Fragwürdiges Verfahren. Scheidende EU-Kommission stellt Regeln zur Beteiligung am Arbeitsplatz in Frage

Die scheidende EU-Kommission stellt Regeln zum Schutz und zur Beteiligung von Arbeitnehmern auf den Prüfstand. Die Argumente und Verfahren dafür sind fragwürdig, zeigt eine neue Untersuchung.
Mehr demokratische Beteiligung war ein großes Thema bei der Europawahl. Erstmals soll das Ergebnis bei der Kür des Kommissionspräsidenten berücksichtigt werden. Bei der Teilhabe am Arbeitsplatz scheint der Trend indes in die Gegenrichtung zu laufen: Unter dem Titel „Refit – Fit for Growth“ überprüft die amtierende Kommission europäische Richtlinien. Erklärtes Ziel: „Bürokratieabbau“, vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen. Doch dabei könnten wichtige Arbeitnehmerrechte ausgehebelt werden, warnt Dr. Norbert Kluge, Mitbestimmungsexperte in der Hans-Böckler-Stiftung. Von „Refit“ betroffen sind unter anderem Bestimmungen zum Arbeitsschutz, zur Leiharbeit und die Richtlinien zur Unterrichtung und Anhörung von Beschäftigten
…“ HBS-Pressemitteilung vom 12.06.2014 externer Link

  • Aus dem Text: „… Eine weitere Initiative, die mit dem „Refit“-Programm zumindest indirekt zu tun hat, vertieft die Skepsis der Forscher: Kürzlich hat die Kommission das umstrittene Projekt einer „Ein-Personen-Gesellschaft“ (SUP) wiederbelebt. Solche Unternehmen mit einem Alleingesellschafter sollen per Online-Registrierung ohne Identitätsprüfung mit einem Mindestkapital von nur einem Euro gegründet werden können (siehe auch die Hintergrundinformationen). Das Vorhaben blieb 2008 laut ETUI im europäischen Gesetzgebungsprozess stecken, damals noch unter dem Namen „Europäische Privatgesellschaft“. Deutschland und Schweden hatten schwerwiegende Bedenken gegen die Seriosität der geplanten Rechtsform im Verhältnis zu Beschäftigten, Kunden und Gläubigern. Im Oktober 2013 wurde der ursprüngliche Vorschlag im Rahmen von „Refit“ zurückgezogen. Nun habe die Kommission einen zweiten Anlauf gestartet – auf anderer rechtlicher Basis, sodass diesmal bei der Abstimmung unter den Mitgliedsländern keine Einstimmigkeit erforderlich sei. (…) Der Kommissionsvorschlag ist umstritten. So lehnt ihn der DGB ab, weil damit der Wettlauf um niedrigste Steuern und Sozialstandards weiter angetrieben werde. Die SUP könnte dazu genutzt werden, Mitbestimmungsrechte zu umgehen. Auch das bayerische Justizministerium warnt vor einem „Wettbewerb nach unten“, der nicht den Mittelstand fördere, „sondern die Entstehung zwielichtiger Briefkastengesellschaften“…“
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