Wie findet jetzt eine europäische Mosaik-Linke zusammen?
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 8.3.2016
Zeit für eine europäische Mosaik-Linke – im Kampf um politische Mehrheiten, nicht zuletzt, um die Demokratie für Europa erst noch zu gewinnen. Aber bisher keine Vernetzung der linken Bewegungen für Europa.
Neulich hatten wir einmal von Hans-Jürgen Urban (IG Metall) gelesen, den du ja als Gewerkschafter und IG Metall-Linken auch gut kennst, mit seiner Antwort auf Varoufakis` Europa – Initiative – und ich finde es bei ihm wunderbar, dass er es – gemäß seiner alten Devise einer „Mosaik-Linken“ bei den ansonsten eher kleinen Differenzen (= „zu pauschal von den Bürokraten in Brüssel reden“ – vgl. zu dieser Kontroverse gerade auch den nächsten Abschnitt „Europa darf „dank“ EuGH nicht mehr Demokratie sein…“) belässt, aber gleichzeitig ganz zentral hervorhebt, dass es an einer Vernetzung der linken Bewegungen für Europa fehlt und auch die Gründe für die Notwendigkeit einer solchen Vernetzung (um gemeinsam und abgestimmt aktiv werden zu können) nennt:
- zum einen gilt es zu einer Bewegung der linken Solidarität für Europa als Gegengewicht zu den nationalistischen Bewegungen von rechts zu finden und eine solche zu etablieren – und
- zum anderen teilen wohl alle mit Varoufakis und seinen Mitstreitern die Ansicht, dass die Demokratiefrage eine echte Existenzfrage für Europa ist. (http://www.fr-online.de/politik/europa–der-eu-fehlt-es-an-demokratie-,1472596,33883122.html )
Europa darf „dank“ EuGH nicht mehr Demokratie sein – oder werden? Die „konstitutionalisierten“ Europa-Verträge hebeln Demokratie aus. Motto: Es darf keine demokratischen Wahlen gegen die Europäischen Verträge geben.
Aber warum das nicht möglich ist, hat der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht, Dieter Grimm, in einer wunderbaren Streitschrift herausgearbeitet (= Dieter Grimm, „Europa ja – aber welches? – Zur Verfassung der europäischen Demokratie“ – C.H. Beck 2016: http://www.sueddeutsche.de/politik/europa-die-dunkle-seite-1.2883401 )
Der EuGH, so bringt Grimm die Umwälzung auf den Punkt, hat für das Gemeinschaftsrecht einen Vorrang vor dem nationalen Recht entwickelt – selbst vor dem höchsten nationalen Recht, der Verfassung. So hat der EuGH das Tor zu „seinem“ Verständnis der europäischen Verträge selbst geöffnet.
Was dem Nichtjuristen wie ein Staatsstreich vorkommt (vgl. zu dieser Sichtweise die Seite 1 unten f. – und insbesondere den Abschnitt „…warum und wie dieses Europa der Regeln funktioniert – oder „wider den Staatsstreich“: https://www.labournet.de/?p=85379), empfanden die Experten immerhin „als revolutionär“ (frei nach dem alten Spruch: „der Laie staunt und der Fachmann wundert sich“) – „zu Recht“ wie Grimm anmerkt. So schuf sich der EuGH mit missionarischem Eifer eine eigene Agenda. Er interpretierte die Verträge einfach wie eine Staatsverfassung, nämlich mehr oder minder losgelöst von dem Willen der Mitgliedstaaten.
