Abschied vom Homo Oeconomicus. Läuft nicht so gut mit dem Kapitalismus. Etwa weil er den Menschen völlig falsch einschätzt? Wir müssen auf unsere soziale Seite hören, sagt die Forscherin Tania Singer.

Das Leben im Spätkapitalismus ist nicht unbedingt das glücklichste, wie wir gerade überall auf der Welt beobachten. Könnte es sein, dass unser Wirtschaftssystem auf einer grundsätzlich falschen Annahme über den Menschen basiert? Dass es nämlich diesen sogenannten Homo Oeconomicus gar nicht gibt? Diese These vertritt Tania Singer. Sie ist Psychologin und Professorin für Soziale Neurowissenschaften, leitet das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig und war die erste Lehrstuhlinhaberin für Neuroökonomie in Zürich. Sie ist aber vor allem eine der wichtigsten säkularen Ethikerinnen unserer Zeit. Ihre gesamte Arbeit ist auf das Ziel ausgerichtet, dass wir Menschen unser Mitgefühl aktivieren, damit unser Alltag, aber auch die Weltwirtschaft und die internationale Politik stärker von prosozialem Verhalten bestimmt werden können…“ Artikel von Annika Reich vom 12. August 2015 in der Zeit online externer Link

  • Aus dem Text: „… Die Debatte, welches Menschenbild dem heutigen Mainstream der Ökonomie zugrunde liegt, ist keine wissenschaftsinterne L’art-pour-l’art-Streiterei, sondern vielmehr entscheidend für die Zukunft unserer Weltgemeinschaft. Da es die Zunft der Ökonomie und nicht die der Psychologie oder Sozialen Neurowissenschaften ist, die unsere Regierungen berät, konnte sich das Bild des homo oeconomicus in der Politik als common sense durchsetzen und das politische Handeln prägen.  Das hat dazu geführt, dass die Politik mit Wählerinnen und Wählern rechnet, die vorrangig über Eigennutz und extrinsische Belohnungen wie Geld zum Handeln gebracht werden können. Wenn aber anders als bisher davon ausgegangen werden würde, dass dies auch über Mitgefühl, Gemeinsinn und Solidarität gelingen könnte, könnten sich eine sozialere Wirtschaftsform und eine sozialere Politik entwickeln, ohne dass irgendein Entscheider Angst haben müsste, die Volkswirtschaften brächen zusammen und die nächste Wahl ginge flöten…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=85259
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