- Bauindustrie und Handwerk
- Chemische Industrie
- Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst
- Elektro- und Metall(-Zulieferer)
- Elektrotechnik
- Energiewirtschaft (und -politik)
- Fahrzeugbau (Vom Fahrrad, über Trecker bis zum Flugzeug)
- Gewerkschaften als Arbeitgeber
- Holz, Papier, Glas und Kunststoffe
- Landwirtschaft und Gartenbau
- Lebens- und Genussmittelindustrie
- Maschinen- und Anlagenbau
- Medien und Informationstechnik
- Rüstungsindustrie und -exporte
- Sonstige Branchen
- Stahl-Industrie
- Stoffe und Bekleidung
- Automobilindustrie
- Bauindustrie und Handwerk
- Chemische Industrie
- Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst
- Elektro- und Metall(-Zulieferer)
- Elektrotechnik
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- Gewerkschaften als Arbeitgeber
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- Stoffe und Bekleidung
[IG Metall und ihre Auto-Partner] Elektrifizierung des Antriebsstrangs, Verkehrswende und Beschäftigung
Dossier
„Elektrifizierung des Antriebsstrangs führt zu deutlich geringerem Personalbedarf. Das betrifft vor allem den Zuliefererbereich. (…) Bis 2030 kann jeder zweite Arbeitsplatz in der Antriebstechnik von PKW direkt oder indirekt von der Elektromobilität betroffen sein. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Wirkungen der Fahrzeugelektrifizierung auf die Beschäftigung am Standort Deutschland (ELAB)“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Danach werden in Deutschland durch Elektrifizierung und Produktivität per Saldo – bei als wahrscheinlich angenommenen Entwicklungen – rund 75.000 Arbeitsplätze in der Antriebstechnik wegfallen. Darin ist schon eingerechnet, dass rund 25.000 neue Stellen für Komponenten wie Batterien oder Leistungselektronik entstehen werden. (…) Initiiert wurde die Studie von IG Metall, BMW, Volkswagen, Daimler, Robert Bosch, ZF Friedrichshafen, Schaeffler, Mahle sowie dem Verband der Automobilindustrie…“ Pressemitteilung der IG Metall vom 05.06.2018 , siehe dazu kritische Bewertungen, nicht zuletzt des Mobilitätsverständnisses der IG Metall (und ihrer Auto-„Partner“) und Hintergründe:
- Veranstaltung des AKI im IG Metallhaus Berlin am 13.11.2024: Wege aus der (Auto)-Krise
„Die Arbeiter:innen der Metallindustrie sind konfrontiert mit zwei Herausforderungen, die mit einander verflochten sind. zu einen der Kampf m einen Anteil, der die Lohnverluste ausgleicht, zum andern mit der Bedrohung ihrer Jobs im Fahrzeugbau, nicht nur der Auto-und Zulieferindustrie, sondern auch groteskerweise im Schienenfahrzeugbau. Überlegungen wie eine andere Wirtschaftsweise aussehen könnte oder müsste, hat die sozial-ökologische Ökonomin Katharina Keil angestellt. Zum Vortrag und Gespräch mit ihr laden wir euch gerne ein: Mittwoch, 13. November, 18:00 Uhr, IG Metall-Haus, Raum E01, Alte Jakobstraße 149, 10969 Berlin“ Einladung der AK Internationalismus bei der IG Metall Berlin , siehe auch aktuell das Dossier: Kahlschlag bei VW ab 2024? Autobauer plant Kürzungen in Milliardenhöhe, um »Effizienz« zu steigern - Die Autoindustrie in der Systemkrise: Der sozialökologische Umbau ist nicht nur ökologisch, auch ökonomisch unverzichtbar
„Die Krisen in der Autoindustrie kommen regelmäßig, die Abstände verkürzen sich und die Krisen werden heftiger. Wie auch jetzt wieder geht es um Konkurrenz, um Märkte und Marktanteile, um den Aufbau und dann auch wieder die Zerstörung von Kapazitäten in geschrumpften Teilmärkten. Die Krisen tragen die Tendenz zur Vernichtung von Konkurrenten und kleinere oder größere Schritte zur Monopolisierung in sich. Die Schließung des Opel-Werkes in Bochum und des Ford-Werkes in Saarlouis sind Beispiele für das erstere, die Bildung des Stellantis-Konzerns mit Peugeot, Citroën, Opel, Fiat und Chrysler eines der Beispiele für Konzentration. In den zurückliegenden fünf Jahren wurden über 60 000 Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie verlagert oder vernichtet, viele Standorte aufgegeben.
Die Krise ist in erster Linie eine Krise der Arbeitsplätze, keine Krise der Profite. Die Gewinne vom zurückliegenden Jahr bei Volkswagen (22 Milliarden), Mercedes (15 Milliarden) und BMW (12 Milliarden) summieren sich auf 49 Milliarden Euro, die Gewinnrücklagen der drei Konzerne auf gut 250 Milliarden Euro.
Um es am Beispiel von Volkswagen deutlich zu machen: Es geht mitnichten um Verluste, wie das Unternehmen öffentlich behauptet und eilfertige Journalisten gerne weitergeben. Den Eigentümer:innen und den Managern reicht eine Umsatzrendite von 3,5 Prozent bei der Marke Volkswagen nicht aus, sie wollen 6,5 Prozent. (…) Ein reales Problem sind natürlich die Überkapazitäten, die mit großem Aufwand geschaffen wurden – vor kurzem wollte der VW-Konzern nach dem Vorbild von Tesla eine „Gigafactory“ für neue Luxusfahrzeuge in Wolfsburg bauen (Trinity) – heute geht es um Massentlassungen und Werksschließungen. (…)
Fortgesetzter Autobahnneubau und die aberwitzigen Subventionen, die in die Autoindustrie fließen, sind eine Umverteilung von unten nach oben. Viele Menschen sind mangels eines guten öffentlichen Verkehrs noch auf Autos angewiesen, jedoch sinken Pkw-Dichte und Emissionen mit dem Haushaltseinkommen. Anstatt sich auf die Forderungen der Mehrheiten im Land wie Tempolimit und den Abbau von Subventionen einzulassen, kungelt die Regierung mit der Autoindustrie und verstärkt noch die autozentrierte Politik. Selbst der Abschied vom Verbrennungsmotor wird von antiökologischen Kräften wie der FDP, der CSU und dem BSW immer wieder von neuem infrage gestellt. Dadurch kommen Klimaschutz und Mobilitätswende unter die Räder bzw. unter den Asphalt. Dabei können im Schienenfahrzeugbau, bei der Bahn und in den Betrieben des ÖPNV hunderttausende Arbeitsplätze neu entstehen, wenn diese Betriebe Planungssicherheit erhalten…“ Artikel von Stephan Krull in der SoZ vom November 2024 vorab beim Forum gewerkschaftliche Linke Berlin – siehe zum aktuellen Hintergrund das Dossier: Kahlschlag bei VW ab 2024? Autobauer plant Kürzungen in Milliardenhöhe, um »Effizienz« zu steigern - [Doppelte Transformation und die IG Metall] Planlos ins sozial-ökologische Desaster: Das Versagen der europäischen Autoindustrie „… Mit den Einfuhrzöllen, die zunächst für eine Dauer von höchstens vier Monaten gelten und offiziell im November eingeführt werden sollen, verfolgt die EU eine Strategie des industriepolitischen Protektionismus: Seit nicht einmal zwei Jahren steigen die Importe von chinesischen Elektroautos in die EU rasant an, denn Autobauer wie BYD, Geely oder Nio sind europäischen Herstellern wie VW, Stellantis (Fiat, Peugeot u.a.) und Mercedes nicht nur technisch voraus, sie sind vor allem deutlich preiswerter. Einfuhrzölle, so das Kalkül, sollen den Wettbewerbsvorteil ausgleichen.
Dass es ökologischer Irrsinn ist, die im Vergleich zu Verbrennern deutlich klimafreundlicheren Elektroautos zu verteuern, liegt auf der Hand. Zwar sollte man sich hüten, die positiven Klimaeffekte der Antriebswende überzubewerten. Trotzdem gilt: Wenn schon motorisierter Individualverkehr, dann ist ein Elektroauto mittlerer Größe und moderater Fahrleistung die bessere Wahl. Eine Verkehrswende darf zwar nicht auf Elektroautos reduziert werden, aber ohne (bezahlbare) E-Autos wird sie, vor allem im ländlichen Raum, nicht funktionieren.
