Der teure Zerfall Europas. „Wer von dem politischen Rechtsdrall in Europa sprechen will, kann von der Austeritätspolitik – dem Spardiktat – nicht schweigen!“
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 7.2.2016
Allen – trotz Facebook-Sprüche-Salat – noch Interessierten zum inzwischen weiter fortgeschrittenen Jahr 2016 – zu dem ich all diesen noch einmal die besten Wünsche übermittle – einmal einen Ausschnitt meines Such-Wirkens in den Medien, um „unsere“ Welt ein wenig besser zu verstehen. Aber heute kommt bei mir noch ein wenig „das Entsetzen“ hinzu (darf man das so pointiert ausdrücken?), dass in einem für Europa so schwierigen Krisenjahr, wie wohl das vor uns liegende es werden wird, es gute Analysen sowie Positionierungen zu den Defiziten von Europa, die zentral im Finanzsektor liegen, gibt – aber es z.B. an jeglicher „Anschlussfähigkeit“ zwischen den Ökonomen (z.B. u.a. Schulmeister) und den Politikwissenschaften (z.B. Nölke (jetzt in den WSI-Mitt.), siehe unten) fehlt. (Die einen zitieren nur „innerhalb „ihres“ Dunstkreises – und umgekehrt auch) Und so soll ein allgemeines und einleuchtendes Krisen-Panorama entstehen?
Fehlen also schon die konzentrierten „geistigen“ Kräfte um diese Krise einigermaßen konsistent zu verstehen, um sie dann auch noch zu überwinden zu können?
Na ja, ich stelle es hier einfach einmal „nebeneinander“ – und das „Defizit“ des „Nicht-zueinander-Findens“ in der „gemeinsamen Krisen-Erklärung“ nutzt wieder nur den „herrschenden“ finanzialisierten oder auch finanzkapitalistischen Verhältnissen – an den die „unterworfene“ Politik „blindwütig“ anscheinend nichts ändern will (daher bleibt sie „unterworfen“ und zur Lösung mit einer Reichensteuer und daraus finanziertem Wachstumsprogamm für Europa unfähig).
Zu der Diagnose, dass Europa inzwischen immer mehr vor dem Zerfall steht, kommt auch Alexander Hagelüken in der Süddeutschen – und er kommt zu dem Ergebnis „Der Zerfall Europas wird teuer“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kommentar-teurer-zerfall-1.2822841 ) und er nimmt als positives Beispiel, das auch heute wieder ein Vorbild sein könnte – diese Geschichte, als vor einem Vierteljahrhundert auch schon einmal „Eurosklerose“ auf der Tagesordnung stand, – und wie der Banker Paolo Cecchini für mehr Europa trommelte – und am Ende stand der Binnenmarkt. (http://www.wirtschaftslexikon24.com/e/cecchini-bericht/cecchini-bericht.htm )
Jedenfalls ist der von Deutschland geprägte Kurs der Stabilisierung des Euro unter Druck (= so unter Druck, dass schon immer mehr seine Auflösung in die Diskussion kommt – wie z.B. von Oskar Lafontaine (vgl. die Diskussion zwischen Gesine Schwan und Oskar Lafontaine: http://www.fabio-de-masi.de/de/article/698.brauchen-wir-einen-plan-b-wie-weiter-mit-der-eu-und-dem-euro.html )
Die Professorin Gesine Schwan bringt diesen falschen Kurs zur – m.E. nur scheinbaren – Stabilisierung des Euro mit einem herrlichen Satz auf den Punkt: „Wer von der Rechtsentwicklung in Europa spricht, darf von der Austeritätspolitik nicht schweigen„. (Siehe oben den Link zur Diskussion zwischen Oskar Lafontaine und Gesine Schwan (= ca. in der 8. Minute))
Und Stephan Hebel bekommt gleich heftige „Bauchschmerzen“, wenn er bemerkt, wie die – auf allen Wellen mitschwimmenden (= besonders nach rechts) – öffentlich-rechtlichen Medien auf Anpassungskurs gehen – und lediglich die Hetzparolen von rechts noch in Watte packen. (http://www.fr-online.de/medien/oeffentlich-rechtliche-in-watte-gepackte-hetzparolen,1473342,33557448.html )
Dabei ist die rechte AfD „zackig“ weiter auf dem Vormarsch auf über 10 Prozent – und zwar in allen Bundesländern nicht nur in Hessen. (http://hessenschau.de/politik/afd-aufstieg-sorgt-fuer-entsetzen,hessentrend-reaktionen-100.html , und zur Entwicklung der AfD im allgemeinen siehe den Überblick: http://www.fr-online.de/themen/alternative-fuer-deutschland,27582818,28365114.html )
Deutschland: Nur zum Überlebens-Krisenmanagement gerade noch fähig – ohne die Aussicht auf ein zukunftsfähiges Europa zu gestalten
Dies lässt Alexander Hagelüken zu der Ansicht gelangen, dass die Kanzlerin Angela Merkel, die bisher sich nur als Krisenmanagerin hervortat, nun in ihrer späten Kanzlerschaft Europa als – weiter zu entwickelndes – Projekt betrachten „müsste“ – es aber nicht kann. Denn dazu müsste sie allerdings mit einer Vision – wie damals Cecchini – werben und den Eurokrisenstaaten ein Wachstumspaket anbieten, damit sie sich in den Europa-Kurs eingebunden fühlen. (Siehe dazu auch Andros Waibel statt einer Schuldenbremse brauchen wir eine „Schäublebremse“: http://www.taz.de/!5266527/ )
Und sie müsste sich mit wichtigen Regierungen abstimmen, bevor sie wie im September die Grenze für Flüchtlinge öffnet. Aber – es scheint so – als ob die Kanzlerin auf längere Zeit eher mit ihrem politischen Überleben beschäftigt ist, als mit der Zukunft Europas (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kommentar-teurer-zerfall-1.2822841 ).
