Neuer »Astra« in Rüsselsheim: Opel ersetzt massenhaft entlassene Beschäftigte durch Leiharbeiter – für wie lange?

Leiharbeit in der Autoindustrie. Grafik von Findus - wir danken!Opel ersetzt massenhaft entlassene Beschäftigte durch Leiharbeiter. Für die Produktion des neuen »Astra«-Modells sucht der Autobauer für das Stammwerk in Rüsselsheim mehrere hundert Zeitarbeiter. Ein Unternehmenssprecher erklärte am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, eine mittlere dreistellige Zahl an Stellen solle über einen Personaldienstleister temporär besetzt werden. Mit den zusätzlichen Beschäftigten solle »der Hochlauf der Produktion des neuen Opel Astra« im Zweischichtbetrieb getragen, außerdem »Ausfälle der Stammbelegschaft durch die Omikron-Welle« ausgeglichen werden. Opel hat seit der Übernahme durch den französischen Konzern PSA im Jahr 2017 tausende Beschäftigte entlassen, in Altersteilzeit oder Vorruhestand geschickt. Alleine seit 2020 waren es über 2.100 Lohnabhängige. “ Agenturmeldung in der jungen Welt vom 04.02.2022 externer Link („Opel stockt mit Leiharbeitern auf“), siehe dazu:

  • Wenn die Quote von 42% als Erfolg gefeiert wird: „Stellantis übernimmt 150 Leiharbeitnehmer im Werk Rüsselsheim, davon 50 unbefristet“ – mit sozialpartnerschaftlicher Verlängerung der Verleihdauer New
    • Übernahme von 150 Leiharbeitnehmern in Rüsselsheim
      Stellantis übernimmt 150 Leiharbeitnehmer im Werk Rüsselsheim, davon 50 unbefristet. Die nachhaltig hohe Auslastung am traditionellen Opel-Stammsitz ermöglicht diese Einstellungen. Unternehmen und Sozialpartner haben sich zudem auf eine Verlängerung der Verleihdauer geeinigt. Die verbleibenden Leiharbeitnehmer können nun für 36 Monate – statt wie bisher 18 Monate – beschäftigt werden. „Wir freuen uns sehr über die Einigung mit den Sozialpartnern. In konstruktiven Gesprächen konnten wir eine gute Lösung für die Leiharbeitnehmer finden sowie die Produktivität des Werks Rüsselsheim weiter verbessern. Mit den Zusatzschichten an Samstagen werden wir nun den hohen Bestelleingang für den neuen Astra zügig abarbeiten können“, erklärt Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor Ralph Wangemann. „Wir freuen uns, dass Opel endlich diesen ersten Schritt zur vereinbarten Übernahme der Leiharbeitskolleginnen und -kollegen umsetzt. Dies gibt den Kolleginnen und Kollegen insgesamt eine Perspektive“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Schäfer-Klug…“ Stellantis-Pressemitteilung vom 6. Juli 2023 externer Link – bei der IG Metall (Darmstadt) nichts  gefunden, aber bei der MLPD:
    • Erste Leiharbeiter-Übernahmen bei Opel Rüsselsheim: 1:0 für die Kampfeinheit von Stamm- und Leiharbeitern!