Mehr als fraglich ist aber auch, ob diese Art von protektionistischer Industriepolitik dazu beitragen kann, die etwa 2,5 Mio. Arbeitsplätze in der europäischen Automobilindustrie mittel- und langfristig zu schützen. Viel wahrscheinlicher ist das Gegenteil. Denn Brüssel wird mit dieser Maßnahme den komplexen Ursachen für die fehlende Konkurrenzfähigkeit der europäischen Autobauer keineswegs gerecht: verzögerte Innovationen, hohe Energiekosten und ein immer noch schleppender Ausbau der Ladeinfrastruktur. (…)
Der Verweis auf zu geringe oder gar gekürzte staatliche Subventionen, wie die Streichung des sogenannten Umweltbonus für Elektroautos durch die Ampelkoalition Ende 2023, greift allerdings zu kurz, um den Rückgang zu erklären. Nüchtern betrachtet, fehlt es in Europa schlichtweg an bezahlbaren E-Autos, was in Zeiten kriselnder Wirtschaft und sinkender Massenkaufkraft besonders schwer wiegt. Das ist in erster Linie die Folge verfehlter Strategien der deutschen Autoindustrie. Diese setzte wie keine andere auf das „upmarket-Modell“, also auf immer schwerere und leistungsstärkere Pkws, auch im batterieelektrischen Segment. Das ist auch der Grund, warum die europäische Elektromobilität ein krasses Nord-Süd-Gefälle hat. 2023 gingen 82 Prozent aller verkauften E-Autos in die reicheren nördlichen Länder, obwohl diese lediglich einen Bevölkerungsanteil von 49 Prozent haben. Auch hier kamen die Milliarden-Subventionen vor allem den wohlhabenderen Haushalten zugute, die sich die hohen Preise für Elektrofahrzeuge leisten können. Was an der EU-Politik falsch läuft, zeigt sich bereits bei der Regulierung der CO2-Emissionsnormen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Demnach müssen Automobilhersteller bei ihren neu zugelassenen Fahrzeugflotten bestimmte Grenzwerte für den Kohlendioxidausstoß pro gefahrenem Kilometer einhalten. Erfüllen sie diese nicht, werden Strafzahlungen fällig. Mit batterieelektrischen Fahrzeugen können die Hersteller die für sie geltenden Werte für ihre Flotten insgesamt senken. Allerdings macht es für die EU dabei keinen Unterschied, ob es sich beim E-Auto um einen SUV handelt oder um einen Kleinwagen. (…)
Gewerkschaften und Betriebsräte warnen schon lange, dass mit der „doppelten Transformation“ eine neue Welle der Verlagerung auf sie zurollt. BMW beispielsweise lässt E-Autos und Batterien bald im neuen Werk im ungarischen Debrecen bauen, und VW hat komplementär zum Deal mit dem US-Start-up Rivian eine weitreichende Partnerschaft mit dem chinesischen Start-up Xpeng besiegelt. (…)
All das zeigt: Die deutsche und europäische Autoindustrie erlebt derzeit einen Gramsci-Moment: Das Neue ist noch nicht geboren, das Alte noch nicht tot. Eine kohärente Transformationspolitik müsste in dieser Situation eigentlich steuern, den Akteuren Planungssicherheit geben, durch Subventionen Investitionen in noch nicht profitable Zukunftstechnologien leiten, aber auch sicherstellen, dass die späteren Gewinne nicht an Aktionäre ausgezahlt, sondern reinvestiert werden. Auf diese Weise ließen sich auch aus ökologischer oder gewerkschaftlicher Sicht wünschenswerte Ziele auf die Agenda setzen, sei es die Stärkung der Mitbestimmung oder der Ausbau einer europäischen Schienenfahrzeugindustrie, die Förderung kleinerer Fahrzeugflotten oder öffentlicher und nicht privat organisierter Sharing-Dienste. Aber zur Wahrheit gehört auch: Es fehlt an Akteuren, die eine solche Strategie verfolgen. (…)
Für die IG Metall ist die Lage auch aus organisationspolitischen Gründen bedrohlich. Die Automobilindustrie bildet das Rückgrat ihrer Organisationsmacht. Etwa 35 Prozent der aktuell 2,13 Millionen IG Metall-Mitglieder gehören zur automobilen Wertschöpfungskette. Unterm Strich geht es in der doppelten Transformation für die IG Metall um die grundsätzliche Frage: Schaut die größte Industriegewerkschaft der Welt nur zu, wie die Beschäftigten der deutschen Automobilindustrie unter die Räder der Transformation kommen oder kann sie es verhindern? (…)
Eine schon praktizierte Erneuerungsidee sind zudem die sogenannten Zukunftstarifverträge, die die IG Metall in den vergangenen Jahren mit Branchengrößen wie ZF Friedrichshafen, Mahle und Bosch Mobility vereinbart hat. Was bürokratisch klingt, versprüht tatsächlich einen Hauch von Wirtschaftsdemokratie: Nicht die Geschäftsführung allein entscheidet darüber, wie sich Unternehmen für die Postverbrenner-Ära aufstellen. Betriebsräte und Management arbeiten gemeinsam an Zukunftskonzepten und beraten über neue Produkte, notwendige Investitionen und Qualifizierungsmaßnahmen. Ob sich diese sozialpartnerschaftlichen Ansätze behaupten werden, wenn für Bosch und Co. die Luft dünner wird, bleibt indes abzuwarten.
Fakt ist aber auch: Die Herausforderungen sind zu groß, um sie allein auf Unternehmensebene tarifpolitisch lösen zu können. Von einer umfassenden, betriebs- und branchenübergreifenden gesellschaftspolitischen Gesamtstrategie für eine sozial-ökologische Transformation und eine Verkehrswende ist die größte Industriegewerkschaft der Welt – wie auch die EU – immer noch weit entfernt. Querschüsse aus den Reihen der mächtigen Automobilbetriebsräte, wie die jüngste Forderung des Audi-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Jörg Schlagbauer, das EU-Verbrennerverbot aufzuweichen, zeigen, wie schwer es für die IG Metall ist, die kurzfristigen Interessen ihrer Klientel und eine langfristige Nachhaltigkeitsstrategie unter einen Hut zu bringen…“ Artikel von Jörn Boewe und Johannes Schulten in den Blättern vom September 2024- Siehe zum Thema auch unser Dossier: [Erklärung] “Die Autoindustrie vor und nach „Corona“: Konversion statt Rezepte von gestern!“ und die Transformationsdebatte und:
- „Zukunftsfähige Produkte: Die Kapitalinteressen sprechen dagegen. Jede Vernunft spricht dafür. Deshalb ist internationale Solidarität wichtiger als je zuvor.“ im Dossier: Kahlschlag bei VW ab 2024? Autobauer plant Kürzungen in Milliardenhöhe, um »Effizienz« zu steigern
- „VW und Thyssenkrupp Steel: Zwei Hochburgen der IG Metall unter Feuer“ im Dossier: Fusion geplatzt, Jobs auf der Kippe. Bei ThyssenKrupp einigten sich Vorstand und Gewerkschaft auf radikalen Konzernumbau
- Autoindustrie: Die Lage wird jeden Tag dringlicher – und es bahnt sich eine klimapolitische Rolle rückwärts an
„Während die Klimakatastrophe unübersehbar geworden ist (außer Markus Söder wussten alle, dass Starkregen zu Überschwemmungen führt), bahnt sich eine klimapolitische Rolle rückwärts an. Nachdem in Deutschland und anderen Ländern der EU die Diskussion losgetreten wurde, das Verbrenner-Aus zu kippen, nährt nun auch der Betriebsratschef von Audi die Hoffnung, dass es so weitergehen kann wie bisher.