Und so stoppt diese Kanzlerin, der doch Europa angeblich so am Herzen liegt, jetzt erst einmal wieder die – so dringend erforderliche – EU-Reform – und zwingt den vom EU-Präsidenten Jean-Claude Juncker – zusammen mit vier weiteren EU-Präsidenten vorgelegten – Reformbericht („5-Präsidentenbericht“) – der wiederum auch von Merkel schon im letzten Dezember zur Annahme verhindert wurde (http://ec.europa.eu/priorities/publications/five-presidents-report-completing-europes-economic-and-monetary-union_de ), jetzt zurückzustellen – bis Ende 2017, wenn Frankreich und Deutschland gewählt haben. So sieht also derzeit die „deutsch-französische Blockierungs-Achse“ der Europäischen Union aus – ein Block zur Verhinderung von europäischem Fortschritt. (Zur weiteren Kritik am 5-Präsidenten-Bericht als zu kurz gegriffen siehe zunächst den Deutschen Gewerkschaftsbund, der klar macht, dass mit diesen Vorschlägen in die falsche Richtung gezielt wird: http://www.dgb.de/++co++74a07592-523b-11e5-a134-52540023ef1a , weiter auch noch der Europa-Abgeordnete Fabio De Masi: (http://www.fabio-de-masi.de/de/article/678.f%C3%BCnf-pr%C3%A4sidenten-bericht-euro-so-nicht.html )
Politik ohne ökonomische Kompetenz
Der Professor Jean Pisani.Ferry macht sich jedenfalls Sorgen um Europa angesichts des zunehmenden Populismus von Rechts: Die Erosion der unteren Mittelschicht hat die Glaubwürdigkeit der etablierten Politik unterminiert (http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansicht-wurzeln-des-populismus-1.2843674 , vgl. dazu auch: Gestresstes Deutschland – dem die Mittelschicht verlorengeht: https://www.labournet.de/politik/wipo/finanzmaerkte/maerkte-all/gestresstes-deutschland-dem-die-mitte-verloren-geht/)
Und Ferry fügt hinzu: Eine Frage betrifft die sinkende Glaubwürdigkeit der Mainstream-Politik. Die Unfähigkeit, Wachstum wiederherzustellen und die Verteilung der Einkommen anzupacken, lassen den Anspruch wirtschaftlicher Kompetenz durch die herkömmlichen Parteien lächerlich erscheinen. – Und er fährt fort: die Parteien des Mainstream haben nur noch wenig Zeit, um ihre Vision zu erneuern, sich selbst neu zu erfinden und ehrgeizige Programm zur Lösung der heutigen Probleme zu entwicklen.
Der frühere deutsche Außenminister, Joschka Fischer, formuliert diese Notwendigkeit für einen Kurswechsel für Europa gleich noch drastischer, indem er gleich auf die ganze Welt blickt (vgl. „Die Unordnung der Welt“ (http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansicht-die-unordnung-der-welt-1.2843338 ): „Europas Absturz in den Abgrund ist nicht mehr ausgeschlossen“ – nur wenn er dabei seine Hoffnung gerade auf die deutsche Kanzlerin Merkel setzt, die gerade bezüglich der „finanzkapitalistischen Verhältnisse“ ein Teil des Problems ist – und nicht eine Lösung, befindet er sich auf dem Holzweg.