Diese „revolutionäre Staatsauffassung“ für die Europäische Union führte nach den Wahlen in Griechenland zu diesem bekannten „Clash“ gegen die Demokratie. Jean-Claude Juncker als Vollzugsorgan dieser Verträge sagte deshalb auch konsequent auf dieser „konstitutionellen“ Linie „Es kann keine demokratischen Wahlen gegen die Europaverträge geben“! (Siehe noch einmal ganz unten auf der Seite 1 bei https://www.labournet.de/?p=85379)
Auf diese Weise veränderte diese Rechtsprechung – so Grimm – den Charakter der Verträge: Auf eine kurze Formel gebracht, diese europäischen Verträge sind „konstitutionalisiert“ worden – mit verheerenden Konsequenzen. So sind die Mitgliedstaaten nicht mehr in der Lage ihre eigenen Schutzstandards aufrechtzuerhalten und durchzusetzen. Und das Verbot staatlicher Beihilfen hat „zur Privatisierung zahlreicher öffentlichen Einrichtungen der Daseinsvorsorge geführt, ohne Rücksicht darauf, ob der Markt gleichwertige Leistungen erbringen kann.“ – So kann es passieren, dass ein Staat Entscheidungen unterworfen wird, die er im nationalen demokratischen Prozess abgelehnt hat. Schlimmer noch: Er muss sie obendrein vertreten. Ein Teufelskreis! (http://www.sueddeutsche.de/politik/europa-die-dunkle-seite-1.2883401 )
Muss man diese Macht der EU – weitgehend ohne demokratische Legitimation – dann schon eine Diktatur der europäischen Bürokratie nennen?
Für Europa jetzt eine Kehrtwende nach vorne – gerade weil der politischen Mainstream sich weiter auf den Marsch nach rechts begibt!
Michael Schlecht, der gewerkschaftschaftspolitische Sprecher der Linken, findet deshalb jetzt in der Frankfurter Rundschau, wir brauchen eine Kehrtwende nach vorne (http://www.michael-schlecht-mdb.de/mit-einer-kehrtwende-nach-vorn.html ). Gerade weil der politische Mainstream sich weiter auf den Marsch nach rechts begibt!
Gleichzeitig empört sich Stephan Schulmeister über diese „Volksempfindler“ in der Österreichischen Politik, die vor lauter politischem Opportunismus in blindwütige Schreibtischtäter in dieser Flüchtlingskrise verwandeln – und von den rechten „Angstmachern“ vor sich her getrieben werden. Bei ihrem Schwenk zu einer Flüchtlingsabwehrpolitik aktiviert man wieder – unverschämt – das beliebte Mantra „Griechenland ist schuld“, weil es die EU-Außengrenzen nicht schütze – was es letztlich gar nicht kann. Aber so etwas spielt ja keine Rolle mehr – es reicht ja man hat wieder „den Schuldigen“. So wird Griechenland von Kanzler Werner Faymann schlagkräftig mit der Parole denunziert, es verhalte sich doch wie ein „Reisebüro“ – und beim Boulevard kommt solch eine bodenlos geschmackloser Spruch aber gut an (http://www.fr-online.de/gastbeitraege/gastbeitrag-die-volksempfindler,29976308,33911698.html ).
Und so kämpfen gerade noch weitere Österreicher gegen diese – jetzt nach rechts gewendete – Politik in Österreich an, die Europa nur an den Abgrund führt – wie auch Robert Menasse (http://www.suedkurier.de/nachrichten/kultur/Schriftsteller-Robert-Menasse-Die-EU-in-der-gegenwaertigen-Form-ist-am-Ende;art10399,8561724,PRINT?_FRAME=64 ).
Die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan hat darum auch drei Optionen vorgeschlagen, wie wir in Europa mit der Flüchtlingskrise umgehen können – bzw. sollten (3. Option) – und erklärt dazu: Wenn wir bei der Regelung der Flüchtlingskrise nicht schnell eine haltbare Lösung finden, werden unsere Nachfahren – ähnlich wie es der Historiker Clark für den 1. Weltkrieg schildert – uns ebenfalls schlafwandlerisches Verhalten vorwerfen, weil wir nicht den politischen Instinkt hatten und uns dazu noch der historische Weitblick fehlte, so dass wir die Europäische Union leichtfertig zerstört haben und die Chancen für ihre Rettung, die eigentlich auf der Hand lagen, einfach ignoriert haben. (http://www.berliner-zeitung.de/politik/gastbeitrag-es-bleiben-drei-optionen-zur-loesung-der-fluechtlingskrise-23670764 )
Oder – fragt Gesine Schwan – hat das Misstrauen die Europäische Union schon so zerfressen, dass sie sich auf das Naheliegende eines gemeinsamen Aufschwungs nicht mehr verständigen kann? Deutschland trägt seit der Bankenkrise die größte Verantwortung auch für die negative Entwicklung in Europa. (Siehe dazu auch das von Gesine Schwan geprägte Motto: „Wer von der Rechtsentwicklung in Europa spricht, darf von der Austeritätspolitik nicht schweigen.“ – vgl. auf der Seite 1 unten bei „Der teure Zerfall Europas. „Wer von dem politischen Rechtsdrall in Europa sprechen will, kann von der Austeritätspolitik – dem Spardiktat – nicht schweigen!“: https://www.labournet.de/?p=92963)
Jetzt sollte es jedenfalls schnell für einen europäischen Zusammenhalt vorangehen – bevor es zu spät ist!
