann zuerst im Berliner Regierungsapparat ansetzen, wo seit 2005 eine Kanzlerin residiert, die bei Sonntagsreden von der „Bildungsrepublik Deutschland“ und „Leuchttürmen der Wissenschaft“ schwadroniert, während im wirklichen Leben Kitas, Schulen und Hochschulen finanziell und personell ausbluten…“ Artikel von Ralf Wurzbacher vom 13.03.2020 bei den Nachdenkseiten - GEW: „Befristung eindämmen, Wissenschaftszeitvertragsgesetz reformieren!“ – Bildungsgewerkschaft präsentiert erste Evaluation des Gesetzes seit der 2016er-Novelle
“Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat sich für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) noch in dieser Wahlperiode ausgesprochen. „Die WissZeitVG-Novelle wirkt – ein bisschen. Mit diesem Befund lassen sich die Ergebnisse der ersten Evaluation des Gesetzes seit der Novellierung 2016 zusammenfassen. Ein bisschen ist aber nicht genug. Bundestag und Bundesrat müssen jetzt nachsteuern und eine Reform des Gesetzes auf den Weg bringen, die die Befristung wirksam eindämmt, und für Dauerstellen für Daueraufgaben, verbindliche Mindestvertragslaufzeiten sowie verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft sorgt“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, mit Blick auf die Vorstellung der Evaluationsergebnisse im Rahmen eines GEW-Kongresses in Berlin. Die WissZeitVG-Novelle hat fast keinen Einfluss auf die hohe Befristungsquote beim wissenschaftlichen Personal, lautet das Resultat der Studie von Freya Gassmann, Universität des Saarlandes, die sich auf Daten des Statistischen Bundesamts stützt. Diese liegt bei 80 Prozent, bei den wissenschaftlichen Angestellten an Universitäten sogar bei 89 Prozent – vor dem In-Kraft-Treten der Novelle waren es 82 bzw. 90 Prozent. Die Laufzeiten der befristeten Arbeitsverträge (Erstverträge ohne Verlängerungen) haben sich nach einer repräsentativen Analyse von Stellenausschreibungen in Folge der Novelle moderat um durchschnittlich vier Monate von 24 auf 28 Monate verlängert. „Es rächt sich, dass der Gesetzgeber vor vier Jahren zwar einige Vorschläge der GEW aufgegriffen, aber nur unzureichend umgesetzt hat. Unbestimmte Rechtsbegriffe im Gesetzestext öffnen Schlupflöcher, die Hochschulen und Forschungseinrichtungen für die Fortsetzung ihrer maßlosen Befristungspraxis nutzen können. Dem müssen Bundestag und Bundesrat jetzt einen Riegel vorschieben“, mahnte Keller. Der GEW-Vize sprach sich insbesondere für eine präzise Definition des Begriffs der Qualifizierung sowie die Verankerung verbindlicher Mindestvertragslaufzeiten im Gesetz aus. „Mit dem WissZeitVG soll die Qualifizierung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gefördert werden. Der Qualifizierungsbegriff darf aber nicht beliebig gefüllt werden, sondern muss sich im Kern auf die Promotion oder die strukturierte Vorbereitung auf eine Professur durch eine Habilitation oder eine vergleichbare Leistung beziehen. Die Arbeitsverträge müssen so lange laufen, dass die Qualifizierung in dem Zeitraum erfolgreich abgeschlossen werden kann. Sie dürfen nicht kürzer als drei Jahre sein“, betonte Keller. „Darüber hinaus brauchen wir eine verbindliche Ausgestaltung der familienpolitischen Regelungen des Gesetzes, die einen Nachteilsausgleich für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Kindern garantiert. Zeitverträge nach der Promotion dürfen nur noch zulässig sein, wenn gleichzeitig eine berechenbare akademische Laufbahn über einen ‚Tenure Track‘ angeboten wird. Und schließlich muss die Tarifsperre endlich aus dem Gesetz gestrichen werden: Den Gewerkschaften darf nicht länger verboten werden, mit den Arbeitgebern sachgerechte Befristungsregelungen auszuhandeln“, ergänzte Keller die Vorschläge der Bildungsgewerkschaft.“ GEW-Presseinformation vom 11.03.2020- Die vollständigen Ergebnisse der von der GEW-nahen Max-Traeger-Stiftung geförderten wissenschaftlichen Untersuchung von Freya Gassmann hat die GEW unter dem Titel „Befristete Beschäftigung von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Hochschulen in Deutschland – Eine erste Evaluation der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes veröffentlicht
- GEW zur Bundestagsdebatte zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz: „Befristungswesen in der Wissenschaft eindämmen – jetzt!“
“Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Deutschen Bundestag zu einer Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) noch in dieser Wahlperiode aufgefordert. „Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten, lange und steinige Karrierewege – Lehre und Forschung an deutschen Hochschulen erfolgen unter höchst prekären Bedingungen. Es wird höchste Zeit, dass das Parlament Schlupflöcher im Gesetz stopft, damit es endlich mehr Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindestlaufzeiten für Zeitverträge und verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft gibt“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, aus Anlass der heutigen Plenardebatte des Bundestags zum WissZeitVG. „Die Bundesregierung verschleppt die Fertigstellung der 2020 vorgesehenen Evaluation des WissZeitVG bis 2022, also bis nach der nächsten Bundestagswahl. So lange können weder die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warten, die sich von einem Kurzzeitvertrag zum nächsten hangeln müssen, noch die Studierenden, deren Betreuung unter dem Hire-and-Fire-Prinzip leidet. Der Bundestag muss daher schon jetzt die Weichen für eine Reform des Gesetzes stellen und das Befristungswesen in der Wissenschaft eindämmen“, mahnte Keller. Als vordringlich für eine WissZeitVG-Novelle erklärte Keller eine präzise Eingrenzung der Voraussetzungen für eine Befristung und die verbindliche Vorgabe von Mindestvertragslaufzeiten. „Geht es nach den Kanzlerinnen und Kanzlern der Universitäten, kann praktisch jede Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler mit einem Zeitvertrag abgespeist werden. Dem muss der Gesetzgeber einen Riegel vorschieben. Nur wenn sich jemand beispielsweise durch eine Promotion wissenschaftlich qualifiziert, ist eine befristete Beschäftigung gerechtfertigt“, sagte der GEW-Vize. „Ich freue mich, dass die Fraktionen der FDP und der Linken im Bundestag die Diskussion über eine Reform des WissZeitVG wieder auf die Tagesordnung gesetzt haben. Auf dem 10. Follow-up-Kongress der GEW zum Templiner Manifest am 11. März in Berlin werden wir mit neuen Daten zu den Auswirkungen des Gesetzes auf die Befristungspraxis an den Hochschulen einen eigenen Debattenbeitrag leisten“, kündigte Keller an.“ GEW-Pressemitteilung vom 14.02.2020 - Hochschule: Das berechtigte Misstrauen der Befristeten
„Frist ist Frust“: Die Politik sollte endlich eine umfassende Bestandsaufnahme bei Befristungen in der Wissenschaft machen. ES IST EIN OFFENER BRIEF der offenen Enttäuschung. Ein „Gefälligkeitsgutachten“ sei das, was das Bundesforschungsministerium da in Auftrag geben wolle, kritisierten die Unterzeichner die „sehr geehrte Frau Ministerin“ Anja Karliczek. Und sie verkündeten: Da machen wir nicht mit. Die Briefeschreiber, unter ihnen der Jenaer Soziologieprofessor Tilman Reitz, gehören zum sogenannten Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft, womit der Haupt-, – der einzige – Zweck dieses Bündnisses griffig zusammengefasst ist. Als neulich die Wissenschaftspakte ausgehandelt wurden, demonstrierten die Leute vom „NGA Wiss“ vor Karliczeks Ministerium, sie hielten symbolisch ihre Kettenverträge in die Pressekameras und riefen das Motto ihrer (gemeinsam mit der GEW initiierten) Kampagne in die Mikrofone: „Frist ist Frust“. (…) Der Grund für ihr Misstrauen hat einen Namen, und der ist lang: Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Es erlaubt Hochschulen und Forschungseinrichtungen, ihre Mitarbeiter über 12 Jahre hinweg befristet zu beschäftigen – ohne Aussicht oder gar Garantie auf eine Festeinstellung. Wechselt ein Mitarbeiter auf durch Drittmittel finanzierte Stellen, kann er sogar noch länger – unter den richtigen Umständen: beliebig lang – auf Zeitverträgen weitermachen. (…) Fest steht: Der Frust in der Wissenschaft über die Arbeitsbedingungen ist so groß geworden, dass die Politik einer vollständigen Bestandsaufnahme nicht mehr ausweichen sollte. Sie müsste dann allerdings auch bereit sein, wirklich etwas zu ändern. Ministerin Karliczek betont immer wieder, dass genau das ein zentrales Ziel des milliardenschweren Zukunftsvertrages sei. Wenn das stimmt, sollte ihr Ministerium eigentlich sogar an der von der „NGA Wiss“ geforderten Öffnung der Evaluation interessiert sein. Es könnte ihm zusätzliche Argumente geben, die Länder unter Druck zu setzen.“ Beitrag von Jan-Martin Wiarda vom 17. Juni 2019 auf seiner Homepage (Beitrag erschien am 16. Juni auch beim Tagesspiegel) - Zeitverträge an Hochschulen: Jede vierte Verwaltungsstelle befristet