Das macht noch einmal Stephan Hebel in dieser jetzigen Debatte klar: „Eine Liberale – heute sagt man meist Neoliberale – ist Merkel aber auch in wirtschaftlichen Fragen: Jeder Umverteilung von Reichtum widersetzt sie sich in unbeirrbarer ideologischer Festigkeit. Und global steht sie für eine Freihandelspolitik, die weniger entwickelte Volkswirtschaften weiter ins Elend konkurrieren und die Flüchtlingszahlen hochtreiben wird.
So weit der konservativ gefärbte Teil ihres Liberalismus. Aber national? Ja, auch das ist Angela Merkel, und hier findet sich wohl die plausible Erklärung für ihren drohenden Absturz: Sie hat ein Jahrzehnt so getan, als könne Deutschland als Exportnation von der neoliberalen Version der Globalisierung profitieren, ohne die negativen Folgen zu spüren.
Das war eine große Lüge! (http://www.fr-online.de/flucht-und-zuwanderung/fluechtlingspolitik–einmal-wahrheit-und-zurueck,24931854,33687008.html )
Denn die europäische Gemeinsamkeit kann nicht zu einer politischen Praxis finden: die – von Deutschland – geforderte Solidarität in der Flüchtlingskrise steht nämlich im krassen Gegensatz zu der fehlenden Solidarität in der Eurokrise. (Vgl. den Abschnitt auf der Seite 1 unten bei https://www.labournet.de/?p=91359)
Derweilen treibt das Spardiktat gegenüber Griechenland die dortige Regierung Tsipras – so zerrieben zwischen den Mühlsteinen eines Spardiktates aus Europa und dem so wichtigen Widerstand der griechischen Gewerkschaften dagegen – in die politische Auswegslosigkeit – denn selbst der von Alexander Hagelüken (siehe oben) vorgeschlagene Wachstumspakt für die südeuropäischen Krisenländer steht bei der deutschen Kanzlerin noch nicht einmal „in den Sternen“. (Vgl. http://www.tagesschau.de/ausland/griechenland-generalstreik-103.html sowie das Labournet-Dossier zum Generalstreik: https://www.labournet.de/?p=92575)
Ein Wachstumspaket für die Eurokrisenstaaten? Oder doch erst einmal die Finanzkrise angehen? „Lasst die Blase platzen“! Sonst bleibt auch der niedrige Zins angemessen
Während also Hagelüken in der Süddeutschen noch die Eurokrise „nur“ bei den Eurokrisenländern verortet und deshalb einen Wachstumspakt – allein? – für diese Länder fordert, bei denen sich die „Austeritätspolitik“ besonders drastisch auswirkt, gelangt Stephan Kaufmann in der FR zur Finanzkrise als Zentrum des Geschehens – so dass er als Maßnahme vorrangig – neben den staatlichen Investitionen – als Ausweg aus dieser Situation mit einer Finanzblase das Schrumpfen der Finanzsphäre vorschlägt – durch Besteuerung und Regulierung („Einschränken“).
Das Problem sind foglich für ihn keineswegs vor allem die Schulden der sog. Eurokrisenländer, sondern das riesige Angebot an Finanzkapital, das die Politik durch ihr „wildes“ Finanzmarktderegulierung so richtig erst „geschaffen“ hatte. Das Kapital, das nach einer Anlage sucht, belaufen sich allein in der EU auf rund 90 Billionen Dollar oder das Fünffache der Wirtschaftsleistung. So kommt es,dass all diese Billionen nach Rendite, nach „Anlage“ suchen. Es ist also zu einer Richtigen „Finanzblase“ gekommen, die dringend platzen müsste. (http://www.fr-online.de/leitartikel/aktien-und-finanzmaerkte–lasst-die-blase-platzen–,29607566,33681922.html )
Diesem gewaltigen Kapital, das Anlage sucht, stehen derzeit wenig Anlagemöglichkeiten – also Renditequellen – zur Verfügung. Stephan Kaufmann findet daher, dass es – angesichts dieser auch ungemütlichen Seite des zur Zeit herrschenden Wirtschaftssystems – durchaus mit „Finanzkapitalismus“ nicht schlecht beschrieben wird. (vgl. dazu auch Stephan Schulmeister: http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/interview-mit-wirtschaftsforscher-stephan-schulmeister–das-kapital-ist-ein-nimmersattes-tier-,10808230,32958186.html – und siehe weiter noch den Abschnitt „Diskussionsstand zur Eurokrise im Jahr 2016, einem Schlüsseljahr des Euro“ auf der Seite 3 bei https://www.labournet.de/?p=91359)
Angesichts dieser riesigen Kapitalüberschuss-Situation erklärt sich der niedrige Zins – heftig von Rechten attackiert – einfach als angemessen. (Vgl. dazu auch Rudolf Hickel „Erfolgreiche Politik des billigen Geldes kann den Sparern nutzen“: https://causa.tagesspiegel.de/erfolgreiche-politik-des-billigen-geldes-kann-den-sparern-nutzen.html )
Dass derzeit ein so riesiges Angebot an Finanzkapital relativ wenigen realen Anlagemöglichkeiten gegenübersteht, macht sich bei den Investoren als niedriger Zins und „Anlage-Notstand“ bemerkbar.
