- Automobilindustrie
- Bauindustrie und Handwerk
- Chemische Industrie
- Elektro- und Metall(-Zulieferer)
- Elektrotechnik
- Energiewirtschaft (und -politik)
- Fahrzeugbau (Vom Fahrrad, über Trecker bis zum Flugzeug)
- Gewerkschaften als Arbeitgeber
- Holz, Papier, Glas und Kunststoffe
- Landwirtschaft und Gartenbau
- Lebens- und Genussmittelindustrie
- Maschinen- und Anlagenbau
- Medien und Informationstechnik
- Rüstungsindustrie und -exporte
- Sonstige Branchen
- Stahl-Industrie
- Stoffe und Bekleidung
- Abfall/Umwelt/Ver-/Entsorgung
- Banken und Versicherungen
- Bildungs- und Erziehungseinrichtungen
- Call-Center
- Dienstleistungen allgemein/diverse
- Gastronomie und Hotelgewerbe
- Gesundheitswesen
- Groß- und Einzelhandel
- Kultur und/vs Freizeitwirtschaft
- Öffentlicher Dienst und Behörden
- Reinigungsgewerbe und Haushalt
- Sex-Arbeit
- Soziale Arbeit, Kirche und Wohlfahrts-/Sozialverbände
- Sportwirtschaft
- Transportwesen: (Öffentlicher) Personen (Nah)Verkehr
- Transportwesen: Bahn
- Transportwesen: Hafen, Schiffe und Werften
- Transportwesen: Luftverkehr
- Transportwesen: Post- und Paketdienste
- Transportwesen: Speditionen und Logistik
„public private security“: Sicherheitsdienst unterstützt die Stadt (nicht nur bei Corona-Kontrollen)
Dossier
„… Um auch weiterhin arbeitsfähig zu bleiben, engagiert die Stadt Bad Salzuflen zusätzlich einen privaten Sicherheitsdienst. Ab sofort wird die Firma Wachschutz Bielefeld Kontrollen im Stadtgebiet vornehmen. (…) Bei den Kontrollen geht es darum, Menschenansammlungen zu verhindern, zu überprüfen, ob bestimmte Geschäfte geschlossen sind oder die angeordneten Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. (…) Der Sicherheitsdienst wurde beauftragt gegebenenfalls notwendige Personalien aufzunehmen, bei Bedarf erhalten die Sicherheitsleute hierbei Unterstützung von der Polizei. Eine tägliche Dokumentation sowie die Aufnahme von Personalien ermöglicht es dem Ordnungsamt jeden Fall zu prüfen. Ob ein Bußgeld verhängt wird, entscheidet weiterhin das Ordnungsamt.“ Mitteilung der Stadt Bad Salzuflen (ohne Datum) – wie schlecht die Idee sein kann, zeigen mehrere unserer Dossiers – dennoch machen es immer mehr Kommunen:
- Mittel gegen Privatisierung hoheitlicher Ordnungsaufgaben? ver.di (nur in Wiesbaden?) schlägt kommunale Eigenbetriebe statt privater Sicherheitsbranche vor
- Verdi fordert: Städte sollen eigenes Sicherheitspersonal vorhalten statt Unternehmen zu engagieren
„In Wiesbaden sollen nicht zugelassene und nicht qualifizierte Wachleute Veranstaltungen abgesichert haben. Der Vorfall wirft laut Gewerkschaft Verdi ein Schlaglicht auf die Branche. Die Gewerkschaft Verdi fordert als Konsequenz aus der sogenannten Wachleute-Affäre, dass Kommunen eigenes Sicherheitspersonal vorhalten sollen, statt private Dienstleister zu engagieren. Zudem müssten Unternehmen strenger kontrolliert werden. (…) Die Auftragsvergabe in dem Gewerbe erfolge meist nur mit einem einzigen Zuschlagskriterium: niedrigster Preis. Die Vorwürfe müssten aufgeklärt und die Frage beantwortet werden, ob das Frankfurter Ordnungsamt geeignete Maßnahmen ergriffen habe, um die Vorwürfe aufzuklären. Nach Angaben der zuständigen Wiesbadener Ordnungsdezernentin Maral Koohestanian (Volt) hatte das Ordnungsamt Wiesbaden den Vorgang Ende April 2023 an das wegen des Betriebssitzes des Unternehmens zuständige Frankfurter Ordnungsamt übergeben. Jurock fordert, die Kontrollen der Sicherheitsbranche zu verschärfen. Zudem sollten Städte eigenes Sicherheitspersonal vorhalten. Das sei beispielsweise in Form eines kommunalen Eigenbetriebs möglich. Für Aufträge nach außen sollte eine Generalunternehmerhaftung eingeführt werden. Dann stehe der Auftraggeber in der Verantwortung, was im Sicherheitsbereich von großer Wichtigkeit sei. Beauftragt werden sollten nur Unternehmen, die Tarif zahlen.“ Artikel von Diana Unkart vom 15.7.24 in der FR online - Kommentar eines Kooperationspartners:
„Immer häufiger kommen in Deutschland – auch im Bereich der öffentlichen (kommunalen) Sicherheit und Ordnung – private Sicherheitsdienste zum Einsatz, z. B. als private City-Streifen („public private security“) im öffentlichen Auftrag von Städten und Gemeinden.
In NRW und Baden-Württemberg stellen Firmen-Angestellte Ordnungswidrigkeiten fest, erteilen Platzverweise und führen Identitätsfeststellungen durch; im öffentlichen Raum wohlgemerkt! Dabei wird permanent gegen den Artikel 33 Absatz 4 Grundgesetz, so wie gegen das staatliche Gewaltmonopol, verstoßen – im Auftrag von Stadtverwaltungen und sogar der (örtlichen) Polizei, welche in Städten (z. B. Frankfurt/ Main und Wiesbaden) und ganzen Bundesländern Kooperationsabkommen („police private partnerschip“) mit der Sicherheitswirtschaft eingegangen ist (“partnerschaftlicher Sicherheitsverbund” nennt sich das offiziell).
Vor dem Hintergrund, dass die Lobby-Verbände (Arbeitgeber/-innen) der Sicherheitswirtschaft von teilprivatisierten Ordnungsämtern – „am Tropf der Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern“ – träumen, stellt sich diesbezüglich die Frage: Wer wird künftig hierzulande für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verantwortlich sein? Behördliche Amt-/Hoheitsträger (z. B. Polizei-Beamtinnen & -Beamten, Angestellte der kommunalen Ordnungsämtern) oder privatwirtschaftliche Firmen-Angestellte, welche nicht in einem dienstrechtlichen Treueverhältnis zum Staat stehen?
Es muß klar sein, dass diese kommunale – öffentliche Träger – Security auch nicht über Schein-Befugnisse verfügt und nach Tarif entlohnt wird. Ich will auch keine Firmenangestellten an behördlichen Rezeptionen (mit Telefondienst und an Behörden-PC’s) die gleichzeitig in Bürger-/Sozialämtern und im Rathaus patroullieren. Da ist noch eine Menge Luft nach oben, wie man eine gGmbh-Security – rechtskonform – einbinden kann. Die Firmen-Angestellten als City-Streifen sind eine bürgerrechtliche Katastrophe und ein „rechtliches Versuchslabor“ im öffentlichen (kommunalen) Auftrag und im zusammenwirken mit der Polizei (police private partnerschip).“
- Verdi fordert: Städte sollen eigenes Sicherheitspersonal vorhalten statt Unternehmen zu engagieren
- Privater Sicherheitsdienst als City-Streife: Beschäftigt Neu-Isenburg eine Scheinpolizei?
„In Neu-Isenburg fährt seit diesem Jahr wieder ein privater Sicherheitsdienst durch die Straßen und geht offenbar Ordnungswidrigkeiten nach – eigentlich eine Aufgabe der Polizei und des Ordnungsamtes.