Die IG Metall steht zwar zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens, ist dennoch– trotz guter gemeinsamer Positionen mit Umwelt- und Sozialverbänden – ziemlich ratlos in der Debatte und den Aktionen um die Verkehrswende. (…) Die Schließung des Ford-Werkes in Saarlouis wurde ausgespielt gegen das Ford-Werk in Valencia. Eine internationalistische, europäische Strategie dagegen ist bei der IG Metall so wenig wirksam wie beim europäischen Betriebsrat. Die Konkurrenz zu akzeptieren kann nicht zum Erfolg führen – das ist das gewerkschaftliche Dilemma, auch im Fall Tesla. (…) Ein wichtiger Grund für den Absatzeinbruch [bei den E-Autos] sind die Behauptungen von CDU/CSU, FDP, BSW, AfD und von der Leyen, wir können so weitermachen wie bisher. Den Arbeiterinnen und Arbeitern in den Fabriken von VW und Audi, in denen hauptsächlich E-Autos gebaut werden, geht es schlecht, wenn sie an die Zukunft denken. (…) Der Ingolstädter Betriebsratsvorsitzende von Audi, Jörg Schlagbauer, fordert auf der jüngsten Betriebsversammlung einen Kurswechsel hin zu mehr Verbrenner-Autos über den bisherigen Zeithorizont (2033) hinaus, um aus dem aktuellen „Krisenmodus“ wieder herauszukommen. Die Herren von VW freuen sich über diese Wendungen und die konstruierte Spaltung – verschonen vielleicht die größeren Standorte und machen als erstes die Fabriken in Dresden, Osnabrück und Brüssel dicht. (…) Die eingebrochene Nachfrage nach Elektroautos lässt nun Zweifel an dem Ziel der Klimaneutralität aufkommen – nicht jedoch an der Produktionsstrategie der Autokonzerne. (…) Wenn, wie Klaus Dörre bei dem Mobilitätsratschlag angeregt hat, die Aufgabe darin besteht, den Rückschritt hin zum Verbrenner zu verhindern, muss doch um den Umfang und die Funktion von Autos mit E-Antrieb gestritten werden. Denn es geht am Ende um weniger privat genutzte Autos und um wesentlich mehr öffentlichen Verkehr – sowohl wegen des Klimas als auch wegen der weniger werdenden Erwerbsarbeit, wie an Personalabbau und Werksschließungen sichtbar ist. Wir brauchen weniger Autos, andere Autos und viel mehr öffentlichen Verkehr. (…) Verzögerungen bei der Verkehrswende führen entweder zum Verfehlen der Klimaziele oder sind, soll Klimaneutralität trotzdem bis 2045 erreicht werden, mit höheren Kosten verbunden. Strukturbrüche und Entwertung von Investitionen sind dann unvermeidlich. Beginnt das Umsteuern der Klimapolitik im Verkehr erst 2030, drohen bis 2045 Mehrkosten von rund 500 Milliarden Euro. (…) Der Widerstand gegen Tesla im Klimacamp oder in der Waldbesetzung in Grünheide ist deshalb kein Kampf gegen das Elektroauto an sich, kein Blitzableiter, schon gar keine „Querfront“ mit den Apologeten des Verbrenner.Motors, wie Timo Daum und Andreas Knie befürchten und argumentieren. Es geht dabei um die Mobilitätswende insgesamt, um die geschaffenen Überkapazitäten, die angeheizte Konkurrenz zwischen den Arbeiter*innen der verschiedenen Standorte, für Umwelt- und Ressourcenschutz, Gewerkschaftsrechte und die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter. Und es geht um Demokratie: Wenn der Gemeinderat von Grünheide sich über den Bürgerentscheid gegen die Erweiterung von Tesla hinwegsetzt, so ist das in höchstem Maße undemokratisch und führt zu weiterer Politikverdrossenheit. Der Kampf bei Tesla wird für das Recht auf Tarifverträge in ganz Europa geführt! (…) Beteiligung der Arbeiterinnen und Arbeiter in Transformationsräten und Transformationsnetzwerken, wirtschaftliche Mitbestimmung über die Branche und darüber hinaus gehende Strukturpolitik sind notwendig in der Transformation, sonst kommen die Interessen der Beschäftigten unter die Räder…“ Beitrag von Stephan Krull vom 15. Juni 2024 bei isw München („Autoindustrie: Die Lage wird jeden Tag dringlicher.“) - [Veranstaltung am 12. April 2024 in Berlin] Mobilität der Zukunft? Spurwechsel! – Ansätze zur Transformation der Autoindustrie
„Der Themenkomplex „Klima, Krise und Gewerkschaften“ nimmt uns weiter in Anspruch. Am 12. April geht es im IG Metall Haus bei der nächsten Veranstaltung des AK Internationalismus um die notwendige Verkehrswende.
Die Elektromobilität mit grünem Strom wurde als Klimaretter erkoren. Es wurden PKWs mit Gewichten von kleinen LKWs zu hohen Preisen produziert. Die Subventionen wurden gestrichen, preiswerter Elektro- PKWs werden importiert und heute stehen E-SUVs auf Halde. Wie gehen wir mit der bevorstehenden Krise in der Automobilindustrie und weiteren Klimakriese um? Die ökologischen und klimapolitischen Notwendigkeiten machen eine radikale Mobilitätswende unumgänglich. Hin zum öffentlichen Transport und weg und Reduzierung vom Individualverkehr – egal ob E-Auto oder Verbrenner. Doch es gibt mächtige Gegner. Die Profitinteressen der Automobilindustrie wie der Ölkonzerne machen sie zum entschiedenen Blockierer der Mobilitätswende. (…) Wir diskutieren mit unseren Referenten Stefan Krull (ehem. BR VW Wolfsburg) und Martin Bott BR Daimler Untertürkheim…“ Einladung vom AKI bei der IG Metall Berlin zur Veranstaltung am Freitag, den 12. April 2024 um 18.00 im Alwin-Brandes-Saal im IG Metall Haus, Alte Jakob Straße 149, 10969 - Risiken und Nebenwirkungen des Versuchs, mit Elektroautos das Klima zu retten am Beispiel Tesla
- Tesla: Von Grünheide über Wall Street bis Peking. Spekulation, Überproduktion, Handelskrieg – von Risiken und Nebenwirkungen des Versuchs, mit Elektroautos das Klima zu retten
„In Grünheide wird an diesem Wochenende wieder gegen den Ausbau des Tesla-Werks demonstriert. Der US-Elektroautobauer will dort seine Jahresproduktion von zuletzt 300 000 auf eine Million Autos hochfahren. Tesla braucht dieses Wachstum – um seine gigantische Börsenbewertung zu rechtfertigen und um Konkurrenten aus dem Markt zu drängen. Denn am globalen Elektroautomarkt herrschen inzwischen Überproduktion und Preiskrieg. Hier stehen sich nicht nur die großen Autokonzerne gegenüber, sondern hinter ihnen auch die Regierungen der USA, Chinas und Europas. Für sie ist die Beherrschung grüner Technologien zu einer Frage der nationalen Sicherheit geworden. Ein Überblick über Klimarettung im Kapitalismus (…)
Der umstrittene Ausbau der Gigafactory in Grünheide ist also Teil eines weltumspannenden Kampfes um Börsenwerte und Marktanteile, um Technologie und Macht. Dieser Kampf hat inzwischen ein latentes Übermaß an Reichtum hervorgebracht: die Aktiennotierungen gelten als zu hoch, die Autoproduktion übersteigt die Nachfrage, es entstehen immer neue Produktionsstätten, deren Rentabilität fraglich ist. Dieses Übermaß an materiellem Reichtum drückt die Wachstumsperspektiven, woraus jede Regierung und jeder Konzern den Schluss zieht, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern: Investitionen statt Sozialausgaben, lautet derzeit die Parole, die begründet wird mit der Notwendigkeit, das Klima zu schützen und Arbeitsplätze in der Industrie zu erhalten. Dass im Kapitalismus die Arbeit immer nur dem Zweck dient, Profit und Wachstum zu erzeugen, wird dabei gewendet: Es braucht Wachstum, um Arbeitsplätze zu retten – und das Klima natürlich auch.“ Artikel von Stephan Kaufmann vom 08.03.2024 in ND online , siehe auch: - 3 Gründe, warum Tesla und der Elektrokapitalismus nicht das Klima schützen
Beitrag vom 14.03.2024 von Tadzio Müller auf seinem Blog Friedliche Sabotage
- Tesla: Von Grünheide über Wall Street bis Peking. Spekulation, Überproduktion, Handelskrieg – von Risiken und Nebenwirkungen des Versuchs, mit Elektroautos das Klima zu retten
- Zum Debattenpapier der IG Metall zu Klima, Verkehrswende und sozialen Garantien: Klimakatastrophe und Verkehrswende – die Uhr tickt!