      „… Die Einsatzzeit aller weiteren Kolleginnen und Kollegen wird auf 36 Monate verlängert. Damit ist auch die unmittelbar drohende Abmeldung von rund 160 Kollegen im August zunächst vom Tisch. Nicht jedoch die allgemeine Rechtlosigkeit der Leiharbeitskollegen. Dennoch ist das ein wichtiger Erfolg. Denn bislang verweigerte die Geschäftsleitung der Stellantis-Tochter in Person von Personaldirektor Wangemann, auch nur einen einzigen der über 1.000 Kolleginnen und Kollegen mit Leiharbeitsbeschäftigung zu übernehmen. Noch auf der letzten, „digitalen Betriebsversammlung“ sagte Wangemann, die Geschäftsleitung würde statt Übernahme lieber die Leihbeschäftigung auf 36 oder 48 Monate verlängern. Noch letzten Montag ging die Sitzung der Einigungsstelle dazu ergebnislos zu Ende. Das hat die Belegschaft nicht akzeptiert. In der Montagehalle K170 versammelten sich 150 Kolleginnen und Kollegen zur Pausenversammlung. Diese Versammlung war über mehrere Wochen von aktiven Kollegen und im Vertrauenskörper vorbereitet worden. Eingeladen war auch Personaldirektor Wangemann. Die Kollegen wollten nicht hinnehmen, in völliger Unsicherheit über ihren Arbeitsplatz in die Werksferien geschickt zu werden. Hinterhältig hatte Opel auch schon begonnen, einzelne Leiharbeitskollegen abzumelden. Die Stimmung war aufgewühlt. (…) In den folgenden Stunden kam es zu Panik-Sitzungen der Geschäftsleitung und Turbo-Verhandlungen mit der Betriebsratsspitze. Nach zwei Stunden (!) wurde im ganzen Werk das Verhandlungsergebnis verkündet. Auf der Spätschicht versammelten sich über 50 Kolleginnen und Kollegen, darunter auch viele Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter. Obwohl sie per E-Mail von ihren Leiharbeitsfirmen mit fristloser Kündigung bedroht wurden, sollten sie an diesen Versammlungen teilnehmen. Von Gewerkschaftern und Kollegen wurde das Ergebnis diskutiert. Es ist ein großer Erfolg…“ Korrespondenten-Meldung am 08.07.2023 in den Rote-Fahne-News externer Link, siehe für Hintergründe:
    • Überraschende Wende: Opel übernimmt viele Leiharbeiter
      Wegen des extrem hohen Anteils an Leiharbeitern im Rüsselsheimer Autowerk gab es zuletzt heftigen Streit. Worauf sich Betriebsrat und Management nun genau geeinigt haben. Der neue Astra verkauft sich offenbar sehr gut. Nach Informationen dieser Zeitung ist die Produktion im Rüsselsheimer Opel-Werk im Zweischichtbetrieb bestens ausgelastet. Dennoch war der Unmut hinter den Werkstoren zuletzt groß. Denn Mitte Juni belief sich die Zahl der Leiharbeitnehmer in der Rüsselsheimer Autofertigung nach Informationen dieser Zeitung auf knapp über 1000. Das habe einer Quote von mehr als 42 Prozent entsprochen, war zu hören.
      Der Rüsselsheimer Autohersteller hatte Anfang Februar vergangenen Jahres in der Sache erstmals für Schlagzeilen gesorgt, als er nach Stellenkürzungen am Stammsitz bestätigte, dass über einen Personaldienstleister im Werk „temporär“ eine mittlere dreistellige Zahl an Stellen mit Zeitarbeitnehmern, wie sie offiziell genannt werden, besetzt werden soll. (…) Nun steht für die erste Generation dieser Opel-Leiharbeiter ein entscheidender Termin an: Sie sind bald 18 Monate im Einsatz. Werden sie nicht übernommen oder wird die Leiharbeit bei Opel nicht mit einer Betriebsvereinbarung verlängert, müssen sie gehen. Was Unternehmenskreisen zufolge nicht nur für die Betroffenen ein Schlag ins Kontor wäre, sondern auch für die Astra-Produktion. (…) Am Donnerstag zog nach Informationen dieser Zeitung wegen der angespannten Situation ein Mitarbeiter-Protestzug in die Endmontage. Der Werksleiter habe eine Rede gehalten, die Nervosität sei greifbar gewesen, heißt es in Mitarbeiterkreisen…“ Artikel von Ralf Heidenreich vom 6.7.2023 in mittelhessen.de externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=197813
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