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Das unwürdige Elend der Aufnahme- und Abschiebelager (und der Proteste) am Beispiel Bamberg
Dossier
„Populistische Abschreckungspolitik verschwendet Ressourcen, die für die Bewältigung der aktuell großen Herausforderungen dringend gebraucht würden: Am heutigen Mittwoch (16.9.15) eröffnete Bayerns Sozialministerin Emilia Müller in Bamberg das zweite bayerische Balkan-Sonderlager für 1.500 Flüchtlinge aus den Balkanstaaten. „Aufnahme- und Rückführungszentrum für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive“ heißt die Einrichtung in Bamberg offiziell, bei der es sich, wie bei der in Manching, um ein Abschiebezentrum handelt. In dem Sonderlager seien „alle Beteiligten unter einem Dach versammelt. Verwaltung, Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie das Verwaltungsgericht arbeiten Hand in Hand“, erklärte Müller heute in einer Pressemitteilung, – Hand in Hand, um die Flüchtlinge innerhalb weniger Wochen abzulehnen und abzuschieben. Der Zweck dieser Abschiebezentren ist klar: Die Kasernierung der Balkan-Flüchtlinge dient der Abschreckung, wie Innenminister Joachim Herrmann bereits im August offen einräumte…“ Stellungnahme des Bayerischen Flüchtlingsrats vom 16. September 2015 zur Eröffnung, siehe – exemplarisch – die Entwicklung seitdem (auch zum “Ankerzentrum”):
- ANKER-Zentrum Bamberg: Video zeigt, wie ein Sicherheitsdienstmitarbeiter einen Bewohner gegen den Kopf tritt – der Bayerische Flüchtlingsrat hat das Video der Staatsanwaltschaft Bamberg übergeben und Strafanzeige erstattet
„Securitygewalt und institutioneller Rassismus – leider keine Einzelfälle in Großlagern für Geflüchtete. Immer wieder berichten Bewohner*innen aus ANKER-Zentren oder weiteren Unterkünften von gewalttätigen und rassistischen Übergriffen u.a. durch das Sicherheitspersonal. Dem Bayerischen Flüchtlingsrat wurde ein Handyvideo zugespielt, das körperliche Gewalt eines Mitarbeiters des Sicherheitsdienstes im ANKER-Zentrum Bamberg dokumentiert. Es zeigt eine Situation vor der Kantine des ANKER-Zentrums, wohin sich ein Einsatz des Sicherheitsdienstes verlagert hat. Vorangegangen war, dass ein Bewohner des ANKER-Zentrums Bamberg im Februar 2019 seine Mahlzeit in der Kantine am Boden sitzend einnehmen wollte – nicht als Provokation, sondern entsprechend seiner kulturellen Gewohnheiten. Der Bayerische Flüchtlingsrat hat das Video der Staatsanwaltschaft Bamberg übergeben und Strafanzeige erstattet. Dies ist nicht der erste Vorfall...“ Pressemitteilung samt Video vom 23.6.2020 beim Bayerischen Flüchtlingsrat auch in einer umfangreicheren Version - Securitygewalt und institutioneller Rassismus bedrohen Schwarze Leben: Ehemaliger Bewohner des ANKER-Zentrum Bamberg reicht Verfassungsbeschwerde ein
„Der senegalesische Asylsuchende Sidi F. (Name geändert) wurde am 27. September 2017 von einer großen Gruppe von Sicherheitsdienstmitarbeitern in der damaligen Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) Bamberg angegriffen und schwer misshandelt. Das Ermittlungsverfahren gegen die Wachmänner wurde ohne Ergebnis eingestellt. Im Februar 2020 hat Sidi F. nun Verfassungsbeschwerde erhoben mit dem Ziel, dass gegen die Angreifer Anklage erhoben und der Vorfall detailliert aufgeklärt wird. Das hatten die Staatsanwaltschaft Bamberg, die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg sowie das Bamberger Oberlandesgericht zuvor abgelehnt, obwohl umfassendes belastendes Beweismaterial gegen die Wachdienstmitarbeiter vorliegt. Sidi F. sieht sein Recht auf effektive Strafverfolgung verletzt, das sich aus der Verpflichtung des Staates ergibt, Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen. (…) Der Angriff auf Sidi F. war kein Einzelfall in Bamberg. In dem heutigen ANKER-Zentrum etablierte sich im Sommer 2017 innerhalb des Wachdienstes ein sogenanntes „Sonderteam“. Dessen Mitglieder fielen immer wieder durch brutale, rassistisch motivierte Angriffe, insbesondere gegen Schwarze Bewohner*innen der Unterkunft auf. Weder die Einrichtungsleitung noch die Firma Fair Guards haben bislang zu den Vorfällen Stellung genommen oder sich um Aufklärung bemüht. Berichterstattung und der öffentliche Druck haben dazu geführt, dass die Gewalt gegen Geflüchtete etwas zurückgegangen ist, doch zur Verantwortung gezogen wurde niemand. Die Regierung von Oberfranken verlängerte sogar den Vertrag mit der vielfach kritisierten Sicherheitsfirma. (…) Aino Korvensyrjä von Justizwatch ergänzt: „Dass Schwarze Leben als weniger schützenswert angesehen werden, zeigt sich nicht nur bei Racial Profiling oder tödlicher Polizeigewalt, sondern auch im rassistischen Aufenthaltsregime. Wenn Geflüchtete in Lager gezwungen und abgeschoben werden, wenn brutale Gewalt gegen sie billigend in Kauf genommen wird, ist das Ausdruck von institutionellem Rassismus. Perspektivisch muss es darum gehen, nicht nur die Fälle von Wachdienstgewalt aufzuklären, sondern das Lagersystem abzuschaffen, das diese Gewalt systematisch hervorbringt.““ Pressemitteilung vom 16. Juni 2020 von und beim Bayerischen Flüchtlingsrat- RAV hat die Hintergründe der Verfassungsbeschwerde wir für die aktuelle Ausgabe des RAV-Infobriefs zusammengefasst: Der Bamberg-Security-Komplex. Verfassungsbeschwerde gegen staatliche Gleichgültigkeit. Beitrag von Katharina Schoenes