„… Mit dem Debattenpapier „Speed matters – Weichen für die Mobilitätswende stellen“ gibt die IG Metall einen wichtigen Anstoß für eine Diskussion, die über die Gewerkschaft und den Gewerkschaftstag im Oktober diesen Jahres hinausreicht, ein fertiges Dokument ist für den Jahreswechsel 2023/2024 geplant. (…) Die IG Metall stellt unter anderem diese richtigen Forderungen auf: – dauerhaft mehr Haushaltsmittel für den Aus- und Umbau sowie die Kapazitätssteigerung des ÖPNV, – Förderung digitaler Bedarfsangebote durch feste Einbindung in die Finanzierung des ÖPNV, – zügigen Abbau des Investitionsstaus der Bahn, Elektrifizierung und Ausbau von Schienennetz und Gleisanschlüssen, – eine Reform von Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung, – Bekämpfung von Ausbeutung im Straßengüterverkehr, – Investitionen in Erhalt und Modernisierung der Wasserstraßen, – regionale und betriebliche Mobilitätskonzepte, – Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe, – Verzahnung von Energie- und Verkehrswende, – Ausbau der Unternehmensmitbestimmung in strategischen Fragen. (…) Besonders gut und wichtig der Hinweis auf die Verkürzung und neue Verteilung der Arbeitszeit: „Ein zusätzlicher Ansatz zur Vermeidung oder Reduktion von Pendelwegen ist die 4-Tage-Woche, besonders für Kolleg*innen, die kein Homeoffice machen können, da sie auf Baustellen, auf Montage oder Schicht arbeiten.“ Jörg Hofmann sagte schon vor längerer Zeit: „Die Vier-Tage-Woche wäre die Antwort auf den Strukturwandel in der Autoindustrie.“ Notwendige Kritik: (…) Der Abschied vom Verbrenner ist deshalb eine so große Herausforderung für die Autokonzerne und die Belegschaften, weil in den zurückliegenden 30 Jahren kaum Schritte in diese Richtung gegangen wurden, richtige Schritte sogar wieder rückgängig gemacht wurden. Das 3-Liter-Auto zum Beispiel wurde aus dem Programm genommen, statt es konsequent weiterzuentwickeln. Der Elektroantrieb allein löst aber keine Probleme, sondern schafft neue Probleme. Deshalb fordert die Gewerkschaft im offenen Widerspruch zur Verkehrswende- und Klimabewegung, im Widerspruch zu Umwelt- und Sozialverbänden staatliche Subventionen, die Weiterführung des Straßenbaues, den Ausbau der Ladeinfrastruktur und sicheren Zugang zu den benötigten knappen Rohstoffen. (…) Im Debattenpapier gibt es keine positiven Bilder einer anderen Mobilität jenseits vom Auto und etwas mehr ÖPNV. (…) Realismus statt Reißbrett nennt die Gewerkschaft dieses Herangehen – und doch ist es die Angst vor der notwendigen Auseinandersetzung mit dem Autokapital, eine Anpassung an real-kapitalistische Verhältnisse, eine Absage an gesellschaftliche Planung, eine Absage an jede Utopie. Angesichts der Zukunftsängste, die auch von den Rechten geschürt werden, ist dieser Versuch der Vermeidung der Auseinandersetzung, der Vermeidung des Kampfes um eine wirkliche sozial-ökologische Transformation, zum Scheitern verurteilt. Von der Gewerkschaft kann erwartet werden, dass sie ein Zielbild einer menschlichen Zukunft, von internationaler Solidarität, nachhaltiger Mobilität und guter Arbeit beschreibt und so Hoffnung und Lust auf eine bessere Gesellschaft macht. (…) Insgesamt sind Forderungen an die Unternehmen im Debattenpapier eher dünn und es gibt keine Vorschläge zu alternativer Produktion in den Fabriken, in denen jetzt Personal abgebaut oder Produktion eingestellt wird…“ Bewertung von Stephan Krull vom 25. August 2023 auf seiner Homepage („Debattenpapier der IG Metall zu Klima, Verkehrswende und sozialen Garantien: Wichtige Impulse und einige kritische Punkte.“)- Dass kritikwürdige Debattenpapier des IG Metall-Vorstandes, auf welches Stephan Krull sich bezieht, liegt als Kurzfassung und als Langfassung vor
- In Wahrheit weicht der Vorstand der IG Metall der erforderlichen Umstrukturierung gerade aus und produziert eher Luft, wobei mensch ja alles mögliche fordern bzw. als Forderung erwägen kann, solange mensch nicht selbst harte Konsequenzen daraus ziehen muss. Immerhin bringt Krull entscheidende Kritikpunkte – wenn auch nicht alle und etwas versteckt. Es bleibt die Hoffnung auf massiven Widerstand aus den eigenen Reihen (sowie darüber hinaus) und deutlich mehr Kritik an dem Debattenpapier…
- Auseinandersetzen, um zusammen zu kommen! Zoff zwischen der IG Metall und der Verkehrswendeinitiative in Wolfsburg: Erfolgreich sind wir, wenn wir zusammenhalten!
„Die Krise der Autoindustrie, insbesondere die Krise von Volkswagen, ist unübersehbar. Das ist in erster Linie eine Krise der Beschäftigung und der Beschäftigten. Über 60.000 Arbeitsplätze wurden laut statistischem Bundesamt in den Jahren 2018 bis 2022 in der Autozulieferindustrie verlagert oder vernichtet. Volkswagen hat den Abbau von 15.000 Arbeitsplätzen angekündigt, Ford schließt die Fabrik in Saarlouis und von ehemals 60.000 Beschäftigen bei Opel sind noch knapp 13.000 übrig geblieben. (…) Der Verkehrssektor hat bisher keinen positiven Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen geleistet, die Bundesregierung hat die Sektorziele gestrichen.
Druck für die sozial-ökologische Transformation! In dieser Situation kommt es darauf an, die Kräfte für eine sozial-ökologische Transformation zu bündeln: Gewerkschaften, Klima- und Verkehrswendebewegung, Umwelt- und Sozialverbände haben eine gemeinsame Verantwortung aus ihrem Selbstverständnis und ihrer Programmatik heraus. (…) Während Volkswagen, das Land Niedersachsen, die Stadt Wolfsburg und der Betriebsrat die Entscheidung für eine neue Fabrik als unabänderlich und als großen Erfolg darstellten, kritisierte die Initiative diese Planung als Schritt in die falsche Richtung. Diese Kritik war berechtigt, weil mit einer weiteren Fabrik auch weitere Überkapazitäten für eine nicht nachhaltige Produktion geschaffen würden. Die Kritik war berechtigt, weil zwei Milliarden Euro dafür ausgegeben werden sollten, statt dieses Geld in wirkliche Zukunftsprojekte, in den sozial-ökologischen Umbau zu investieren, wie er von der IG Metall ja auch gefordert wird. Protest kam auch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern (…)
Nach dem Aus für Trinity wäre Zeit gewesen zum Nachdenken über grundsätzliche Veränderungen, über eine wirkliche Verkehrswende und den Anteil von Volkswagen daran. Nun fordert die Verkehrswendeinitiative die IG Metall zu öffentlichen Gesprächen bzw. Veranstaltungen über die wesentlichen Themen auf: demokratische Beteiligung der Beschäftigten am Transformationsprozess hin zu alternativen Mobilitätsprodukten und die Vergesellschaftung der Autoindustrie. (…) Aus dieser Stärke heraus hat die Wolfsburger IG Metall die Kraft, mit der Kritik und den Aktionen der Verkehrswendeinitiative souveräner umzugehen, als das in den genannten Erklärungen und im Vorwurf des Hausfriedensbruches zum Ausdruck kommt.
Die Forderung nach dem Umbau der Produktion bei Volkswagen ist nicht weltfremd, wie die Beispiele Ford in Saarlouis oder Conti in Gifhorn zeigen: dort sollen demnächst Wärmepumpen statt Bremssysteme hergestellt werden. Die Forderung nach Vergesellschaftung ist in Wolfsburg deshalb von Bedeutung, weil das Volkswagenwerk mit von den Nazis geraubtem Gewerkschaftsvermögen aufgebaut und in den 1960er und 1980er Jahren gegen den lauten Protest von Gewerkschaft und Betriebsrat weitgehend privatisiert wurde. Wenn die Krise sich so weiterentwickelt, kommt vielleicht bald der Tag, an dem der Porsche-Piëch-Clan sich keine Profite mehr verspricht und, so wie Opel in Bochum oder Ford in Saarlouis, das Werk dichtmachen will. Learning from Detroit – so der prophetische Titel einer Ausstellung vor 10 Jahren im Wolfsburger Kunstverein.
