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Vorstände weg: VW, Porsche, Audi. Wer noch? Betriebsratsvorsitzende, Exgewerkschaftsvorsitzende, Journalisten, Minister, Professoren..?
Der Herr Winterkorn ist also zurückgetreten. Der Arme. Mit 28 Millionen kann man das aushalten – stellen wir uns jedenfalls vor, kennen tun wir es nicht. Er ist erschüttert und sich keiner Schuld bewußt – und die geldgeilen Aktionäre überlegen, ob sie klagen sollen, anstatt die Schnauze zu halten, schliesslich sollte ihre Gier bedient werden mit dem Betrug. Kapitalismus 21 (oder, sozusagen: nur nicht am Ende mangels Alternative) ist nun halt mal Lug und Betrug, solange es gut geht. Und wenn der sehr ehrenwerte Herr Minister von all dem wieder mal nichts wußte, ist dies erst recht ein Grund, seine Reise nach Madagaskar einzufordern (da wächst doch der Pfeffer, oder?). Die aktuelle Materialsammlung „Keineswegs nur VW“ vom 25. September 2015 im LabourNet Germany befasst sich selbstverständlich auch mit der (extrem un-) ruhmreichen Rolle der Gewerkschaften und Betriebsräte in diesem Abgrund.
„Keineswegs nur VW“
„Was ist das für ein Unternehmen, das seine Stärke – die Technologie – dafür einsetzt, Gesetze zu umgehen? Was sind das für Leute, die morgens zur Arbeit gehen, um das Recht zu brechen? Das ist kein Fehlverhalten Einzelner. Es ist das Vergehen eines Konzerns, dem die Maßstäbe abhandengekommen sind. Wenn das Verbrechen Teil des Berufs ist, dann darf man vom Berufsverbrechen sprechen. Und wenn die Kriminalität gut organisiert ist, dann darf man von organisierter Kriminalität sprechen“ – aus dem Kommentar „VW-Skandal und Kapitalismus: Das Auto? Der Betrug!“ von Jakob Augstein am 24. September 2015 im Spiegel-Online Und, wie schon in der Einleitung geschrieben: „VW-Abgasaffäre: Dobrindt will nichts von Manipulation gewusst haben“ Meldung am 23. September 2015 ebenfalls in Spiegel-Online , worin es heißt „Auf die Frage, wann er zum ersten Mal von dem Verdacht gegen Volkswagen gehört habe, antwortete Dobrindt: „Ich hab’s am Wochenende aus der Zeitung erfahren, wie alle anderen auch.“ Tja, ziemlich wenig fähig…
Keineswegs nur ein Konzern
Nachdem nun schon diverse VW Töchter-Markenvorstände ebenfalls zurückgetreten wurden, gibt es neue Verteidigungslinien: „BMW weist Bericht über Manipulationen zurück – «erfüllen Vorgaben»“ heisst die dpa-Meldung am 24. September2015 hier in der Süddeutschen Zeitung Wobei sofort die Frage auftaucht, welche Vorgaben eigentlich wie zustande gekommen sind: Die Lobby-Aufwendungen der Autoindustrie kennt zwar kaum jemand genau, aber die Vorstellung davon ist schon verbreitet. Und, ebenfalls von der dpa bei der SZ „Bosch weist Mitschuld an Abgas-Affäre von sich“ am 23. September 2015 worin vermekrt ist „Mithilfe einer Software hat VW Abgas-Tests manipuliert – ein Teil der umstrittenen Baugruppe in den Autos stammt von Bosch. Und das „Förder- und Dosiermodul zur Abgasnachbehandlung“ wird auch an andere Autohersteller geliefert„.
Weiter: „Schon vor Jahren hatte die EPA andere Autohersteller wegen manipulierter Abgassysteme im Visier. Nach Angaben der Behörde aus dem Jahr 1998 endeten Ermittlungen gegen Honda und Ford mit Vergleichszahlungen von 267 Millionen und 7,8 Millionen Dollar“ heisst es in dem Beitrag „Das sollten Sie über den VW-Skandal wissen“ am 22. September 2015 bei N24 – als ein Beispiel der zahlreichen Berichte darüber, dass die „Problemlage Abgas“ ja nun wirklich keineswegs neu ist.