- Ankerzentrum Bamberg: Umstrittene Security (Fair Guards Security) weiter aktiv
„ Nach Gewaltvorwürfen und Hinweisen auf strukturelle Defizite stellt die Firma Fair Guards Security weiterhin den Sicherheitsdienst im Ankerzentrum Bamberg. Dabei hätte längst über eine Neuvergabe entschieden werden sollen. Zum 1. September 2019 war der Sicherheitsdienst im Ankerzentrum Bamberg neu ausgeschrieben worden. Doch das Vergabeverfahren ist ins Stocken geraten. Zu den Bewerbern gehörte erneut die Firma Fair Guards Security. Über diese hatte der BR im Mai und September 2019 im Zusammenhang mit Gewaltvorwürfen sowie Hinweisen auf strukturelle Defizite berichtet. Zu einer Ablösung des umstrittenen Sicherheitsdienstes aber ist es trotz der Neuausschreibung bisher nicht gekommen. Stattdessen entwickelte sich aus dem Vergabeverfahren ein bis heute anhaltender Rechtsstreit. (…) Zwischenzeitlich hatte es so ausgesehen, als ob der Auftrag der Security im Ankerzentrum Bamberg an die in Sachsen-Anhalt ansässige Firma City Schutz GmbH vergeben werden sollte. Dieser Sicherheitsdienst hatte für Anfang September bereits Stellen für eine Asyl- und Flüchtlingsunterkunft in Bamberg ausgeschrieben. Inzwischen wurde dem Bayerischen Rundfunk bekannt: Die Firma befindet sich in einem Rechtsstreit mit dem Freistaat Bayern. Vor dem Oberlandesgericht München ist ein Beschwerdeverfahren anhängig, bestätigte auf BR-Anfrage die Regierung von Oberfranken im Auftrag des bayerischen Finanzministeriums. (…) Die Vergabekammern der Länder können bei öffentlichen Großaufträgen mögliche Wettbewerbsverstöße bei Vergabeentscheidungen prüfen, wenn ein Bieter beantragt, ein sogenanntes Nachprüfungsverfahren einzuleiten. Unklar ist bislang, was den Anstoß gab für die Einschaltung der Vergabekammer. Und das scheint im Fall der Neuausschreibung für den Sicherheitsdienst im Bamberger Ankerzentrum noch nicht alles zu sein. Denn laut amtlicher Mitteilung wurde das Vergabeverfahren inzwischen „aufgehoben“ und damit vorerst eingestellt. Eine Nachfrage des BR zu dieser Meldung ließ die Regierung von Oberfranken bis heute unbeantwortet. (…) Damit ist weiterhin der bisherige Sicherheitsdienst Fair Guards Security im Ankerzentrum Bamberg aktiv. Nach den BR-Berichten im Mai und September 2019 über Gewaltvorwürfe hatte sich auch der Verfassungsausschuss des Bayerischen Landtags mit den Vorfällen befasst…“ Beitrag von Michael Olmer vom 5. Januar 2020 beim BR24 - Vom Ankerzentrum in die Haft: Ein Prozess am Bamberger Landgericht zeigt, wie eng das rassistische Aufenthaltsregime und die Kriminalisierung von Geflüchteten zusammenhängen
„»In diesem Prozess sitzen die Richtigen auf der Anklagebank« – mit diesen Worten beginnt der Staatsanwalt am 7. November 2019 im Landgericht Bamberg sein Plädoyer. Angeklagt sind vier Geflüchtete aus Eritrea. Ihnen werden gefährliche Körperverletzung, tätlicher Angriff und schwere Brandstiftung vorgeworfen. Die Vorwürfe beziehen sich auf einen Vorfall im Ankerzentrum Bamberg am 11. Dezember 2018, der bundesweit Aufsehen erregte. (…) Weder das ausgrenzende Lagersystem noch struktureller Rassismus werden an den insgesamt sieben Verhandlungstagen als Ursachen des Riots thematisiert. Auch vom gewalttätigen Verhalten der Wachleute und der Polizei wollen die Richter und der Staatsanwalt nichts wissen. Wenn Zeug*innen von sich aus darauf zu sprechen kommen, verzichten sie auf Nachfragen oder versuchen, die Betreffenden zu diskreditieren, indem sie auf vermeintlichen Widersprüchen oder Ungenauigkeiten in deren Aussagen herumreiten. Andere Zeug*innen und Opfer der Security-Gewalt am 11. Dezember 2018 können im Prozess überhaupt nicht aussagen, weil sie zwischenzeitlich abgeschoben wurden oder das Gericht kurzfristig entscheidet, auf ihre Befragung zu verzichten. Der Prozess offenbart auch, wie wenig der Richter, der Staatsanwalt und die Verteidiger von den Realitäten der Flucht, dem europäischen Grenzregime und den Verhältnissen in Herkunfts- und Transitländern wissen. (…) Am 7. November 2019 wird das Urteil gesprochen. Ausgerechnet E., der selbst schwer verletzt wurde, verurteilt das Gericht als »Hauptaggressor« zu neun Jahren und sechs Monaten Haft. T., der aus Sicht der Richter ebenfalls maßgeblich für den Riot verantwortlich war, wird freigesprochen, da bei ihm eine »psychische Störung« vorliege. Zugleich wird seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. S. wird