Auch die Aktionsformen der Verkehrswendeinitiative sind nicht das Problem, das Problem ist die durch das Unternehmen und die Bundesregierung, das Verkehrsministerium verweigerte sozial-ökologische Transformation. Allein der Antriebswechsel ist keine Transformation im erforderlichen Sinn. Wenn die Klimakatastrophe nicht gebremst wird, werden uns globale Konflikte und soziale Auseinandersetzungen ganz anderen Umfanges erwarten. Und wie oft steht die Gewerkschaft in der Kritik, wenn ihre Kämpfe und Streiks als Störung der öffentlichen Ruhe diffamiert werden…“ Artikel vom 18.8.2023 von und bei Stephan Krull- Siehe zum Hintergrund das Dossier: „Stop Trinity“ – Keine neue Autofabrik – Verkehrswende: Protest(camp) gegen E-Autofabrik von VW in Wolfsburg und für Verkehrswendestadt
- Zum Jagen tragen – Klimaprotest bei der IG Metall
„… Elektromobilität mag eine Lösung für einige Probleme sein. Die millionenfache Fortsetzung des Individualverkehrs, nur mit einem anderen Antrieb, bringt nicht wirklich etwas voran. Auch nicht für die Beschäftigten in der Autoindustrie. Die Produktion wird schlanker, Jobs werden wegfallen. Auch wirklich klimaschonend sind E-Autos nicht. Ein wichtiger Akteur, um auf solche Entwicklungen aufmerksam zu machen, könnten die Gewerkschaften sein. Sie bleiben bislang aber eher blass. In einem aktuellen Debattenbeitrag der IG-Metall-Spitze ist nur von einem »Antriebswechsel« die Rede. Gefordert werden eine Kauf- und perspektivisch eine Abwrackprämie…“ Kommentar von Sebastian Weiermann vom 10.08.2023 in ND online – siehe zum Hintergrund- einerseits unser Dossier: „Stop Trinity“ – Keine neue Autofabrik – Verkehrswende: Protest(camp) gegen E-Autofabrik von VW in Wolfsburg und für Verkehrswendestadt
- und andererseits: Speed matters – Weichen für die Mobilitätswende stellen. Debattenpapier zur Mobilitätswende der IG Metall vom 27.06.2023
- Kapitalistische Landnahme, soziale Marktwirtschaft und die Sicherheitsstrategie am Beispiel VW
„Autokonzerne sichern sich Zugriffe auf Rohstoffe, verbünden sich mit Bergbaugigant Glencore und scheitern an falscher Strategie: Flaute bei E-Autos, Schluss mit Ford in Saarlouis, Arbeitsplatzabbau, Produktionseinschränkungen und gestrichene Schichten bei VW in Emden. Topmanager fliegen auf die Bahamas – Leiharbeiter und Werkvertragsbeschäftigte fliegen auf die Straße. Welche Rolle spielen dabei ein russischer Oligarch und die IG Metall?
„Wehrhaft. Resilient. Nachhaltig. Integrierte Sicherheit für Deutschland“ – unter diesem Titel steht die von der Bundesregierung beschlossene Nationale Sicherheitsstrategie: „Es geht um die ganze Palette unserer Sicherheit“ – außer um die soziale Sicherheit, die nur – vermittelt über sichere Profite der Unternehmen – ganz am Rande eine klitzekleine Rolle spielt. Jedenfalls gibt es kein vergleichbares Programm für soziale Sicherheit in unserem Land; etwas, was man von einer SPD-geführten Regierung eigentlich erwarten könnte. (…) Im Text heißt es: Die soziale Marktwirtschaft ist Basis unseres Wohlstands und unseres Gesellschaftsmodells. Insofern hat sie auch eine besondere sicherheitspolitische Bedeutung. Tatsächlich steht im Grundgesetz nichts von Marktwirtschaft und das soziale aus diesem Konstrukt ist inzwischen dem Klassenkampf von oben gewichen. Solch eine Strategie hat praktische Konsequenzen: Hochrüstung, Zugriff auf Rohstoffe und Sicherung der Transportwege. Der Zugriff auf Rohstoffe ist den privatkapitalistischen Unternehmen vorbehalten, schließlich ist das eine Voraussetzung für die Profitmacherei. Auch das hat praktische Konsequenzen: (…) Volkswagen sichert sich Rohstoffe aus brasilianischen Minen und paktiert dazu mit einem der größtem Bergbauunternehmen. Es geht um Rohstoffe für E-Autos. VW bildet mit einem Beitrag von 100 Mio. Dollart zusammen mit Glencore (Global Energy Commodity and Resources) und Stellantis, ebenfalls jeweils hundert Millionen Dollar, ein Konsortium zum Kauf von Minen. Glencore ist mit Sitz in der Schweiz das weltweit größte Rohstoff- und Bergbauunternehmen und steht für Menschenrechtsverletzungen, Verletzung von Gewerkschaftsrechten, Umweltvergiftung, Steuermanipulation und Korruption massiv in der Kritik. Mit von Glencore verursachten Treibhausgasemissionen ist der Konzern einer der größten Verursacher der Erderwärmung. (…) Den Kauf von zwei Minen für Batterierohstoffe in Brasilien durch das Finanzunternehmen ACG (eine in London gelistete Börsenhülle (Spac) unterstützt im Hintergrund ein russischer Oligarch. ACG will dem Finanzinvestor Appian für eine Milliarde Dollar eine Nickelsulfid- und eine Kupfermine abkaufen. Die VW-Tochter Powerco werde eine Vorauszahlung von 100 Millionen Dollar für Nickelsulfid leisten. Ebenso hohe Summen steuern jeweils Stellantis und Glencore sowie ein Bergbau-Investmentfonds bei. Die übrigen Mittel sollen am Kapitalmarkt beschafft werden. (…) Der Grund für die erneute Produktionseinschränkungen im VW-Werk Emden ist die verweigerte Verkehrswende, ein absehbar schwacher Absatz von E-Autos bzw. eine völlig unrealistische Absatzplanung seitens des Managements. Die Nachfrage liegt ein Drittel unter den von VW geplanten Zahlen. (…) Bei der Belegschaft herrschen angesichts der erneuten Kurzarbeit Angst und Besorgnis. Zur Kurzarbeit für die Stammbelegschaft kommt hinzu, dass 600 Leiharbeiter und Werkvertragsbeschäftigte ab der zweiten Jahreshälfte nicht weiterbeschäftigt werden sollen. Pikant auch in diesem Zusammenhang, dass bei 2.800 Flügen der konzerneigenen Flotte von Kurz- und Langstreckenjets die Top-Manager mehr Geld verballerten, als die Leiharbeiter kosten…“ Beitrag von Stephan Krull vom 7. Juli 2023 auf seiner Homepage („Kapitalistische Landnahme, soziale Marktwirtschaft und die Sicherheitsstrategie.“) - Offener Brief an den ersten Vorsitzenden der IG Metall zu: „Erstes Spitzengespräch der Strategieplattform Transformation der Automobil- und Mobilitätswirtschaft“
„Sehr geehrter Herr Hofmann, im Zentrum des o. g. Spitzengesprächs am 10.01.2023 stand die doppelte Herausforderung: Erreichen der Klimaneutralität einerseits sowie Erhalt von Wertschöpfung und Beschäftigung andererseits. Um die letztgenannten Faktoren sind angesichts der 280.000 Arbeitsplätze, die bislang am Verbrennungsmotor hängen, Gewerkschaften verständlicherweise besonders besorgt, weshalb Sie wollen, dass Aufgaben, die durch die Transformation wegfallen, durch neue ersetzen werden; z. B. durch die Produktion von Komponenten für den Elektroantrieb oder die Batterieproduktion. Von der Politik fordern Sie einen verstärkten Aufbau der Ladeinfrastruktur, die verlässliche Versorgung mit Rohstoffen für die heimische Industrie sowie die Förderung des weiteren Ausbaus einer deutschen und europäischen Batterie- und Chipproduktion. Außerdem seien Betriebe gefragt, die Digitalisierung weiter voranzutreiben. Ziel ist es, Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität zu machen. Dazu erlaube ich mir folgende kritische Anmerkungen: 1. Kommt der Klimaneutralität oberste Priorität zu, und das halte ich für äußerst dringend, dann ist für mich zumindest nicht erkennbar, ob neben diversen Ministern, IG Metall, Betriebsräten und Chefs der großen Automobilhersteller, Vertretern der Zulieferer- und Halbleiterindustrie, der Wissenschaft und verschiedener Verbände AUCH VERTRETER der KLIMABEWEGUNG oder WISSENSCHAFTLER geladen waren, die sich seit vielen Jahren mit dieser Thematik befassen. Deren langjährige Forderung ist es nämlich, dass der Individualverkehr massiv zurückgefahren und stattdessen der Öffentliche Verkehr in der Fläche ausgebaut werden muss, und zwar so, dass er funktioniert, für die NutzerInnen bezahlbar ist, inklusive guten Arbeitsbedingungen und auskömmlicher Bezahlung für diejenigen, die in diesem Bereich arbeiten. Für die Automobil-Industrie würde dies eine eine grundsätzliche Umorientierung bedeuten. Statt Autos könnten beispielsweise Busse und Sammeltaxis produziert werden. (…) Um einen ganz speziellen Rohstoff, Kobalt, geht es in dem Film „Gravitas Plus: The dark side of Electric Vehicles. Während E-Fahrzeuge angeblich grüner, sauberer und nachhaltig sind, nennt der Film die dafür benötigten Batterien „Blutbatterien“. Denn mit dem Abbau der Rohstoffe gehen Menschenrechtsverletzungen, extreme Armut und Kinderarbeit einher. (…) WER KÖNNTE ES ALLEIN VOR DIESEM HINTERGRUND NOCH ERNSTHAFT WAGEN, E-AUTOS ALS NACHHALTIG UND ZUKUNFTSFÄHIG ANZUPREISEN? (…) Völlig ungeklärt ist, woher eigentlich all der Strom kommen soll, und zwar nicht nur für E-Autos und die permanent propagierte Digitalisierung! (…) Sehr geehrter Herr Hofmann, die Liste erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Aber allein die genannten Punkte machen bereits deutlich: Das E-Auto ist in jeder Hinsicht ein Schuss in den Ofen. Es dient lediglich dazu, das Geschäftsmodell Individualverkehr noch mal in eine neue Runde zu schicken, das – nicht nur – unter Klimaschutzaspekten auf den Müllhaufen der Geschichte gehört. Auf keinen Fall sollte noch mehr Geld in dieses Vorhaben investiert werden. Öffentlicher Verkehr heißt das Gebot der Stunde! Sicherlich gibt es auch in der IG-Metall Menschen, die sich intensiv mit diesen Fragen auseinandersetzen…“ Offener Brief von Ursula Mathern vom 20. Januar 2023 – siehe den Anlass hier unten: - Auto-Politik der IG Metall in einer Überschrift zum Mobilitätsgipfel gebündelt: „Jörg Hofmann ruft Politik zu mehr Tempo auf“, „von der Bremse auf das Gaspedal wechseln“
„Ladeinfrastruktur ausbauen, Halbleiterproduktion fördern und Rohstoffe sichern – um die Mobilitätswende zu einem Erfolg zu machen, muss die Politik von der Bremse auf das Gaspedal wechseln. Das machte der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, Bundeskanzler und Ministern in Berlin klar.
