Merkel jetzt auch einmal „systemisch“ gesehen – mit Brüsseler internen Protokollen. Entlarvung der Rolle Deutschlands in der Eurozone

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 3.3.2014

Eigentlich habe ich mir geschworen, – angesichts eurer sonstigen Projekte und Engagements – mit Anregungen euch nicht weiter übermäßig mit dem ganzen „Euro-Krisenkram“ immer weiter zu belästigen, – aber jetzt zu Beginn dieser Woche wollte ich doch auf ein Buch hinweisen, das mit seiner Wiedergabe geheimer Protokolle aus Brüssel sehr anregend für alle Europa-Interessierten sein müsste – und über die schon bisher so anregende Lektüre der „Mutter Blamage“ von Stephan Hebel (www.nachdenkseiten.de/?p=16450 externer Link) durch die ganze Konkretisierung des Euro-Prozesses in seinem Ablauf „tiefschürfender“ hinausgreift. – Halbe Nächte lang liess mich diese spannende Politkrimi-Lektüre auch nicht los. Und Robert Misik hat es durchaus schön in der TAZ zusammen gefasst, aber bisher wurde es – z.B. auf den Nachdenkseiten – nur beiläufig – und m.E. nicht „im Wesentlichen“ – ausreichend wiedergegeben (www.nachdenkseiten.de/?p=20902#h05 externer Link).

Aber ob man das noch als Politkrimi – oder doch bloß trockenes Portokoll – lesen kann, wie die TAZ meint (www.nachdenkseiten.de/?p=20907#h03 externer Link), hängt sicher einerseits von dem persönlichen Erwartung für eine gemeinsame europäische Perspektive ab und andererseits von der dann vielleicht auch damit verbundenen Sachstandskenntnis über den Prozess der „permanenten“ Eurokrisengipfel und ihre doch immer wieder so schwankenden Ergebnisse, die dann immer wieder zu einem gerade noch einmal „Davongekommen“ vor einem totalen Scheitern reichten.

Das einschneidendste Beispiel bleibt dafür der „Grexit“ (= Rausschmiss Griechenlands aus der Euro-Zone ). (vor allem die Seiten 87 ff., dabei vor allem 100 ff und 106 ff. (!). Hauptgründe für das Nichtauscheiden von Griechenland bleiben zwei Gründe: 1.) China, das damit das Vertrauen in den Euro verlieren würde – und deshalb seine großen Devisen-Anlagen nicht mehr in Euro anlegen würde. Und 2.) eine Berechnung der Troika, dass es nicht nur Griechenland bei einem Austritt nicht besser gehen würde, sondern auch, dass die anderen Euroländer ebenso massiv tangiert würden (Zahlungsausfall etc.)

Und zu diesen beiden Polen der Erwartung an ein gemeinsames Europa und der vorhandenen Kenntnis des bisherigen fortlaufenden „Gipfel-Korsos“ bietet dieses erstaunliche Buch doch „Gewaltiges“ an sehr Konkretem und in seiner Kontinuität im Detail doch auch „Überraschendes“ – dessen Ende im speziellen nicht erwartbar und somit keineswegs prognostizierbar wird.

Und gerade deshalb spielt die Sarah Wagenknecht als mahnende Kassandra für die Gefahr einer „Auflösung“ der gemeinsamen Währung, des Euro, eine nicht unwichtige Rolle im weiteren Prozess der politischen Auseinandersetzung – und so habe ich jetzt auch sie nicht „vergessen“ können, die angesichts des BVerfG erst recht ihre politische Bedeutung in diesem Europa-Wahlkampf gewinnt – falls es dich interessieren sollte?