zu einem Jahr und neun Monaten verurteilt, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Für O., der selbst nicht auf dem Video zu sehen ist, aber seine Mitangeklagten schwer belastet hat, endet der Prozess mit einem Freispruch. Auch im Urteil spielt die Gewalt des bayerischen Asyl- und Lagerregimes keine Rolle. Stattdessen wird der vorsitzende Richter nicht müde, die eingesetzten Wachleute und Beamt*innen in Schutz zu nehmen. Das gewalttätige Vorgehen der Securities rechtfertigt er, indem er behauptet, diese hätten nur schlichten wollen, aber T. sei so außer sich gewesen, dass rationale Argumente nicht weitergeholfen hätten. Auch den wahllosen Einsatz von Pfefferspray gegen Unbeteiligte und Verletzte durch die Polizei bezeichnet er als nachvollziehbar. Gewalttätige Securities und Polizist*innen bleiben damit erneut straffrei, während Opfer von staatlicher Gewalt kriminalisiert werden. Diese Form der Täter-Opfer-Umkehr ist genau nach dem Geschmack des bayerischen Innenministers Joachim Hermann (CSU). Dieser lobte das harte Urteil und kündigte an, dass er alles daransetzen werde, die »Gewalttäter« abzuschieben, sobald sie einen ausreichenden Anteil ihrer Haft abgesessen hätten.“ Bericht von Katharina Schoenes im ak Nr. 655 vom 10. Dezember 2019 - [Bamberg] Gewalt durch Securitys im Ankerzentrum: Lager der Einschüchterung
„Das Ankerzentrum Bamberg gilt als Vorzeigeprojekt. Nun wird Sicherheitsleuten vorgeworfen, sie würden systematisch Gewalt ausüben. Das sogenannte Ankerzentrum in Bamberg ist ein Vorzeigeprojekt der bayerischen Landesregierung. Nun aber gibt es heftige Vorwürfe: Sicherheitsmitarbeiter sollen dort brutal gegen Geflüchtete vorgegangen sein, eine Sondereinheit prahlte in einer WhatsApp-Gruppe namens „Sons of Odin“ über die Gewalt. Die taz hat mit BewohnerInnen, Insidern und ehemaligen Angestellten gesprochen. Der Eindruck: Im Lager hat sich ein Regime der Unterdrückung etabliert. (…) Und Teile der Sicherheitskräfte tauschten sich laut Bayrischem Rundfunk in einer WhatsApp-Gruppe „Sons of Odin“ aus. „Gerade habe ich einen Senegalesen gelegt“, habe es dort geheißen. Oder: „Wir sind uns einig, der ‚Nigga‘ hat keine Rechte.“ Die Beteiligten mussten später die Einrichtung verlassen, die Sondergruppe wurde aufgelöst. Berichte über Gewalt im Lager reißen seitdem aber nicht ab. „Ich weiß, dass das 2018 unter dem Namen Flexteam weiterging“, sagt der ehemalige Sicherheitsmann. „Ob heute noch, kann ich nicht sagen.“ Die Firma Fair Guards weist sämtliche Vorwürfe, Rassisten oder Gewalttäter zu beschäftigen von sich. „All unsere Mitarbeiter haben ein polizeilich einwandfreies Führungszeugnis und werden vom Verfassungsschutz hinsichtlich radikaler Gesinnungen geprüft.“ Die Verfahren gegen Sicherheitsmitarbeiter betreffs des Kantinen-Vorfalls im September 2017 wurden eingestellt, wegen mangelnder Beweislast. Aino Korvensyrjä möchte die Vorkommnisse im Bamberger Lager nicht auf Einzelfälle reduziert wissen. Die Soziologin der Universität Helsinki, die über die deutsche Abschiebepolitik promoviert, spricht von struktureller und systematischer Gewalt, mindestens begünstigt durch das Wegschauen der Lagerleitung. Im Zuge ihrer Feldforschung sprach Korvensyrjä mit zahlreichen BewohnerInnen, vor allem aus Westafrika. Sie bestätigt, dass die Kultur im Lager sich nach Auflösung des Sonderteams nicht geändert habe. (…) Rund 1.200 Menschen leben heute im Ankerzentrum. Marcus (Name geändert) aus Nigeria tut es erst seit Februar. In Italien habe man ihm gesagt, wenn er arbeiten wolle, müsse er nach Deutschland weiter. Nun fühlt er sich gefangen in diesem Lager, das schlimmer sei als die in Italien, und darf nicht arbeiten. „Afrika ist hellfire für uns, Europa ist hellfire für uns“, sagt er. „Sie sollen uns einfach sagen, welches Opfer sie von uns verlangen.“ Marcus schildert eine Atmosphäre im Lager, die von Angst und Schikane geprägt sei…“ Artkel von Andreas Thamm vom 4.6.2019 bei der taz online
- Gewalt-Vorwürfe gegen Sicherheitsdienst im Ankerzentrum Bamberg
„Schläge auf die Hände, Pfefferspray ins Gesicht, Tritte auf einen am Boden liegenden Menschen. Über Security-Mitarbeiter im Ankerzentrum Bamberg gab es massive Beschwerden. Waren die Übergriffe systematisch? In einer Whats-App-Gruppe von Sicherheitskräften des Ankerzentrums Bamberg, damals noch Aufnahmeeinrichtung Oberfranken, fallen im September und Oktober 2017 Sätze wie diese: „Und gerade hab ich ein Senegalesen gelegt.“ Und: „Wir sind uns einig, der ‚Nigga‘ hat keine Rechte.“ Die Gruppe nennt sich „Sons of Odin“ – der Name weckt deutliche Assoziationen zur rechten Szene, und ist im Fall der Mitglieder des Chats wohl auch von dort inspiriert. Manche der Chatinhalte hängen auf den Tag genau mit Übergriffen vom 27. September 2017 zusammen – und nehmen auf diese sogar direkt Bezug. