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Gegen Spardiktate und Nationalismus – Solidaritätsreise nach Griechenland im September 2015
Dossier
„Seit 2012 reisen wir jährlich nach Griechenland und besuchen Projekte, die sich in den verschiedensten Bereichen zusammengefunden haben, um gegen die unmenschlichen Folgen der Sparpolitik aus Brüssel und Berlin praktischen Widerstand zu leisten. Wir sind eine Gruppe von ca. 35 Kolleginnen und Kollegen, Genossinnen und Genossen, die in deutschen Gewerkschaften und in sozialen Bewegungen aktiv sind. Wir kommen aus verschiedenen Branchen und politischen Initiativen. Wir reisen weder im Auftrag unserer Gewerkschaftsvorstände noch von politischen Parteien. Wir betrachten uns als eine Initiative von unten, in der Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Meinungen zusammenarbeiten. Gemeinsam wollen wir durch diese Reise unsere Solidarität zeigen, unsere Erfahrungen austauschen und darüber diskutieren, was es braucht, um ein solidarisches Europa von Unten durchsetzen zu können. Wir besuchen und unterstützen Projekte, tauschen Erfahrungen aus und haben Freunde und Freundinnen gewonnen, die in den verschiedensten Bereichen solidarische Arbeit leisten…“ Die Reisegruppe „Gegen Spardiktate und Nationalismus!“ macht sich wieder auf den Weg nach Griechenland – und bittet um Spenden für die Initiativen vor Ort . Für Anfang 2016 ist der Gegenbesuch von griechischen Basisorganisationen in der BRD geplant sowie ein Seminar in Kooperation mit der BUKO unter dem Titel „Der große Ausverkauf – Deutsche Vereinigung, Griechenland und die Zukunft Europas“. Hier folgen die Reiseberichte:
- Griechenland und die enttäuschten Hoffnungen. Ein politischer Reisebericht
„„Die Hoffnung kommt“ und das strahlende Gesicht von Alexis Tsipras. Mit diesem Plakat gewann Syriza die Wahlen vom 25. Januar 2015 und wurde Regierungspartei. Nach einem halben Jahr ist die damalige Begeisterung verflogen, die Hoffnungen sind zerstört oder zumindest in die Zukunft verschoben. „Wir gewinnen die Zukunft“ steht nun auf den Plakaten von Syriza für die Wahlen vom 20. September, vor dem Hintergrund eines ernst dreinblickenden Tsipras‘, der sich vom einstigen Hoffnungsträger zum Vollstrecker all dessen, was er einst bekämpft hatte, gewandelt hat. Am Vortag der Wahlen fliege ich nach Athen. Es ist meine vierte Solidaritätsreise, zusammen mit deutschen Gewerkschafter_innen und andern solidarischen Menschen…“ Reisebericht von Rainer Thomann vom 12.11.2015
Sein Fazit: „… Aus all dem folgt, dass die selbstorganisierten, solidarischen Formen von Widerstand bisher die einzige konkrete (und in bescheidenem Rahmen wirksame) Antwort auf eine Krise darstellen, die nicht nur wirtschaftlicher Natur ist, sondern alle Lebensbereiche umfasst. In Griechenland hat sich diese Alternative inzwischen in einem erstaunlichen Mass entwickelt. Ein besonders schönes Beispiel dafür ist die „Offene Versammlung von Perama“ mit der Windrose als Symbol für: Selbstorganisation, Solidarität, Widerstand, Umsturz. Welche politischen Formen diese Solidaritätsbewegung nach dem Scheitern von Syriza annehmen wird, kann noch niemand wissen. Dass sie die erwähnte „Staatsfixierung der traditionellen Linken“ sprengen wird, davon hingegen bin ich fest überzeugt.“
- “Jetzt geht es um die Verarbeitung der geplatzten Illusionen”
Manfred Klingele war Ende September mit einer Gruppe deutscher Gewerkschaftslinker auf Solidaritätsreise in Griechenland. Interview von Andreas Schuchardt mit dem Hamburger Gewerkschaftslinken Manfred Klingele zur Lage in Griechenland in der ungekürzten Originalfassung (desjenigen in der „jungen Welt“ vom 14.10.2015) – wir danken!