Dass der öffentliche Raum zunehmend privatisiert wird oder vormals staatliche Unternehmen in Aktiengesellschaften umgewandelt werden, ist spätestens seit den 90er-Jahren keine Neuigkeit mehr. Diese Entwicklung hat jedoch in den vergangenen Jahren eine neue Dimension erreicht: Der Sicherheitsapparat in der Bundesrepublik wird inzwischen ebenfalls von einer Privatisierungswelle überzogen. Dabei werden anscheinend immer häufiger Aufgaben der Polizei oder des Ordnungsamtes an private Sicherheitsdienste abgegeben. Ein immer wieder geäußerter Grund dafür soll der Personalmangel sein.
Unweit von Frankfurt, in Neu-Isenburg, kooperiert die Stadt mit einem solchen Sicherheitsdienst: Der Rhein-Main-Sicherheitsdienst (RMS) arbeitet etwa in den Sommermonaten mit dem Ordnungsamt, Freiwilligen Polizeihelfern und Straßensozialarbeitern zusammen, um „für mehr Sicherheit auf Isenburgs Straßen“ zu sorgen, wie es in einem Artikel der Isenburger Stadtpost heißt. Bis Ende September werden die Sicherheitsmitarbeiter noch per City-Streife besonders die öffentlichen Grünanlagen oder andere öffentliche Flächen „im Auge haben“, heißt es weiter, „um Ruhestörungen und Vandalismus zu vermeiden“. (…)
Ob der Sicherheitsdienst tatsächlich nicht seine Befugnisse überschreitet, darf zumindest angezweifelt werden. Andernorts in Hessen führte der Einsatz privater Sicherheitsdienste schon zu gerichtlichen Entscheidungen. Wie die SZ im Jahr 2020 schrieb, klagte ein Autofahrer in Frankfurt gegen ein Bußgeld in Höhe von 15 Euro fürs Falschparken. Als Zeuge trat ein sogenannter Stadtpolizist der Privatfirma Securitas auf. Das Oberlandesgericht rügte diese Übertragung von hoheitlichen Aufgaben und auch, dass die Scheinpolizisten in Uniformen auftraten: Der „täuschende Schein der Rechtsstaatlichkeit, um den Bürgern und den Gerichten gegenüber den Eindruck polizeilicher Handlungen zu vermitteln, ist strafbar“, heißt es im Urteil. (…)
In Neu-Isenburg scheinen die von RMS durchgeführten City-Streifen damit ebenfalls auf gefährlichem Terrain zu stehen. Dazu kommt ein weiteres Problem. Im erwähnten Artikel der Isenburger Stadtpost findet sich ein wörtliches Zitat des Geschäftsführers vom RMS, Florian Kassel: „Am häufigsten haben wir es in den Sommermonaten mit Ruhestörungen zu tun. Dann machen wir auf die schwierige Situation aufmerksam. Manchmal werden wir direkt von der Polizei angerufen, in den meisten Fällen können wir auf unseren Kontrollgängen schon früh einschreiten, bevor Nachbarn oder Anwohner sich beschweren. Null Toleranz zeigen wir bei Vandalismus. Hier greifen wir umgehend ein.“
Isenburger City-Streife: Verstoß gegen Datenschutz?
Für Thomas Brunst ist das ein klarer Verstoß gegen geltendes Recht: „Diese selbstbewusste Aussage des Geschäftsführers der RMS GmbH zur Übernahme hoheitlicher Ordnungsaufgaben durch seine Sicherheitsfirma, dürfte der hessischen Polizei nicht gefallen, weil sie eine Praxis bestätigt, welche nicht durch Recht und Gesetz gedeckt ist“, schreibt er auf Anfrage. Der ehemalige Beamte des Bundesgrenzschutzes (heute: Bundespolizei) verfolgt schon seit geraumer Zeit die zunehmende Zusammenarbeit zwischen Polizei und Ordnungsbehörden mit privaten Sicherheitsdienstleitern. (…) Dass ordnungsbehördliche oder polizeiliche Aufgabenbereiche mit denen von Privaten verschwimmen, ist indes nicht hessen-exklusiv. (…) Für Brunst ein weiterer Grund, weshalb diese Privatisierung der öffentlichen Sicherheit – mit samt diesem „Befugniswildwuchs“ – gestoppt werden müsse, weil sie gegen den Grundgesetzartikel 33 Absatz 4 verstoße. Dieser schreibt vor, dass hoheitliche Aufgaben in der Regel von Angehörigen des öffentlichen Dienstes ausgeführt werden müssen. Brunsts Ansicht nach, entpuppe sich diese „public private security“ mehr und mehr als „bürgerrechtliches Versuchslabor“.“ Artikel von Till Geginat vom 14. September 2023 im Journal Frankfurt - Privatisierung hoheitlicher Ordnungsaufgaben in Neu Isenburg: Hessische Polizei ignoriert OLG-Entscheidung
„Im Hessischen Neu-Isenburg schickt die Polizei einen privaten Sicherheitsdienst, den Rhein-Main Sicherheitsdienst (RMS GmbH), los um Ordnungsprobleme wie z. B. Ruhestörungen im Stadtgebiet zu unterbinden. Dies ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/ Main (Beschluss vom 03.01.2020 – Aktenzeichen: 2 Ss-OWi 963/18) rechtlich gar nicht möglich, weil es sich dabei um hoheitliche Aufgaben handelt; der Artikel 33 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ist diesbezüglich sehr eng auszulegen befand damals der zuständige Richter. In der Bundesrepublik Deutschland dürfen nur behördliche Amts-/ Hoheitsträger, z. B. von Polizei und Ordnungsämtern, in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen, weil nur sie über entsprechende hoheitliche Eingriffsbefugnisse verfügen. Ein privater Sicherheitsdienst verfügt selbst im öffentlichen, kommunalen Auftrag über keine Sonderrechte und hat de facto nur die Rechte die allen Bürgerinnen und Bürgern zustehen: Die sogenannten Jedermannsrechte. Und auch noch wichtig hierbei: Private Sicherheitsdienste sind den Bürgerinnen und Bürgern – im öffentlichen Raum – nicht weisungsbefugt; sie dürfen auch nicht um die Vorlage des Personalausweises bitten oder Platzverweise erteilen. Somit scheidet die angestrebte Feststellung von Ordnungswidrigkeiten durch Private komplett aus. Nach der o. a. Gerichtsentscheidung ist “public private security“ (private City-Streifen/ Sicherheitsfirmen im Auftrag von Stadt-/ Gemeindeverwaltungen) in Hessen verboten, weil dieses PPP-Modell im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung rechtswidrig ist. (…) Die Sicherheitswirtschaft möchte mit Städten und Gemeinden noch stärker ins Geschäft kommen um “am Tropf der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“ durch stabile öffentliche Aufträge satte Unternehmensgewinne zu generieren. Ein Traum des BDSW: teilprivatisierte Ordnungsämter, welche als public private partnership betrieben werden sollen. Die Einbindung der Privaten in die polizeiliche Arbeit wirkt nicht nur in Hessen unsicher, wo die Rechtslage eindeutig ist: Die Polizei hat nirgendwo – zu Lasten von Grundrechten der Bürgerinnen und Bürgern – ihre originären Aufgaben auf private Sicherheitsdienste zu übertragen…“ Gastbeitrag vom 31. Juli 2023 bei dieDatenschützer Rhein Main- Dazu heißt es wörtlich im Beschluss vom 03.01.2020 – 2 Ss-OWi 963/18 – OLG Frankfurt am Main : “ 1. Die den kommunalen Polizeibehörden gesetzlich zugewiesene Verpflichtung der Überwachung des ruhenden Verkehrs und die Ahndung von Verstößen sind hoheitliche Aufgaben. Mangels Ermächtigungsgrundlage dürfen sie nicht durch private Dienstleister durchgeführt werden. 2. Die Überlassung privater Mitarbeiter nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zur Durchführung hoheitlicher Aufgaben ist unzulässig. 3. Die Bestellung privater Personen nach § 99 HSOG zu Hilfspolizeibeamten der Ortspolizeibehörden ist gesetzeswidrig. 4. Der von einer Stadt bewusst durch „privaten Dienstleister in Uniform der Polizei“ erzeugte täuschende Schein der Rechtsstaatlichkeit, um den Bürgern und den Gerichten gegenüber den Eindruck polizeilicher Handlungen zu vermitteln, ist strafbar…“
- Hinweis: Allerdings ist zu beachten, dass Art. 33 Abs. 4 GG nur „in der Regel“ von einer nicht Übertragbarkeit hoheitlicher Befugnisse an Privat ausgeht, was Ausnahmen zulässt und weshalb der OLG-Beschluss nicht als das letzte Wort dazu betrachtet und zu sehr verallgemeinert werden sollte (vgl. dazu z.B. BVerfGE 130, 114f). So geht das BVerfG z.B. bei hoheitlichen Eingriffe durch Privat als Ausnahme vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus, d.h. je intensiver der Eingriff, desto weniger Einbußen an institutioneller Absicherung qualifizierter und gesetzestreuer Aufgabenwahrnehmung sind zulässig. Danach wäre jedoch der OLG-Beschluss von 2020 auch von daher verfassungskonform. Wichtig ist schließlich noch, dass das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Art. 33 Abs. 4 GG gesetzliche (!) Regelungen zur Privatisierung nicht völlig ausschließt. Was da verfassungsgemäß oder verfassungswidrig ist, bleibt in sofern Streitthema.
