Wenn die Wirtschaft nicht mehr wächst – Wie Deutschlands Medien und Ökonomen mit der Tatsache der säkularen Stagnation des spätkapitalistischen Weltsystems umgehen
„Der Glaube an ein ewig fortdauerndes Wirtschaftswachstum gehört zu den wichtigsten Dogmen des kapitalistischen Glaubensbekenntnisses (Das Schisma von 2013). Generationen von Wirtschaftswissenschaftlern und Publizisten haben ihrem Publikum eingetrichtert, dass der Kapitalismus all seine ungeheuren Widersprüche, all das massenhaft produzierte Elend durch die beständige Expansion der Wirtschaft überwinden werde…“ Artikel von Tomasz Konicz auf Telepolis vom 11.08.2014
- Aus dem Text: „(…) Dass der Strukturwandel der Industrie nicht mehr funktioniert und diese in eine Sackgasse geführt hat, wird inzwischen auch in Massenmedien wie der FAZ diskutiert, die in einem längeren Artikel eine „digitale Zukunft“ beschrieb, in der eine „Ökonomie der Verachtung“ die „menschliche Arbeitskraft“ weitgehend überflüssig machen würde. Doch hat diese strukturelle Krise schon seit den 1980er Jahren – mit zunehmender Intensität – eingesetzt. Die „Ökonomie der Verachtung“, die immer mehr Menschen ökonomisch überflüssig macht, ist keine Zukunftsprognose, sondern längst blutige Realität – ein Blick in die Peripherie des kapitalistischen Weltsystems müsste da eigentlich genügen (Mad Max im Zweistromland). (…) Dass diese Illusion einer heilen Arbeitsgesellschaft in der Bundesrepublik nur durch enorme Außenhandelsüberschüsse aufrechterhalten werden kann, und somit logischerweise auf den hierzulande allseits verhassten Auslandsschulden fußt (Der Exportüberschussweltmeister), werden deutsche Ökonomen wie Stammtischbrüder wohl nie zur Kenntnis nehmen wollen. (…) Beiden Autoren fällt dabei nicht auf, dass sich in diesem digitalen Bereich der Nicht-Waren, die nun Allgemeingut sind, auch die Möglichkeit einer neuen Gesellschaftsformation andeutet. Selbstverständlich sind – gerade durch die ungeheure Erhöhung der Produktivität im Kapitalismus – die materiellen Grundlagen dafür gegeben, dass ein jeder Mensch künftig seine materiellen Grundbedürfnisse ebenso einfach befriedigen kann wie derzeit seinen Wissenshunger. Die „materiellen Existenzbedingungen“ der neuen Gesellschaft sind bereits „im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden“, wie es Marx formulierte. In eben der avanciertesten Sphäre der kapitalistischen Warenproduktion, die mit ihren Produktivitätsfortschritten den Kapitalismus in den Kollaps treibt, finden sich auch Spurenelemente von etwas Neuem, Nicht-Kapitalistischem…“