[Heinz Herrmann Thiele und Knorr-Bremse] Corona: Hilfe für Milliardäre?

Dossier

Coronavirus, die Hetze und der Ausnahmezustand: China im Shitstorm… Heinz Hermann Thiele ist einer der zehn reichsten Deutschen. Ende März stieg er bei Lufthansa ein und ist nun der größte Einzelaktionär der Fluglinie. Spekuliert er auf staatliche Hilfen? (…) An anderer Stelle profitiert Thiele bereits jetzt vom Sozialstaat. In seinem Vorzeige-Unternehmen Knorr-Bremse, Weltmarktführer in Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge, sind seit Anfang April 4.000 der 5.500 MitarbeiterInnen in Deutschland in Kurzarbeit. (…) Eigentlich gilt in der körperlich anspruchsvollen Metall- und Elektroindustrie eine 35-Stunden-Woche. Knorr-Bremse aber ist als einziges Unternehmen dieser Branche im Aktienindex M-DAX nicht mehr tarifgebunden. (…) Hakan Civelek von der IG-Metall spricht von „Steinzeitkapitalismus“ und einem ganzen Arbeitstag ohne Lohnausgleich. (…) Gewerkschafter beklagen, regelmäßig seien Unternehmen aufgekauft und wenige Jahre später geschlossen worden, um dann die meisten Arbeitsplätze in Billiglohn-Länder zu verlagern. Aktuelles Beispiel sei der Standort Wülfrath: Von Knorr-Bremse 2016 übernommen, ist er heute von einer weitgehenden Schließung bedroht. Dabei habe Knorr-Bremse bei der Übernahme ein Zukunftskonzept versprochen. Im Gegenzug verzichtete die Belegschaft auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. (…) im aktuellen Geschäftsbericht von Knorr-Bremse werden aufgrund der Corona-Krise „deutlich rückläufige“ Mitarbeiterzahlen angekündigt. Im selben Bericht wird die bevorstehende Dividenden-Auszahlung angekündigt, mit der Heinz-Hermann Thiele über 200 Millionen Euro einnehmen dürfte. Während sein Vorzeige-Unternehmen Kurzarbeit in Anspruch nimmt und er wohl auf Steuergelder für die Lufthansa hofft.“ Bericht von Johannes Edelhoff und Armin Ghassim vom 14. Mai 2020 in der ARD-Sendung Panorama externer Link (Videolänge: 7:21 Min.), siehe dazu auch:

  • Triumph gegen Thiele: IG Metaller im Rechtsstreit mit Unternehmerpatriarchen von Knorr-Bremse erfolgreich New
    “Auf Kritik folgt eine Klage. Engagierte Betriebsräte und Gewerkschafter leben bisweilen gefährlich. Konzernspitzen und Unternehmerpatriarchen schicken ihren Advokatenstab los, der zieht vor den Kadi. Das Ziel ist immer dasselbe: Beschäftigtenvertreter kaltstellen. Wie im folgenden Fall: Der Hersteller von Lenksystemen für die Autoindustrie Tedrive Steering Systems in Wülfrath wurde im September 2016 von Knorr-Bremse aufgekauft. Hauptaktionär ist der Milliardär Heinz Hermann Thiele. Den rund 350 Beschäftigten wurde seitens des Unternehmens ein »Zukunftskonzept« offeriert. Gratis war das nicht, die Kollegen verzichteten dafür auf Tarifbestandteile wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Nicht nur das. Thiele drückte die Personalkosten um 30 Prozent. Beschäftigte haben oft eine 42-Stunden-Woche ohne Entgeltausgleich und Mehrarbeitszulage. Ein Facharbeiter verliert damit monatlich etwa 1.000 Euro. Das war Thiele offenbar nicht genug. Bereits im Mai 2019 beschloss der »harte Sanierer«, den Standort Wülfrath zu schließen. Von einem »Zukunftskonzept« war da längst keine Rede mehr. In der Folge vereinbarte der von der IG Metall unterstützte Betriebsrat mit Knorr-Bremse einen Sozialplan. Am 31. Oktober soll das Werk endgültig dichtgemacht werden, bestätigte eine Unternehmenssprecherin am Dienstag gegenüber jW. »Danach finden nur noch Aufräumarbeiten statt.