- [Personalienfeststellungen durch Security-Personal in Schorndorf] “public private security“ sofort stoppen! „Während die Stadtverwaltung Weil der Stadt (Region Stuttgart) ihre Bürgerinnen und Bürger immer noch(!) über die Befugnisse der privaten Citystreife – z. B. Personalienfeststellungen durch Firmenmitarbeiter/ -innen bei Ordnungsproblemen im öffentlichen Raum – im unklaren lässt, gibt es zu diesem Thema in Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) mehr Klarheit. Wie nachfolgend zu lesen ist wurden die Bürgerinnen und Bürger in Schorndorf wenigstens über die „Spielregeln“ zu Personalienfeststellungen durch Security-Personal (Sicherheitsfirma Bunk) medial aufgeklärt. In Weil der Stadt hält man sich zu diesem Thema sehr bedeckt: Die Stadtverwaltung der Keplerstadt “schwafelt“ diesbezüglich weiter herum und vermittelt den Eindruck das ihr die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger – bei der Privatisierung (“public private security“) der öffentlichen, kommunalen Sicherheit und Ordnung – im Wege stehen; die Stadtverwaltung der Keplerstadt hat bezüglich ihrer privaten Citystreife ganz eigene, kommerzielle Repressionsvorstellungen und beschwichtigt diesbezüglich sogar beim wichtigen Thema Datenschutz (EDV-gestützte Verarbeitung sensibler Bürgerdaten und Sachverhalte auf Firmenrechnern). Generell muss die Privatisierung der öffentlichen, kommunalen Sicherheit und Ordnung – mit samt diesem “Befugniswildwuchs“ – sofort gestoppt werden, weil dieses PPP-Modell gegen den Grundgesetzartikel 33 Abs. 4 verstößt; public private security entpuppt sich mehr und mehr als bürgerrechtliches Versuchslabor, in dem die verbrieften bürgerlichen Grundrechte nicht das Papier wert sind, wenn kommerzielle Private regelrecht jagt auf ordnungsrechtliche Verfehlungen der Bürgerinnen und Bürger machen sollen, im Auftrag der kommunalen Ordnungsverwaltungen versteht sich! (…) Hoheitliches Verwaltungshandeln ist gerade in Bezug auf mögliche verwaltungsrechtliche Buß- und Verwarngelder (mit Rechtsmitteln wie Widerspruchsfristen und -verfahren) im Ordnungswidrigkeitenrecht nicht privatisierbar. Eine Tatsache die im Rathaus von Weil der Stadt wohl noch nicht angekommen ist. Es fragt sich auch, wie diese public private security/ private Citystreifen (DSS Security Schneider mit “Scheinbefugnissen“) – die Privatisierung der öffentlichen, kommunalen Sicherheit und Ordnung – im Bereich der Polizei angesehen wird, welche notfalls für festgestellte Ordnungswidrigkeiten (“Opportunitätsprinzip“, Ordnungswidrigkeiten müssen nicht zwingend behördlich verfolgt werden) vom Security-Personal hinzu gerufen wird. Wie sieht es hierbei mit dem polizeilichen Neutralitätsgrundsatz aus, wenn sich Personen ordnungsrechtlich zu unrecht vom privaten Sicherheitsdienst beschuldigt fühlen? Viele ungeklärte Fragen innerhalb eines unausgegorenen sicherheitspolitischen PPP-Modells (Der Begriff “bürgerrechtliches Versuchslabor“ trifft es wohl besser), welches unserer Meinung nach sofort beendet werden muss. Alleine die Tatsache, dass sich wegen der Feststellung von Ordnungsproblemen im öffentlichen Raum, durch Security-Personal, Straftaten ergeben können sollte Behördenvertretern von Polizei und Ordnungsämtern hierbei zu denken geben!…“ Anonymes Statement vom 27. Mai 2023 bei de.indymedia.org
- Weil der Stadt: Die City-Streife wird wieder patrouillieren
„In Weil der Stadt gibt es weniger Beschwerden wegen Müll und Lärm. Die von Jugendlichen kritisierte Praxis von Ausweiskontrollen soll geändert werden. (..) Von lärmgeplagten Anwohnern habe es positive Rückmeldungen gegeben, bilanzierte der Bürgermeister Christian Walter, und auch der Bauhof habe weniger Müll wegräumen müssen. (…) Kritik, vor allem aus den Reihen des städtischen Jugendbeirats, habe es allerdings an der Praxis der City-Streife gegeben, durch eine freiwillige und präventive Ausweiskontrolle bei den auf öffentlichen Plätzen Feiernden eine spätere wilde Müllablagerung verhindern zu wollen. „Diese Praxis müssen wir eventuell künftig ändern“, so Walter. Man wolle die City-Streife auf ein eher defensives Vorgehen einstellen, aber es gelte ja auch, wilden Müll zu verhindern. Aus den Protokollen habe man gesehen, dass es viele Erwachsene und auch Auswärtige gewesen seien, die kontrolliert wurden. Cornelia Schmalz und Felix Mayer (beide SPD) kritisierten heftig den Einsatz und das Verhalten der Security-Leute. Bei diesen herrsche eine „Türsteher-Mentalität“, es fehle an Sozialkompetenz und Jugendliche mit Migrationshintergrund würden besonders streng angegangen…“ Artikel von Brunhilde Arnold vom 05.12.2022 in der Stuttgarter Zeitung online - Frankfurter Bahnhofsviertel: Stadtpolizei verbietet privatem Sicherheitsdienst Streifen in der Niddastraße
„… Ein privates Sicherheitsunternehmen, das in der Niddastraße patrouillierte, sorgt für Aufregung. Die FR hatte Anfang der Woche darüber berichtet, dass Geschäftsleute im Straßenabschnitt zwischen Karlsplatz und Düsseldorfer Straße glücklich über die Anwesenheit von Mitarbeitern eines privaten Sicherheitsunternehmens sind, die Obdachlose und Drogensüchtige konsequent aus Hauseingängen verscheuchen. Doch die Berichterstattung rief auch das Ordnungsamt auf den Plan. Die Stadtpolizei kontrollierte die Mitarbeiter der Firma Alybaba am Donnerstag. Danach war es mit dem privaten Streifendienst in der Niddastraße erstmal vorbei. Zwar hätten die beiden Sicherheitsleute eine Sachkundeprüfung der IHK vorweisen können. Allerdings, so moniert ein Sprecher des Ordnungsamts auf FR-Anfrage, hätte ihr Unternehmen keine behördliche Erlaubnis für das gewerbliche Überwachen. Zudem hätten die beiden Männer Teleskopschlagstöcke dabei gehabt und angegeben, ihr Chef habe ihnen diese zur Ausübung ihrer Bewachertätigkeit mitgegeben. Die Schlagstöcke seien sichergestellt und amtlich verwahrt worden, so der Sprecher des Ordnungsamts. Auch die Sicherheitstätigkeit insgesamt musste wegen der fehlenden behördlichen Genehmigung eingestellt werden. (…) Leiterin [des Ordnungsamtes] Karin Müller betonte: „Das Gewaltmonopol liegt beim Staat.“ Auch wenn das Unternehmen demnächst eine Genehmigung präsentiere, bleibe es dabei: „Sie haben keine Befugnisse im öffentlichen Raum“, so Müller. Von einem Patrouillieren in der Straße könne daher keine Rede sein. (…) Sicherheitsunternehmer Aly gab an, die Teleskopschlagstöcke dienten lediglich der Abschreckung oder sollten von seinen Männern nur eingesetzt werden, wenn sie angegriffen würden. Seine Leute sollten nun auf eine dreitägige Schulung gehen, danach dürften sie die Teleskopschlagstöcke mit sich führen. Aly räumte ein, dass es in der Nachbarschaft der Niddastraße auch Anlieger gebe, die von seinen Diensten nicht begeistert seien. „Es ist ein kleines Experiment“, so Aly.“ Artikel von Oliver Teutsch vom 2. Oktober 2022 in der Frankfurter Rundschau online , siehe dazu auch:- Frankfurter Bahnhofsviertel: „Wir müssen Kleinhandel mit harten Drogen zulassen“