Aber zunächst zu diesem Politkrimi nach den Brüsseler Protokollen. Oft ist eben doch die Realität das Spannendste, wenn sie nicht „propaganda-vernebelt“ daherkommt. So ist es ein neues Buch zur „Entlarvung“ der Rolle Deutschlands in der Eurozone, das Robert Misik in der TAZ vorstellte, (das hatte der eine oder die andere vielleicht auch schon gelesen?) – und das war noch einmal etwas Anregung zum letzten Wochenende –

Merkel doch einmal „systemisch“ gesehen – und deshalb müssen Schattenbanken zur Richtschnur werden

Jetzt rundet sich das Bild auch noch mit einer neuen Lektüre weiter ab: Buch-Lektüre für das Wochenende: „Europas Strippenzieher“ von Cerstin Gammelin (SZ) und Raimund Löw (ORF). Dies Buch wird schon hochgepriesen: So schreibt Jean-Claude Juncker zu diesem Buch: „Europas Strippenzieher“ liest sich wie ein spannender Polit-Thriller…

Und Jürgen Habermas meint – und hat dabei schon die Sache präziser auf den Punkt gebracht: „Ein spannender Krisenbericht von zwei kompetenten Brüsseler Journalisten. Dieser Wirtschaftskrimi öffnet deutschen Lesern die Augen über die problematischen Seiten des Krisenmanagements ihrer Regierung

Und wenn man dieses Lob von Habermas liest, könnte man meinen, er habe das Manuskript dieses Buches auch schon vor seiner Rede in der Klausur der Sozialdemokraten zur Kenntnis nehmen können, wo er vehement vor einem „weiter so“ in der Europa-Politik warnt: Siehe dazu „Habermas legt der SPD den Finger in die Wunde“ (http://www.welt.de/politik/deutschland/article124465871/Habermas-legt-der-SPD-den-Finger-in-die-Wunde.html externer Link – oder weiter:… „warnt vor der Übermacht der Finanzmärkte„: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.klausurtagung-der-spd-spitze-habermas-kritisiert-europapolitik-der-koalition.1fde0115-5fe9-4b7f-bf7f-301c4c35fa84.html externer Link und „mahnt zu mehr Bankenregulierung“: http://www.stern.de/politik/deutschland/habermas-mahnt-schwarz-rot-zu-mehr-banken-regulierung-2087236.html externer Link … und er weist auf „die wachsende Unzufriedenheit wegen der Entfesselung des Finanzkapitalismus“ hin: http://www.neues-deutschland.de/artikel/922812.habermas-rechnet-mit-krisenpolitik-ab.html externer Link und fordert daher einen radikalen Politkwechsel in der Europapolitik: http://www.berliner-zeitung.de/politik/juergen-habermas-kritik-an-europas-krisenpolitik,10808018,26067366.html externer Link)

Der Prozess der Brüsseler Gipfel-Entscheidungen – und Deutschlands Blockade-Interessen-Politik mit der Sicht-Reduktion auf „Chacun sa merde!“

Nur außer „Medien-Aufregung“ war dann nichts gewesen. Um dies also weiter zu vertiefen, könnte die genaue Lektüre dieses Buches dann selbst herausfordern, von dem Robert Misik in der TAZ unter der Überschrift „Gebt uns eure Steuern“ schreibt (vgl. zum Einstieg www.nachdenkseiten.de/?p=20902#h05 externer Link).

Das Buch ist eine kleine Sensation, und zwar aus einem simplen Grund: Die Autoren haben Zugang zu den geheimen Protokollen der Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs erhalten. – Und was war dann das Ergebnis der Blockaden von Kanzlerin Merkel? Jedes EU-Land musste seine torkelnden Megabanken alleine retten…

Für Sarkozy hörte sich das „Diktum“ der deutschen Kanzlerin für eine bloße Nationalisierung der Problemlösung am 8. Oktober 2008 dann so an: „Chacun sa merde!“ (Jedem seine Scheiße) für die deutsche Öffentlichkeit wird dieses klare Wort der Kanzlerin in ein Goethe-Zitat geglättet: „Ein jeder kehr` vor seiner Tür, und rein ist jedes Stadtquartier“ – und damit auch in die Merkel`sche Propaganda-Erzählung von der „schwäbischen Hausfrau“ nahtlos wieder eingefügt. (vgl. dazu „Die schwäbische Hausfrau als Kardinalfehler deutschen Denkens“ (Jens Berger): http://www.heise.de/tp/artikel/36/36405/1.html externer Link)