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes standen damals im Verdacht, mehrere schwere Übergriffe auf Flüchtlinge in der Aufnahmeeinrichtung Bamberg verübt zu haben. Betroffen: vor allem schwarze Bewohner. Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft Bamberg ermittelten in mehreren Fällen. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hatten damals gegen eigene Kollegen Anzeige erstattet. Jedoch wurden die Verfahren eingestellt. Derzeit wird im Zusammenhang mit der Eskalation der Gewalt in der Nacht vom 10. auf den 11. Dezember 2018 ermittelt – nicht nur gegen Flüchtlinge, sondern auch gegen Sicherheitspersonal. (…) Die Vorwürfe gegen die Security-Mitarbeiter kommen aber nicht nur von Flüchtlingen, sondern auch von eigenen Kollegen. Sieben ehemalige Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der Bamberger Einrichtung haben mit dem BR geredet. Ihre Namen wollen sie nicht öffentlich nennen, aber ihre Schilderungen haben sie vor laufendem Mikro abgegeben. Einer beschreibt etwa Vorfälle bei Taschenkontrollen am bewachten Eingangstor. Schon, wenn ein der deutschen Sprache nicht mächtiger Bewohner mit den Händen gestikulierte, hätten sich einzelne seiner Kollegen nicht um Verständigung bemüht, sondern zugeschlagen. (…) Einen Geflüchteten, der mehrere Übergriffe durch Security-Mitarbeiter in der Nacht zum 11. Dezember 2018 gesehen haben will, hat die Regierung von Oberfranken im Februar abschieben lassen, noch bevor es zu einer Zeugenvernehmung gekommen ist…“ Beitrag von Michael Olmer aus der Sendung „Der Funkstreifzug“ vom 08.05.2019 beim BR
- Steinwürfe und Randale: SEK-Großeinsatz in Bamberger Ankerzentrum [dem Vorbild!] / Auslöser soll ein Übergriff durch Securitys gewesen sein / Anker-Zentren abschaffen!
“Spezialeinheit überwältigt Verdächtigen – Neun Festnahmen und elf Verletzte. Erst wurde es laut, dann flogen Pflastersteine: Ein Polizei-Einsatz am Bamberger Ankerzentrum für Flüchtlinge eskalierte in der Nacht auf Dienstag völlig. 100 Kräfte rückten an, darunter auch eine Spezialeinheit. Was war der Auslöser? Es begann mit einer vermeintlich harmlosen Ruhestörung, so skizziert die Polizei zumindest das, was gegen 0.45 Uhr im Bamberger Ankerzentrum seinen Anfang nahm. Zuerst richtete sich die Gewalt gegen die Sicherheitskräfte der Asylbewerberunterkunft. Am Ende waren 100 Polizisten im Einsatz, das SEK rückte an, Beamte riegelten den Komplex im Osten der Stadt ab. Es sei zu teils massiven Übergriffen auf die Einsatzkräfte gekommen, teilt das Präsidium Oberfranken mit. Unter den Tätern seien ausschließlich Männer der Flüchtlingsunterkunft gewesen, sagt Sprecher Alexander Czech. Es flogen auch Pflastersteine und Eisenstangen, die Stimmung sei aggressiv gewesen. Auch deshalb forderte die Einsatzleitung massiv Kräfte nach, auch aus anderen Regierungsbezirken…” Bericht vom 11.12.2018 bei Nordbayern.de , siehe dazu:- Wachdienst- und Polizeigewalt beenden! Schluss mit der Kriminalisierung von Geflüchteten!
“Auf einen Streit zwischen eritreischen Geflüchteten und Mitarbeitern des Wachdienstes in der Anker-Einrichtung Oberfranken (AEO) in Bamberg am 11.12.2018 kurz nach Mitternacht folgte ein großangelegter, brutaler Polizeieinsatz, an 100 bis 200 Beamt*innen und das SEK beteiligt waren. Laut Polizeibericht wurden dabei neun Geflüchtete festgenommen. Gegen vier von ihnen wurden zwischenzeitlich Untersuchungshaftbefehle erlassen. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind erheblich: sie ermittelt u.a. wegen versuchten Totschlags und schwerer Brandstiftung. (…) Spricht man jedoch mit den betroffenen Eritreern, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Sie berichten, dass Mitarbeiter des Wachdienstes sie nach einem verbalen Streit angegriffen und zusammengeschlagen haben. Dabei sei es zu schweren Verletzungen gekommen, u.a. zu gebrochenen Zähnen und einer gebrochenen Rippe. Die Misshandlungen durch das Wachpersonal seien weitergegangen, als die Polizei schon vor Ort war. Die eintreffende Polizei habe sich jedoch nicht für die Sichtweise der Geflüchteten interessiert, sondern diese einfach festgenommen. (…) Nach der Festnahme der Eritreer hat die Polizei in weiteren Gebäuden der AEO eine brutale Razzia durchgeführt. Beamt*innen zerstörten gewaltsam die Türen unabgeschlossener Wohnungen und durchsuchten die Zimmer vollkommen unbeteiligter Bewohner*innen. Sie warfen acht unbeteiligte Geflüchtete aus Nigeria um 4 Uhr morgens aus ihren Betten, fesselten sie und fuhren sie teilweise halbnackt zur Polizeistation – unter dem haltlosen Vorwurf, sie hätten bei dem Streit zwischen den Eritreern und Securities mitgemacht. Wir fordern eine lückenlose Aufklärung der Polizeiaktion am 11. Dezember 2018 sowie eine gründliche Untersuchung des gesamten Beweismaterials im Bamberg-Security-Komplex…” Erklärung von Justizwatch vom 18. Dezember 2018 - Anker-Zentren abschaffen!