Aber man könnte diese Situation auch – wohl viel zutreffender – als gigantische Finanzblase bezeichnen, von deren Bewegung wir alle abhängen – bzw. durch die Politik abhängig gemacht wurden. (die sich jedoch „verschämt“ darüber gänzlich ausschweigt).
Die Finanzmarktexpertin des DIW, Dorothea Schäfer, macht zusätzlich noch deutlich wie sich das auf den Finanzmärkten durch die permanenten „Auf und Abs“ bemerkbar macht: Durch massenhaft „verbranntes Geld“ – nun solch vulgäre Ausdrücke werden von der Fachfrau nicht verwandt, sondern sie drückt es sachlicher aus: Billionenwerte lösen sich weltweit innerhab kurzer Zeit in Luft auf. (http://www.fr-online.de/gastbeitraege/gastbeitrag-von-bankenregulierung-und-boersenturbulenzen,29976308,33690008.html )
Jedenfalls jagt derzeit ein Börsenabsturz den nächsten – und nur kurz sind die Erholungsphasen. Der Deutsche Aktienindex Dax hat noch im jungen Jahr 2016 bereits rund 10 Prozent eingebüßt. Gegenüber seinen Höchststand im vergangenen Jahr hat er sogar 2 500 Punkte verloren. Zu viele Anleger wollen bei komfortablen Kursstänen eben Kasse machen, und zu wenige sind bereit diese Kurse zu bezahlen. Immer wieder müssen daher kräftige Kursrutsche dafür sorgen, dass die auf den Markt geworfenen Aktien auch Käuferinnen und Käufer finden. So lösen sich eben Billionenwerte immer wieder weltweit in kurzer Zeit in Luft auf.
Jedoch das Finanzkapital sucht den Schuldigen – nach der gängigen Ideologie – allein bei den – eigentlich jedoch viel zu schwachen – Regulierungen des Staates. Da es kaum einer diesen ganzen Finanzkapitalismus versteht, können deratige Irreführungen – wohl auch gegenüber der ziemlich hilflosen – Politik immer wieder gelingen, was Dorothea Schäfer sachkundig zerpflücken kann.
Diese Situation des allgemeinen Unverständnisses der finanzkapitalistischen Verhältnisse haben auch John Lancaster umgetrieben – und er hat ein Buch geschrieben, warum wir die Sprache des Geldes nicht verstehen (sollen). (http://www.deutschlandfunk.de/john-lancaster-warum-wir-die-sprache-des-geldes-nicht.1310.de.html?dram:article_id=331777 )
Jedenfalls gelingt es auf diese Weise, das geneigte „Publikum“ weitgehend immer weitervon dem finanzkapitalistischen Desaster abzulenken und an der Nase herumzuführen.
Statt eine Vertiefung der EU – nur eine Sanierung pleitegefährdeter Banken
Dagegen zwingt Berlin die EU zu einer weiteren Sanierung pleitegefährdeter Banken. (http://www.taz.de/!5266616/ )
Und dieses die Probleme so blindlings gegenüber den wild-wabernden Spekulations-Risiken auszuklammern, muss als besonders skandalös betrachtet werden, solange gerade die Schattenbanken unreguliert bleiben. (http://www.dgb.de/themen/++co++af6d7558-c0f4-11e5-8458-52540023ef1a )
Dabei hat – laut „Globalem Schattenbankenbericht“ des „Financial Stability Board (FSB) – der Bereich der Schattenbanken weiter zugenommen – auf inzwischen 36 Billionen! Den größten Schattenbankensektor haben – gerade auch mit der größten Schattenbank der Welt „Blackstone“ – die USA, jedoch an fünfter Stelle folgt schon Deutschland mit einem Volumen von etwa 2,5 Billionen Dollar. (vgl. Nach der Finanzkrise ist vor der Finanzkrise: Schattenbanken die neue Übermacht: http://www.fr-online.de/schuldenkrise/schattenbanken-nach-der-finanzkrise-ist-vor-der-finanzkrise,1471908,32402098.html )
Die Regulierung dürfte weiterhin bescheiden bleiben – und das Risiko für das globale Finanzsystem hoch – und die Politik steckt einfach den Kopf in den Sand. Darüber ist die Opposition des Europaparlamentes zu recht angemessen empört.
