Arbeitsgericht Iserlohn: Auflösung des Betriebsrates beim Automobilzulieferer DURA wegen Verstoß gegen DSGVO

Gewerkschaftsfeinde und Betriebsratsfresser stören„Auch mit Hilfe der Datenschutzgrundverordnung DSGVO kann eine Geschäftsführung einen Betriebsrat loswerden. Dieser Art des Union Bustings hat sich der Automobilzulieferer DURA im sauerländischen Plettenberg bedient. Es war einmal der größte Arbeitgeber in der Region: Seit April 2019 ist das Werk geschlossen. Mehrere hundert Kündigungsschutzverfahren liefen vor dem Arbeitsgericht Iserlohn und dem LAG Hamm. Der Betriebsrat befindet sich im Restmandat: DURA hat den Sozialplan vor dem LAG Hamm angefochten. Um den zahlreichen Prozessbevollmächtigen der Kläger die notwendigen Dokumente zugänglich zu machen, hatte der Betriebsrat sie in eine Cloud gestellt und den Zugangslink an die Anwälte und ihre Kanzleien verschickt. Nachdem der Arbeitgeber davon erfuhr, beantragte er die Auflösung des Betriebsrates wegen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung: Knapp 1000 Seiten waren in der Cloud gespeichert, darunter E-Mails, Rechnungen, Kalendereinträge, Urlaubsanträge, Vertragstexte – also Material, das die Anwälte in Kündigungsschutzverfahren benötigten. Das Arbeitsgericht in Iserlohn stimmte der Auflösung des Betriebsrates zu: Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit sei durch das systematische Vorgehen beim Sammeln der Daten verletzt worden, es liege keine Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung vor. (…) Der Weg in die nächste Instanz ist unausweichlich. Sollte das Urteil Schule machen, kann künftig kaum noch ein Betriebsrat ohne eigene IT-Experten und Datenschutzbeauftragte seinen Pflichten nachkommen…Beitrag von und bei work watch vom 3. September 2020 externer Link – und ein Kommentar:

  • Soweit ersichtlich, hat der BR hier tatsächlich einen Fehler gemacht. Allerdings frage ich mich, ob eine Auflösung des BR wegen Verstöße gegen den Datenschutz überhaupt möglich ist. Denn erstens ist der BR nicht dem AG, sondern den Betroffenen AN datenschutzrechtlich verpflichtet; dem AG nur soweit Infos von ihm weitergegeben wurden, die als vertraulich gekennzeichnet wurden. Zweitens kennt die DSGVO bei Verstoß zwar eine Haftung, aber keine Organauflösung. Der BR könnte im umgekehrten Fall eines Verstoßes durch den AG ja auch keine Auflösung von irgendeinem AG-Organ fordern, sondern nur die betroffenen AN unterstützen. Leider sind die Hintergründe genau hierzu selbst in der verlinkten Meldung nicht ersichtlich. Dass BAG zur Kenntnis des BR über eine Schwangerschaft, was auch verlinkt wurde, ist hier nicht relevant, weil das Konfliktfeld dort ja zwischen BR und einer einzelnen AN bestand.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=177592
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