Aber dann kommt – gerade rechtzeitig – auch noch ein französischer Diskurs über einen Kurswechsel!
Aber in Frankreich startet – in höchster Not angesichts der Regierungspolitik und den anstehenden Streiks (vgl. den Abschnitt „Frankreichs Hollande gibt jetzt den Schröder! – Mehr Wettbewerbsfähigkeit durch Lohndumping in Frankreich“ auf der Seite 4 unten ff. bei https://www.labournet.de/?p=93936 – siehe weiter noch zu diesen Auseinandersetzungen mit den französischen Gewerkschaftern die aktuellen Berichte von Bernard Schmid: https://www.labournet.de/?p=94584 (vom 7. März) und https://www.labournet.de/?p=94110 (vom 29.2.)) – auch ein Diskurs für diese beginnende „Kehrtwende nach vorne“: 80 französische Ökonomen starteten einen gemeinsamen Aufruf: Eine bessere Zukunft ist möglich – auch wirtschaftlich – Aber die Lage ist dramatisch! (Dieser Aufruf war, nachdem er am 10. Februar in „Le Monde“ stand,dann auf deutsch in den „Blättern“ übersetzt – jedoch Heiner Flassbeck hat in in Gänze „online“ gestellt: http://www.flassbeck-economics.de/raus-aus-der-wirtschaftlichen-sackgasse-aufruf-von-80-franzoesischen-oekonomen/ )
Ebenfalls in „Le Monde“ war dann auch ein Plädoyer von Thomas Piketty für „einen New Deal für Europa“ zu lesen, der auch wieder in den „Blättern“ abgedruckt war, der auch – wie schon Menasse oben – sich für eine Schuldenkonferenz – entsprechend der von 1953 in London für Deutschland – einsetzt: Von einer bestimmten Schwelle an, wird es sinnlos, jahrzehntelang Schulden zurückzuzahlen. Ratsamer ist es da – auch aus dem Blickwinkel der Gläubiger -, die Schuldenlast zu verringern, damit auch in Wachstum investiert werden kann. (http://www.nybooks.com/articles/2016/02/25/a-new-deal-for-europe/ (= als vollständiger Text nur englisch) – oder auch allgemein von Thomas Piketty bei „Le Monde“ noch: http://piketty.blog.lemonde.fr/ )
Piketty: Demokratiedefizite der Eurozone durch neues Parlament aufheben
Und zusätzlich – auf die demokratischen Defizite der EU ansprechend – erklärt Piketty: Ein solches Vorgehen erfordert eine neuartige demokratische Governance, eine Regierungsführung, die zugleich sicherstellt, dass derartige Katastrophen sich nicht wiederholen. Konkret gesagt erfordert die Einbeziehung der Steuerzahler wie der nationalen Haushalte die Schaffung eines eigenen Parlamentes der Eurozone, das sich – proportional zur Bevölkerungszahl eines jeden Landes – aus Abgeordneten der nationalen Parlamente zusammensetzt.