Dieser Vorstoß aus Deutschland gegen ein gemeinsames Europa – ohne die Dominanz der Banken – wird von dem Europa-Abgeordneten De Masi wieder einmal desillusioniert demaskiert: „Europa spricht deutsch.“ Aber zur Sache fügt er noch hinzu, das Problem der Banken, die zu mächtig sind, um noch scheitern zu können und somit auf Kosten der Steuerzahler leben, hat die EU überhaupt nicht gelöst. (http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+CRE+20160118+ITEM-018+DOC+XML+V0//DE&language=de&query=INTERV&detail=1-210-000 )
Und der Europaabgeordnete Sven Giegold erklärt weiter: Die Finanzkrise ist nicht vorbei, sie ist nur zugeschüttet: Es ist zu viel Kapital im Markt, das nicht weiß, wohin? Und da stimmt er dem Kollegen De Masi zu: Dieses überflüssige Kapital muss in nachhaltige Investitionen gelenkt werden. (http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+CRE+20160118+ITEM-018+DOC+XML+V0//DE&language=de&query=INTERV&detail=1-211-000 )
Erst einmal noch die Deutsche Bank im Absturz
Für ihre ganzen schrägen Geschäfte auf den Finanzmärkten stürzte die Deutsche Bank weitgehend in den Abgrund (http://www.fr-online.de/wirtschaft/hohe-verluste–die-horrorrechnung-der-deutschen-bank-,1472780,33668014.html ). Ja, die Süddeutsche formulierte ihre Sorgen für dieses Bankhaus gleich recht deutlich: „Wir brauchen eine neue Deutsche Bank“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/finanzbranche-deutschland-braucht-eine-neue-deutsche-bank-1.2842352 )
Und so ist es dem Finanzpolitiker Axel Troost von den Linken nicht zu verdenken, dass er – bei Auflistung des gesamten Sündenregisters – die Deutsche Bank eine der kriminellsten Banken der Welt nannte. (http://www.axel-troost.de/article/8867.die-deutsche-bank-eine-der-kriminellsten-banken-der-welt.html )
Und jetzt kommt doch eine kritische Stimme aus dem Zentrum der Hochfinanz von Goldman Sachs! Auch noch eine Phase des marktwidrigen „Monopol-Kapitals“!
Nun spricht Goldman Sachs in einer Studie nicht diese deutlichen Fehlentwicklungen beim Finanzkapital an (das hatte der demokratische Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders getan, indem er auf die Frage, was oder wen er für den Inbegriff unternehmerischer Gier halte, ohne Zögern geantwortet, Goldman und Blankfein (= Chef der US-Bank Goldman Sachs), aber legt den Finger in die Defizite eines übermächtigen Kapitals, das Marktkräfte beseitigt. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/goldman-sachs-kapitalisten-zweifeln-am-kapitalismus-1.2848835?reduced=true )
In diesem Papier von Goldman Sachs, auf das Bloomberg hingwiesen hatte (http://www.bloomberg.com/news/articles/2016-02-03/goldman-sachs-says-it-may-be-forced-to-fundamentally-question-how-capitalism-is-working ), treibt Goldman Sachs die Frage um, ob die bisher bekannten Mechanismen von Marktwirtschaft überhaupt noch funktionieren? Könnte nicht eine gewaltige Verschiebung der Koordinaten stattgefunden haben, die die „alten“ kapitalistischen – auch empirischen – Gewissheiten über den Kapitalismus zertrümmert?