« Hakan Civelek, Geschäftsführer der IG Metall Velbert, hatte bereits im Juni erklärt: »Knorr-Bremse hat den Standort in Wülfrath gekauft, um Know-how abzuschöpfen.« Damit sollte ein »Marktzugang für spezialisierte Lenksysteme« geschaffen werden, um anschließend »zukünftige Produkte billig im Ausland« zu produzieren, so Civelek. Und das, obwohl noch bis 2025/26 Arbeitsaufträge vorlägen. Civelek zufolge sollen ein Investor und der Volkswagen-Konzern an Produktionsteilen Interesse haben (siehe Interview). (…) Thiele kassierte eine doppelte Niederlage. Beschluss und Urteil konnte jW einsehen. Damit steht fest: Civeleks Aussagen sind zulässige Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen, so das Landgericht – deshalb: »Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet.« Beim Arbeitsgericht scheiterten die Kläger bereits an der fehlenden Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit…“ Artikel von Oliver Rast in der jungen Welt vom 08.10.2020 externer Link, siehe dazu das Interview mit Hakan Civelek:

    • »Ich gebe nicht klein bei«. Hauptaktionär von Knorr-Bremse Heinz Hermann Thiele scheitert mit Klage gegen IG-Metall-Geschäftsführer. Ein Gespräch mit Hakan Civelek
      “… [Welche Aussagen von Ihnen sollen das Ansehen des Lufthansa-Großaktionärs beschädigt haben?] Es gab eine Reihe von Äußerungen, die ich zukünftig unterlassen sollte, anderenfalls drohten mir bis zu 250.000 Euro Strafe. Ich hatte unter anderem öffentlich gemacht, dass Beschäftigte bei Knorr-Bremse aufgrund von Mehrarbeit ohne Entgeltausgleich einen Verdienstausfall von bis zu 1.000 Euro pro Monat haben. Und das, obwohl Thiele in der Öffentlichkeit gerne den Eindruck eines pflichtbewussten sozial verantwortlich handelnden Patrioten vermittelt. Allerdings sind mittlerweile mehr als 80 Prozent seiner Angestellten im Ausland beschäftigt. (…) [Was wissen Sie über die Rechtsanwaltskanzlei, von der Sie eine unterschriftsreife »Unterlassungsverpflichtungserklärung« erhalten hatten?] Knorr-Bremse hat sich von Anwälten der Kanzlei Kliemt und der Wirtschaftskanzlei Buse, Heberer, Fromm vertreten lassen. Gerade diese haben sich als Topadressen für Union Busting einen Namen gemacht. Das Ziel hierbei ist, aktive Betriebsräte systematisch zu zerschlagen. Sie gehen äußerst aggressiv gegen diese vor. Das kann man mittlerweile verschiedenen Medien entnehmen. Jüngst hat das Landgericht Berlin gegen Hartmut Fromm und einen weiteren Anwalt der Kanzlei einen Haftbefehl erlassen. Beiden Juristen werden Untreue in einem besonders schweren Fall und schwerer Parteiverrat vorgeworfen. Advokaten mit einem sehr zweifelhaften Renommee, aber genau von solchen lässt sich Heinz Hermann Thiele rechtlich vertreten. [Kürzlich entschied unter anderem das Landgericht Frankfurt am Main über Ihren Fall – mit welchem Ausgang?] Das Landgericht hat den Antrag von Knorr-Bremse zurückgewiesen und sprach sich für mich aus, weil es hier um Tatsachenbehauptungen, um wertende