Eine Kehrtwende in der deutschen Euro-Politik – jetzt! Aussteigen aus der bisherigen Europolitik: Ohne Verluste geht das sowieso nicht
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 10.2.2015
Jedem, der eine Süddeutsche vom 9. Februar 2015 zur Hand nehmen kann, empfehle ich den Abschnitt „Forum“ auf der Seite 20 im Wirtschaftsteil: Dort schreibt Daniel Stelter (siehe auch seinen Blog, wo dieser Artikel vom 9. Februar 2015 aus der Süddeutschen inzwischen steht (http://think-beyondtheobvious.com ), unter der Überschrift „Ohne Verluste geht es nicht“: „Die Bundesregierung muss aus der bisherigen – so erfolglosen – Europa-Politik aussteigen. Ein Acht-Punkte-Plan zur Rettung der Eurozone.“ -… Zeit also für eine Wende in der Euro-Politik. Es gilt den weiteren Schaden für Deutschland zu begrenzen. Dazu müssen wir uns an die Spitze der Bewegung stellen, statt ihr hinterherzulaufen.
Und es wäre nicht die erste Kehrtwende der Kanzlerin – jetzt eben mit z.B. Schuldentilgungsfonds und Eurobonds. Und er schließt nach seinen acht Punkten: Noch ist die Position Berlins stark; dies gilt es zu nutzen. Ja, der immer hoffnungsfrohe Optimist Paul Krugman, meint ja auch Draghi ziele jetzt mit seinen – zunächst drakonisch gegen Griechenland aussehenden Maßnahmen – auf eine solche „Kehrtwende in Deutschlands Europolitik“ („Welches Spiel spielt Draghi…. „gegen“ Griechenland oder eher an Deutschland gerichtet?“: https://www.labournet.de/?p=74753)
Damit der Draghi überhaupt nicht auf solche – im neoliberalen, marktgesteuerten Sinne – dumme Gedanken kommen könne, holte unser „Neo-Lib-Lieblingsfeind“ Hans-Werner Sinn schon gleich einmal die „dicke Bertha“ raus, um solche Flausen bei der EZB, falls sie je aufkommen könnten, gleich in Grund und Boden zu donnern: EZB betreibt Konkursverschleppung, tönt es von ihm aus München (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hans-werner-sinn-ueber-griechenland-die-ezb-betreibt-konkursverschleppung-1.2342951 )
Ist das schon der Wind des Wechsels?
Interessanterweise kommt gerade in der „Süddeutschen“ jetzt (= 10. Februar 2015) – so passend zu Griechenland – dazu eine Besprechung des ersten „weltbewegenden“ ökonomischen Knüllers von John Maynard Keynes von 1920 – die heftige und sehr systematische Kritik des Versailler Friedensvertrages, die 2014 vom Berenberg-Verlag neu übersetzt wurde. (http://www.perlentaucher.de/buch/john-maynard-keynes/krieg-und-frieden-die-wirtschaftlichen-folgen-des-vertrags-von-versailles-2014.html )
Rudolf Walther bespricht diese Neuerscheinung dieses Klassikers von Keynes aus dem Jahre 1920: „Krieg und Frieden“ – Folgen des Vertrages von Versailles -. Keynes war selbst Mitglied der Verhandlungskommission zu diesem Vertrag – und aus dieser Erfahrung heraus schrieb er diese Streitschrift gegen das Verhandlungsergebnis: Keynes sah in den Versailler Friedensverhandlungen vor allem die verpasste Chance, die „Schwelle eines neuen Zeitalters zu überschreiten“ – zu einer Epoche jenseits von nationalistischer Verhetzung, Militarismus und Imperialismus.
Ja, und in Deutschland gibt es angesichts der jetzigen Eurokrise so keinerlei Erinnerung daran – an die Varoufakis in dem Gespräch mit dem deutschen Finanzminister jetzt gedenken wollte. (Siehe dazu „Zur historischen Amnesie der deutschen Mainstream-Medien“: http://www.nachdenkseiten.de/?p=24898 )
Angesichts dieser so offensichtlichen Geschichtsblindheit gab es in den deutschen Medien auch keinerlei Sensoren für die von – dem eben auch mit Geschichtskenntnissen versiert umgehenden – Varoufakis (zu seinen ökonomischen Vorstellungen siehe vielleicht noch einmal am Anfang der Seite 1 (Link) sowie auf der Seite 2 etwa ab der Mitte bei https://www.labournet.de/?p=74377) bei dem Gespräch mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble vorgebrachte Erinnerung an historischen Gemeinsamkeiten mit den Deutschen: „Wir sind einig darin… zu einer Lösung im europäischen Interesse zu kommen“. Deutschland sei mit seiner Geschichte, das Land, das uns am besten verstehen kann, weil es die Demütigungen und Hoffnungslosigkeit kenne, fügte Varoufakis noch hinzu. (http://www.berliner-zeitung.de/politik/analyse–schaeuble-und-varoufakis-kommen-nicht-voran,10808018,29764100.html )
Pokern um die Zukunft Griechenlands
Die Frage, was dabei alles an im Spiel sein wird, ist zunächst durch die gegensätzlichen Positionen gekennzeichnet, die absolut festgefahren erscheinen. Griechenland sagt, wir können nicht zahlen. Die deutsche Bundesregierung sagt: Ihr müsst. Griechenland sagt, wir brauchen Erleichterungen. Die Bundesregierungsagt, ihr müsst die Verabredungen einhalten. Stephan Kaufmann zieht dazu mit den Zahlen erst einmal ein Zwischenfazit: Wo könnte man sich einigen? (http://www.fr-online.de/schuldenkrise/euro-schuldenkrise-pokern-um-die-zukunft-griechenlands,1471908,29770796.html )