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Protesttag 29. Mai: Änderung der Kräftekonstellation in Brasilien?
Spätestens seit den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2014 ist die politische Rechte in Brasilien in der Offensive – bauend auf ihre deutliche Parlamentsmehrheit und das (vorläufige) Ende des Wirtschaftswunders. Das war die Grundlage für die Verabschiedung der so lange Jahre immer wieder gescheiterten PL4330 im Parlament, mit der die Unternehmen auch ihr Kerngeschäft künftig an Subunternehmen vergeben können. Und die bedingungen unter denen die Regierung einen Sparhaushalt durchsetzen will, der unter anderem zwei Provisorische Maßnahmen beinhaltet, mit denen der Zugang zu Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung deutlich erschwert beziehungsweise verschlechtert wird. Aber auch etwa die Finanzierung der Landreform soll um 50% gekürzt werden, wie auch die Ausgaben für Schulen reduziert werden sollen. Dagegen hatten – bis auf die zweitgrösste Forca Sindical – alle Gewerkschaftsföderationen den 29. Mai zum Tag des Kampfes, mit Streiks und Demonstrationen und vielen anderen Aktionen erklärt und zahlreiche andere Organisationen hatten ebenfalls dazu aufgerufen. Die Mobilisierung an diesem Tag war – für manchen überraschend – sehr viel größer als bei den letzten vergleichbaren Aufrufen, etwa den Protesten im März 2015 (die als Antwort auf die Tage zuvor stattgefundenen Proteste gedacht waren, bei denen sich die äusserste politische Rechte sehr stark bemerkbar gemacht hatte, aber – auch wenn man die übliche Mediepropaganda abzieht – deutlich kleiner geblieben waren). Bedeutet diese Mobilisierung nun ein Indiz für eine Veränderung dieser politischen Konstellation? Unsere aktuelle Materialsammlung „29. Mai – Tag der Wende?“ vom 30. Mai 2015 versucht, zumindestens erste Hinweise zu sichten.
„29. Mai – Tag der Wende?
Bei der Kundgebung in São Paulo, auf der neben den Vertretern mehrerer Gewerkschaftsföderationen auch Aktive der Landlosenbewegung MST und der Obdachlosenbewegung MTST sprachen, riss die Masse der TeilnehmerInnen offensichtlich einige RednerInnen zu Höhenflügen hin – hier wurde am massivsten betont, für den Fall, dass die PL 4330 (das Gesetz zur totalen Flexibilisierung, das nach der Verabschiedung im Parlament jetzt PLC 30 heisst und durch den Senat muss) Gesetzeskraft erlange, die Gewerkschaftsbewegung als Ganzes zum Generalstreik aufrufen wolle, wird in dem knappen ersten Bericht „Em São Paulo, movimentos sociais consideram ‚recado dado‘ a governo e Congresso“ von Rodrigo Gomes am Abend des 29. Mai 2015 in der Rede Brasil Atual unterstrichen – der auch noch den Vertreter der CUT zitiert, der gesagt habe, es müsse „das Obergeschoss die Krise bezahlen“.
Die Aktivitäten im Großraum São Paulo, neben der eigentlichen Stadt im Industriegürtel ABC waren beide nicht nur von massiver Teilnahme geprägt, sondern es waren auch Belegschaften und Berufsgruppen, die seit längerem oder vor kürzerer Zeit Auseinandersetzungen um Subunternehmen (unter anderem) geführt hatten, die die Demonstrationszüge prägten – die Automobilarbeiter aus dem ABC dort, die LehrerInnen in der Hauptstadt des Bundeslandes. „Ato encerra o “29 de maio” de luta por todo o País“ von Igor Carvalho am 29. Mai 2015 bei der CUT berichtet von der Abschlusskundgebung im ABC, die den landesweiten Protesttag abschloss
Aber es war ja nicht nur ein Tag der Demonstrationen, sondern der 29. Mai begann mit einer ganzen Serie von mehrstündigen Warnstreiks in allen Bundesstaaten. Der Beitrag „Paralisações e atos afetam todos os estados do país“ am 29. Mai 2015 bei der CSP-Conlutas gibt einen ersten Überblick über diesen Teil der Aktivitäten: In São Paulo gab es in den Morgenstunden mindestens drei große Straßenblockaden und eine daraus entstandene Spontandemonstration, die von der Teilnahme der GewerkschafterInnen der Metro geprägt war, in São José demonstrierten rund 14.000 MetallarbeiterInnen, in der Petrobras-Niederlassung Caraguatatuba gab es einen gemeinsamen dreistündigen Warnstreik von Petrobras-Beschäftigten und den Beschäftigten von deren Subunternehmen – die Höhepunkte zahlreicher weiterer Aktionen in vielen Städten des Bundesstaates São Paulo. In dem Beitrag wird auch noch über Aktionen in Rio Grande do Sul (Porto Alegre und andere Städte) berichtet, die insgesamt von den längsten Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr und ebenfalls bei der Petrobras, aber eben auch in vielen kleineren Betrieben berichtet. Kurzberichte gibt es auch über Aktivitäten, Streiks, Demonstrationen und Blockaden in 12 weiteren Bundesstaaten.