„Mindestens elf Verletzte, traumatisierte Geflüchtete, ein hoher Sachschaden – das ist die Bilanz eines vollkommen unverhältnismäßigen und brutalen Polizeieinsatzes im Ankerzentrum Bamberg in der vergangenen Nacht. Ich fordere eine lückenlose Aufklärung dieser Polizeiaktion und ein Ende der Kriminalisierung von Schutzsuchenden“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, aktuelle Berichte über einen Polizeieinsatz im Anker-Zentrum in Bamberg. Die Abgeordnete weiter: „Seit Monaten kommt es immer wieder zu martialischen Großeinsätzen der Polizei in bayerischen Sammellagern. Diese versetzen Geflüchtete in Angst und Schrecken und erzeugen bei der deutschen Bevölkerung den fatalen Eindruck, dass es sich bei Geflüchteten um Kriminelle handele, die durch schwer bewaffnete Spezialkräfte der Polizei in Schach gehalten werden müssten. Anker-Zentren stehen für Abschottung und Isolation. Diese Lager produzieren Konflikte und Gewalt und gehören abgeschafft.“ Pressemitteilung vom 11. Dezember 2018 von und bei Ulla Jelpke - Wir erinnern an den Beitrag ” [Das Vorbild] Aufnahmezentrum Bamberg: 20 Asylbewerber, ein Klo, keinerlei Privatsphäre” weiter unten und unser Dossier: “Kennen wir nur aus Guantanamo”: Sicherheitsdienst misshandelt Asylbewerber
- Wachdienst- und Polizeigewalt beenden! Schluss mit der Kriminalisierung von Geflüchteten!
- Gefährliche Orte Abschiebelager: Jedenfalls nicht für die Polizei und Geschäftemacher
„Auch mit der Firma Fair Guards arbeitet die Einrichtung weiter zusammen. Ehemalige Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, die ihren Job verloren haben, hoffen immer noch, dass die AEO den Sicherheitsdienst wechselt. Aktuelle und ehemalige Bewohner_innen wie Fofana sehen das Problem aber eher strukturell: »Selbst wenn das Unternehmen gewechselt werden sollte, würde das Gleiche wieder passieren«. Fofana ist der Meinung, dass der deutsche Staat dem AEO-Sicherheitspersonal das Mandat erteilt hat, die Asylsuchenden mit Negativbescheid oder »schlechter Bleibeperspektive« zu misshandeln. Denn die Funktion des Abschiebelagers innerhalb der AEO besteht darin, ausreisepflichtige Personen, die sich zum Beispiel wegen fehlender Reisedokumente als schwer abschiebbar erweisen, mit fast allen Mitteln zur Selbstabschiebung zu drängen. Und tatsächlich ist die tägliche Brutalität der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes für viele meiner Interviewpartner_innen eine Hauptmotivation gewesen, Bamberg zu verlassen. Neben Amadou Fofana, Pape Seck, Malick Cissé und Modou Kujabi sind zahlreiche andere Asylsuchende weiter in andere europäische Länder geflüchtet. Nach Ansicht der Bewohner_innen ist es die Polizei, die die Gewalt vollendet. Als Aarona Kumba mit Pfefferspray in der Kantine angegriffen wurde, trafen bald 15 Streifenwagen ein, um die »gefährliche« Lage zu sichern. Die Polizei beschrieb die von der Gewalt empörten Bewohner_innen als einen aggressiven Mob von »Schwarzafrikanern«, die bereit waren, »weitere Straftaten« zu begehen. Die Asylsuchenden werden bei Polizeieinsätzen nicht befragt. Normalerweise setzt die Polizei nicht einmal Dolmetscher_innen für Sprachen ein, die die Opfer gut verstehen würden. Ehemalige Mitarbeiter des AEO-Sicherheitsdienstes haben bestätigt, dass das Sonderteam das Monopol zu haben schien, über gewalttätige Zwischenfälle intern und bei der Polizei zu berichten. Die Polizei hat in dieser Zeit zahlreiche vom Sonderteam gefesselte Asylsuchende zur Festnahme abgeholt…“ – aus dem ausführlichen Beitrag „Organisierte Kriminalität“ von Aino Korvensyrjä am 21. August 2018 in der Ausgabe 640 von analyse&kritik , worin anhand zahlreicher Berichte aus dem Lager-Alltag ein Bild entsteht, dass sie tatsächlich ein gefährlicher Ort sind (wie es das bayerische Polizeigesetz festlegt) – für die Inhaftierten…
- [Das Vorbild] Aufnahmezentrum Bamberg: 20 Asylbewerber, ein Klo, keinerlei Privatsphäre