Unter den Hauptprofiteuren sind deutsche Banken…. Immer wieder muss Merkel der Macht des Faktischen sich beugen, aber bis sie das tut, vergeht viel Zeit und wird viel Geld verloren (an wen denn wohl?) (vgl. dazu auch „Die herumziehende Krise immer dem Gelde nach – Nichts Neues in der Eurokrise: Seifenblasen mit Worten – und Blockierung mit den politischen Taten. Das Europa der Regierungen“: https://www.labournet.de/?p=52278)

Aber Merkel will, dass es weiter läuft wie gewohnt… Wieder wird viel Zeit verloren….. (vgl. z.B. auch „Zeitbombe Deutsche Bank entschärfen / EU-Kommisiion versagt bei der Bankenregulierung“: https://www.labournet.de/?p=51876)

Und irgendwann, wenn es eine Bankenunion gibt, darf dann auch wieder dieser Aspekt einer gemeinsamen Politik gegenüber der Finanzbranche realisiert werden. (vgl. z. B. „Das Ende der Finanzkrise in den Blick nehmen? Ja oder Nein zur jetzt geplanten Bankenunion?“: https://www.labournet.de/?p=50752)

Auch bei der Finanztransaktionssteuer ist es – wie immer – die Merkel-Regierung, die blockiert, dann halbherzig umschwenkt und verwässert. (zur Finanztransaktionssteuer siehe zuletzt den Abschnitt „Entscheidende Woche für die Finanztransaktions-steuer “ auf der Seite 1 f. bei https://www.labournet.de/?p=53716 – und nicht zuletzt auch „Wie war das noch mit dem Finanzkapitalismus?“ auf der Seite 2)

Deshalb sollte jetzt endlich über Deutschland geredet werden!

Gleichzeitig wird so getan, als rette das reiche Deutschland die unsoliden Südländer – obwohl die deutschen Finanzinstitute zu den Hauptprofiteuren des Designs der Antikrisenpolitik zählen, nämlich Gläubiger mit Steuergeldern hundertprozentig rauszupauken. Des Steuerzahler Geld kommt in Griechenland, Irland oder Spanien an – und wird noch vor Geschäftsschluss an deutsche, franzöische und andere Banken zurücküberwiesen.

Und als dann einmal nicht die deutschen Banken zu den Profiteuren zählen würden, nämlich im Falle der Zypernkrise, wird flugs eine andere Vorgangsweise gewählt. In dem Fall sind es ja Russen, um die es geht, und keine deutschen Anleger und Banken. Da können dann gleich andere Gesetze herrschen.

Merkel`s systemische Gründe für ihr Verhalten

Man muss der Merkel-Regierung nicht einmal niedrige Motive unterstellen als den anderen EU-Regierungen, es gibt nämlich beinahe so etwas wie systemische Gründe für dieses Merkel`sche Verhalten: Weil sich in Europa riesige Mega-Banken entwickelt haben, die politische Macht aber immer noch in den Nationalstaaten liegt, ergibt sich eine ungesunde Messalliance zwischen Banken und Regierungen: jeder „Fürst“ will die größte(n) Bank(en) und betätigt sich dann als Lobbyist derselben. Nur ist Deutschland am mächtigsten und damit der mächtigste Lobbyist (für seine Banken) Gerade dieses Problem sollte mit der Bankenunion entschärft werden – diese enge Verkettung von Interessen der Nationen mit den Interessen „ihrer“ Banken soll damit gesprengt werden. (vgl. noch einmal Robert Misik „Neueste Recherchen über die EU-Krisenpolitik der vergangenen Jahre zeigen im Detail, wie fatal Angela Merkel als Lobbyistin („ihrer“) Banken agiert hat“: http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2014%2F02%2F28%2Fa0107&cHash=c477aa5a5a532d2f3531c675fe3579cb externer Link)

Aber statt endlich zu einem Ende dieser Politik für die Finanzmärkte zu gelangen möchte die EU doch eher weiter Deregulierung – jedoch die Banken brauchen einen verbindlichen Ordnungsrahmen jetzt.