Schlussfolgerungen und um freie Meinungsäußerung ging. Mein Handeln als Gewerkschaftsfunktionär ist zudem grundgesetzlich legitimiert, deshalb haben wir kraft Verfassung das Recht, uns für den Erhalt von Arbeitsplätzen einzusetzen und dafür zu kämpfen. Das kann auch ein Thiele nicht verhindern. [Halten Sie nach dem Gerichtsbeschluss nun still?] Nein, im Gegenteil. Wir lassen uns von Herrn Thiele und seinem Anwaltstross nicht mundtot machen. Und wenn es um die Zukunft der Beschäftigten geht, dann wird nicht klein beigegeben, egal was kommt.“ Interview von Oliver Rast in der jungen Welt vom 08.10.2020 externer Link 
  • »Geschäftsmodell Thiele«. Trotz Schließungstermin: Metaller kämpfen weiter um Knorr-Bremse-Werk in Wülfrath. Ein Gespräch mit Hakan Civelek 
    „… Den Standort Wülfrath zu schließen war offensichtlich von Anfang an das Ziel von Knorr-Bremse. Trotz massiver Proteste, aber auch kreativer Ideen, den Standort zu erhalten, konnte diese Entscheidung leider nicht rückgängig gemacht werden. Die rechtlichen Möglichkeiten, eine unternehmerische Entscheidung zu verhindern, sind hierzulande sehr begrenzt, das Betriebsverfassungsgesetz steht hierbei auf seiten des Kapitals. (…) [Multimilliardär Thiele zählt hierzulande zu den zehn reichsten Personen. Was kennzeichnet das »Geschäftsmodell Thiele«?] Beim »Geschäftsmodell Thiele« muss in Deutschland jeder Federn lassen, nur er selbst kommt ungeschoren davon. In Kurzform: Thiele kauft Unternehmen auf, schöpft das Know-how ab, um dann die Produktion in »Billiglohnländer« zu verlagern. Bei KB arbeiten bereits mehr als 80 Prozent der Beschäftigten im Ausland, Tendenz steigend. Zudem bezahlt er äußerst selten nach Tarif, seine Beschäftigten arbeiten zum Teil 42 Wochenstunden, dabei sieben Stunden ohne Entgeltausgleich. Er verschafft sich Wettbewerbsvorteile durch Lohndumping, zwingt damit Mitwettbewerber in die Knie und schadet auch insgesamt der deutschen Volkswirtschaft. Diese lebt unter anderem von ihrer Innovationskraft, nicht jedoch von Menschen, die technologisches Wissen in Deutschland abschöpfen und ins Ausland transferieren. [Und wie ist Thieles Verhältnis zu Gewerkschaften?] Manche sehen ihn als Gewerkschaftshasser. Er begreift sich selbst als Freund der deutschen Wirtschaft. Betriebliche Mitbestimmung, Arbeitnehmerrechte hingegen scheinen ihm ein Dorn im Auge zu sein. Kurzum, beim »Modell Thiele« müssen alle leiden, nur damit er seinen Reichtum vermehren kann. (…) [Zurück nach Wülfrath. Sie haben den Kampf um das Werk noch nicht aufgegeben – trotz konkretem Schließungstermin. Woher nehmen Sie Ihre Zuversicht?] Zum einen ist aktuell ein neuer Investor aufgetreten, der den Restbetrieb gerne übernehmen möchte, zum anderen hat der verbleibende Hauptkunde, die VW-Gruppe, großes Interesse an der Weiterproduktion signalisiert. Damit würden wir mindestens 60 Beschäftigte bis ins Jahr 2026 retten können. Dafür lohnt es sich in jedem Fall zu kämpfen.“ Interview von Oliver Rast in der jungen Welt vom 23.06.2020 externer Link (im Abo) mit Hakan Civelek, 1. Bevollmächtigter und Leiter der IG Metall ­Geschäftsstelle Velbert
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=172670
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