- Bei den Hafenarbeitern – Klinik der Solidarität – Vio.Me – Der Kampf von SOS Chalkidiki gegen Goldabbau und Umweltzerstörung (Bericht 1) – Fahrt nach Skouries – Chalkidiki (Bericht 2)
Teil X des Reisetagebuchs der Soli-Reisegruppe- Darin zu vio.me: „… Vor kurzem gab es einen kleinen Polizeieinsatz, weil der Konkursverwalter nicht auf das Werksgelände gelassen wurde. Der Konkursverwalter hat noch bis November Zeit um eine Bestandsaufnahme der Waren und der Maschinen und Anlagen zu machen. In den (fingierten) Büchern stehen noch 120 Tausend € Schulden an die Muttergesellschaft Lafarge. Diese sollen jetzt über eine Zwangsversteigerung beigetrieben werden. Lafarge hat vor kurzem seinen letzten Betrieb in Griechenland geschlossen und alle Arbeiter entlassen.
Der Verkauf der Seife, die die neue Genossenschaft auf der Basis von natürlichen Rohstoffen wie Olivenöl, ätherischen Ölen aus Pinien und einheimischen Kräutern usw. herstellt, läuft sehr gut. Manchmal kommt die Produktion der Nachfrage gar nicht hinterher. Der manuelle Produktionsprozess ist sehr aufwendig und die Seife braucht zwei Monate zu reifen. Mit den anderen Produkten, Flüssigseife, Reiniger und Waschmittel, ist die Genossenschaft allerdings weniger erfolgreich. Es gibt Qualitätsprobleme, die gelöst werden müssen. Zurzeit sind nur noch 10 Leute in der Produktion beschäftigt. 12 weitere sind noch Mitglied der Genossenschaft. Die Arbeitszeit ist von Montag bis Freitag von 7 bis 15 Uhr. Dazu kommen noch Schichten um das Gelände zu bewachen. Die Arbeiter erhalten 30 € am Tag. Das ist soviel/wenig, wie das Arbeitslosengeld sein würde. Die Arbeiter von Vio.Me heben immer wieder ihre demokratische Entscheidungsstruktur hervor…“
Siehe dazu unser Dossier Selbstverwaltung bei Viomihaniki Metalleutiki
- Darin zu vio.me: „… Vor kurzem gab es einen kleinen Polizeieinsatz, weil der Konkursverwalter nicht auf das Werksgelände gelassen wurde. Der Konkursverwalter hat noch bis November Zeit um eine Bestandsaufnahme der Waren und der Maschinen und Anlagen zu machen. In den (fingierten) Büchern stehen noch 120 Tausend € Schulden an die Muttergesellschaft Lafarge. Diese sollen jetzt über eine Zwangsversteigerung beigetrieben werden. Lafarge hat vor kurzem seinen letzten Betrieb in Griechenland geschlossen und alle Arbeiter entlassen.
- Besuch beim griechischen „Nationalrat für die Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg“ – Flüchtlinge auf Lesbos II – Interview mit Elias Bierdel von borderline-europe
Teil IX des Reisetagebuchs der Soli-Reisegruppe
- Besuch bei den Basisgewerkschaften (aus einer zweiten Perspektive) – Der Besuch im Parlament – Besuch im Arbeiterzentrum Livadia und in der Aluminiumhütte – Flüchtlinge auf Lesbos I
Teil VIII des Reisetagebuchs der Soli-Reisegruppe
- Treffen mit Basisgewerkschaften – Solidarische Klinik in Piraeus – Erste Eindrücke in Mytilene, Hauptstadt von Lesbos
Teil VII des Reisetagebuchs der Soli-Reisegruppe . Darin unter anderem: „… Elena scheint etwas frustriert ueber die vielen Gruppen, die sich ueber die solidarischen Gruppen informieren. Sie kann nicht erkennen, dass daraus Handlungen in Deutschland erfolgen. Sie wuenscht sich, dass wir etwas Aehnliches aufbauen entsprechend unseren Bedingungen. Quin ist gar nicht begeistert ueber die Kritik an Tsipras aus Deutschland. Statt die Syriza-Politik zu kritisieren, sollten wir besser bei uns anfangen. Wir sollten aufhoeren ueber Korruption in Griechenland zu sprechen, solange deutsche Unternehmen in riesige Skandale verwickelt sind. Deutschland ginge es nur so gut, weil es den Menschen in den suedlichen Laendern schlecht geht. Wir sollten in unserem Land fuer ein besseres Leben kaempfen und nicht auf Griechenland starren. Erleben sie uns vielleicht als diejenigen, die von einer sicheren Warte aus sich „den armen Griechen“ zuwenden. Was ist linke Solidaritaet? …„