Die Erkenntnis des Mobilitätsgipfels lässt sich für Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, leicht zusammenfassen: „Das Spitzengespräch hat gezeigt, dass wir uns keine weiteren Verzögerungen leisten können. Wir müssen alle Ressourcen in die Transformation zum elektrischen Antriebsstrang bündeln. Wenn Deutschland Leitmarkt für Elektromobilität werden will, muss deutlich mehr Dynamik entstehen. Der Markt alleine regelt das nicht.“
Zu dem Mobilitätsgipfel, der eigentlich „erstes Spitzengespräch der Strategieplattform Transformation der Automobil- und Mobilitätswirtschaft“ heißt, hatte Olaf Scholz ins Bundeskanzleramt eingeladen. Bei dem Treffen mit dem sperrigen Namen holte sich der Bundeskanzler neben Wirtschaftsminister Robert Habeck, Verkehrsminister Volker Wissing und Finanzminister Christian Lindner eben auch Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, sowie die Bosse der großen Automobilhersteller, Vertreter der Zulieferer- und Halbleiterindustrie, der Wissenschaft und verschiedener Verbände an den Tisch. Im Fokus dieses neuen Formats steht die zentrale Herausforderung das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen und gleichzeitig die Wertschöpfung und Beschäftigung zu erhalten.
280.000 Arbeitsplätze hängen direkt am Verbrenner
Wie diese Aufgabe zu meistern ist, weiß die IG Metall. Seit Langem drängt sie auf eine Transformation der Industrie und sieht neben den Betrieben auch die Politik in der Pflicht. Für die Gewerkschaft ist klar: Nur so können wir Arbeitsplätze erhalten. Jörg Hofmann verdeutlicht: „Gut 280.000 Beschäftigte arbeiten heute in der Entwicklung, Produktion oder Wartung des Verbrennungsmotors. Doch dieser wird in einer klimaneutralen Mobilität keine Zukunft haben.“ So geht es für den Ersten Vorsitzenden der IG Metall jetzt darum, die Aufgaben die wegfallen durch neue Aufgaben zu ersetzen – zum Beispiel mit der Produktion von Komponenten für den Elektroantrieb oder die Batterieproduktion. Eine Fehlsteuerung von Investitionen und Fachkräften durch nicht nachvollziehbare Anforderungen einer Euro-7-Regulation für Verbrenner ist dagegen nicht zielführend…“ Meldung der IG Metall vom 11. Januar 2023 („Mobilitätsgipfel: Jörg Hofmann ruft Politik zu mehr Tempo auf“)(siehe auch die unten verlinkten Beiträge zum Thema) - Kanzleramtstreffen: Neue konzertierte Aktion zur Verhinderung von Massenkämpfen der Automobilarbeiter
“Unter Leitung von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) trafen sich am 15. Januar Personalvorstände der Autoindustrie, Gewerkschaftsspitzen, Betriebsräte und Fachminister zu einer neuen konzertierten Aktion. Sie verabredeten einen Maßnahmenkatalog zur Abwälzung und zugleich zur Abdämpfung der verschiedensten Krisenfolgen vor allem in der Automobilindustrie. Das böse Wort „Krise“ wurde dabei möglichst vermieden. Stattdessen war viel vom „Strukturwandel“ die Rede, den es zu „begleiten“ gelte. Ausgeblendet wird damit, dass sich verschiedenste tiefgreifende Strukturkrisen – unter anderem aufgrund der Digitalisierung und der Umstellung auf Elektroantriebe – mit einer erneuten periodisch auftretenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise durchdringen. Eine von der Bundesregierung eingerichtete Arbeitsgruppe „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“ rechnet damit, dass diesem Krisenchaos allein in der Autoindustrie bis zu 410.000 Arbeitsplätze zum Opfer fallen. Sind den Spitzenvertretern der Konzerne und der Regierung nun plötzlich die Interessen der Millionen Betroffenen eingefallen? Keineswegs – sie treiben ganz andere Sorgen um. Nachdem immer mehr Autokonzerne zur Entlassung von Leiharbeitern, zu Kurzarbeit und zur Vernichtung Tausender Arbeitsplätze übergehen, wächst unter den Belegschaften die Unruhe. (…) Im Zentrum stehen die Senkung der Hürden für Kurzarbeit und die Verlängerung der Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld bis zu zwei Jahren. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) versprach eine entsprechende Verordnung bis Ende des Monats. Die massive Ausweitung von Kurzarbeit soll Massenentlassungen verhindern oder aufschieben. Die Autokonzerne wollen ihre gut ausgebildeten Arbeitskräfte möglichst halten. Vor allem scheuen sie wie der Teufel das Weihwasser die Konfrontation mit den Belegschaften. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann gibt sich erleichtert. Nun könne man verhindern, „dass Beschäftigte unter die Räder kommen“, und dass es zu „industriellen Wüsten“ in Regionen kommt, die vom Verbrennungsmotor abhängen. Ausgerechnet die Verursacher der Krisenbrände lobt Hofmann dafür, dass sie diese nun zu löschen versuchen. Kein Wunder, fürchtet doch auch er das Feuer des Klassenkampfs. …“ Beitrag vom 21.01.2020 bei Rote Fahne News - [Autogipfel] IG Metall im Kanzleramt – sozialpartnerschaftlich für die Unterstützung der Autoindustrie
„Mittags zum Essen im Kanzleramt. Danach der kleine Autogipfel am Nachmittag. Das war das Programm für Jörg Hofmann, den Vorsitzenden der IG Metall am vergangenen Mittwoch. Das Essen fand zusammen mit dem DGB-Chef und den acht Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften statt. (…) Konkreter ging es darum, dass die Zahlungen für Kurzarbeit ähnlich wie in der schweren Konjunkturkrise 2008 ff. drastisch ausgeweitet werden. Aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung werden damit der gekürzte Lohn und die gekürzten Beiträge zur Sozialversicherung jener Beschäftigten aufgestockt, die von den Unternehmen zum Dank dafür nicht entlassen werden. Für die Unternehmen ist das ausgezeichnet: Entlassungskosten fallen weg, und die Arbeiter stehen jederzeit für den Wiederaufschwung zur Verfügung. Verständlich ist es, wenn Gewerkschaften und Kapital in dieser Angelegenheit der staatsmonopolistischen Führung gegenüber gemeinsam auftreten. Der Auftritt der IG-Metall-Führung mit den Kapitalverbänden folgte aber erst am Nachmittag. Hofmann trat dabei zusammen mit Stefan Wolf vom Verband der Autoindustrie (VDA), der zugleich Verhandlungsführer beim Unternehmerverband »Südwestmetall« ist, auf. Letzterer bediente die Presse mit gemeinsamen Forderungen von Gewerkschaft und Kapital zur Unterstützung der notleidenden Auto- und Zulieferindustrie. Die Summe der »erforderlichen« Subventionen taxierte er locker auf zehn bis 20 Milliarden Euro. Ob die bereits beschlossenen Prämien für den Kauf von Elektroautos und die zugesagten Staatshilfen für die Errichtung der Infrastruktur mit Aufladestationen für die Batterien darin schon enthalten sind, sagte er nicht. Nur um diese Summe in Beziehung zu setzen mit den realen Verhältnissen: Volkswagen hat allein in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres knapp 15 Milliarden Euro verdient. Der Konzern schwimmt in Geld. Muss sich die IG Metall die Strategie der deutschen Autokonzerne zu eigen machen? (…) Der gemeinsame Bittgang nach Berlin um Subventionen wirkt in der Öffentlichkeit und bei den Belegschaften so, als fehle der Industrie das Geld, um die angebliche »Verkehrswende« zu finanzieren. Schlimmer noch, er dient dazu, die Belegschaften in der kommenden Tarifrunde auf eine Mini- oder gar Nullrunde einzustimmen.“ Artikel von Lucas Zeise in der jungen Welt vom 18.01.2020 , siehe dazu auch bei der IG Metall:- Autogipfel: Regierung verspricht Beschäftigten der Autoindustrie Unterstützung („…Thema war die künftige Beschäftigung in der Automobilindustrie. Gemeinsam forderten die Sozialpartner in der Automobilindustrie…“
- und die IGM-Kampagne Automobilindustrie: #FairWandel: Nur mit uns!