Der Frankfurter Gesundheitsdezernent Stefan Majer spricht im Interview von Georg Leppert vom 4. Oktober 2022 in der Frankfurter Rundschau online „über seine Forderungen an den Bund und private Sicherheitsdienste im Bahnhofsviertel (…) Ich bin nicht überrascht, dass sich manche Menschen zu Wort melden, die sich einfache Lösungen im Sinne „da soll aufgeräumt werden“ wünschen. Das ist nicht mein Ansatz, da es sich hier um schwerstkranke Menschen handelt. Mich überrascht aber wirklich, dass die Erfolge des Frankfurter Wegs teilweise nicht anerkannt werden. Stadt, Polizei und Staatsanwaltschaft haben gemeinsam seit den 90er Jahren viel erreicht. Damals gab es jährlich 150 Drogentote. Heute sind es 20 bis 30. Mehr als 100 Menschen pro Jahr verdanken dem Frankfurter Weg also ihr Leben. (…) Wir werden unseren Teil zur kurzfristigen Verbesserung der Situation beitragen. Wir planen ein Hygienezentrum mit Toiletten, Duschen und der Möglichkeit zur Versorgung von Wunden im Hauptbahnhof. Wir planen die Öffnungszeiten von Krisenzentren zu verbessern und das Streetworking zu stärken. Aber grundlegende Veränderungen schaffen wir nicht alleine. In den 90er Jahren brauchten wir auch den Bund, um die Hilfsangebote für Süchtige zu verbessern. (…) Wir würden gerne das Züricher Modell übertragen, aber das funktioniert nur, wenn wir den Kleinhandel mit harten Drogen in den Einrichtungen zulassen. Wir wollen die Menschen ja von der Straße haben. Wenn sie aber auf die Straße gehen müssen, um Drogen zu kaufen, dann treiben wir sie raus aus den Einrichtungen. Und dann gibt es die Probleme, die wir jetzt haben. (…) Wenn Cannabis aus der Illegalität geholt wird, kann sich die Polizei auf harte Drogen konzentrieren. Das ist gut. (…) Das Geschäft der Dealer wird mit der Cannabis-Legalisierung eine schwere Krise erleiden. Aber da kann und will ich ihnen nicht helfen. (…) Wenn wir den Frankfurter Weg weiterentwickeln wollen, wenn wir das Züricher Modell anstreben, dann kostet das Geld. Konfliktmanagement oder mehr Straßensozialarbeit sind sehr teuer. Und da steht das Land mit in der Verantwortung. (…) Wir haben zahlreiche Menschen auf der Straße, die keinen Anspruch auf die gesetzlichen Sozialleistungen haben. Es landen auch Geflüchtete neu in der Drogenszene. Wir schicken die nicht weg und können kurzfristig helfen. Aber langfristige Angebote, die womöglich aus der Drogenszene herausführen, sind mit diesem Status nicht möglich. Was wir bräuchten, wäre der anonyme Krankenschein. Auch dabei sind Bund und Land gefordert.(…) Dass private Sicherheitsleute durchs Viertel patrouillieren, ist für mich inakzeptabel und wird auch von Polizei und Ordnungsamt kaum hingenommen werden. Das widerspricht dem staatlichen Gewaltmonopol…“
- Frankfurter Bahnhofsviertel: „Wir müssen Kleinhandel mit harten Drogen zulassen“
- Cityring in Dortmund soll nachts von einem privaten Sicherheitsdienst kontrolliert werden
„Ein privater Sicherheitsdienst, der nachts durch die Innenstadt streift, um gegen Drogenkonsumierende, Bettelnde und Obdachlose vorzugehen ‑ der bodo e.V. übt scharfe Kritik an den Plänen des Cityrings und befürchtet eine Welle willkürlicher Vertreibung. „Die Ärmsten aus dem Stadtbild zu verdrängen, um das Shoppingerlebnis nicht zu stören, kann nicht die Antwort auf Probleme wie Armut, Obdachlosigkeit und Sucht sein“, so Bastian Pütter von bodo.
Seit Jahren sind Arme, Obdachlose, Bettelnde und Drogenkonsumierende einigen Einzelhändlern in der Innenstadt ein Dorn im Auge. Immer wieder ist es besonders der Chef des Cityrings, der beklagt, dass Bettler und Suchterkrankte das Shoppingerlebnis trübten. Jetzt will dieser nachts einen privaten Sicherheitsdienst losschicken, um auf deren Wunsch die Geschäfte und Immobilien seiner Mitglieder zu kontrollieren. Viele Befugnisse wird der private Dienst nicht haben, es gehe vielmehr um offene Kommunikation, heißt es in den Ruhr Nachrichten.
Beim bodo e.V. sorgt das für Sorge: „Ein Privatunternehmen ohne Befugnisse im öffentlichen Raum und ohne Kontrollmöglichkeit wird explizit im Kampf gegen Obdachlose und Suchtkranke eingesetzt“, so Pütter. „Es ist nicht damit zu rechnen, dass mäßig bezahlte und ausgebildete Security-Kräfte in Nachtschichten besonders kommunikativ sind. Wie ist denn sichergestellt, dass nicht mitten in der Nacht schlafende Wohnungslose willkürlich von ihren Schlafplätzen vertrieben werden?“
Den Ordnungsdezernent der CDU weiß der Chef der Händlervereinigung dabei an seiner Seite. „Das überrascht leider nicht.“ Der Ordnungsdezernent tritt immer wieder als Hardliner gegen Wohnungslose auf ‑ sei es durch vierstellige Knöllchen gegen Obdachlose während des Corona-Lockdowns oder durch einen ‚Weckdienst‘, der morgens schlafende Wohnungslose von ihren Plätzen wegschickt. „Will Dortmund wirklich als die Stadt bekannt sein, in der man Notleidende vertreibt, weil ihr Anblick beim Shopping stört?“…“ Beitrag der Redaktion von bodo e.V. vom 19. September 2022 unter dem Titel „Vertreibung löst keine sozialen Probleme. bodo e.V. sieht privaten Sicherheitsdienst in der City mit Sorge“, er bezieht sich auf den kostenpflichtigen Artikel „Kritik an Cityring-Chef/„Welle willkürlicher Vertreibung“ – Kritik an Plänen für Sicherheitsdienst in der City“ am 21.9.22 in den Ruhr Nachrichten. - Privater Sicherheitsdienstleister bestreift Herrenberg
„… Der Begriff „Public-private-Partnership“ bezeichnet eine vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Unternehmen der Privatwirtschaft. Public private security bezeichnet eine öffentlichen Beauftragung privater Sicherheitsdienste für den öffentlichen Raum. Diese Art von Kooperationen nehmen seit Jahren immer mehr zu, besonders auch in Baden-Württemberg. In Herrenberg fährt die private Sicherheitsfirma „S.O.S. Sicherheitsorganisation zum Schutz GmbH“ im Auftrag der Stadtverwaltung Streife. Durch ihre Uniformen, polizeiliches Einsatz-Equipment wie Handschellen, Schlagstock oder Pfefferspray und Fahrzeuge im Polizeidesign wirken sogenannte Citystreifen wie S.O.S seriös, offiziell und strahlen Autorität aus. Wir haben uns gefragt, wann und wo wird die Firma in unserer Stadt eingesetzt und was für Befugnisse hat der private Sicherheitsdienstleister. Mit diesem Infopost wollen wir unsere Erkenntnisse dazu mit euch teilen.