„… Dass Hochschulen und Forschungseinrichtungen in der Kategorie „prekäre Arbeitgeber“ ganz vorn liegen, ist seit Jahren ein Problem und wurde im März durch den Bundesbericht für den wissenschaftlichen Nachwuchs noch einmal bestätigt. Die große Mehrheit der wissenschaftlichen MitarbeiterInnen hangelt sich von Zeitvertrag zu Zeitvertrag. Doch nicht nur ForscherInnnen müssen mit befristeten Verträgen vorlieb nehmen. Jede vierte Stelle beim sogenannten wissenschaftsunterstützenden Personal ist keine Dauerstelle. Wie die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag mitteilt, waren 2015 knapp 72.000 hauptamtliche MitarbeiterInnen im Verwaltungsdienst, in der Technik oder sonstigen Bereichen befristet beschäftigt. Die überwiegend öffentlich finanzierten Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind Sonderarbeitszonen, für die ein eigenes Arbeitsrecht gilt, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz. WissenschaftlerInnen können demnach in der Qualifizierungsphase, also vor und nach der Promotion für sechs Jahre befristet eingestellt werden. Außerdem können sie für Forschungsprojekte, die nicht aus dem Grundetat, sondern über Drittmittel finanziert werden, auf Zeit angestellt werden…“ Beitrag von Anna Lehmann vom 30. März 2017 bei der taz online - GEW: „Befristungsunwesen konsequent eindämmen!“ Bildungsgewerkschaft zum Jahrestag der Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat Hochschulen und Forschungseinrichtungen aufgerufen, das novellierte Wissenschaftszeitvertragsgesetz konsequent umzusetzen. „Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten – das Befristungsunwesen in der Wissenschaft ist aus dem Ruder gelaufen. Dem müssen die Wissenschaftseinrichtungen entschlossen entgegenwirken. Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindestlaufzeiten für Zeitverträge: Die vor einem Jahr in Kraft getretene Gesetzesnovelle hat dafür eine gute rechtliche Grundlage geschaffen“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, am Donnerstag in Frankfurt a.M. (…) Bund und Länder forderte Keller auf, durch eine nachhaltige Wissenschaftsfinanzierung die Rahmenbedingungen für stabile Beschäftigung in Hochschule und Forschung zu verbessern. „Exzellenzstrategie, Hochschulpakt, Qualitätspakt Lehre – die Politik geizt nicht, immer neue Förderprogramme aus dem Boden zu stampfen. Läuft die Förderung aus, werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Straße gesetzt. Wir brauchen endlich auch eine spürbare Verbesserung der Grundfinanzierung der Hochschulen. Bund und Länder sollten die 2014 beschlossene Lockerung des Kooperationsverbots nutzen und die Weichen für eine Entfristungsoffensive im akademischen Mittelbau stellen“, erklärte der GEW-Vize…“ GEW-Pressemitteilung vom 16. März 2017 - Ein Jahr neues Befristungsrecht in der Wissenschaft: Statt Dauerstelle Aus nach zwei Jahren
„Das neue Befristungsrecht in der Wissenschaft hält nicht, was sich viele versprochen haben: Institute scheuen Risiken, Kurzzeitverträge werden fantasievoll begründet. Mehr und mehr befristete Arbeitsverhältnisse mit zunehmend kürzeren Laufzeiten: Diese Diagnose aus dem Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs hatte vor vier Jahren den Weg für eine Reform freigemacht. In der Großen Koalition war man sich darüber einig, dass das „Befristungsunwesen“ ein Ende haben müsse. Mit dem neuen, im März 2016 in Kraft getretenen Wissenschaftszeitvertragsgesetz muss die Laufzeit von Arbeitsverträgen der angestrebten Qualifizierung „angemessen“ sein. Und die Befristung von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Drittmittelprojekten soll sich am bewilligten Projektzeitraum orientieren. Doch ein Jahr später scheint sich die Lage der Nachwuchswissenschaftler kaum verbessert zu haben. (…)„Die Universitäten und Forschungsinstitute mogeln, jedes Schlupfloch wird genutzt“, sagt zumindest Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und Leiter des Hochschulbereichs der GEW. Wie schon 2015 bei der Vorbereitung der Gesetzesreform