“Die Aufnahmeeinrichtung Oberfranken für Flüchtlinge in Bamberg hat für Bundesinnenminister Seehofer Modellcharakter für die geplanten Ankerzentren. Für Betroffene und deren ehrenamtliche Helfer ist sie vor allem eines: unmenschlich. (…) Seit zwei Jahren ist das Camp nicht nur Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber, sondern auch Ankunftszentrum. Deshalb ist in Bau C auf dem Gelände in der Buchenstraße eine Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge untergebracht. Das Asyl-Team des Bamberger Amts für soziale Angelegenheiten, das Verwaltungsgericht und die Zentrale Ausländerbehörde befinden sich ebenfalls auf dem riesigen Gelände. Damit kommt die Aufnahmeeinrichtung der Idee von „Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungszentren“ des Bundesinnenministeriums so nahe, dass sie als Modell für die sogenannten Ankerzentren dient. Bald soll sie offiziell ein Ankerzentrum sein. Anfang Juni beschloss das bayerische Kabinett, dass in jedem Regierungsbezirk solch ein Zentrum geschaffen werden soll. Bis zum 1. August soll es eine entsprechende Vereinbarung mit dem Bund geben. Zwischen 1.000 und 1.500 Personen sollen jeweils in den Zentren untergebracht sein. (…) Viele, die in der Aufnahmeeinrichtung leben, kommen nachts nicht zur Ruhe. Denn nachts kommt die Polizei. Schätzungsweise einmal in der Woche fährt ein Polizeiauto ins Camp und holt einen der Bewohner ab, berichtet Mirjam Elsel, Pfarrerin in Hirschaid-Buttenheim und Koordinatorin für die Arbeit mit Flüchtlingen im Dekanatsbezirk Bamberg. „Bis vor kurzem geschah das sogar mit Blaulicht, so dass es wirklich jeder in der Aufnahmeeinrichtung mitbekommen hat“, erzählt sie. Dagegen hatten Flüchtlingsorganisationen protestiert. Ob sie es jetzt anders machen, weiß Elsel nicht. Sie ist nachts nicht im Camp. Die Pfarrerin ist meist nur dann in der Einrichtung, wenn sie einen Flüchtling, der bei ihr in der Kirchengemeinde lebt, zur Zentralen Ausländerbehörde im Camp begleitet. Auch dann kommt die Pfarrerin nicht einfach so in die Einrichtung hinein. Sie muss ihren Pass abgeben und wird von der Security begleitet. Journalisten ist der Zutritt verwehrt. Besuche von Pressevertretern seien nur bei Sammelterminen möglich, erklärt die Bezirksregierung von Oberfranken. Termine dafür werden immer erst kurz vorher bekanntgegeben. Und der Tross ist dann meist so groß, dass intensive Gespräche oder Einzelgespräche mit Asylsuchenden kaum möglich sind. Als „Safari“ bezeichnen einige Teilnehmer des Pressetermins die Art und Weise des Rundgangs. Der Evangelische Pressedienst (epd) hat deshalb auf die Teilnahme an einem solchen Termin verzichtet. (…) „Mit das Schlimmste ist, dass es keinerlei Privatsphäre gibt“, sagt Markus Ziebarth von der Caritas, die dort Asylsozialberatung anbietet. Es gebe keine abschließbaren Räume, keine Schließfächer. Privateigentum sei völlig ungeschützt. Oft wird geklaut. (…) Der „Gipfel der Unverschämtheit“ bestehe darin, dass Familien mit alleinreisenden Männern zusammenpfercht werden: „Weil die Familien eine beruhigende Wirkung auf die Männer hätten.“ Auch seien die Wohnungen viel sauberer, sagt die Regierung: „Doch das geht zulasten der Frauen, die sorgen dafür, dass es sauber ist.“ (…) Weil sie Angst haben, geholt zu werden, tauchen manche Bewohner nachts bei anderen unter. „Dann können schon mal 25 Leute in einer Wohnung sein“, sagt Pfarrerin Elsel. Verboten ist das nicht. Im Camp darf sich jeder frei bewegen: „Es ist ja kein Gefängnis.“ Die Angst, die alle haben, erzeuge eine unglaubliche Spannung im Camp. Und die bekomme jeder mit, der sich ein kleines bisschen länger dort aufhalte, sagt Thomas Bollwein. Diese ständige Angst, verbunden mit der Perspektivlosigkeit, verändere die Bewohner, sagt Elsel: „Es ist absolut erschreckend, was in einem einzigen Jahr aus den Menschen wird.“ Immer wieder erzählt man ihr von Suizidversuchen. Immer wieder müssten Bewohner in die Psychiatrie eingeliefert werden…” Bericht von Pat Christ vom 31. Juli 2018 beim Migazin
- Der Bamberg-Security-Komplex – staatliche Kriminalisierung und Verfolgung von Geflüchteten