- Die Umstellung auf E-Autos werde Hunderttausende Arbeitsplätze kosten, hieß es zuletzt. Dabei hat der Großteil der drohenden Jobverluste in der Autobranche andere Gründe
“… Grundsätzlich ist es richtig, dass ein Elektroauto einfacher zu bauen ist, also weniger Arbeitskraft erfordert. Ein Verbrennungsmotor hat rund 1.400 Bauteile, ein Elektromotor kommt mit rund 200 aus. Das IAO hat deshalb ermittelt, wie viele Menschen an der Fertigung und dem Einbau von Antrieben beteiligt sind. In Deutschland kommt es auf rund 210.000 Menschen. Bis 2030 könnten 79.000 bis 88.000 davon ihre Arbeit verlieren – immerhin bis zu 42 Prozent. Allerdings geht der größere Teil darauf zurück, dass Unternehmen ihre Produktion immer weiter automatisieren. Nur 29.000 bis 43.000 dieser Stellen entfallen aufgrund des E-Motors. Was unter dem Schlagwort Industrie 4.0 bekannt ist, wirkt abseits der Fertigungsstraßen noch stärker. In der Arbeitsvorbereitung, Logistik, Wartung der Produktionsanlagen sowie weiteren indirekten Produktionsbereichen entfaltet die Digitalisierung ihre volle Wirkung. Hier werden immer weniger Menschen benötigt – vollkommen losgelöst von der Antriebsart eines Fahrzeugs. Die Wende zu alternativen Antrieben federt diesen Vorgang möglicherweise sogar ab. Etliche Autohersteller setzen in ihren Werken auf flexible Fertigungslinien, auf denen Autos mit Verbrennungsmotor, Hybridantrieb und Elektroantrieb gebaut werden. „Durch die größere Variantenvielfalt ist eine Automatisierung hier jedoch schwieriger und daher auch teurer“, sagt Manuel Fechter, Geschäftsfeldleiter Automotive beim Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung…“ Artikel von Dirk Kunde vom 20.01.2020 bei der Zeit online - IG Metall sucht Investoren – Gewerkschaft macht sich für Finanzierung von Autozulieferern stark
„Die IG Metall will schwächelnden Autozulieferern beim Wechsel in die Elektromobilität unter die Arme greifen. Dazu wolle die Gewerkschaft beim »Autogipfel« Anfang kommender Woche im Kanzleramt Stützungsmaßnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe vorschlagen, bestätigte Frank Iwer, Leiter Koordinierung und politische Planung bei der IG Metall, am Dienstag. Ziel sei es, nicht erst dann aktiv zu werden, wenn ein Unternehmen in Not gerate und saniert werden müsse, sondern schon im Vorfeld einzugreifen. Dazu sollten auch Investoren angelockt werden. Der Vorschlag sehe vor, dass Autohersteller und Bundesregierung kurzfristig benötigte Mittel zur Rettung von Zulieferern je zur Hälfte übernähmen, erläuterte Iwer. Der Wirtschaftswoche sagte Iwer weiter, denkbar sei darüber hinaus, dass unter Koordinierung von Politik und Gewerkschaften eine Auffanggesellschaft gegründet werde, mit der marode Zulieferer zielgerichtet restrukturiert werden könnten. Für Unternehmen, die profitabel und stark genug seien, aber trotzdem nur schwer an Investitionskapital kämen oder für die Umstellung auf die Elektromobilität besonders große Summen benötigten, solle ein Transformationsfonds aufgelegt werden. Die Kredite des Fonds sollten eine Laufzeit von sechs bis acht Jahren haben und für Investoren am Kapitalmarkt attraktiv sein. »Die Bundesregierung sollte eine Basisverzinsung von etwa 1,5 Prozent garantieren«, sagte der Metaller. (…) Die IG Metall habe die Vorschläge in den vergangenen Monaten mit Kanzleramt, Wirtschaftsministerium, Fondsmanagern und Insolvenzverwaltern beraten. Man kenne die Forderungen der Gewerkschaft, zitierte die Wirtschaftswoche eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Das Ministerium mache sich diese »aber aktuell nicht zu eigen«…“ Meldung von und bei der jungen Welt vom 19. Juni 2019
- Auto-Krise: Next Level
„7.000 Arbeitsplätze will VW vernichten, 10.000 Daimler. Beide haben in den letzten Wochen sogenannte „Sparprogramme“ angekündigt. In den Pressemeldungen wurde zugleich auf die in beiden Fällen lange laufenden „Sicherungen“ verwiesen, die Entlassungen der Stammbelegschaften in Deutschland verhindern würden. Auch bei den ZuliefererInnen wird gespart. Der weltweit größte, Bosch, hat intern schon klargemacht, dass bei der Produktion von Dieselmotor-Komponenten bis zu 90 % der Arbeitsplätze wegfallen werden. Im letzten Jahr sind schon 600 abgebaut worden. Die Betriebsräte in Stuttgart-Feuerbach und Bamberg trieb dies bereits zu Protestkundgebungen und dazu, zu lokalen Demos gegen Diesel-Fahrverbote aufzurufen. Der viertgrößte deutsche Zulieferer Mahle hat ebenfalls ein Sparprogramm einschließlich Stellenabbau verkündet und darauf hingewiesen, dass die dort gültige Standortvereinbarung nur bis Ende 2019 gilt. (…) Die Ankündigungen aus den Konzernetagen sind ernst zu nehmen. Die Sparpläne von VW und Daimler setzen auf schon laufenden Programmen auf. So hat VW schon seit 2016 eines laufen, weltweit 30.000 Stellen abzubauen, 23.000 davon in Deutschland. Im Gegenzug sollen 9.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Dazu kommt eine massive Entlassungswelle von LeiharbeiterInnen. Bei Daimler-Untertürkheim werden allein über 800 entlassen, um die Motorenproduktion zu verlagern und „Zukunftstechnologien“ anzusiedeln. (…) Die stärkste Industriegewerkschaft der Welt verhält sich bemerkenswert ruhig. Es gibt keine Erklärung zu den Einsparplänen bei VW oder Daimler, schon gar keinen Protest. Der Abbau von 30.000 Jobs bei VW wurde 2016 mit dem Betriebsrat vereinbart. Die vage Zusicherung, dass die anderen Arbeitsplätze gesichert wären, reicht Betriebsrat und IG Metall, dem Kapital freie Hand zu geben. Es gibt auch keine Debatte in der IG Metall über Verkehrssysteme. Die einfache Logik des Handelskrieges reicht: Wenn China die Elektroautos baut, dann sind unsere Arbeitsplätze weg und unser Wohlstand auch. (…) Die Krise der Automobilindustrie ist so auch zu der der Gewerkschaft geworden. Das Konzept der deutschen AutobauerInnen beinhaltete, die Welt mit immer mehr, immer größeren und schwereren Oberklassenautos zuzuschmeißen. Sie haben dies mit KanzlerInnen-Hilfe abgesichert. Die Strategie der IG Metall bestand in der engstmöglichen Zusammenarbeit mit dem Exportkapital. Das war immer schon Verrat an den LeiharbeiterInnen und den NiedriglöhnerInnen, an den Beschäftigten bei ZulieferInnen und im Ausland. Sie hat eine Mentalität bei den Stammbelegschaften erzeugt, dass der eigene Arbeitsplatz am besten geschützt ist, wenn möglichst viele andere ungeschützt sind. Dass die eigenen Arbeitsplätze auf Kosten anderer mit „Standortsicherungen“ verteidigt werden müssen und Sonderzahlungen aus den Profiten, d. h. der Ausbeutung, im Ausland finanziert werden sollen. Sie hat die Solidarität völlig untergraben, aber dies hat scheinbar funktioniert. Jetzt wird diese Strategie für deutlich weniger Menschen aufgehen…“ Beitrag von Frederik Haber aus Neue Internationale vom Mai 2019 bei der Arbeitermacht , darin auch Kritik an der Kundgebung am 29. Juni in Berlin
- Doppelte Krise. Autoindustrie steckt in konjunkturellen und strukturellen Schwierigkeiten. Wie reagieren Betriebsräte und IG Metall?