Die Firma „S.O.S. Sicherheitsorganisation zum Schutz GmbH“ mit Sitz in Ammerbuch-Altingen wird nach unseren Recherchen seit 2013 im Auftrag der Stadtverwaltung zur Unterstützung der Polizei und des Ordnungsamtes in Herrenberg eingesetzt. Sobald die Citystreife ihren Einsatz in Herrenberg beginnt, meldet sie sich bei der Polizeidienststelle an, bei Beendigung ihres Einsatzes meldet sie sich ab. Durch einen „direkten Draht“ kann sich der private Sicherheitsdienst schnell mit den Cops in Verbindung setzen und Unterstützung anfordern. Da wir den Eindruck hatten, dass die Einsätze der Securityfirma SOS in letzter Zeit zunahmen, haben wir beim Ordnungsamt erkundigt, wann deren genauen Einsatzzeiten sind. Wir bekamen die Auskunft, dass die Firma jeden Mittwoch und Freitag, Abends und Nachts, im Auftrag der Stadt Herrenberg Streife fährt. Dass die Firma, wie wir beobachtet haben (das sharepic z. B. entstand diesen Dienstagabend vor dem Klosterhof)auch an anderen Wochentagen in der Stadt unterwegs ist, geschieht laut Ordnungsamt nicht im Auftrag der Stadt, sondern weil sie an diesen Tagen „privat“ engagiert werden. Wie und was das genau heißt, wer diese privaten Auftraggeber*innen sind, darüber haben wir keine Erkenntnisse.
Laut Ordnungsamt liegt der Einsatzschwerpunkt der Citystreife in der Altstadt und rund um die Schulen, aber auch am Bahnhof und anderen Plätzen sehen wir sie immer wieder Streife fahren. Diese Einsätze haben laut Ordnungsamt vorrangig das Ziel der „soziale Kontrolle“, das Verhindern von Vandalismus (auf und um Schulhöfe)und dem Ahnden von Falschparken in Feuergassen.Was darf die S.O.S. Sicherheitsorganisation zum Schutz GmbH in Herrenberg nicht? (…) Die Sicherheitsfirma hat lediglich (wie wir alle) sogenannte „Jedermannsrechte“ (Notwehr, Nothilfe u. vorläufige Festnahme n. § 127 Abs. 1 StPO) sowie das Hausrecht für kommunale Einrichtungen und Liegenschaften…“ Beitrag von „Antifa“ am 23.07.2022 bei indymedia u.a. unter Bezugnahme auf Citystreifen und Bürgerrechte – am Beispiel der Stadt Heimsheim - 2 & 3 G-Kontrollen in Kommunen und Verkehrsunternehmen durch private Sicherheitsdienste: Rechtswidriges “public private security“
„Bundesdeutsche Kommunen und Verkehrsunternehmen hetzen – im Zuge der Corona-Kontrollen (2 & 3 G) – schon wieder private Sicherheitsdienste auf die Bürgerinnen und Bürger. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste, welche grundsätzlich keine hoheitlichen Befugnisse besitzen, verlangen von den Kundinnen und Kunden der Weihnachtsmärkte und den Fahrgästen im ÖPV/ ÖPNV entsprechende Dokumente und dazu auch – für den Datenabgleich – die Personalausweise. Der Datenschutz scheint hierbei keine Rolle zu spielen. Einige Verkehrsunternehmen wollen festgestellte Corona-Verstöße konsequent zur Anzeige bringen. (…) Trotz eines “Verwertungsverbotes“ (keine Feststellung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten durch “Private“) wurden durch dieses illegale “public private partnership“ im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verwaltungsrechtliche Bußgeldbescheide – bis zu 250 € (in NRW) – an die Betroffenen verschickt.
Am 3.1.20 stellte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main klar, dass die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf private Dienstleister bei der derzeitigen Rechtslage (Art. 33 Abs. 4 GG) in Deutschland nicht möglich ist (Az: 2 Ss-Owi 963/18). Die Kommunalaufsichten der Mittelbehörden/ Regierungspräsidien schwiegen einfach zu dieser unrechtmäßigen Praxis der Kommunalverwaltungen.
Nun dürfte sich diese Praxis auf den stattfindenden Weihnachtsmärkten und im ÖPV/ ÖPNV wiederholen; für die Kontrollen von 2 & 3 G-Regeln werden wieder private Dienstleister im Verwaltungsauftrag auf die Bürgerinnen und Bürger angesetzt und Kundinnen und Kunden sowie Fahrgästen drohen bei Verstößen gegen aktuelle Corona-Regeln saftige Bußgelder und Vertragsstrafen. Abermals hinterfragt niemand die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen und stellt kritische Fragen bezüglich des Datenschutzes: Auf welcher Rechtsgrundlage dürfen “Private“ Corona-Impfnachweise und negative Corona-Tests mit Personalausweisen abgleichen? Wie ist die mögliche Speicherung dieser Daten bei den beauftragten (privatrechtlichen) Sicherheitsfirmen datenschutzrechtlich zu bewerten? Durch das Betreten von Weihnachtsmärkte und dem ÖPV/ ÖPNV (Verkehrsmittel) wird einfach die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zu diesem “public-private-security-Konzept“ vorausgesetzt…“ Beitrag vom 25.11.2021 bei Kontrapolis - Partymeile „Obere Stadt“ in Kulmbach: Privater Sicherheitsdienst unterstützt die Polizei
„… Zielsetzung war, die vor zwei Wochen beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausschreitungen in der Oberen Stadt an den Wochenenden zu eruieren, aber auch „die Festlegung einer weiteren Marschrichtung für die noch anstehenden Sommerabende, um ein faires Miteinander aus Besuchern, Gastronomen und Anwohnern sicherstellen zu können“, so Oberbürgermeister Lehmann. (…) Insbesondere am zweiten Wochenende zeigte sich laut der Bilanz ein „starker Verdrängungseffekt“. So verlagerten vor allem die Jugendlichen ihre Feierstätten in die Nebengassen und Seitenstraßen. Daher wird die Stadt nun auch im kompletten Altstadtbereich umfassend Schilder mit den geltenden Bestimmungen sowie dem Alkoholverbot anbringen. Sicherheitsdienst unterstützt die Polizei: Da eine dauerhafte Präsenz der Polizei aus personellen Gründen nicht an allen weiteren Wochenenden möglich ist, werden die Beamten in Zukunft von einem privaten Sicherheitsdienst unterstützt. Diese sollen nicht nur die Zugänge zur Oberen Stadt kontrollieren, sondern auch in den Seitenstraßen präsent sein…“ Meldung vom 08.07.2021 bei tvo.de- siehe zum Thema Party- und Alk-Verbot auch unser Dossier: Die Gesundheitsdiktatur (?) – Notstand wegen Corona-Virus verlangt nach Wachsamkeit gegenüber dem Staat
- und gegen die angestrebte Legalisierung dieser Befugnisausweitung unser neues Dossier: Wohin führt uns ein “Sicherheitsdienstleistungsgesetz” für das private Sicherheitsgewerbe?