Dieser – neu zu schaffenden – Parlamentskammer sollte auch das Recht übertragen werden, eine gemeinschaftliche Unternehmenssteuer für die Eurozone zu beschließen, weil andernfalls das Steuerdumping und Skandale wie „LuxLeaks“ nie aufhören werden. (Hier noch der nicht voll zugängliche Beitrag vo Piketty auf Deutsch in den Blättern: https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2016/maerz/ein-new-deal-fuer-europa )
Nur da ist es kein Wunder, dass unsere marktradikalen Hardliner – wie z.B. bei der Süddeutschen – dies für Frankreich ganz „umgekehrt“ sehen – und als richtige Eiferer schlankweg in voller ideologischer Selbstüberschätzung erklären: „Holland darf – mit seinem Lohndumping – nicht scheitern“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kommentar-die-festung-muss-fallen-1.2894024 ).
Mit derart kriegerischem Vokabular wird inzwischen der „Krieg“ des Finanzkapitals gegen die Menschen weiter geführt – nur zu welchem Ende?
Endlich auch eine Politik für mehr Gleichheit – statt immer weiter nur mehr Ungleichheit
Deshalb muss für eine solche Kehrtwende nach vorne die Politik sich auch langsam wieder einmal verantwortlich fühlen für die – immer noch wachsende – Ungleichheit, die die Politik mit ihrer Durchsetzung zur neoliberalen Marktradikalität erst so richtig in Gang gesetzt hatte (siehe dazu den Anfang in dem Abschnitt „Jetzt also ist Frankreich mit der Lohnsenkung gegen die Arbeitslosigkeit dran“ auf der Seite 5 ganz unten f. bei https://www.labournet.de/?p=93936).
Da die politisch-durchsetzungsfähigen Parteien (Große Koalition) die Frage der Steuererhöhung zu diesem Zwecke meiden wie der Teufel das Weihwasser bleiben uns vor allem die parteiübergreifenden Gewerkschaften („Einheitsgewerkschaft“) die das Thema ansprechen: Um die Ungleichheit zu bekämpfen müssen wir endlich anfangen die Vermögenden gerecht zu besteuern (http://www.dgb.de/themen/++co++690a2abc-c5b2-11e5-9e20-52540023ef1a ).
Und mit der Vorlage des DGB-Verteilungsberichtes (93 Seiten) bekräftigt der DGB auch noch „Ungleiche Verteilung von Vermögen gefährdet den Wohlstand – für alle“ (http://www.dgb.de/themen/++co++94dbaac0-dc6f-11e5-a23e-52540023ef1a ).
Und bei aller Schwäche der eigenen Argumentationen bezüglich einer politischen Durchschlagskraft angesichts des immer mehr anschwellenden rechten – eher rassistischen – Gedöns bleibt einem ja der Trost, dass noch weitere Menschen – wie jetzt auch Varoufakis u.a. wie Beppe Grillo – an dieser Geschichte auch noch „bohren“… So bleibt Varoufakis für Europa am Ball – aber der Unglücksrabe Hollande eifert in Frankreich dem gescheiterten Kanzler Schröder nach – aber es kommt immer noch kein Marshallplan z.B. für die Flüchtlinge.
Was soll`s: dieses Sparen können wir uns einfach nicht mehr leisten, empört sich einfach zu Recht der Deutsche Gewerkschaftsbund (http://www.dgb.de/themen/++co++ecde20dc-e1eb-11e5-9d04-52540023ef1a ).
Finanzkapitalistische Verknotung sichtbar gemacht Der Film „Wer rettet wen?“
Und wie dies „finanzkapitalistisch“ nicht nur verknotet, sondern auch noch blockiert ist, bringt uns dann noch der Film „Wer rettet wen?“ nahe (http://whos-saving-whom.org/index.php/de/ ). Dabei kommen die Autoren zu dem – meist nicht verstandenen – Schluss: „Die Krise als Geschäftsmodell auf Kosten von Demokratie und sozialer Sicherheit.“ Dieser Film deckt auf, was bei allen „Rettungen“ bis hin zum Griechenland-Drama weitgehend verborgen blieb: Die radikale Veränderungen der Gesellschaften in Europa – noch ganz „ohne“ Flüchtlinge . Die als „Rettung“ verkleisterte Umwandlung privater Schulden (der Banken) in öffentliche, was zu dem Titel des Films führet „Wer rettet wen“. Dieser Prozess – als sachzwanghaft „alternativlos“ durchgezogen – hat dann nicht nur die Demokratie ad absurdum geführt. Er erschüttert Gesellschaften, die sich als Sozialer Rechtsstaat begreifen.
