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„Unüberschaubares Geflecht an Tochter- und Enkelfirmen“: Konzernbetriebsrat Helios schickt Brief an Politik
In einem Brief an Gesundheitsminister Gröhe und an alle Fraktionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien fordert der Konzernbetriebsrat der Helios Kliniken, den Missbrauch von Werkverträgen zu beenden. Bei Helios habe sich inzwischen ein „nahezu unüberschaubares Geflecht an Tochter- und Enkelfirmen“ gebildet. Nach Angaben des Betriebsrats werden die ausgegliederten Kolleginnen und Kollegen bis zu 40 Prozent schlechter bezahlt. Siehe den Brief des Helios KBR vom 25. Januar 2016 zu Leiharbeit und Werkverträgen bei ver.di Gesundheit & Soziales und dazu:
- Missbrauch von Werkverträgen gibt’s nicht. Sagen die einen. Wie wäre es mit einem Blick auf ein „nahezu unüberschaubares Geflecht an Tochter- und Enkelfirmen“?
„Derzeit geht es in Berlin um eine der letzten noch offenen arbeitsmarktpolitischen Baustellen, die man mit dem Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vom Dezember 2013 aufgemacht hat – also um die Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen. (…) Auf die Frage, ob es überhaupt einen Handlungsbedarf aufgrund möglicher Missbrauchsfälle im Bereich der Werkverträge gibt, kommt das Arbeitgeber-Institut zu einem Nein, »weil auch die Befunde von Unternehmensbefragungen im Grunde keinen Handlungsbedarf signalisieren.« Nun mag der eine oder andere möglicherweise zu dem Ergebnis kommen, dass das ein putziges Argument ist, denn es ist nicht wirklich überraschend, wenn in Unternehmensbefragungen herauskommt, dass Unternehmen nicht zugeben, dass sie Missbrauch betreiben. Vielleicht ist es an dieser Stelle wieder einmal hilfreich, ein Blick in die betriebliche Realität zu werfen und den nicht nur möglichen, sondern offensichtlich naheliegenden Missbrauch konkret zu beschreiben – wobei hier gleich angemerkt sei, dass das, was für die einen „Missbrauch“ ist, für die andere Seite ein betriebswirtschaftlich rationales, weil gewinnbringendes Vorgehen darstellt, das man natürlich nicht gerne reguliert, also eingeschränkt sehen möchte. Das konkrete Unternehmens-Beispiel stammt zudem aus einer Branche, die von größter sozialpolitischer Bedeutung ist und in der das Thema Arbeitsbedingungen des Personals seit langem ganz oben auf der Tagesordnung steht. Schauen wir uns also die Entwicklungen im Bereich der Krankenhäuser an…“ Artikel von und bei Stefan Sell vom 8. Februar 2016
- Helios-Konzern: ver.di erteilt Absage an die Entwertung der Arbeit im Krankenhaus
„ver.di hat den Versuchen des Helios-Konzerns, Tätigkeiten im Krankenhaus durch Outsourcing, Aufteilung und Aufspaltung immer weiter zu entwerten, eine klare Absage erteilt: „Wir werden einer Strategie, die verantwortungsvolle Berufe mit Niedriglöhnen abspeisen will, nicht die Hand erreichen“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. So splittere Helios seit längerem unter anderem unter kreativer Ausnutzung von Werkverträgen Tätigkeiten in Teilgewerke auf, schaffe neue „billigere“ Berufsbilder und bezahle die Betroffenen deutlich schlechter. „Was der Konzern als ‚Arbeitsteilung‘, ‚tragendes Element der modernen Arbeitswelt‘ und effizientes Wirtschaften verkaufen will, ist nichts anderes, als Lohnkosten um jeden Preis zu senken – auch um den Preis einer schlechten Versorgung der Patienten“, sagte Bühler…“ ver.di-Pressemitteilung vom 5. Februar 2016
- Aus dem o.g. Brief: „… Ca. ein Fünftel der Beschäftigten werden jedoch nicht von den geltenden Tarifverträgen in den Kliniken erfasst. Sie wurden in konzerneigene, sogenannte Servicegesellschaften ausgegliedert. In der Ausübung ihrer Tätigkeit hat sich für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen grundsätzlich nichts verändert. Sie arbeiten nicht in einem Unternehmen, welches am Markt tätig ist, sondern es werden Tochterfirmen gegründet, gespalten und wieder zusammengelegt, wie es gerade der gegenwärtigen Geschäftsführung genehm ist. Es ist ein nahezu unüberschaubares Geflecht an Tochter- und Enkelfirmen entstanden. Vermutlich ist es das einzige Ziel, dem Tarifvertrag zu entkommen. Die Kolleginnen und Kollegen werden bis zu 40 % schlechter bezahlt. Versuche der Gewerkschaft ver.di für diese Kolleginnen und Kollegen Tarifverträge zu erstreiten sind in der Vergangenheit mit Auflösung der Unternehmen beantwortet worden. Für die Verhandlungen ist dann kein Gegenüber mehr vorhanden. Nach diesen Erfahrungen resignieren die Kolleginnen und Kollegen, weil ein Engagement ins Leere geht. Es gibt immer wieder Fälle, in denen die Kolleginnen gar nicht wissen, wie ihr gegenwärtiger Arbeitgeber heißt. Nebeneffekt oder ein gleichzeitig gewünschter Effekt ist, dass die Klinikbetriebsräte diese ausgegliederten Kolleginnen und Kollegen nicht mehr vertreten können. (…) Wir fordern Sie auf, diesen Missbrauch von Werkverträgen zu beseitigen. Wie oben aufgeführt handelt es sich nicht um Firmen, die am Markt tätig sind, sondern um eigene Tochtergesellschaften, die wegen der damit verbundenen Tarifflucht und der Ver- bzw. Behinderung von Betriebsräten gegründet werden. Fremdfirmen werden gemieden, weil dann Umsatzsteuer fällig wird. Es müssen in das Betriebsverfassungsgesetz echte Mitbestimmungs-rechte bei Leiharbeit und Werkverträgen aufgenommen werden. Auch sollte der Grundsatz: ein Betrieb – ein Betriebsrat, unabhängig von irgendwelchen internen Firmengeflechten verankert werden…“
- Siehe zum Hintergrund unser Dossier: Gesetz zur Regulierung von Zeitarbeit und Werkverträgen 2016