befürchtet, werde „alles Mögliche als Qualifizierung deklamiert und erneut für Kurzzeitbefristungen genutzt“. (…) Die GEW wirft Hochschulen und Forschungsinstituten eine „Blockade“ vor. Sie wollten signalisieren „jetzt geht gar nichts mehr“, um nicht in zusätzliche Dauerstellen investieren zu müssen, sagt Andreas Keller. Doch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mit vorgeschobenen Kurzzeit-„Qualifikationen“ befristet beschäftigt werden, sei das neue Zeitvertragsgesetz von Vorteil: „Sie können klagen und dann muss das Arbeitsgericht klären, ob tatsächlich eine Qualifizierung erfolgt und ob die Vertragsdauer angemessen ist – oder ob sie doch Daueraufgaben in Forschung und Lehre erfüllen und entfristet werden müssen.“…“ Beitrag von Amory Burchard vom 14. Februar 2017 beim Tagesspiegel online
- GEW: „Neues Befristungsrecht jetzt durchsetzen!“ – Bildungsgewerkschaft: Wissenschaftszeitvertragsgesetz tritt in Kraft
„… Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßt, dass das novellierte Wissenschaftszeitvertragsgesetz jetzt in Kraft tritt. Die Bildungsgewerkschaft fordert die Arbeitgeber auf, das neue Befristungsrecht „aktiv umzusetzen“. „Die Novelle ist zwar in vielen Punkten hinter den Forderungen der GEW zurückgeblieben. Aber im Ergebnis hat sich die Rechtsposition befristet Beschäftigter an Hochschulen und Forschungseinrichtungen verbessert – wenn die neuen Befristungsregelungen nicht unterlaufen, sondern konsequent angewendet werden“, sagte der stellvertretende GEW-Vorsitzende und Hochschulexperte Andreas Keller heute in Frankfurt a.M. Der Deutsche Bundestag hatte die Novelle im Dezember 2015 verabschiedet, mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt treten die neuen Bestimmungen am 17. März in Kraft…“ GEW-Pressemitteilung vom 16. März 2016
- Prekäre Beschäftigung in der Wissenschaft: Lehrbeauftragte arbeiten für drei Euro pro Stunde
Die große Koalition ignoriert 90.000 Lehrbeauftragte mit Hungerlöhnen, schreibt Peter Grottian in einem Gastbeitrag. Er fordert ein Förderprogramm. Artikel von Peter Grottian vom 6.2.2016 beim Tagesspiegel online
Aus dem Text: „… Während es im öffentlichen Dienst sonst völlig üblich ist, dass ein beginnender Hilfsreferent in einem Landesministerium, ein Lehrer in der Schule oder Referent in der Stadtverwaltung mit einem vollen Gehalt (A 12/13) beginnt, werden die wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Hochschulen nur mit halben oder Zwei-Drittel-Gehältern abgefertigt. Dazu schweigt der Bund und die Länder sowieso. In den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst klammern die Gewerkschaften und öffentlichen Arbeitgeber das Thema in struktureller Komplizenschaft aus. Von der Politik vollkommen vergessen sind die 90.000 Lehrbeauftragten an den Hochschulen, die oft zu Drei-Euro-Stundenlöhnen arbeiten müssen. (…) Dabei wäre eine brauchbare Lösung so einfach: Der Bund beschließt mit Zustimmung der Länder ein Förderprogramm für die Lehrbeauftragten der Hochschulen, das ihre Vergütung um 50 Prozent erhöht. (…) Die Lehrbeauftragten sind nämlich die Ausputzer des defizitären Lehrbetriebs. Überall, wo das Curriculum ächzt, wo Lücken für prüfungsrelevante Lehrveranstaltungen auftauchen: Die Lehrbeauftragten schließen sie. Miserabel bezahlt mit 23 bis 28 Euro die Doppelstunde oder auch zum Nulltarif. Von wegen Mindestlohn, Frau Nahles. Blanke Ausbeutung. Aber die SPD hat sich für solche Menschen genauso wenig interessiert wie Uni-Präsidenten, die Hochschulrektorenkonferenz und die Bundeswissenschaftsministerin. Sie halten das für überzogen? Nein, die Stundenlöhne für Lehrbeauftragte liegen tatsächlich oft bei drei Euro. (…) Aber in der politischen Selbstorganisation sind die Lehrbeauftragten einzelkämpferische Individualisten. Der Protest, den die GEW im vergangenen Jahr organisiert hatte, ist weitgehend in sich zusammengefallen. Die Lebensverhältnisse von Lehrbeauftragten sind so fragil, dass dafür keine Zeit ist…“
- Wissenschaftszeitvertragsgesetz: Yeah, die prekäre Beschäftigung ist gesichert
„Das Gesetz über akademische Zeitverträge wird reformiert. Das Ende des Wissenschaftsprekariats? Nein. Gebraucht werden Professuren. Es kommen schwammige Regeln…“ Ein Kommentar von Tina Groll vom 18. Dezember 2015 bei der Zeit online
