Wirtschaftsordnung: Wir Postmaterialisten. Mitten im Euro-Chaos wünschen sich viele Deutsche eine neue Wirtschaftsordnung und mehr Nachhaltigkeit.
Quelle: Artikel von Petra Pinzler in die Zeit online vom 25.08.2012
„Uns geht’s doch gut, oder? Während überall in Europa die Finanzkrise tobt, erscheint Deutschland wie eine Oase der Prosperität. Nahezu unverwundbar die Wirtschaft, robust der Arbeitsmarkt und gelassen die Bürger. Doch der friedliche Eindruck täuscht offensichtlich – zumindest nach Meinung der meisten Deutschen: Schließlich rechnet eine große Mehrheit von ihnen, so eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid, nicht mehr damit, dass die Probleme der Gegenwart durch die bisherige Politik in den Griff zu bekommen sind. Acht von zehn Bundesbürgern wünschen sich eine »neue Wirtschaftsordnung«…“ Aus dem Text:
„… »Uns haben die Ergebnisse auch überrascht«, sagt Aart De Geus, Chef der Bertelsmann Stiftung, die die Umfrage in Auftrag gegeben hat. Ganz offensichtlich, so de Geus, seien die Deutschen problembewusster als bislang angenommen – sähen allerdings andere Defizite, als es die Schlagzeilen der Zeitungen nahelegen. Denn während die dortige Debatte seit Monaten von der Euro-Krise dominiert wird, wünschen sich die Deutschen dringend ein Wirtschaftssystem, das auch andere Aufgaben löst: eines, das vor allem die Umwelt besser schützt und den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft stärker berücksichtigt. Zugleich glauben weniger Bürger als früher, dass diese Ziele durch traditionelle Mittel der Wirtschaftspolitik erreicht werden können, also beispielsweise durch die Förderung des Wirtschaftswachstums. (…) Stimmt das, können die Deutschen durchaus zu einer Nation von Systemkritikern werden – aber nur in der Theorie, ohne praktisches Engagement in Reformbewegungen. Nicht einmal Protestparteien, linke oder grüne Bündnisse, könnten darauf hoffen, von dieser gewandelten Einstellung zu profitieren. Die Kritik der Bürger am gegenwärtigen System wäre damit eher resignativ als revolutionär…“