Giftig wie Asbest – juristisch einwandfrei…
Wie erst recht etwa die „Problemlage Diesel“ insgesamt, wie vor Jahren ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO verdeutlichte: „WHO: Dieselabgase so giftig wie Asbest und Arsen“ ist ein Bericht am 13. Juni 2012 in der „Presse“ worin es dann noch beiläufig heißt „Die Einschätzung von Benzin-Abgasen veränderte die WHO dagegen nicht. Diese werden weiter mit „wahrscheinlich krebserregend“ bewertet“
Zum juristischen Hintergrund – zumindest zu einem Aspekt davon, der aber systematisches Vorgehen aller möglichen Beteiligten mehr als nur nahe legt, ist der Beitrag „Wie das Immaterialgüterrecht Anreize zum Anschwindeln setzt“ von Peter Mühlbauer am 25. September 2015 in telepolis materialreich. Darin heißt es einleitend „Der unter Präsident Bill Clinton verabschiedete Digital Millennium Copyright Act (DMCA) erlaubt die Einblicknahme in Programmcode nämlich nur dann, wenn der Rechteinhaber dies gestattet. Dass erlaubt es Unternehmen nicht nur, Wettbewerb für Reparatur- und Zusatzgeräte zu verhindern – es verhindert auch, dass Sicherheitsmängel öffentlich werden (zum Beispiel plötzliches Beschleunigen ohne Zutun des Fahrers oder die Möglichkeit einer fremden Fernsteuerung) und setzt Anreize dazu, heimliche „Features“ zu integrieren, von denen Kunden oder Behörden nichts wissen sollen. Im letzten Jahr hatte die EFF beim dafür zuständigen Kongressbibliothekschef eine Ausnahmegenehmigung beantragt, die es unabhängigen Forschern und Prüfern erlauben sollte, Fahrzeugsoftware zu untersuchen, ohne dafür eine Strafe fürchten zu müssen. Die Autohersteller opponierten gegen solch eine Ausnahme unter anderem mit der Behauptung, das könne Fahrzeughalter dazu verführen, die Software so zu manipulieren, dass Abgasgrenzwerte überschritten werden„. Die in diesem Beitrag erwähnte Electronic Frontier Foundation (EFF) hatte bereits zu Beginn des Jahres einen Antrag gestellt, den Fahrzeughaltern Einblick in die Fahrzeugsoftware zu geben „EFF Vehicle Security Exemption Request“ vom 09. Februar 2015 ist ein rund 30-seitiges Papier, das verschiedenste Nachteile der Geheimnispolitik im Dienste der Konzerne aufzählt.
Gewerkschaftliche Reaktion?
„Personalentscheidungen bei VW erst bei klarer Faktenlage“ heisst der Bericht am 22. September 2015 beim Focus worin die Position der IG Metall vor der Rücktrittswelle so wieder gegeben wird: „Hofmann fürchtet negative Folgen des Skandals um manipulierte Abgaswerte von Dieselfahrzeugen für die gesamte deutsche Autoindustrie. „Das ist für alle Hersteller ein Schlag ins Kontor.“ Zudem hingen am technisch vergleichsweise komplexen Dieselantrieb in Deutschland überproportional viele Arbeitsplätze gerade bei den Zulieferern. „Wir hoffen, dass die Antriebstechnologie Diesel insgesamt keinen Schaden nimmt“, sagte Hofmann. Man benötige dringend einen hohen Dieselanteil, um den Kohlendioxid-Ausstoß zu minimieren. Die IG Metall trete konsequent für realistische Testzyklen ein„. Tja: Soweit führt es eben…
„Im Notfall gegen die Kapitaleigner“ von Carsten Hübner am 24. September 2015 in neues deutschland (Aboversion) vertritt da tendenziell eher die Hoffnung auf Besserung…
Wozu man anführen könnte, was Daniel Behruzi in dem Artikel „NÄCHSTE KÜRZUNGSRUNDE“ am 21. Juli 2014 in der jungen welt (Abovariante) schrieb (mit Dank an den Autor für den Artikel). “ »Aber Volumen ist nicht alles«, schrieb Osterloh dazu in der Betriebsratszeitung Mitbestimmen: »Es geht auch um Wirtschaftlichkeit.« Die Meldungen über Absatzrekorde dürften nicht den Blick auf bestehende Probleme verstellen, mahnte der Betriebsratschef. »Es besteht Handlungsbedarf, um das Ziel, die Nummer eins der Weltautoindustrie zu werden, zu erreichen.« Die Belegschaft habe das »längst verstanden«. Das sehe man beispielsweise an der Vielzahl von Sonderschichten im Wolfsburger Stammwerk, lobt Osterloh, aber auch daran, »daß Kolleginnen und Kollegen dazu bereit waren, den Urlaub zu verschieben, damit auch imWerksurlaub Autos produziert werden können«.
Totale Flexibilität im Interesse der Produktions- und Profitmaximierung also. Den Konzernlenkern reicht das aber nicht. Sie wollen die Umsatzrendite der Marke VW bis 2017 auf sechs Prozent verdreifachen. Im ersten Halbjahr soll diese unter zwei Prozent gelegen haben. Deutlich höher sind die Margen im »Premiumsegment«. So hat VW mit seiner Nobelmarke Audi 2013 eine Rendite von 10,1 Prozent eingefahren„.
Kein Kommentar – auch nicht über die theoretisch bestehende Möglichkeit, den Tellerrand zu überblicken…
Helmut Weiss am 25. September 2015