- „Ich empfinde das auch als entwürdigend“ – Zumutungen prekarisierter Arbeitsbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs
„Wer die Wissenschaft als Beruf betreibt, wird häufig mit extremen Bedingungen konfrontiert. Auf der einen Seite mit dem Privileg vergleichsweise selbstbestimmter und selbst organisierter Arbeit, die freier Zeiteinteilung unterliegt und die nicht allein dem Erwerb dient, sondern vor allem Sinn und Identität stiftet. Auf der anderen Seite gibt es im Feld der Hochqualifizierten kaum eine Berufsgruppe, die unter entsprechend prekären Bedingungen tätig ist…“ Artikel von Andrea Lange-Vester in spw (Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft) 6/2015 , mit dem Themenschwerpunkt „Wissensarbeit und Hochschulpolitik“
- Etappensieg im Kampf gegen Befristungsmissbrauch
„Die GEW wertet die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes als „wichtigen Teilerfolg“. „Die Gesetzesänderung der Großen Koalition bleibe jedoch in vielen Punkten hinter den Forderungen der Gewerkschaft zurück. (…) Der Bundestag habe zwar etliche Vorschläge der GEW aufgegriffen und die sachgrundlose Befristung aus dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz gestrichen sowie Kurzzeitverträgen enge Grenzen gesetzt. Der Empfehlung der GEW nach einer festen Untergrenze von drei Jahren sei der Gesetzgeber jedoch nicht gefolgt. Zudem bleibe das Gesetz an vielen Stellen zu vage…“ GEW-Pressemitteilung vom 17.12.2015 , siehe dazu auch: Frist oder Stirb? Wissenschaftszeitvertragsgesetz bleibt Befristungsmonster. Pressemitteilung des fzs vom 18.12.2015
- Bundesweite Aktionstage gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen – Studierende kritisieren Novelle des WissZeitVG
„Am 1.12. findet in mehreren Städten ein Aktionstag für bessere Beschäftigungsbedingungen an Hochschulen statt. Im Kern geht es bei diesen Aktionen um Entlohnung, Entfristungen, eine angemessene Ausgestaltung von Stellen und demokratische Aushandlung der eigenen Arbeitsbedingungen im Rahmen von Tarifverträgen. Wo er noch nicht existiert, wird die Einführung des Tarifvertrags gefordert. An vielen Orten richtet sich der Protest gegen des Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) und das Tarifeinheitsgesetz, das nichts anderes als die Gängelung gewerkschaftlicher Arbeit darstellt. (…) An vielen Hochschulen, u.a. Darmstadt, Marburg, Hannover, Vechta, Braunschweig, Lüneburg, Würzburg, Passau, Bamberg und Bonn wird es darüber hinaus Vollversammlungen studentischer Beschäftiger geben, die sich mit den angesprochenen Themen befassen.“ Pressemitteilung des fzs vom 30. November 2015
- Die Regierung hat sich stets bemüht – Anhörung zeigt Defizite in Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes auf
„Heute fand im Wissenschaftsausschuss des Bundestages eine Anhörung zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes statt. Neben der fehlenden studentischen Stimme kritisiert der freie zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) vorallem die argumentativen Leerstellen bei den Themen studentische Hilfskräfte und Familienfreundlichkeit…“ fzs-Pressemitteilung vom 11.11.2015- Siehe dazu die Stellungnahme des fzs zur Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vom 8.11.2015 : „Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist nicht nur ein Wortungetüm, sondern vor allem ein Ungetüm für die Beschäftigten. Es erlaubt den Hochschulen, viel härter zu befristen als es sonst überall üblich ist. Außerhalb der Hochschulen wirkt das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Hier muss nach einem (sachgrundlos) befristeten Arbeitsverhältnis von zwei Jahren bei dem*der gleichen Arbeitgeber*in eine unbefristete Stelle folgen. In der Wissenschaft hingegen darf viel stärker sachgrundlos befristet werden. Stellen dürfen für insgesamt sechs (statt zwei) Jahre befristet werden – und innerhalb dieser sechs Jahre sind Monats- und Jahresverträge eher die Regel als die Ausnahme. 53% der Befristungen an Hochschulen haben eine Dauer von unter einem Jahr…“
- Hochschulen: 90 Prozent befristete Stellen: Befristungen an Hochschulen eindämmen – Gesetz nachbessern