Zu diesen kapitalistischen Gewissheiten zählte bisher auch, dass die Profitmargen von Firmen (= also des realwirtschaftlichen und nicht des finanzkapitalistischen „Sektors“, dessen – bis zur Panik reichenden Schwankungen (siehe oben Dorothea Schäfer vom DIW) wohl anderen „Kräften“ gehorchen) über einen längeren Zeitraum gesehen wie Schallwellen oszillieren – dass also auf jedes Hoch zwangsläufig ein Tief und wieder ein Hoch folgt. Diese Gesetzmäßigkeit dieser immerwährenden gleichförmigen Bewegung ergibt – so referiert es Claus Hulverscheid in der Süddeutschen – ergibt sich aus dem Kapitalismus selbst: Im Konjunkturaufschwung erhöhen sich die Gewinnspannen der Unternehmen, weil – vereinfacht gesagt – die Verkäufe schneller steigen als die Kosten. Diese Aussicht auf hohe Gewinn-Margen lockt nun aber Konkurrenten an, der Wettbewerb nimmt zu, die Kosten für die Mitarbeiter schießen in die Höhe, die Preise – und mit ihnen die Gewinnmargen – sinken wieder. Am Ende müssen die schwächsten Mitspieler aufgeben, der Konkurenzdruck sinkt – und die Gewinnspannen steigen wieder.
Seit der Finanzkrise im Jahr 2008 wird jedoch dies alles anders – meint Goldman Sachs. Seit 2008 nämlich verharren die Gewinn-Margen der 500 größten US-Firmen, historisch gesehen, auf -gleichbleibend – ungewöhnlich hohem Niveau – und es spricht wenig dafür, dass sich das sobald ändern wird.
Dies werfe nun – nach Goldman Sachs – einige grundsätzlich Fragen über die Funktionsweise des Kapitalismus auf: Wenn hohe Gewinne keine neuen Wettbewerber anlocken, dann ist im Kapitalismus irgendetwas schief gelaufen (Anlage-Experte Jeremy Grentham) – oder er ist historisch doch wieder einmal zum „Monopolkapitalismus“ mutiert! (Meine Einschätzung)
Drei Trends nennt die Goldman Sachs Studie noch, die zu diesen „Monopol-Gewinnen“ beitragen:
- der weltweite Machtverlust der Gewerkschaften könnte eine Rolle spielen (Löhne)
- das ungewöhnlich niedrige Zinsniveau, das frühere Werte nicht erreicht
- der entscheidende Grund könnte ein anderer sein: Der rasante technologische Fortschritt der letzten 20 Jahre hat in den wichtigen Branchen Quasi-Monopole und Oligopole geschaffen, die den Wettbewerb behindern und deren Gewinn-Margen in luftigen Höhen halten.
Die teils unfassbar hohen Erträge von Konzernen wie Microsoft, Google, Facebook, Apple und Samsung belegen dies.
So sieht Goldman Sachs sich die „Gesetzmäßigkeiten“ der Marktwirtschaft womöglich grundsätzlich und dauerhaft verändern – ohne das jedoch ändern zu wollen (na ja, wenn Bernie Sanders die Wahlen gewinnen könnte?)
Und woher kommt das viele Geld, das vor allem die Spekulation anheizt – aber auch Monopolgewinne garantiert? Durch eine wahnwitzige Umverteilung von unten nach oben – die Große Koalition als Gift!
Wenn allein in Deutschland nur 10 Prozent der Haushalte über 52 % des Nettovermögens verfügen – und diese gewaltige Schieflage erst in den letzten 15 Jahren entstanden ist (http://www.dgb.de/themen/++co++690a2abc-c5b2-11e5-9e20-52540023ef1a ), dann müsste jetzt eigentlich dringend politisches Handeln angesagt sein. Dies schließen jedoch „unsere großkoalitionären Verhältnisse“ aus, da Steuerhöhungen – diese so dringend notwendigen – dort einfach ausgeschlossen worden sind.
Dabei werden fast nirgendwo sonst die hohen Vermögen und Einkommen so stark geschont wie bei uns in Deutschland. Eine stärkere Besteuerung – wie sie der DGB jetzt fordert – erscheint also inzwischen immer mehr als das Gebot der Stunde (https://www.labournet.de/?p=92376). Dabei hat seit dem Werk von Thomas Piketty die Skandalisierung dieser Ungleichheit schon länger begonnen (https://www.labournet.de/?p=61517), ohne bei den Politikern eine praktische Resonanz für ihr so schlechtes Verhalten der Politik zur unverhohlenen Reichenföderung zu finden.
Dabei hat Stefan Bach vom DIW schon einmal weiter zur Vertiefung der Vermögenssteuer-Diskussion angesetzt – wie die Süddeutsche zu berichten weiß (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/soziale-gleichheit-effizient-und-gerecht-1.2837132?reduced=true ) – und dies auch ausführlich erörtert (http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.525375.de/16-4-2.pdf ). Dabei konnte er noch weiter das hohe Aufkommenspotential einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer darlegen (http://diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.525353.de ).
