Die privilegierten Niedriglöhner und die Flüchtlingsarbeitskräfte
„Man kann immer die eine Hälfte der Armen kaufen, um sie gegen die andere Hälfte der Armen in Stellung zu bringen. Das ist eine elitäre Binsenweisheit. Sie funktioniert eigentlich immer. Und man kann auf vielerlei Arten kaufen. Zum Beispiel so, wie es derzeit einschlägige Ökonomen und Wirtschaftspolitiker fordern. Flüchtlinge sollen nämlich schnell arbeiten dürfen. Aber nicht auf Mindestlohnniveau. Bei Asylbewerbern sollte eine weitere Ausnahmeregelung geben…“ Artikel von Roberto J. De Lapuente vom 21. Oktober 2015 in seinem Blog ad sinistram . Darin trefflich:
- „… Was ist eigentlich los mit der Arbeitnehmerseite in diesem Land? Mir begegnen Leute, die es richtig finden, dass Asylbewerber arbeiten gehen sollen. Und nicht erst morgen, sondern gleich heute. Aber bitte nicht zu Mindestlohn. Denn das wäre viel zu teuer. Manchmal sind es Leute, die selbst auf diesen Niveau darben. Sie schaden sich selbst, obgleich sie sich natürlich einbilden, sie seien die Gewinner in der Konstellation zwischen normalen Arbeitnehmern und Flüchtlingsarbeitskraft. Aber exakt das sind sie ja nicht. Sollte man diese Pläne verwirklichen, so werden viele Arbeitsplätze, die heute noch ein Mindestlohnangestellter ausfüllt, von Menschen besetzt, die vielleicht für die Hälfte schuften. Jeder Arbeitsplatz, der keine besondere Qualifikation, kein Know-How, keine Ortskenntnis, keine Wortgewandtheit oder dergleichen mehr benötigt, kann dann von jemanden übernommen werden, der keinen Anspruch auf Mindestlohn hat. (…) Gleichwohl gibt es Stimmen im unteren Lohnsegment, die diese Lösung favorisieren. Sie bringen ihre ohnehin prekäre Existenz nur in Gefahr, weil ihnen diese Unterscheidung mit den Flüchtlingen schmeichelt. Jahrelange neoliberale Beschulung haben jegliche dialektische Auseinandersetzung mit dem Wert von Arbeit außer Kraft gesetzt. So steht man stolz da, fühlt sich privilegiert, weil man weiß, dass man Mindestlohnberechtigung erfährt und merkt bei all dieser Pseudobevorzugung nicht, dass man der Entwertung der eigenen Arbeit Vorschub leistet…“