- Rechtswidrige Corona-Kontrollen durch privaten Sicherheitsdienst in Ostbevern
„Die Gemeinde Ostbevern verteidigte zuerst das rechtswidrige Vorgehen des beauftragten privaten Sicherheitsdienstes bei Corona-Kontrollen; in einer Antwort auf unsere Anfrage “rudert“ die Gemeindeverwaltung nun zurück. Das Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) entwickelt sich zunehmend zum Versuchslabor für die Privatisierung der kommunalen Sicherheit und Ordnung. (…) In keinem anderen deutschen Bundesland ist der “Wildwuchs“, welcher durch die Privatisierung öffentlicher (kommunaler) Sicherheit und Ordnung entsteht, so ausgeprägt wie in Nordrhein-Westfalen; die Fachwelt spricht diesbezüglich von “public private security“. (…) Um es ganz deutlich zu sagen: Die häufigen Kompetenzüberschreitungen von Mitarbeiter/ -innen privater Sicherheitsdienste finden – auch außerhalb der Pandemiezeit – nicht mit Duldung, sondern im Auftrag von Stadt-/ Gemeindeveraltung statt. Anstatt die Bürgerinnen und Bürger vor Kompetenzüberschreitungen und Übergriffen privater Sicherheitsakteure zu schützen rechtfertigen die Kommunalverwaltungen all zu oft diesbezügliche Fehlleistungen der beauftragten Sicherheitsfirmen…“ Artikel von Jürgen Korell und Thomas Brunst vom 21. Februar 2021 – wir danken! - [Ostbevern] Corona-Kontrollen sorgen für Unmut: Kein Ermessensspielraum
„250 Euro soll die Familie Böckenholt wegen eines Verstoßes ihrer Tochter gegen die Corona-Auflagen zahlen. Das geht den Eltern zu weit. Schließlich habe ihre Tochter sich nur zufällig auf der Straße mit zwei anderen Mädchen getroffen. Das Bußgeld sei nicht verhältnismäßig. Die Gemeinde sieht das jedoch anders. (…) Vor einigen Tagen habe ihre Tochter einen Bußgeldbescheid des Ordnungsamtes der Gemeinde Ostbevern erhalten. Über 250 Euro. „Wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Corona-Auflagen“, sagen die Eltern. Und schildern den Vorfall wie folgt: Sie habe sich mit zwei weiteren Jugendlichen zufällig getroffen. Ein privater Sicherheitsdienst, der im Auftrag des Ordnungsamts tätig sei, habe sie zu dritt angetroffen. „Die beiden Damen der Security saßen wohl versteckt in einem Pkw und warteten darauf, dass jemand, auch unbeabsichtigt, gegen die Auflagen verstößt“, vermuten die Böckenholts. Anschließend seien die Personalien der Jugendlichen aufgenommen und diese direkt an das Ordnungsamt weitergeleitet worden. „Natürlich ohne darauf hinzuweisen, dass ein privater Sicherheitsdienst zur Aufnahme von Personalien gar nicht berechtigt ist“, sagen die Eltern. Eine der Jugendlichen, die selber eine Maske trug, habe die Security gebeten dies auch zu tun. Dies sei jedoch abgelehnt worden. Das müsse man nicht. Darüber hinaus haben die Böckenholts Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Security-Dienstes. So sei im Bescheid nicht einmal der „Tatort“ korrekt. (…) „Seit Beginn der Corona-Pandemie werden Kontrollen durch die Mitarbeiter des Ordnungsamtes und an den Wochenenden durch ein Sicherheitsunternehmen zur Einhaltung der Coronaschutzverordnung des Landes NRW durchgeführt, zuletzt auch verstärkt durch die Polizei“, sagte Bürgermeister Karl Piochowiak zu den Vorwürfen…“ Artikel von Daniela Allendorf vom 02.02.2021 in den Westfälischen Nachrichten online - Sicherheitsunternehmen vs. Corona: Public-private Ordnungsamt
„Der Städte- und Gemeindebund will, dass Security-Firmen kontrollieren, ob die Coronaregeln eingehalten werden. Das stößt auf Kritik. (…) Kritik an dem Vorstoß äußern jetzt Verdi und Linke gegenüber der taz. „Die Vorstellung, dass private Firmen Aufgaben des öffentlichen Diensts übernehmen, ist äußerst fragwürdig“, sagt Martina Sönnichsen von Verdi. „Private Sicherheitsdienste können nicht einfach die Aufgaben von Kommunen übernehmen. Die sind hoheitlich.“ Sönnichsen weist darauf hin, dass Sicherheitskräfte nicht für die Tätigkeit im öffentlichen Dienst qualifiziert seien. Stattdessen müssten die Ordnungsämter gestärkt werden. Auch Ulla Jelpke, innnenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, kritisiert Landsbergers Vorstoß. „Das geht gar nicht“, sagt sie. Neben der Übernahme hoheitlicher Aufgaben durch Privatunternehmen bestünden Zweifel an der Zuverlässigkeit vieler Sicherheitsleute. Stattdessen schlägt sie vor, die Polizei verstärkt einzubinden und sie dafür bei der Drogenkleinkriminaltität oder Verstößen gegen das Aufenthaltsrecht zu entlasten. In einigen Städten kamen private Sicherheitsfirmen schon während der ersten Coronawelle im Frühjahr zum Einsatz. (…) „Private Sicherheitskräfte können etwa auf die Maskenpflicht oder die Einhaltung der Hygiene-Vorschriften hinweisen“, sagt Harald Olschok vom Bundesverband für Sicherheitswirtschaft (BDSW). Er fordert deshalb eine Rechtsgrundlage mit erweiterten Befugnissen, etwa um selbst Bußgelder verhängen zu können…“ Artikel von Christina Gutsmiedl vom 14.10.2020 in der taz online - Überlastete Ordnungsämter: Städtebund will Corona-Kontrollen an private Sicherheitsfirmen übertragen
„Der Deutsche Städte- und Gemeindebund will die Kontrollen zu den Corona-Auflagen auf private Sicherheitsfirmen übertragen. Die Ordnungsämter hätten nicht genügend Kapazitäten für die „dringend nötigen massenhaften Corona-Kontrollen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Bild“-Zeitung. Deshalb sollten zertifizierte private Sicherheitsunternehmen dafür herangezogen werden. Dies sei im Rahmen der „Beleihung mit hoheitlichen Aufgaben“ möglich. Die Mitarbeiter der privaten Dienste könnten dann „in die Uniformen der Ordnungsämter schlüpfen und die Kontrollaufgaben übernehmen“, sagte Landsberg. Als Beispiel für solche „Beleihungen“ nannte er TÜV-Prüfer und Schornsteinfeger, die für den Staat hoheitliche Aufgaben übernehmen. Die Beauftragung privater Unternehmen mit den Corona-Kontrollen sei „mit geringem juristischen Aufwand in den Ländern kurzfristig hinzubekommen“. Bundesweit schätzt Landsberg den zusätzlichen Finanzierungsaufwand für die Corona-Kontrollen auf etwa eine Milliarde Euro…“ Meldung vom 12.10.2020 beim Spiegel online - Recht aktuell: Privatisierung von Hoheitsaufgaben