„Die AEO Bamberg, ein großes Aufnahme- und Abschiebelager im bayerischen Oberfranken, ist Modellprojekt der deutschen Regierung bei der Isolation von Geflüchteten. Sie steht nun vor einem Skandal wegen systematischer Gewalt des privaten Wachpersonals gegen Asylsuchende. Wir fordern eine lückenlose Aufklärung aller Vorfälle. Wir wurden im Zuge der Unterstützungskampagne für Kumba und Dia auf die Vorfälle aufmerksam. Die beiden senegalesischen Asylsuchenden wurden kriminalisiert, nachdem sie Anfang September 2017 einen Angriff des Wachpersonals auf einen dritten westafrikanischen Asylsuchenden in der AEO erlebt hatten. Einige ehemalige Sicherheitskräfte und zahlreiche Bewohner*innen haben uns außerdem mitgeteilt, dass dies kein Einzelfall ist, sondern seit Sommer 2017 vielmehr eine systematische Gewalt von Sicherheitskräften gegen Geflüchtete in der AEO existiert. Bewohner*innen erzählen, dass die Gewalt seit Herbst 2017 zwar etwas zurückgegangen ist, sich aber dennoch fortsetzt. Der letzte Vorfall passierte am 7. Mai 2018, als ein nigerianisches Ehepaar von den Sicherheitskräften schwer misshandelt wurde. (…) Der Prozess gegen Kumba und Dia begann am 27. März 2018, er wurde allerdings nach wenigen Minuten ausgesetzt. Danach wurde Dia nach Italien abgeschoben und das Verfahren gegen ihn eingestellt. Da Dia in Italien jedoch ohne Geld auf der Straße leben musste, kehrte er von dort zurück. Nun befindet er sich im Abschiebegefängnis in Eichstätt, Bayern. Der Termin für die nächsten Verhandlungstag im Prozess gegen Kumba steht noch nicht fest.“ Erklärung vom 8.5.2018 von Justizwatch Berlin und der Unterstützungsgruppe gegen Securitygewalt in der AEO Bamberg bei Justizwatch
- Gefangen in Bamberg: Misshandlung, Kriminalisierung, Abschiebung – im Vorzeigelager der CSU werden Geflüchtete systematisch entrechtet
“Aarona K. steht vor dem Amtsgericht Bamberg und ist immer noch fassungslos: »Bevor sie mich festnehmen, hätten sie mich fragen sollen: Was ist hier passiert? Es stimmt nicht, dass ich drei Securitys verletzt habe. Ich alleine – wie soll das gehen?« Es ist der 27. März 2018. Aarona und sein Freund Moussa D. stehen wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Die beiden Asylbewerber aus dem Senegal sollen Mitarbeiter des privaten Sicherheitsdienstes auf dem Gelände der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) in Bamberg verletzt haben. Aus der Sicht von Aarona K. geschah hingegen Folgendes: An jenem Tag im September 2017 kam es in der Geflüchtetenunterkunft zu Übergriffen gegen einen Asylbewerber durch Angestellte des Securitydienstes. (…) 136 Bewohner_innen strich das Sozialamt letztes Jahr selbst diese Minimalversorgung mit Bargeld, da die Geflüchteten angeblich nur wegen der Sozialleistungen nach Deutschland gekommen seien oder ihrer »Ausreisepflicht« nicht nachgekommen waren. Das bayerische Landessozialgericht entschied im März 2018, dass diese Praxis rechtswidrig ist. »Das Sozialamt hat abgelehnten Asylbewerbern die 100 Euro vorenthalten. Wenn sie dann klauen, ohne Erlaubnis arbeiten oder ohne Fahrschein fahren, werden sie strafrechtlich sanktioniert. So produziert man den sogenannten kriminellen Ausländer, den man dann noch leichter abschieben oder zur Ausreise drängen kann.« Aino Korvensyrjä sieht die Anklage gegen Aarona K. und Moussa D. als Teil einer weitreichenden Kriminalisierung Geflüchteter in der AEO: »Dazu gehören auch Strafen wegen aufenthaltsrechtlichen Vergehen, zum Beispiel wegen Passlosigkeit oder Einreise ohne Visum.« Eine Woche nach Prozessbeginn Ende März 2018 wird der Angeklagte Moussa D. nach Italien abgeschoben. Die alte Forderung nach einem Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt wird auch damit begründet, den Tätern zu signalisieren, dass die Strategie, Menschen in Angst zu versetzen und sie zu vertreiben, nicht aufgehen wird. Für Opfer von rassistischer Gewalt, die von Mitarbeiter_innen staatlicher Einrichtungen und privaten Sicherheitsfirmen verübt wurde, steht die Forderung nach einem Bleiberecht noch aus.” Beitrag von Hannah Schultes aus ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis Nr. 637 vom 17. April 2018
- [Demonstration in Bamberg am 17.1.2018] Gegen die Unmenschlichkeit! Stoppt das Lagersystem! Wir sind Geflüchtete, keine Gefangene!