Als Kronzeuge wird dann EZB-Präsident Mario Draghi zitiert: „Das Europäische Sozialmodell ist Vergangenheit. Die Rettung des Euro wird viel Geld kosten. Das bedeutet vom europäischen Sozialmodell Abschied nehmen„. (Zu der zwiespältigen Rolle von Mario Draghi in der Eurozone: einerseits Retter von Staaten im Euro andererseits die „Unfähigkeit“ die Krise zu überwinden vgl. noch den Abschnitt auf der Seite 1 „Kann die EZB als „alleinstehende“ Institution den Zusammenhalt Europas (des Euro) gewährleisten?“ bei https://www.labournet.de/?p=93583 – und siehe auch den aktuellen Vorschlag von Rudolf Hickel für die Zinspolitik der EZB: http://rhickel.iaw.uni-bremen.de/ccm/homepages/hickel/aktuelles/ezb-rat-am-10032016-ein-beschlussvorschlag/ )
Das Fazit bleibt auch bei der Geldpolitik: da diese restlos ausgereizt ist, besteht die dringende Notwendigkeit einer Ergänzung durch ein massives öffentliches Investitionsprogramm.
Nur vielleicht gelingt es doch auch – so zwischendurch – einmal auch Geld von den Banken wieder reinzuholen, das eigentlich an den Staat abzuführen gewesen wäre, aber die Banken haben Aktiendeals so gemacht (Cum & Ex), dass sie sich sogar Steuern zurückholen konnten. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/cum-ex-aktiengeschaefte-banken-im-zangengriff-1.2883602 ) Um mehr als 10 Milliarden Euro sollen die Banken – allein – bei diesen Geschäften den Fiskus betrogen haben – wahrlich keine „Peanuts“!
Aber wie erklärte schon Bertold Brecht, der sich etwas darauf zugute hielt, die Finanzmärkte genau zu beobachten: „Was ist schon ein Bankraub gegen die Gründung einer Bank„. Und diese finanzkapitalistische „Räuberbande“ hat mit derartigen Machenschaften auch die „Idee“ von Europa gestohlen, das anscheinend nur zu einer „Maschine zur Bereicherung“ der ohnhin Reichen degeneriert ist. (Vgl. dazu den Abschnitt „Europa kennt – bisher – keine große Erzählung mehr, weil eine solche das Finanzkapital für sich – ohne weitergehenden Sinn! – gestohlen hat. – im letzten Drittel der Seite 2 f. bei https://www.labournet.de/?p=93936)
Der Film „Wer rettet wen?“ zeigt auch die Ursprünge dieser Entwicklung, als nach ca. siebzig Jahren relativer Stabilität – und Gleichheit – die Finanzwelt dereguliert wurde. (Vgl dazu die Zusammenstellung von Wolfgang Lieb (http://www.nachdenkseiten.de/?p=3692 ) – sowie die ausführlichere Übersicht (http://www.diekriseverstehen.net/texts.html )) Und sofort nutzte diese Finanzwelt die neue Freiheit, Finanzderivate zu entwickeln, die heute die Wirtschaft dominieren. Der Film demonstriert auch die Anwendungsmöglichkeiten und die enorme Gefahr, die von den Derivaten ausgeht. Aber er verweist auch auf die Möglichkeiten sich zu wehren, wie z.B. in Island, wo das internationale Kapital nicht gerettet wurde und stattdessen eine Umverteilung von oben nach unten stattfand. (http://whos-saving-whom.org/index.php/de/ )
Statt mehr Demokratie nur immer weiter mehr Deregulierung für das Finanzkapital, damit dies in seiner Macht gegenüber der Demokratie gestärkt wird
Statt nur zu einem Mehr an Regulierung der Finanzmärkte zurückzukehren, nutzt die Europäische Kommission ihre dominante Stellung (siehe oben Dieter Grimm) um im Interesse der Finanzmärkte weiter unter dem täuschenden Ettikett „Kapitalmarktunion“ die Deregulierung des Finanzsektors zu stärken – und damit auch die Position der krisenverschärfenden Schattenbanken auszubauen in ihrer Bedeutung. (Vgl. „Eine finanzpolitische Zeitbombe“: http://monde-diplomatique.de/artikel/!5264078/ )
Und die Rechte mit der AfD führt weiter in eine Elends-Sackgasse
In welche Sackgasse wir geraten, wenn keine alternative Mehrheit errungen werden kann, zeigen die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der rechten „Alternative“: Gerade diejenigen die sich als „Alternative“ anbieten, sind überhaupt nicht in der Lage die aktuelle Misere zu beenden werden (http://www.fr-online.de/wirtschaft/afd-zu-lasten-der-kleinen-leute,1472780,33912204.html ).