„Die Privatisierung staatlicher Aufgaben führt immer wieder zu Diskussionen und Rechtsstreitigkeiten. Was dürfen Kommunen auslagern und was nicht? Gerade in Zeiten wegbrechender Einnahmen eine Diskussion in vielen Städten. (…) Aus Verfassungsgründen unterliegt die Ausübung staatlicher Hoheitsbefugnisse durch Private den strengsten Anforderungen. Denn für die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe gilt nach dem Grundgesetz in der Regel der Funktionsvorbehalt zugunsten des Berufsbeamtentums. Daher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein besonderer sachlicher Grund für die Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf Private erforderlich, der nicht allein fiskalische Interessen zum Gegenstand haben darf. Außerdem erlangen im hoheitlichen Tätigkeitsbereich der Grundrechtsschutz, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Demokratieprinzip eine wichtige Bedeutung. Denn eine demokratische Legitimation Privater lässt sich nur mittelbar ableiten. Insbesondere der aufsichtsrechtlichen Bindung von hoheitlich tätig werdenden Privaten, aber auch dem Umfang und der Tragweite einer Übertragung hoheitlicher Befugnisse, kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. (…) Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass es sich jedenfalls um die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse handelt, wenn Befugnisse zum Grundrechtseingriff im engeren Sinne ausgeübt werden, der Staat also durch Befehl oder Zwang unmittelbar beschränkend auf grundrechtlich geschützte Freiheiten einwirkt. Dies gilt insbesondere für den gesamten Bereich der Eingriffsverwaltung, also für das Ordnungsrecht, sowie für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht. (…) Fest steht: Eine Verkehrsüberwachung durch private Dienstleister ist nicht erlaubt.(…) Wegen der weitreichenden Konsequenzen einer unzulässigen „faktischen“ Beleihung, etwa Rechtswidrigkeit einer Vielzahl an Bußgeldbescheiden, ist also bei der Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf Private Vorsicht geboten und sollte im Zweifelsfalle rechtlicher Rat eingeholt werden. Hat eine Kommune im Rahmen ihrer Organisationshoheit eine öffentliche Einrichtung allerdings einem privatrechtlichen Nutzungsregime unterstellt und bedient sie sich zur Durchsetzung ihres privaten Hausrechts eines privaten Sicherheitsdienstes – etwa zur Verweisung von Personen von einer Sportanlage oder aus einem Freibad, weil diese Personen sich nicht an die Coronaregeln halten – dürfte es sich nicht um die Ausübung von Hoheitsbefugnissen handeln und dürften die vorstehenden Beschränkungen nicht gelten.“ Gastbeitrag von RA Janosch Neumann vom 5. Oktober 2020 bei kommunal.de , siehe zum aktuellen Hintergrund auch unser Dossier: Die Gesundheitsdiktatur (?) – Notstand wegen Corona-Virus verlangt nach Wachsamkeit gegenüber dem Staat[Emsdetten] Sicherheitsdienst kontrolliert Corona-Regeln: „Das ist Gefahrenabwehr“
„In Emsdetten stehen private Sicherheitsleute vor zwei Mehrfamilienhäusern und prüfen, ob die Bewohner in Quarantäne bleiben. Bürgermeister Georg Moenikes erklärt, warum er sich dafür entschieden hat. (…) Sie sollen beobachten, nicht bewachen. Das ist mir ganz wichtig. Die stehen dort nicht und halten die Leute fest. Das dürfen die gar nicht. Aber wenn deren Beobachtungen den Anhaltspunkt ergeben, dass sich Einzelne nicht an die Quarantäne halten, rufen sie die Polizei. Die hat im Gegensatz zu dem Sicherheitsdienst hoheitliche Befugnisse. (…) Der Sicherheitsdienst kann auch nach Personalien fragen, wenn jemand diese freiwillig nennt, genügt ein Anruf beim Ordnungsamt, um zu erfahren, ob ein Verstoß vorliegt. Weigert sich die Person, ihren Namen zu nennen, kann wiederum die Polizei eingeschaltet werden. (…) Wie andere Ordnungsbehörden hat auch unsere nicht genug Mitarbeiter, die das beobachten können. Auch die Polizei sieht sich dazu nicht in der Lage. Deshalb haben wir private Kräfte hinzugezogen…“ Interview von Jean-Pierre Ziegler vom 30.09.2020 beim Spiegel online - Olching: Sicherheitsdienst soll am Markt kontrollieren
„Der Olchinger Hauptausschuss stimmt für eine Änderung der Satzung. Demnach sollen Vergehen gegen Coronaregeln stärker bestraft werden. Ingrid Jaschke von den Grünen zieht einen Blockwart-Vergleich. „Hier wird im Schweinsgalopp mit drakonischen Strafen die Gunst der Stunde genutzt“, hob Grünen-Fraktionsvorsitzende Ingrid Jaschke sofort kräftig an. Gegenstand im Hauptausschuss des Olchinger Stadtrates war die Änderung der Marktsatzung auf Antrag der CSU. Die hatte verlangt, ähnlich wie am Olchinger See und am Grünanger im Schwaigfeld, dass angesichts der Coronagefahr auch an Markttagen am Nöscherplatz Identitätsfeststellungen durch den dort tätigen Sicherheitsdienst erfolgen und bei vorsätzlichen Vergehen – zum Beispiel der Verweigerung, eine Maske zu tragen – Bußgelder bis zu 2500 Euro verhängt werden sollen. Eine Mehrheit von acht zu drei Stimmen, samt Bürgermeister Andreas Magg (SPD), stimmte dann auch für die Änderung der Marktsatzung, wie von der CSU gefordert. (…) Auch Ulrike Girtner (FDP) stimmte gegen die Neufassung der Marktsatzung. „Kennen Sie Leute vom Sicherheitsdienst, die dann Identitätsfeststellungen vornehmen sollen?, fragte sie in die Runde. „Da kommt einem das Grausen.“ Sie bestand darauf, dass das allein Sache der Polizei sei…“ Artikel von Karl-Wilhelm Götte vom 20. September 2020 im München-Teil der Süddeutschen Zeitung online - Privatisierung der Sicherheit: Potsdam hält Auftrag an Security geheim – FragDenStaat klagt
„Die Stadt Potsdam ließ die Einhaltung der Corona-Maßnahmen von einer privaten Sicherheitsfirma kontrollieren. Wen sie mit den hoheitlichen Aufgaben betraut hat, will sie aber nicht verraten – angeblich, weil das Unternehmen das nicht will. Wir verklagen die Stadt. (…) Während die meisten Menschen sich an die Vorgaben hielten, gab es immer wieder Berichte über Verstöße gegen die behördlichen Vorgaben. Aber auch mancher Hoheitsträger hat womöglich gegen geltendes Recht verstoßen. So ließ unter anderem die Stadtverwaltung Potsdam eine Security-Firma in der Stadt Streife fahren , um die Einhaltung der Corona-Maßnahmen kontrollieren zu lassen. Damit übertrug die Stadt womöglich hoheitliche Aufgaben an ein privates Unternehmen – ohne zuvor eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen zu haben. Die Stadt Potsdam könnte auf diese Weise verfassungsrechtliche Regelungen missachtet haben – insbesondere, wenn die Firma Platzverweise durchführen sollte. Gerichte haben, etwa im Zusammenhang mit Parkkontrollen, wiederholt geurteilt, dass sich Behörden zur Aufgabenerfüllung im Bereich der „öffentlichen Sicherheit“ nicht ohne weiteres privater Dienstleister bedienen können. Grund dafür ist das sogenannte staatliche Gewaltmonopol. Es besagt unter anderem, dass Maßnahmen, welche persönliche Freiheiten beschränken, in der Regel nur vom Hoheitsträger selbst vorgenommen werden dürfen. Aufklären können wir die genauen Umstände der Beauftragung der Security-Firma derzeit allerdings nicht, denn die Stadt hält Details dazu geheim. Mit Verweis auf angebliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Firma sowie Urheberrechte will Potsdam den Vertrag zu den Corona-Maßnahmen unter Verschluss halten. Noch nicht einmal den Namen der Sicherheitsfirma will die Stadt herausgeben. Der vorgeschobene Grund dafür: Datenschutz…“ Beitrag von Arne Semsrott vom 20. Juli 2020 bei FragDenStaat - Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel. Wie private Sicherheitsdienste in der Corona-Krise rechtswidrig für öffentliche Sicherheit und Ordnung sorgen