- Keerfa: Wie Antira und Antifa zusammen gehen können – Steki Metanaston – Nachdenken über den ominösen fünften Juli – Perka, ein grünes Paradies am Rand der Stadt
Teil VI des Tagebuchs zur diesjährigen Solireise nach Griechenland . Darin unter anderem: „Um 15.30 Uhr macht sich eine kleine Gruppe von uns auf den Weg, um Keerfa, die „Bewegung gegen Rassismus und faschistische Bedrohung“ kennenzulernen. Wir sind gespannt, mehr über Hintergründe und Organisierung der antirassistischen und antifaschistischen Szene in Athen und Griechenland zu erfahren. Einige aus unserer Reisegruppe hatten auch schon am Rande der Gedenkdemonstration für Pavlos Fissas am 18. September erste Gelegenheit für einen Informationsaustausch mit Antifa- und Antira-Gruppen. (…) Keerfa wurde 2009 als Zusammenschluss mehrerer Initiativen gegründet – hier laufen verschiedenste Kämpfe der letzten 20 Jahre zusammen und werden weitergeführt. (…) Seit seiner Gründung führt das Bündnis gemeinsam mit migrantischen Organisationen einen Kampf gegen die faschistische Partei „Goldene Morgenröte“, dabei stellen sie sich den Faschist_innen sowohl auf der Straße, in den Nachbarschaften als auch in den Institutionen und im Parlament entgegen. Kein Übergriff der Faschist_innen, keine Kundgebung oder Demonstration der Goldenen Morgenröte soll unbeantwortet bleiben. Mit dem Einzug ins Parlament 2012 versuchte die Goldenen Morgenröte verstärkt, sich in den Nachbarschaften zu etablieren, unterstützt von der Nea Demokratia und mit Rückendeckung von Teilen der Polizeibehörden. Die Forderung nach einem Verbot faschistischer Parteien hält Petros heute jedoch für den falschen Weg, um die faschistische Ideologie eindämmen zu können. Im weitesten Sinne leistet Keerfa zudem Antirepressions-Arbeit. Das Bündnis unterstützt Betroffene rassistischer und faschistischer Gewalt, erteilt Rechtsberatung, vermittelt Anwältinnen und Anwälte, dokumentiert Übergriffe und begleitet die Betroffenen bei der Anzeigenerstattung bei der Polizei. Durch die Dokumentierung und Veröffentlichung von faschistischen Übergriffen und der Untätigkeit der Polizei, die Angriffe zu verfolgen, sieht sich Keerfa nun selbst mit Strafanzeigen wegen Beleidigung des Staates konfrontiert…„
- Zweiter Besuch in Perama / Soziales Zentrum – Die Sozialklinik Helliniko – Kneipengespräche – Besuch bei Manolis Glesos – Stand der Dinge
„… Ich hatte mich neben Christos von Solidarity4all gesetzt um mit ihm noch über die Lage zu diskutieren. Er ist auch aus Syriza raus, aber nicht zur neuen Volkseinheit. Er ging gar nicht wählen aus Protest. Was er an der Linken in der Volkseinheit kritisiert, ist, dass sie nicht wüssten, wie die Bevölkerung denkt (er sagt immer „Volk“ wie fast alle hier). Für die Menschen sei es beim Referendum am 5. Juli („Ochi“- oder Nein-Abstimmung) eigentlich nicht um den Euro-Austritt gegangen, wie viele behaupteten und die Linke dachte. Es ging ihnen viel mehr um Würde, Unabhängigkeit (Patriotismus) und Kämpfen gegen das Brüsseler und deutsche Diktat. Auf dieser Tastatur habe Tsipras ganz hervorragend gespielt. Die Linke habe dagegen alles auf die Frage Euro oder Drachme reduziert. Das sei aber völlig an der Realität vorbei gegangen, vor allem auch, weil es rein gar keine Vorbereitung darauf gegeben habe. Was er auch kritisiert, ist die weit verbreitete Putsch-Theorie, z.B. von der deutschen Linkspartei. Sie sage, es habe in Griechenland einen Putsch Deutschlands bzw. der europäischen Institutionen gegeben. Das sei jetzt die Grundlage dafür, Syriza bzw. Tsipras einen Freibrief zu geben nach dem Motto, sie seien Erpressungsopfer. Das habe z.B. Gregor Gysi am Freitag vor den Wahlen auf dem Syntagma-Platz gemacht. Tatsächlich habe es schon einen Putsch gegeben, aber in Griechenland. Und den habe die Gruppe um Tsipras durchgeführt, indem sie die Mehrheit der Partei entmachtet habe, an allen Parteistatuten vorbei…“ Teil 5 des Tagebuchs zur diesjährigen Soli-Reise nach Griechenland
