WikiLeak: Protokoll zum Streit zwischen IWF und EU um Griechenland
„Ein von WikiLeaks veröffentlichter Mitschnitt eines Telefongesprächs zwischen Vertretern des Internationalen Währungsfonds offenbart unterschiedliche Interessen und strategische Schachzüge. (…) Man steht offenbar unter Druck, zu einer Entscheidung über die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der EU-Kommission, der EZB, dem Eurorettungsfonds ESM und der griechischen Regierung über die Bedingungen der dritten Kreditvergabe über 86 Milliarden Euro zu kommen, ohne dass es eine Entscheidung der Troika gibt, wie es mit Griechenland weitergehen soll. (…) Die IMF-Vertreter präferieren offenbar die harte Strategie, kompromisslos ihre Forderungen durchzusetzen. Überdies spielt man damit, ganz aus der „Griechenlandrettung“ aussteigen zu wollen…“ Artikel von Florian Rötzer vom 3. April 2016 bei TELEPOLIS online : „Harte Kämpfe in der Troika“ – mit Download-Möglichkeit des WikiLeak-Protokolls (englisch). Siehe dazu weitere Beiträge:
- IWF drängt Deutschland zu Schulden-Verzicht in Griechenland
„Der IWF droht Deutschland mit dem Rückzug aus dem Bail-Out für Griechenland. Athen ist empört und vermutet dahin einen Erpressungsversuch: Deutschland soll endlich zu einen Verzicht auf seine Forderungen gegen Griechenland gebracht werden. (…) Der IWF plädiert dafür, dass die europäischen Gläubiger Griechenland einen Teil seiner Schulden erlassen, die eigenen Kredite will der IWF aber zur Gänze zurückgezahlt haben. Nur wenn es zu dieser Einigung komme, will der IWF dem geplanten dritten Kreditpaket zustimmen. Vor allem Deutschland ist gegen diese Einigung. Mit der Drohung, dem Kreditpaket nicht zuzustimmen, so die Überlegung, könne Druck auf die EU-Geldgeber und dabei vor allem auf Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgeübt werden, zu einer Einigung noch im April zu kommen…“ Artikel vom 3. April 2016 bei den Deutschen Wirtschafts-Nachrichten
- Streit zwischen IWF und EU: Endspiel um Griechenlands Schulden
„Griechenland ist noch nicht gerettet – und der Streit zwischen IWF und den Europäern spitzt sich zu. In einem Gastbeitrag erwartet Griechenlands Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis einen Showdown zwischen dem Währungsfonds und Deutschland.“ Darin weist Varoufakis u.a. daraufhin: „… Für den Laien sieht es so aus, als drehe sich der Streit zwischen IWF und EU-Kommission nur um einige gepfuschte Zahlen. Aber der Hintergrund ist zutiefst politisch und hat Auswirkungen über Griechenland hinaus. (…) Jahrzehntelang hat der IWF in jedem Land, in dem er „gastierte“, „Reformen“ vorangetrieben, die kleine Betriebe zerstörten und die Mittelschicht proletarisierten. Würde der IWF dieses Schema in Griechenland aufgeben, müsste er zugeben, dass die antisozialen Programme, die er Jahrzehntelang Ländern auf der ganzen Welt auferlegt hat, möglicherweise unmenschlich und unnötig waren. (…) Die Wikileaks-Veröffentlichungen zeigen, dass es einen Zermürbungskrieg gibt – zwischen einem einigermaßen rechenkundigen Bösewicht (der IWF) und einem chronischen Zauderer (Deutschland). Sie zeigen auch, dass der IWF ernsthaft darüber nachdenkt, die Dinge im Juli zu einer Entscheidung zu bringen, indem er Griechenland wieder einmal an den Rand des Abgrunds bringt – genau wie im Juli 2015. Mit einer Ausnahme: Dieses Mal soll nicht Alexis Tsipras in Zugzwang gebracht werden, sondern die deutsche Bundeskanzlerin…“ Gastbeitrag von Yanis Varoufakis vom 3. April 2016 bei Spiegel online (Übersetzung aus dem Englischen von Carsten Volkery und Nicolai Kwasniewski)
- Außerdem zur Wikileaks-Veröffentlichung: Pokern um eine Pleite?
„… Nach Bekanntwerden eines mutmaßlich internen Gesprächsprotokolls des Internationalen Währungsfonds zur Verhandlungstaktik beim Hilfsprogramm für Griechenland fordert Athen Aufklärung. Eine Regierungssprecherin sagte am Samstag im staatlichen Fernsehen, man wolle vom IWF wissen, ob es dessen offizielle Position sei, kurz vor dem EU-Referendum in Großbritannien Bedingungen für eine Pleite Griechenlands herbeiführen zu wollen. (…) Ein IWF-Sprecher wollte sich am Samstag in Washington nicht zu der Sache äußern. Er sagte aber, die Position des Fonds, dass Griechenland einen Schuldenerlass benötige, sei bekannt.“ Beitrag vom 3. April 2016 bei der taz online