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Deutschlands großer Selbstbetrug bei und mit VW
Kurze kommentierte Übersicht von Volker Bahl vom 19.12.2016
Der große allseitige Selbstbetrug in Deutschland – für die reine Weste in Umweltsachen bei den deutschen Autofahrern (von Stefan Kühl / Organisationsberater: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/forum-der-grosse-selbstbetrug-nach-dem-vw-skandal-1.3299596?reduced=true )
Warum ist die Empörung über die massenmedial dramatisierte Schummelei von VW so hoch?
Als Kunde will man beruhigt werden, dass man durch den Kauf von Autos mit niedrigem Verbrauchs- und Abgaswerten seinen eigenen Beitrag zum Umweltschutz geleistet hat. Überspitzt ausgedrückt: Wenn man sich schon einen SUV kauft, der von seinen Ausmaßen her an die Größe eines Kleinpanzers heranreicht und mit geringer technischer Aufrüstung auch Sprengbomben abhalten könnte, dann will man gleichzeitig auch kommuniziert bekommen, dass man mit dem Kauf dieses Autos seinen Beitrag zum Umweltschutz leistet.
Das Lügengespinst in Deutschland ist sozusagen ein allseits erwünschtes – und wehe einer durchbricht es.
Dies hatte Rudolf Hickel versucht – und vor allem gefordert, dass der – als Kontrolle vorgesehene – Staat sich frei von den Einflüssen der Auto-Industrie machen muss. (http://rhickel.iaw.uni-bremen.de/ccm/homepages/hickel/aktuelles/erste-lehren-aus-dem-vw-oekobetrug/ ) Nur das könnte solange ein „frommer“ Wunsch bleiben, solange dieser Staat sich mit den „vielen“ Autofahrern „einig“ weiß, dass es eigentlich nur darum, geht eine „Illusion“ des Umweltschutzes aufrecht zu erhalten.
Stefan Kühl berichtet jetzt weiter: Der Volkswagen-Konzern hat zur allgemeinen Überraschung vieler Beobachter mitgeteilt, dass die Abschalteinrichtungen, mit denen die Abgaswerte in ihren Dieselmotoren so betrügerisch geschönt wurden, in der Europäischen Union rechtmäßig wären. Diese Software stelle, so ein VW-Sprecher, nach europäischem Recht „keine unzulässige Abschalteinrichtung“ dar. Aus dieser – jetzt wieder offenbarten – Haltung von VW lässt sich viel über den Abgas-Skandal lernen. (so Kühl)
Die Manipulation der Software ist eben aus dieser Perspektive nur ein – cleveres – und natürlich innovatives Mittel gewesen, mit dem die Autos als umweltfreundlich dargestellt werden konnten – ohne es je zu sein.
Geprägt durch die Sichtweise der Konzernspitze auf die Rechtslage im Heimatland Deutschland, wo die Automobilindustrie nicht nur die Formulierung der Umweltpolitik, sondern auch die Durchsetzung internationaler Umweltstandards maßgeblich beeinflusste, hatte man (bei VW usw.) glatt übersehen, dass in den USA eben der Einsatz einer solchen Abschalteinrichtung einen Gesetzesverstoß darstellt.
Dass durch den verstärkten Ausstoß der Abgase der Kraftfahzeuge jährlich allein in Deutschland 35 000 Todesfälle auf die Belastungen der Atemluft mit Stickoxyden, Kohlendioxyd und Feinstaub zurückgeführt werden können, bleibt dann eben nur eine wenig beachtenswerte Randerscheinung – angesichts des reinen Gewissens der SUV-Fahrer, das mit dieser Abgas-Manipulation – zum Schein – hergestellt werde kann…
P.S.: Für den Organisations-Soziologen Stefan Kühl ist es jedoch jetzt auch eine gewisse Überraschung, dass VW – nach Europäischem Recht! – überhaupt keinen Regelverstoß bei der Abgas-Manipulation vorgenommen hat (wie es der Konzern jetzt mitteilt). Noch im letzten Jahr ging auch er davon aus, dass es sich auch bei uns um einen Regelverstoß handelt (http://www.uni-bielefeld.de/soz/forschung/orgsoz/Stefan_Kuehl/pdf/Kuehl-Stefan-Working-Paper-7_2015-151005-Volkswagen-ist-ueberall.-Die-alltaegliche-Normalitaet-der-Regelabweichung-.pdf )
- Wir erinnern an unser Dossier: Wer wird für den Dieselgate bezahlen? Na? Wer wohl?