Und der Sozialethiker Friedhelm Hengsbach vertieft diese Sicht noch in die ganze – komplexere – Situation mit den Flüchtlingskrise wieder: „Die große Koalition ist das Gift, das die offen Auseinandersetzung über Verteilungsfragen – sowie über die politischen und ökonomischen Folgen der Zuwanderung betäubt„: Die Zuwanderer sind gar nicht das eigentliche Problem, denn das eigentliche Problem liegt in der wachsenden Ungleichheit und dem gesellschaftlichen Riss zwischen einer Minderheit, die wohlhabend bis exklusiv reich sind – und wiederum den vielen,die befristet, ausgeliehen, oder im Niedriglohnbereich beschäftigt sind.
Dies alles ist kein Naturereignis, sondern die Folge von Gerhard Schröders „Agenda 2010“: Wir leben in einer „zerklüfteten Gesellschaft“ – und in dieser Stuation treibt die Integration von „Fremden“ die Konkurrenzgesellschaft auf de Spitze. (ob das Kanzlerin Merkel so will?)(http://www.ksta.de/wirtschaft/interview-mit-friedhelm-hengsbach–die-afd-ist-eine-diffuse-protestarena-,15187248,33723610.html )
Gäbe es mehr Umverteilung von oben nach unten dann müssten die – jetzt – Benachteiligten die Zuwanderung nicht fürchten – und bei den Rechtsradikalen ihre politische Heimat suchen. Nur statt diese die Gesellschaft befriedenden Weg des – geringen – sozialen Ausgleichs zu gehen (https://www.labournet.de/politik/wipo/finanzmaerkte/maerkte-all/gestresstes-deutschland-dem-die-mitte-verloren-geht/), müssen wir jetzt – im Kino – auch noch die Verherrlichung der Spekulanten als Helden erleben – natürlich ohne Thematisierung der Opfer für diese finanzkapitalistische Umverteilung zu benennen.
Die Umverteilung von unten nach oben jetzt noch als „Perpetuum Mobile“ durch eine versteinerte Verfassungsnorm „auf ewig“ einbetonnieren – dank TTIP!
Die Proteste gegen diesen Putsch gegen die Politik und die Menschen zugunsten der Großkonzerne hatten schon einen ziemlichen Umfang erreicht (vgl. Jürgen Maier vom TTIP-Protest-Bündnis: http://www.taz.de/!5271202/ ). Bei der durchgeführten Europäischen Bürger-Initiative (EBI) konnten europaweit fast drei-einhalb Mllionen Unterschriften gegen TTIP erreicht werden. (http://www.ttip-unfairhandelbar.de/ sowie noch(https://stop-ttip.org/de )
Und auf der Demo in Berlin im Oktober 2015 waren es dann erstaunliche 250 000 Menschen, die ihrem Protest Ausdruck verliehen.
Die Journalistinnen Ulrike Herrmann hatten schon ausfürhrlich dieses geplante Abkommen zerpflückt (http://rosalux-europa.info/userfiles/file/TTIP_UHerrmann.pdf ), wie auch Petra Pinzlers „Unfreihandel“, das der Völkerrechtler Andreas Fischer-Lescano recht euphorisch besprechen konnte (http://www.fr-online.de/literatur/-unfreihandel—fundierte-kritik-an-ttip-,1472266,32122662.html ). Demgegenüber wurde aber auch bemängelt, dass es – unkritisch – zuviel Markt bei Pinzler gäbe (https://www.freitag.de/autoren/thahn/etwas-mehr-marx-bitte ).
Ihre Kritik fand dann auch Eingang in eine Gewerkschaftspostille (http://www.gegenblende.de/++co++20872b50-5de8-11e5-b4dc-52540066f352 ). Dies war auch ein Anzeichen dafür, dass der DGB mit den Gewerkschaften einen Kurswechsel vollzogen hatte (http://www.dgb.de/themen/++co++eb3790ee-0b3a-11e4-959e-52540023ef1a , http://www.taz.de/!5203622/ oder noch http://www.tag-gegen-ttip.de/ ).