„… [Vorsitzende des VW-Gesamtbetriebsrats, Bernd Osterloh] Die Beschäftigtenvertretung werde nicht zulassen, »dass der rasante Wandel in der Automobilindustrie vom Management als Vorwand für Arbeitsverdichtung oder Fremdvergabe missbraucht wird«. Markige Sprüche in dieser Art wird man von Belegschaftsvertretern in den kommenden Monaten wohl noch einige hören. In der Praxis aber dürften sie erneut darauf setzen, »gemeinsam durch die Krise« zu kommen, wie es 2008/2009 hieß. Diese Strategie läuft darauf hinaus, die Stammbelegschaften vor betriebsbedingten Kündigungen zu schützen – zum einen durch Zugeständnisse wie Lohnverzicht, zum anderen auf Kosten der sogenannten Randbelegschaften. Zum Beispiel wurden bei Ford in Saarlouis Ende 2018 bereits 400 Leiharbeiter nach Hause geschickt, ohne dass Protest von Betriebsräten oder IG Metall vernehmbar gewesen wäre. Ende Juni sollen 500 weitere folgen. (…) Wenn weniger Arbeit da ist, wird nicht etwa langsamer gearbeitet – im Gegenteil. Mit der Umstellung auf den Zwei-Schicht-Betrieb solle die Tagschicht schneller getaktet werden, berichtete die Süddeutsche Zeitung über Audi in Ingolstadt. (…) Unabhängig von der Krise ist in der Autoindustrie seit geraumer Zeit eine Rückkehr zu engen Takten und monotonen Tätigkeiten zu beobachten. Die in den 1980er und 90er Jahren eingeführte Gruppenarbeit, bei der die Arbeiter zwischen verschiedenen Tätigkeiten rotieren und stärker eigenverantwortlich über Abläufe bestimmen, wird vielerorts entkernt. (…) Die Betriebsräte und die IG Metall stehen vor der Wahl: Wollen sie als Komanager den Standortwettbewerb mitmachen und versuchen, Massenentlassungen bei den Stammkräften im eigenen Betrieb durch Zugeständnisse zu vermeiden?…“ Artikel von Daniel Behruzi in der Erster Mai-Beilage der jW vom 24.04.2019 (im Abo)
- Eine Frage des Antriebs: Das Elektroauto und über 100.000 Jobs hierzulande
“… Doss die Entwicklung hin zu Elektromobilität die deutsche Autoindustrie kräftig durchschütteln wird, ist eine weithin geteilte Annahme. Wie genau dieser Umbruch sich auf einzelne Produktionsbereiche und die dort Beschäftigten auswirken wird, gerät bei medial getriebenen Erzählungen a la deutsche Industrie versus Tesla aber oft aus dem Blick. Nun zeigt eine Studie, wie »mit dem Umstieg des Verkehrs auf Elektrofahrzeuge« auf über 100.000 Beschäftigte des Teils der Autoindustrie »einiges zukommt«, die Antriebsstränge herstellen: Der Trend könnte dazu führen, dass dort bis etwa im Jahr 2030 rund 76.000 Arbeitsplätze überflüssig werden, zugleich würden rund rund 25.000 neue Stellen benötig. Zu diesem Ergebnis kommt das Fraunhofer Instituts für Arbeitswissenschaft und Organisation in Stuttgart in dem Papier »Wirkungen der Fahrzeugelektrifizierung auf die Beschäftigung am Standort Deutschland«. (…) Die Gewerkschaft sieht die Politik auch deshalb in der Pflicht, weil diese etwa mit neuen Grenzwerten für CO2 den Klimaschutz vorantreibt. »Nicht zuletzt, weil Arbeitsplätze betroffen sind und Qualifizierungen in großem Stil zu bewältigen sind. Brüssel muss den Prozess unterstützen.« Und auch Berlin soll liefern: Auf der einen Seite verlangt die IG Metall »endlich ein schlüssiges Gesamtkonzept für die nötige Infrastruktur« für die Elektromobilität mit »Ladestationen, Stromverteilnetze und ausreichendes Strom aus erneuerbarer Energie, aber auch für die Versorgung mit den erforderlichen Rohstoffen für Batteriezellen und Recyclingkonzepten für Altbatterien«. Auf der anderen geht es um den Wandel in der Arbeit, der durch die technologische Entwicklung nun beschleunigt wird. »Mindestens genauso wichtig ist, dass die Regierung die Beschäftigten nicht im Regen stehen lässt. Viele Betriebe überfordert das Ausmaß an Qualifizierungen, die mit dem Umstieg auf die Beschäftigten zukommen. Der Staat soll sie begleiten, zum Beispiel mit einem neuen Transformations-Kurzarbeitergeld«, fordert die IG Metall. (…) An dieser Stelle scheint zumindest die Möglichkeit einer anderen Mobilität auf – die oben beschriebene Umwälzung in der Antriebstechnik verbleibt schließlich in einem Szenario der Individualmobilität mit eigenem Auto und so weiter, das lediglich anders angetrieben wird. Womöglich liegt die Herausforderung noch eine Spur weiter, weg von dieser bisher vorherrschenden, die Infrastruktur und auch eine der Leitindustrien hierzulande prägenden Art des Vorankommens. Ob die IG Metall hier allerdings wirklich zum Anschieben wird?…” Beitrag der OXI-Redaktion vom 06.06.2018
Siehe zur neuen, ökologischen Autokrise der einzelnen Konzerne im LabourNet Germany:
- Dossier: „Stop Trinity“ – Keine neue Autofabrik – Verkehrswende: Protest(camp) gegen E-Autofabrik von VW in Wolfsburg und für Verkehrswendestadt
- Dossier zu Daimler: “Sparprogramm” und Effiziensteigerung dank E-Auto auch bei Daimler – Leiharbeiter zuerst…
- Dossier zu Ford: Auch bei Ford: Sinkende Stückzahl und Entlassungen
- Zu Opel: Die angedrohte Entlassungswelle bei GM beginnt. Ernsthafte gewerkschaftliche Gegenwehr auch?
- und das Dossier zu Opel: PSA kauft Opel – “Eigentlich kann es uns egal sein, welches Emblem wir auf den Arbeitsanzügen tragen, Hauptsache die Konditionen stimmen” (Info der GoG Nr. 1 vom Juni 2000)
- Dossier zu VW: “Ergebnisverbesserungsprogramm” soll bis zu 7000 Arbeitsplätze kosten
- und zuvor (und weiter laufend) zu VW das Dossier: Wer wird für den Dieselgate bezahlen? Na? Wer wohl?
Und allgemeiner:
- unser Dossier: [Erklärung] “Die Autoindustrie vor und nach „Corona“: Konversion statt Rezepte von gestern!“ und die Debatte
- Autos kaufen, Autos kaufen, Autos kaufen… Über die PR-strategischen Verrenkungen der IG Metall
- und: Blick zurück nach vorn. Auto, Umwelt, Verkehr – Produktionskonversion revisited
- Dossier: Dieselgate: Fetisch Auto trifft Fetisch Arbeit
- das [Buch] Mit dem Elektroauto in die Sackgasse. Warum E-Mobilität den Klimawandel beschleunigt
- Und das Dossier: E-Mobilität: Unterwegs zu mehr Ressourcengerechtigkeit?