- Der Wahlabend in Athen – Gespräch mit Solidarity4All – Das Rainbow-House – Besuch bei Sesoula
„Athen ist wie leergefegt. Die Griechen sind zur Wahl in ihre Geburtsorte gefahren. Es gilt als irrwitzig schwierig sich hier umzumelden. Da es keine polizeiliche Meldepflicht gibt, versuchen es viele gar nicht erst. Es gibt darüber hinaus keine Briefwahl. Wer wählen möchte, muss am Wahltag in den Ort fahren, in dem er registriert ist. Die Wahl zwischen dem „Nai“ – dem griechischen „Ja“ zum Memorandum und einem anderen „Nai“ zum Memorandum, führte zu einer sehr geringen Wahlbeteiligung. (…) Wir gehen Richtung Syntagma, wo sich Syriza feiert. Im Gegensatz zur Wahl im Januar sind es lediglich 200 bis 300 Menschen, die zur Wahlparty gekommen sind. (…) Insgesamt ist die Stimmung an diesem Wahlabend in Athen verhalten. Keine Partei kann viele Gäste anziehen. Auf dem Syntagma Platz, auf dem die Nea Demokratia ihr Zelt aufgebaut hat, entsteht der Eindruck, dass mehr internationale Presse vor Ort ist als Wähler. Bei der PASOK (PanellinioSosialistikoKinima), die noch vor kurzem selbst die Regierung stellte, sitzen lediglich 5 Leute im Zelt…“ Teil 4 des Tagebuchs zur diesjährigen Soli-Reise nach Griechenland
- Besuch bei der Nachbarschaftsinitiative Perama – Demo zum Jahrestag der Ermordung von Pablos Fissas – Besuch bei der „Volkseinheit“
Teil 3 des Tagebuchs . Noch ohne Wahlen…
- γεια σας! καλημέρα σας! Guten Morgen und guten Tag zusammen!
„… Ich sprach noch mit ihrem Mann, was er denn wählen werde. Er meinte, er werde wohl wählen gehen, aber wahrscheinlich ungültig. Auf meine Frage, warum er denn überhaupt hingehe, meinte er, er sei nicht so enttäuscht wie viele andere. Er habe nie daran geglaubt, dass Tsipras Griechenland retten könne. Das sei völlig unrealistisch gewesen. Was er Tsipras allerdings übelnehme, sei, dass er den Mund zu voll genommen habe. Z.B. habe er vor dem Referendum gesagt, er werde kein Ministerpräsident „für jedes Wetter“ sein. Ein griechischer Ausdruck für: Ich stehe nicht für alles zur Verfügung. Und jetzt wolle er genau das werden, ein „Allwetter“-Präsident. Deshalb wolle er ungültig wählen...“ Reisetagebuch 2015 II
- Athen, Mittwoch, 16. September 2015
„Heute im heißen Athen angekommen, die Athener meinen allerdings, es sei Frühherbst… oha! …“ und: „Wahlkampfveranstaltung der kommunistischen KKE auf dem Syntagma-Platz“ – Zweiter erster Reisebericht
- Heraklion, Mittwoch, 16. September 2015 – Wir sind angekommen.
„Es ist ja noch vier Tage vor dem gemeinsamen Programm der Gruppe „Solireise nach Griechenland“. Wir haben unsere Erkundungen auf Kreta ausgeweitet, eine Insel, die viele nur von ihren Ferienreisen kennen und wegen ihrer Schönheit und dem milden Mittelmeerklima schätzen. (…) Die Entscheidung (eines Teils von uns) nach Kreta zu fahren, fiel relativ kurzfristig und wir hatten noch keine Antwort auf unsere Anfragen an verschiedene Projekte der Selbstorganisation, sie zu besuchen, bekommen. Wie zum Beispiel der sozialen Klink der Solidarität in Heraklion. (…) Die Gruppe „becollective“ ist offensichtlich gut vernetzt. Jedenfalls brachte ein Anruf bei Alex, einem der Initiatoren von „becollective“, den Kontakt zu Mara, einer Aktivistin der solidarischen Gesundheitsstation. Sie nahm uns mit, zu einer Versammlung der insgesamt rund 300 von ehrenamtlichen Helfer_innen, die am Abend in den Räumen der Klinik, die in der Universität von Heraklion untergebracht ist, stattfand. So hatten wir die Gelegenheit, gleich mit einer ganzen Gruppe von Menschen zu sprechen…“ Erster Reisebericht vom 16. September 2015 zur diesjährigen Solidaritätsreise nach Griechenland