Angesichts dieser überwältigenden politischen Fakten gegen TTIP stieß Peter Grottian nur einen Schrei des Unverständnisses aus: Die vollen Hosen des Herrn Gabriel (https://www.jungewelt.de/2016/02-02/015.php . Für einen Überblick siehe z. B. https://www.labournet.de/internationales/usa/wirtschaft-usa/freihandelsabkommen-mit-den-usa-tafta/ sowie zu Ceta: https://www.labournet.de/internationales/kanada/ceta-freihandelsabkommen-zwischen-der-eu-und-kanada/) – und zuletzt hatte noch der Deutsche Richterbund sein „Veto“ eingelegt (http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-02/ttip-deutscher-richterbund-schiedsgerichte )
Das Kino jedoch findet in den Spekulanten seine Identifikationsfiguren
Nun vielleicht ist dann wenigstens zusätzlich auch noch ein Film in der Lage das „massenwirksam“ – wenn auch ideologisch finanzkapitalistisch geprägt schräg – „realitätsnah“ zu thematisieren ? (der in den USA auch schon ausgezeichnet wurde)
Siehe eventuell hier vorher auch noch zum „Einstieg“ : Das Ende der Mär von einer Schuldenkrise (https://www.labournet.de/?p=91849)
Jedoch kann Ulrike Herrmann in dem Film „Big Short“ bei aller Realitätsnähe vor allem erkennen, dass die spekulierenden „Schurken“ zu Helden gemacht werden.
Dies ist laut der „Süddeutschen“ sogar der zentrale Inhalt der Filme aus Hollywood zur Finanzkrise, weil sich damit die Leute am liebsten beschäftigen – Der Held und Schurke jetzt einfach in Personalunion – wie vor allem in dem Film „The Wolf of Wall Street“. (siehe dazu „Die Lust auf Geld und Erotik des Geldes und der Macht“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hollywood-lust-auf-die-erotik-des-geldes-und-der-macht-1.2829815 )
So können dann die Spekulanten als Identifikationsfiguren funktionieren.
Das gelingt jedoch nur so lange, verdeutlicht uns Ulrike Herrmann, soweit die Opfer nicht genannt werden – und dies ist gerade für Deutschland skandalös! Warum wohl? Dazu ist es einfach notwendig einmal wieder in die Details der Derivate nebst ihrem „Charme“ (für Unwissende!) einzusteigen. Die Kunst – vor dem Crash 2008 – war es also nicht diesen Crash vorherzusehen, sondern die Kunst bestand jetzt darin auf diesen Crash zu wetten. (http://www.taz.de/!5267019/ )
Nur wer würde gegen einen Crash wetten? Es wurden Trottel gesucht – oder Zyniker. Und so wurden die Kreditausfallversicherungen namens „Credit Default Swap“ – einfach „CDS“ – geschaffen. Und der Käufer, so war das Kalkül, sollte gar nicht merken, dass er gar kein echtes Wertpapier erworben hatte, sondern ein Bündel von Derivaten, das ihn zwingen würde, bei dem bevorstehenden Crash wertlose Kredite zum Nennwert aufzukaufen.
Die Wette auf den Crash konnte also ihren weiteren Lauf – zum Gewinn der Investmentbanker – nehmen.
So waren – über das Finanzinstrument der „CDO´s“ – die Zyniker bald gefunden: Die Wallstreet-Banker waren bereit, damit gegen einen Crash zu wetten, obwohl sie den Crash kommen sahen. (wie im Film, der sie zu Helden stilisiert) Dank der synthetischen CDO`s konnten sie das Risiko weiterreichen und gewaltige Boni kassieren, die ihre „Leistung“ honorierten, ein Wertpapier zu basteln, das gar kein Wertpapier war. Die Zyniker also waren gefunden: Die Wallstreet-Banker waren bereit, gegen den anstehenden Crash zu wetten.
Bleibt uns also die Frage, wer die Trottel waren, die die synthetischen CDO´s kauften und später Milliardenverluste aufhäuften. Diese haben dann die „Big Short“-Helden reich gemacht, um jetzt von den „tumben“ Deutschen im Film als Helden bewundert zu werden. Warum sollen die Deutschen Bewunderer dieser „ausgeschamten“ Chuzpe dumm geheißen werden? Sie fragen nicht nach, wer denn die Milliardenverluste zu bezahlen hatte. Der Film aus Hollywood gibt uns dazu keine Antwort.
Das ist sehr bedauerlich – denn es waren die deutschen Landesbanken, die vorher auf Druck der EU gerade privatiisiert worden waren – und sich neue Geschäftsfelder suchten… (http://www.taz.de/!5267019/ , siehe zu den Landesbanken und ihrer Privatisierung auf Druck der EU: http://pubman.mpdl.mpg.de/pubman/faces/viewItemFullPage.jsp?itemId=escidoc%3A1913944%3A1&view=EXPORT oder auch Welches Geschäftsmodell? Landesbanken unter Druck: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/welches-geschaeftsmodell-landesbanken-unter-druck-seite-2/3822166-2.html )
Ulrike Herrmann hatte daher schon einmal den sinnvollen Vorschlag gemacht, solche reinen Spekulationen zu verbieten. (http://www.taz.de/!5110492/ )