So ist die AfD gegen den Mindestlohn, diese Grenze gegen den Fall ins Bodenlose bei den Löhnen. Und bei der Leiharbeit steht diese Schein-„Alternative“ auch noch gegen weitere Verbesserungen, wozu der Deutsche Gewerkschaftsbund nur meint, damit „sind dem Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen weiterhin Tür und Tor geöffnet“. Und vollends für die Reichen setzt sich diese AfD ein, wenn sie für die ersatzlose Streichung der Erbschaftssteuer sich weiterhin einsetzt. Und auch ihr Steuerkonzept ist für die Reichen gemacht – wovon die Wohlhabenden umso mehr profitieren, je höher ihre Einkommen sind.
Schön deutlich wird das weiterhin an dem einen Beispiel bei Stephan Kaufmann, wenn die AfD vehement den Kampf gegen die niedrigen Zinsen führt, weil damit der Sparer enteignet wird – nun jedoch 30 Prozent der erwachsenen Bürger bei uns gar keine Ersparnisse haben – wie der DGB-Verteilungsbericht diese Interessenlage „ausbuchstabiert“ (vgl. http://www.dgb.de/themen/++co++690a2abc-c5b2-11e5-9e20-52540023ef1a – und noch zum Verteilungsbericht selbst: http://www.dgb.de/themen/++co++94dbaac0-dc6f-11e5-a23e-52540023ef1a ).
Jedoch für diese 30 Prozent gibt es bei der AfD nichts!
Michael Schlecht,der wirtschaftspolitische Sprecher der Linken nennt die AfD daher auch schlicht und einfach die AfD ist eine Partei für die Reichen (http://www.michael-schlecht-mdb.de/afd-partei-der-reichen.html ).
Nur dieses politische Versagen gegenüber den Interessen der sog. „kleinen Leute“ hindert diese wiederum nicht haufenweise die AfD in ihrer hilflosen Wut zu wählen – denn „diese Anderen“ haben es – gerade für sie – eben auch nicht gebracht. (http://www.sueddeutsche.de/politik/kommunalwahl-afd-triumph-in-hessen-cdu-und-spd-zeigen-sich-erschrocken-1.2895457 )
Als politischer Trend lässt sich schon absehen: die AfD-Protest-Wähler erreichen ihr Ziel nicht: die Grenzen werden nicht geschlossen – nur Koalitionen zu schließen wird in Zukunft schwieriger – wie es sich nach Hessen abzeichnet. (http://www.fr-online.de/leitartikel/kommunalwahl-in-hessen-die-protestwaehler-erreichen-ihr-ziel-nicht,29607566,33921098.html )
Jedoch das Traurige wird sein, dass bei der gewaltigen Empirie-Resistenz für diese neoliberalen Navigationskarte, die sich die EU-Kommission angesichts ihrer herausgehobenen – oder besser unkontrolliert abgehonenen – Stellung einfach immer wieder im Interesse der Finanzmärkte leisten, wir erst zu dem Punkt des Scheiterns von Europa in dieser Eurokrise kommen müssen, damit andere Denkmöglichkeiten – und damit eine positive Geschichte für Europa – zur praktischen Politik finden „darf“. – Nur weit sind wir von einem Scheitern nicht mehr entfernt!“ (siehe auch noch einmal https://www.labournet.de/?p=93936)