„Rund 90 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an deutschen Hochschulen haben nur einen befristeten Vertrag. Deshalb ist „eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes überfällig“, fordert die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung müsse in einigen Punkten korrigiert werden…“ DDB-Pressemitteilung vom 11.11.2015
- GEW: „Zeitvertrags-Novelle darf kein Papiertiger werden“. Bundestagsanhörung: Bildungsgewerkschaft fordert Überarbeitung des Regierungsentwurf
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat sich für eine Überarbeitung des Regierungsentwurfs für die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) ausgesprochen. „Wer von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern exzellente Forschung und Lehre erwartet, muss ihnen faire Beschäftigungsbedingungen und verlässliche Berufsperspektiven bieten. Die überfällige Reform des Gesetzes darf kein Papiertiger werden, sondern muss ‚Hire and Fire‘ an Hochschulen und Forschungseinrichtungen wirksam eindämmen…“ GEW-Pressemitteilung vom 11.11.2015
- GEW: „Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht“. Bildungsgewerkschaft: Regierungsentwurf zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz überarbeiten!
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Bundestag gemahnt, den von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes gründlich zu überarbeiten. „Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten – es ist allerhöchste Zeit, dass der Gesetzgeber dem Befristungswahn von Hochschulen und Forschungseinrichtungen einen Riegel vorschiebt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung greift zwar viele gute Ideen der GEW auf – aber: gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Die Formulierungen sind zu weich und unbestimmt, um das Befristungsunwesen in der Wissenschaft wirksam einzudämmen. Das Parlament muss den Gesetzentwurf umfassend verbessern“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, am Donnerstag mit Blick auf die erste Lesung des Gesetzentwurfs in der heutigen Sitzung des Bundestages…“ GEW-Meldung vom 5.11.2015 Siehe dazu auch:- Hire & Fire an Hochschulen bleibt in Kraft
„Die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) geht heute in die erste Lesung im Bundestag. Dieses Gesetz ist derzeit verantwortlich für das Befristungsunwesen an den Hochschulen. Anlässlich der Einbringung übt der freie zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) Kritik an der unzureichenden Neufassung…“ fzs-Pressemitteilung vom 05.11.2015
- Hire & Fire an Hochschulen bleibt in Kraft
- Dieser Herbst wird aktiv! Aktionswoche Traumjob Wissenschaft 2. bis 6. November 2015
In diesem Herbst werden in der Wissenschaft Weichen gestellt: Das Gesetzgebungsverfahren für ein neues Befristungsrecht ist eingeleitet, Bund und Länder verhandeln über einen Pakt für stabilere Beschäftigungsbedingungen. Um den Druck auf Bund, Länder und Hochschulen weiter zu erhöhen, ruft die GEW für den 2. bis 6. November 2015 zu einer bundesweiten Aktionswoche „Traumjob Wissenschaft“ auf – siehe die Aktionsseite und hier dazu:- Auftakt der Aktionswoche Traumjob Wissenschaft in Berlin
„In roten und grünen Ganzkörperanzügen und mit lauten Trommeln sind am Montag 50 Aktivistinnen und Aktivisten von der Humboldt-Universität zum Brandenburger Tor gezogen. Sie protestierten damit gegen das Befristungsunwesen in der Wissenschaft…“ GEW-Meldung vom 02.11.2015 , siehe dazu das Video zum Flashmob: Auftakt der Aktionswoche: „50 Aktivistinnen und Aktivisten waren am Montag, 2. November in Berlin beim Flashmob zum Auftakt der Aktionswoche Traumjob Wissenschaft auf der Straße zum Brandenburger Tor dabei. Jetzt gibt es ein Video der Aktion!“ GEW-Video vom 03.11.2015 bei youtube
- GEW: „Druck auf Große Koalition erhöhen!“ Zeitverträge in der Wissenschaft: Bildungsgewerkschaft fordert Reform und startet Aktionswoche
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erhöht in dieser Woche den Druck auf die Große Koalition, um eine Reform des Zeitvertragsrechts in der Wissenschaft durchzusetzen. „Neun von zehn wissenschaftlichen Angestellten an Hochschulen haben einen Zeitvertrag, über die Hälfte der Zeitverträge läuft nicht einmal ein Jahr. Mit diesem Befristungswahn muss endlich Schluss sein! (…) Am Donnerstag wird der Bundestag den Entwurf der Bundesregierung für eine Novellierung des Gesetzes in erster Lesung beraten…“ GEW-Pressemitteilung vom 2.11.2015