„Das AEO-Lager in Bamberg (Aufnahmeeinrichtung Oberfranken) ist schlimmer als Gefängnis. Im Moment sind 1400 Menschen hier untergebracht, es gibt 3400 Plätze insgesamt. Wir, Geflüchtete, die im Lager leben, werden die andauernden Schikanen und die unmenschliche Behandlung nicht länger hinnehmen. Am Mittwoch den 17. Januar 2018 gehen wir raus und tragen unsere Forderungen auf die Straße. Unsere Forderung nach einem Leben in Würde. Wir rufen alle Geflüchteten in der AEO Bamberg, ebenso wie alle Unterstützer*innen, Helferkreise und Organisationen auf, sich unserer friedlichen Demonstration durch die Stadt Bamberg anzuschliessen…“ Presseerklärung der Bamberg Refugees vom 16.01.2018 dokumentiert bei redside , wir empfehlen den ausführlichen Aufruf zur Demonstration ab 12:00 Uhr AEO Bamberg (Erlenweg 4, 96050 Bamberg) darin, mit umfangreichen Informationen zur Situation und den Forderungen. Siehe einen Bericht:- „Wir sind Geflüchtete, keine Gefangene!“ – 200 Flüchtlinge demonstrieren in Bamberg
„… Im bayrischen Bamberg haben heute rund 200 Geflüchtete gegen die Situation in ihrer Asylunterkunft sowie Abschiebungen protestiert. Die Demonstration stand unter dem Motto „Gegen die Unmenschlichkeit! Stoppt das Lagersystem! Wir sind Geflüchtete, keine Gefangene!“. Wie ein Sprecher des Bündnis ‚Fluchtursachen bekämpfen‘ gegenüber Perspektive Online berichtete, zog die laute und kämpferische Demonstration von der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken hin zum Rathaus. An der Demonstration beteiligten sich neben Geflüchteten aus Deggendorf und München auch UnterstützerInnen. Vor Ort beschlossen die Geflüchteten, den Rathausvorplatz nicht zu verlassen, solange es keine offizielle Antwort auf ihren Aufruf und Forderungskatalog gebe. (…) Bei Rückkehr erwarteten die Geflüchteten in ihrem Lager statt der üblichen handvoll nun knapp 20 Sicherheits-Angestellte. Diese nahmen die Geflüchteten die Trillerpfeifen ab, welche diese auf der Demonstration noch genutzt hatten. Der Sprecher von ‚Fluchtursachen bekämpfen‘ bezeichnete dies als „Schikane“, er geht jedoch davon aus, dass die Proteste auch in Zukunft weitergehen werden. Auch im Aufruf der Geflüchteten heißt es dazu bereits: „Wir werden für das Recht zu leben kämpfen – und für das Recht, wie Menschen behandelt zu werden. Wir sind hier – und wir werden bleiben!“ Bericht vom 17. Januar 2018 von und bei Perspektive Online
- Flüchtlingsunterkunft Bamberg: Das Vorzeigelager der CSU. Die Unterkunft für 1300 Flüchtlinge in Bamberg gilt der Union als Vorbild – diese Meinung teilt aber niemand in der Stadt.
Artikel von Andreas Kraft vom 15.01.2018 bei der FR online
- „Wir sind Geflüchtete, keine Gefangene!“ – 200 Flüchtlinge demonstrieren in Bamberg
- Flüchtlingsheim: Willkommen hinterm Stacheldraht. Die Union will Flüchtlinge künftig länger in Großlagern unterbringen. In Bamberg sieht man, wozu das führt.
„Der Iraner, der schon seit Monaten hinter Stacheldraht wohnt, sagt, er habe jeden Tag Angst. Vor den Wachmännern, die nicht sprechen, sondern brüllen und die Tür aufstoßen, ohne zu klopfen. Vor den Arabern aus dem Nachbarblock, die sich mit Bier volllaufen lassen, die in der Kantinenschlange die Frauen begrapschen und bis spät in die Nacht grölen und pöbeln. Vor dem Moment, wenn die Leere in ihm aufsteigt, ein Gefühl, das viele Menschen im Lager kennen und das vom Nichtstun herrührt. „Wer hier wohnt, wird entweder depressiv oder aggressiv“, sagt er. „Um alles wird gestritten: um eine Portion Obst, um ein paar Minuten in der Dusche, um eine Rolle Klopapier. Meine Frau hat neulich für Klopapier angestanden, da wurde sie von einer Afghanin geschlagen. Manche Leute gehen mit Messern aufeinander los.“ (…) Tatsächlich bedeutet das Bamberger Modell weit mehr als ein paar Änderungen bei der Unterbringung von Asylbewerbern. Sollten sich die Unionsparteien damit bei den Koalitionsverhandlungen durchsetzen, hätte das weitreichende Folgen für das deutsche Asylsystem, für die Chancen auf Integration und für die rechtsstaatliche Glaubwürdigkeit dieses Systems. Das Modell, das CDU und CSU vorschwebt, funktioniert nicht mehr so, dass Flüchtlinge von den Bundesländern in sogenannten Erstaufnahmeeinrichtungen registriert und dann nach spätestens sechs Monaten auf kleinere Unterkünfte in den Kommunen verteilt werden. Sie wollen, dass die Menschen so lange in einer Massenunterkunft wohnen, bis über ihren Asylantrag entschieden ist. So steht es im „Regelwerk zur Migration“, das die beiden Parteien Anfang Oktober vorgelegt haben…“ Artikel von Caterina Lobenstein vom 18. Oktober 2017 bei der Zeit online
- Noch aus der Stellungnahme des Bayerischen Flüchtlingsrats vom 16. September 2015 : „… „In Bamberg werden wie in Manching Flüchtlinge qua Herkunft kaserniert und isoliert, um sie am Fließband abzuschieben. Das individuelle Asylrecht wird nahezu ausgehebelt, wenn Asylanträge nur oberflächlich geprüft werden und Flüchtlinge kaum mehr eine Chance haben, Beratung und Rechtsmittel zu nutzen. Vor allem Minderheitenangehörige aus den Balkan-Staaten haben häufig wichtige Schutzgründe. In den Abschiebezentren sind sie jedoch kaum mehr in der Lage, diese überhaupt noch geltend zu machen. Zudem zeigen die aktuellen Zugangsstatistiken, dass die Abschiebezentren in keiner Weise notwendig sind. Die Bayerische Staatsregierung greift mit den Sonderlagern nur in die asylpolitische Mottenkiste und setzt einseitig auf Abschreckung, wo eine gründliche Prüfung von Einzelschicksalen notwendig wäre“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats…„