„In zahlreichen deutschen Städten und Gemeinden werden private Sicherheitsdienste von den Kommunalverwaltungen beauftragt, um Einschränkungen wie Kontaktverbote aufgrund der Corona-Pandemie zu kontrollieren. Ähnlich wie Polizei und Ordnungsämter bestreifen Mitarbeiter/-innen von Sicherheitsfirmen den öffentlichen Raum, sprechen dabei Verfehlungen der Bürger/-innen an und lösten bisher gar Personenansammlungen auf. Mancherorts beließen es die Mitarbeiter/-innen der Dienstleister nicht nur bei Ansprache und Ermahnung sondern stellten die Personalien der Bürger/-innen fest und brachten die Corona-Verstöße, zwecks Einleitung von Bußgeldverfahren, zur Anzeige. Dabei wurde bisher nach dem Motto verfahren: “Der Zweck heiligt die Mittel“, weil den Mitarbeiter/-innen privater Sicherheitsdienste generell keine hoheitlichen Eingriffsbefugnisse wie Identitätsfeststellungen oder Platzverweisungen zustehen; die Übertragung hoheitlicher Befugnisse ist auch im Rahmen von kommunalen Beauftragungen nicht möglich. (…) Auf ein “Machtwort“ der Kommunalaufsicht im Bereich der Regierungspräsidien wartet man in dieser Sache wohl vergebens. Für die Sicherheitswirtschaft bietet die Corona-Krise die Möglichkeit sich gegenüber Polizei und Ordnungsämtern zu profilieren und sich aufzuwerten. “Police private partnerships“ sind für das Sicherheitsgewerbe für künftige und lukrative Beauftragungen durch die öffentliche Hand – an der Seite der Sicherheitsbehörden – von großer Bedeutung.“ Artikel von Jürgen Korell und Thomas Brunst vom 11. Mai 2020 – wir danken! - Stadt Borgholzhausen fährt strengen Kurs bei Corona-Bußgeldern [durch Sicherheitsdienst]
„… Immerhin 63 Bußgelder hat die Stadt bislang wegen Verstößen gegen das Kontaktverbot verhängt – darunter befinden sich sogar zwei Wiederholungsfälle. Damit kommt Pium zwar nicht an Steinhagen (83 Verfahren bis zum 1. Mai) heran, liegt aber deutlich vor Versmold (13 bis Anfang Mai) und sogar Bielefeld (25 bis vor einer Woche). Einige Anzeigen kommen von der Polizei, ansonsten wurden sie ausschließlich von einem Sicherheitsdienst eingeleitet, den das Ordnungsamt mit der Kontrolle abends und am Wochenende beauftragt hatte. „Das Ordnungsamt selbst hat auf seinen gelegentlichen Streifgängen zu den Dienstzeiten keine Bußgelder verhängt“, betont Speckmann. Doch sei auch der Sicherheitsdienst mit Augenmaß vorgegangen und habe es in weniger schwerwiegenden Fällen bei einer Ermahnung belassen…“ Artikel von Marc Uthmann vom 09.05.2020 im Haller Kreisblatt online – bei der hier geschilderten public private security wird wohl massiv gegen geltendes Recht verstoßen (unerlaubte Personalienfeststellung, Amtsanmaßung –> „Beweiserhebungsverbot“ OLG Frankfurt/ Main v. 20.01.20). Auch hierzu hört man nichts dazu von der Kommunalaufsicht… - Und so sieht “public private security“ in der Praxis aus: „… Wie die Polizei am Sonntagmorgen mitteilte, entdeckten am Samstagabend Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes in Sonneberg zehn Jugendliche, welche sich im Stadtzentrum getroffen hatten. Da sie sich weigerten, den Security-Mitarbeitern Angaben zu ihren Personalien zu machen, musste die Polizei eingreifen…“ (insuedtueringen.de, 05.04.20 ) – Das sollten sich die Privaten mal z. B. in Berlin oder Hamburg wagen – es würde handfeste Auseinandersetzungen geben. Deswegen läuft so etwas – Corona-Berufsdenunziantentum – auch nur in Städten bis zu einer bestimmten Größe und dem ländlichen Raum. Ach ja, mit Jugendlichen kann man es ja auch machen, frei nach dem Motto: Je geringer die Beschwerdemacht bzw. der soziale Status des Individuum ist, desto schneller überschreiten private Sicherheitskräfte ihre eng gesteckten Rechte. Und die Polizei? Die versteht gar nicht, warum das Handeln (Verlangung der Personalien) des privaten Sicherheitsdienstes ungesetzlich sein soll. Erst am 20.01.2020 urteilte das Frankfurter Oberlandesgericht, dass eine Übertragung hoheitsrechtlicher Aufgaben auf private Sicherheitsdienste bei der derzeitigen Rechtslage nicht möglich ist…
- Hoheitliche Befugnisse für privaten Sicherheitsdienst in Empfingen (BAWü) wegen der Corona-Pandemie.
“Im Baden-Württembergischen Empfingen soll wegen der Corona-Pandemie ein privater Sicherheitsdienst Polizei und Ordnungsamt bei der Kontrolle der BürgerInnen unterstützen. Dafür wurden MitarbeiterInnen einer örtliche Sicherheitsfirma, durch die Stadtverwaltung, mit hoheitlichen Befugnissen (z. B. Identitätsfeststellungen, Platzverweisungen) beliehen; eine ungewöhnliche Maßnahme wie Bürgermeister Ferdinand Truffner zugibt und ein “ein Novum im Kreis Freudenstadt“. (…) Wenn der private Sicherheitsdienst direkt mit der Baden-Württembergischen Landespolizei zusammenarbeitet, handelt es sich um ein “police private partnership“. Bei der Wahrnehmung hoheitlicher Sicherheits- und Ordnungsaufgaben durch private Sicherheitsdienste wird zudem von “public private security“ gesprochen. Das staatliche Gewaltmonopol der Bundesrepublik Deutschland und der Artikel 33 Abs. 4 Grundgesetz sehen derartige Beleihungen von “Privaten“ nicht vor. Alleine Amtsträgern (Polizeibeamte, Hilfspolizeibeamte) stehen hoheitliche Eingriffsbefugnisse nach deutschen Recht zu. (…) Die Maßnahmen richteten sich dementsprechend nicht gegen die Einheimischen sondern zum Schutz der Einheimischen. Mit anderen Worten ein Rechtsverstoß gegen Fremde ist zu tolerieren. Und so gibt es an der Empfinger “public private security“ keinerlei öffentliche Kritik – weder von der zuständigen Kommunalaufsicht noch von einer bürgerrechtlichen Organisation. (…) Ein privater Sicherheitsdienst, der im öffentlichem Raum einen Platzverweis erteilt, greift nachhaltig in die Freiheitsrechte der BürgerInnen ein und das darf auch nicht für die EinwohnerInnen aus Horb oder Haigerloch geschehen.” Artikel von Jürgen Korell und Thomas Brunst vom 28.3.2020
Siehe zum Hintergrund auch
- Dossier: Coesfeld: Privater Sicherheitsdienst verletzt Gewaltmonopol und bekommt Rückendeckung
- Dossier: Citystreifen und Bürgerrechte – am Beispiel der Stadt Heimsheim
- Dossier: “Kennen wir nur aus Guantanamo”: Sicherheitsdienst misshandelt Asylbewerber
- Dossier: Die Gesundheitsdiktatur. Notstand wegen dem Corona-Virus verlangt nach Wachsamkeit gegenüber dem Staat
- und das Dossier: Wer kontrolliert die Polizei, die uns bei den diversen Ausgangssperren kontrollieren soll?