- Internationale Unterstützung für die GEW Aktionswoche
„Die britische Hochschulgewerkschaft UCU (University and College Union) unterstützt energisch die GEW-Aktionswoche Traumjob Wissenschaft. Auch das Europäische Gewerkschaftskomitee für Bildung und Wissenschaft (ETUCE) hat seine Solidarität erklärt…“ GEW-Meldung vom 30.10.2015
- Auftakt der Aktionswoche Traumjob Wissenschaft in Berlin
- GEW: „Bundesrat muss bei Zeitverträgen in der Wissenschaft auf Verbesserungen pochen“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Bundesrat aufgefordert, in das Gesetzgebungsverfahren zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz einzugreifen. „Der Gesetzentwurf, den die Bundesregierung im September vorgelegt hat, greift eine Reihe von Vorschlägen der GEW auf, bleibt aber in vielen Punkten vage und unbestimmt. Wir erwarten von den Ländern, dass sie über den Bundesrat auf substanzielle Verbesserungen des Regierungsentwurfs pochen“, sagte der stellvertretende GEW-Vorsitzende und Hochschulexperte, Andreas Keller, mit Blick auf die Sitzung des Bundesrats, die morgen in Berlin stattfindet…“ GEW-Pressemitteilung vom 15.10.2015
- fzs: „Wissenschaftszeitvertragsgesetz-Änderung ist eine Mogelpackung“
„Am heutigen Freitag befasst sich der Bundesrat mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) und der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Novelle. Er wird u.a. über eine Ausschussvorlage diskutieren, welche die Aufhebung der umstrittenen Tarifsperre sowie Änderungen bei den familienrechtlichen Regelungen fordert. Außerdem kritisiert der Kulturausschuss des Bundesrates ebenso wie der fzs die Pläne für Einschränkungen für studentische Beschäftigte. Den Entwurf beurteilt Ben Seel, Vorstand im fzs, folgendermaßen: „Was die Bundesregierung vorlegt, ist die reinste Mogelpackung. Fast überall sind die Regelungen so schwammig, dass sich die katastrophale Befristungslage kaum ändern wird…“ fzs-Mitteilung vom 16.10.2015 (noch nicht online )
- Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
„Aktuell wird das Wissenschaftszeitvertragsgesetz novelliert. Was das ist, worum es geht und welche wenigen Verbesserungen und vielen Verschlechterungen es gibt soll dieser kleine Infotext klären. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist nicht nur ein Wortungetüm, sondern vor allem ein Ungetüm für die Beschäftigten. Es erlaubt den Hochschulen, viel härter zu befristen als es sonst überall üblich ist. Außerhalb der Hochschulen wirkt das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Hier muss nach einem (sachgrundlos) befristeten Arbeitsverhältnis von zwei Jahren bei dem*der gleichen Arbeitgeber*in eine unbefristete Stelle folgen. In der Wissenschaft hingegen darf viel stärker sachgrundlos befristet werden. Stellen dürfen für insgesamt sechs (statt zwei) Jahre befristet werden – und innerhalb dieser sechs Jahr sind Monats- und Jahresverträge eher die Regel als die Ausnahme. 53% der Befristungen an Hochschulen haben eine Dauer von unter einem Jahr. Im Wissenschaftssystem sind unbefristete Veträge außerhalb der Professur in der Folge so undenkbar, dass nachdem Menschen sechs Jahre (die Maximalbefristungsdauer) gearbeitet haben, ihnen praktisch keine Stellen mehr zur Verfügung stehen…“ fzs-Info vom 09.10.2015
- GEW: „Zeitverträge in der Wissenschaft: Tippelschritte führen nicht zur Reform“. Bildungsgewerkschaft: Regierungsentwurf überarbeiten
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat sich für eine Überarbeitung des heute vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurfs zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ausgesprochen. „Zwar ist die Regierung der GEW in einzelnen Punkten etwas entgegengekommen und hat den Referentenentwurf von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) nachgebessert. Doch der Gesetzentwurf lässt weiter zu viele Schlupflöcher, das Hire-and-Fire-Prinzip an Hochschulen und Forschungseinrichtungen fortzusetzen. Tippelschritte führen nicht zu der Reform, auf die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warten“, betonte Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender und Hochschulexperte der GEW, am Dienstag in Frankfurt a.M... Pressemitteilung vom 02.09.2015
- ver.di warnt vor unzureichender Reform des Wissenschaftszeitvertraggesetzes