Wenn Schattenbanken zur Richtschnur werdenbefürchtet Rudolf Hickel jetzt: Im März 2012 hat die EU-Kommission zu den Schattenbanken ein recht informatives Grünbuch vorgelegt. Dort sind brauchbare Angaben zu den Hintergründen und Instrumenten zur Bändigung der zwielichtigen Zone nachzulesen. Jedoch: Bis auf die geplante Regulierung der Geldmarktfonds im September 2013 ist danach trotz der wachsenden Krisengefahr kaum etwas geschehen.

Dafür steht Michel Barnier. Er lobt die Quasi-Bankinstitute wegen ihrer „wichtigen Rolle bei der Finanzierung der Realwirtschaft“. Erforderlich sei daher lediglich die Schaffung von Transparenz. Verklausuliert lässt er dabei eine unverantwortliche Lösung anklingen: Weniger Regulierung im lizensierten Bankensektor senke den Druck, in den Schatten des Bankesystems zu flüchten.

So drohen die Schattenbanken zur Richtschnur der Reform des Bankensektors zu werden. Das ist jedoch ein schwerer Fehler. Die Banken brauchen einen verbindlichen Ordungsrahmen – wieder! (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=wu&dig=2014%2F02%2F28%2Fa0085&cHash=d2ae854dda2feb51434710b35cde0967 externer Link)

Und unter diesen Rahmenbedingungen, die gerade auch Barnier eifrig als so schräger „Garant“ für diese Art Effizienz der Finanzmärkte gewährleistet (auch dazu bietet das „Stippenzieher“-Buch schöne Details), wird Deutschland, wie das Handelsblatt veröffentlicht, ein Paradies für unseriöse Finanzunternehmen bleiben. (www.nachdenkseiten.de/?p=20907#h07 externer Link, vgl. dazu jüngst auch wieder das Euro-Memo – insbesondere schon in der Ziff. 4 („Steuerwesen in der EU“) in der „Zusammenfassung“ des Euro-Memo`s: www.nachdenkseiten.de/?p=20902#h06 externer Link)

Wie diese Zementierung einer weiterhin führenden Rolle des Investmentbanking duch die deutschen Aufsichtbehörden auch erst einmal festgeklopft werden soll, macht die Entscheidung von Bafin und Bundesbank deutlich, dass Deutsche Banken ihre Bonus-System gar nicht abschaffen dürfen (vgl. ausführlich Nina Luttmer in der FR vom 1.3.14 (= nicht im Netz) oder auch http://www.all-in.de/nachrichten/deutschland_welt/wirtschaft/Zeitung-Deutsche-Banken-duerfen-ihre-Bonussysteme-nicht-abschaffen;art15813,1551141 externer Link)

Die Durchsetzung einer Regulierung nach dem Trennbankensystem, um den Schaden für den Steuerzahler endlich effektiv zu begrenzen, rückt damit wieder in weite Ferne: Hoch lebe die Finanzindustrie erscheint als die einzige „alternativlose“ Möglichkeit für die politischen Eliten weiterhin!

So geht die Echternacher Springprozession gegenüber der Finanzbranche weiter: ein wenig voran und wieder zurück! Ein Ende ist nicht absehbar!

Wir befinden uns als keineswegs mit und in Europa auf einem geraden Weg in die Regulierung der die Krise verursachenden und immer wieder vorantreibenden Finanzindustrie, sondern diese „Echternacher Springprozession in Europa geht fröhlich weiter – und damit bleibt eine Auflösung der Eurozone und die „Zerstörung“ der gemeinsamen Währung weiter nicht ausgeschlossen.