„Bahia inaugurou o Dia de Paralisações, em Camaçari“ ist der Bericht am 29. Mai 2015 bei der CUT über die allererste Streiaktion des Tages – die ChemiearbeiterInnen des „Chemiepols“ im Bundesstaat Bahia legten bereits am Donnerstagabend um 23 Uhr die Arbeit nieder.
„Trabalhadores da indústria têxtil paralisam atividades em Sergipe“ am 29. Mai 2015 bei der Landlosenbewegung MST ist ein Streikbericht aus einer Region – dem Bundesstaat Sergipe – die nicht zu den industriellen Zentren des Landes zählt, aber dennoch massive Proteste an diesem Tag erlebte.
Ebenfalls am 29. Mai 2015 bei der MST der Bericht „Em BH, trabalhadores ocupam Ministério da Fazenda contra a terceirização“ – in der Hauptstadt des (industriell zweitwichtigsten) Bundesstaates Minas Gerais gab es nicht nur mehrere Streiks, sondern auch eine Besetzung des Finanzministeriums durch etwa 800 Mitglieder der MST und der Bewegung der durch Staudämme Vertriebenen
Am Telefon berichtet Vicente Trindade, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Datenverarbeitung in dem Bundesstaat Minas Gerais: „Es war natürlich effektiv – wenn es keine Datenverarbeitung mehr gibt, gibt es heutezutage auch nur noch wenig Verwaltung. Und es hatten sich bei den vier regionalen Versammlungen, die wir im Bundesstaat organisiert hatten, von über 2000 TeilnehmerInnen wirklich 99% für die aktive Teilnahme am Streik entschieden. Ich jedenfalls habe schon deutlich das Gefühl, dass dies ein ganz anderer Protesttag war, als der im März, heute war zumindest bei uns nicht nur der Großraum Belo Horizonte von Streiks, Blockaden und Demonstrationen geprägt„.
Und Aloísio Ramos, Vorsitzender der Gewerkschaft der Busfahrer in Florianópolis (im südlichen Bundestaat Santa Catarina) sagt ebenfalls in einem kruzen Telefongespräch am Abend des 29. Mai 2015: „Ja, selbst in unserem langweiligen Hauptstädtchen war richtig was los – und ich persönlich habe bei einem Busstreik noch nie so viel öffentliche Zustimmung erlebt. Die paar Mal, wenn jemand losschimpfen wollte, musste man gar nicht argumentieren, die jeweils Umstehenden, natürlich Arbeiterinnen und Arbeiter, die zur Schicht mussten am frühen Morgen, haben das für uns unternommen. Einer davon hat es wirklich leicht erklärt, als er dem Schimpfenden sagte, wenn diese Streiks nichts nützten, würde er künftig Nachts um halb Drei hier stehen, statt um halb fünf – und um Mitternacht erfahren, wann er anzutreten habe„.
Zusammengestellt von Helmut Weiss am 30. Mai 2015
- Siehe dazu auch: Das Sparprogramm der brasilianischen Regierung: Gegen Erwerbslose, Wohnungssuchende, Kranke und Schulen – 29. Mai Protesttag der Gewerkschaften am 29. Mai 2015 im LabourNet Germany