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) warnt davor, dass die von der großen Koalition geplante Reform des Wissenschaftszeitvertraggesetzes (WissZeitVG) an entscheidenden Punkten zu keiner nachhaltigen Verbesserung der Arbeits- und Qualifizierungsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses an Hochschulen und Forschungseinrichtungen führen wird…“ ver.di-Pressemitteilung vom 14.07.2015
- GEW: „Gesetzentwurf lässt zu viele Schlupflöcher offen“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat zurückhaltend auf den Gesetzentwurf zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes reagiert, den Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) gestern überraschend vorgelegt hat. „In weiten Teilen folgt der Gesetzentwurf den Eckpunkten der Koalitionsfraktionen. Er weist damit in die richtige Richtung. In vielen Punkten bleibt die Novelle allerdings vage und lässt zu viele Schlupflöcher offen, das Befristungsunwesen in der Wissenschaft fortzusetzen“, kritisierte der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller, am Mittwoch in Frankfurt a.M…“ Pressemitteilung vom 08.07.2015
- GEW: „Durchbruch im Kampf gegen das Befristungsunwesen in der Wissenschaft“
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die von CDU/CSU und SPD vorgelegten Eckpunkte zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes als „Durchbruch im Kampf gegen das Befristungsunwesen in der Wissenschaft“ begrüßt. „Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten – diese Entwicklung schadet nicht nur den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sondern auch der Kontinuität und damit Qualität von Forschung und Lehre sowie der Attraktivität des Arbeitsplatzes Hochschule und Forschung. Der Gesetzgeber muss endlich eingreifen und mit verbindlichen gesetzlichen Mindeststandards für faire Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft sorgen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller, am Freitag in Frankfurt a.M…“ Pressemitteilung der Bildungsgewerkschaft vom 03.07.2015 zu den Koalitions-Eckpunkten zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz
- GEW: „Kurzzeit- und Kettenarbeitsverträge in der Wissenschaft stoppen“. Bildungsgewerkschaft zur heutigen Anhörung im Bundestag
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Bundesregierung aufgefordert, noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorzulegen. „Vor eineinhalb Jahren hat die Große Koalition angekündigt, das Befristungsrecht in der Wissenschaft zu reformieren. Den Worten müssen nun endlich Taten folgen“, betonte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, anlässlich der öffentlichen Anhörung im Bundestag am Montag, in der er als Sachverständiger Stellung nehmen wird. „In der Wissenschaft sind Kurzzeit- und Kettenarbeitsverträge zur Normalität geworden. Neun von zehn Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind befristet, über die Hälfte von ihnen mit einer Vertragslaufzeit von weniger als einem Jahr. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erwarten zu Recht, dass die Bundesregierung den Arbeitgebern endlich die Rote Karte zeigt“, sagte der GEW-Vize…“ Pressemitteilung vom 29.6.2015 , darin die schriftliche Stellungnahme zur Anhörung des Bundestagsausschusses für Bildung und Forschung
- Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung berät über Wissenschaftszeitvertragsgesetz: Opposition legt vor; Bundesregierung verschleppt notwendige Novellierung
„Heute berät der Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung über die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) sowie über die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) drängt auf sichere und faire Arbeitsverhältnisse in Wissenschaft und Lehre…“ fzs-Pressemitteilung vom 29.Juni 2015
Grundinfos:
- Für den GEW-Gesetzentwurf sowie weitere Informationen siehe die Sonderseite der GEW , dort v.a. die kommentierte Synopse mit dem GEW-Gesetzentwurf, dem Regierungsentwurf der Bundesregierung und dem Text des geltenden Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
- #IchBinHanna
- https://mittelbau.net/
- Dossier „Wissenschaftsprekariat“ im Laborjournal
- unser Dossier Kampagnen für Entfristung im Hochschulwesen: Frist ist Frust