Kurze Vollzeit – aber für alle. Ver.di hat ein neues Arbeitszeitkonzept, das die Gewerkschaft beim Kongress im September diskutieren will
„Befürworter der Arbeitszeitverkürzung bei ver.di sehen in ihr ein Instrument gegen Arbeitslosigkeit. Skeptiker halten sie für nicht mobilisierungsfähig. Ein neues Konzept versucht, beide Lager zu vereinen.
Wenn die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Ende September in Leipzig ihren Bundeskongress abhält, wird auch das Thema Arbeitszeitverkürzung eine Rolle spielen. Erstmals seit Langem liegt in diesem Jahr ein ausgearbeitetes Konzept vor, wie das Thema zukünftig angegangen werden kann…“ Artikel von Jörn Boewe und Johannes Schulten in Neues Deutschland online vom 14.08.2015
- Aus dem Text: „… Statt einer Verkürzung der Arbeitswoche, schlagen die Autoren eine Reduzierung der Jahresarbeitszeit vor – und zwar für Vollzeit- wie Teilzeitarbeitende gleichermaßen. Alle Beschäftigten sollen einen tarifvertraglichen Anspruch auf zwei Wochen freier »Verfügungszeit« mit Lohnfortzahlung bekommen, die jeder und jede nach Belieben souverän nutzen kann. Der Leiter der tarifpolitischen Grundsatzabteilung Jörg Wiedemuth, der den Vorschlag gemeinsam mit seiner Kollegin Sylvia Skrabs erarbeitet hat, sieht darin auch eine Antwort auf die Ausbreitung von Teilzeitjobs im Dienstleistungssektor (…) »Kurze Vollzeit für alle« heißt die Leitidee. Wiedemuth beschreibt sie so: »In dem Maße, wie die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten sinkt, kann die Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten steigen.« Die Autoren reagieren mit ihrem Vorschlag auf verschiedene Anträge des letzten Bundeskongresses. Dort war der ver.di-Vorstand aufgefordert worden, Arbeitszeitpolitik stärker zu thematisieren. (…) Auch wenn derzeit keine Großkampagne wie in den 1980er Jahren in Sicht ist, als es um die 35-Stunden-Woche ging: Das Thema Arbeitszeit drängt auf die gewerkschaftliche Agenda. Es ist die Kehrseite des ständig wachsenden Arbeitsdrucks, der Verdichtung und Entgrenzung von Arbeit – auch durch die Digitalisierung – mit den allgegenwärtigen Folgen wie Burn-out und gesundheitlichem Verschleiß. (…) Der Anspruch auf die 14 Tage freie Zeit soll für jeden und jede gelten und nicht an Anlässe und Bedingungen gekoppelt sein…“