Obwohl bisher auch China als Drohung und Mahnung manch Schlimmes gegen den Euro schon – gerade gegenüber Merkel – verhindern konnte. Deshalb erscheint auch als Begleiterin dieses Prozesses eine „Kassandra“ wie Sarah Wagenknecht von nicht wegzudenkender Bedeutung. (vgl. „Linker Zwist über Euro-Rettung: An die Wand gefahren“ – und dort vor allem den letzten Absatz: https://www.labournet.de/?p=54105)

Dies wird umso „entscheidender“, weil das deutsche Bundesverfassungsgericht Europa jetzt einfach deutsch-national rückgebunden hat mit seiner jüngsten Entscheidung – und diese Botschaft dem Europäischen Gerichtshof quasi als deutsche „Diktat“ vorgegeben hat – was Wolfgang Janisch in der „Süddeutschen“ zu dem entsetzten Ausruf für die Perspektive eines gemeinsam-gedachten Europa veranlasste: „Amtsanmaßung“ (vgl. „Streit um EZB-Anleihekäufe: Karlsruhe zweifelt an Europolitik“: https://www.labournet.de/?p=52748)

Diese „Renationalisierung“ von Europa auf die nationale – vor allem wohl deutsche – Ebene hat das Gericht noch mit seinem nächsten Urteil zu Europa – dem Kippen der Drei-Prozent-Klausel“ unterstrichen. (vgl. dazu „Europa-Parlament – ein Rummelplatz?“: http://www.sueddeutsche.de/politik/urteil-zur-drei-prozent-huerde-das-europaparlament-ein-rummelplatz-1.1898773 externer Link – sowie „Urteil zur Drei-Prozent-Klausel – Eine höchtrichterliche Abwertung der Europawahl“: http://www.nachdenkseiten.de/?p=20897 externer Link oder auch „Gekippte Drei-Prozent-Klausel: Ein Urteil gegen Europa“: http://www.sueddeutsche.de/politik/entscheidung-zur-drei-prozent-huerde-ein-urteil-gegen-europa-1.1899290 externer Link)

Wie in diesem Buch „Europas Strippenzieher“ breit geschildert, wird es nun wieder zu einem „Count-Down“ kommen müssen, der entweder diese auch von Merkel so „fulminant“ betriebene Nationalisierung in Europa bis zu ihrem bitteren Ende vorantreibt: der Auflösung des Euro – oder doch wieder einmal eine Hintertür für einen – vielleicht wieder zeitlich begrenzten „Ausweg“ öffnet?

Deshalb wird die Rolle der Kassandra, die Sarah Wagenknecht von der Linken bisher so gut besetzt hat, weiter benötigt.

In einer Rede vor dem britischen Parlament hat die deutsche Kanzlerin auch nicht einen Weg aus dieser Krise skizziert, sondern nur die Schwierigkeiten auf diesem Wege beschrieben – ein Ende ist nicht absehbar! Für das gemeinsame Europa bleibt der Weg einfach das Ziel – mit allen Vorwärts und Zurücks einer Echternacher Springprozession – je nach der Möglichkeit die eigenen (nationalen) Interessen für die „eigenen“ Banken wieder zu wahren. (http://www.sueddeutsche.de/politik/rede-vor-dem-britischen-parlament-merkels-vorlesung-in-europa-realismus-1.1899946 externer Link)

Dennoch: Ergebnis dieser Politik für die Finanzindustrie von Kanzlerin Merkel in Deutschland bleibt ein Rekord an Ungleichheit.

In der Vermögensverteilung bleibt Deutschland dadurch ein tief gespaltenes Land: Noch ein Rekord für Deutschland – im wirtschaftlich stärksten Land der Eurozone ist auch die Ungleichverteilung Spitze. Nirgends sind die Unterschiede so groß. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=20902#h03 externer Link) Dabei hat gerade auch das IWF festgehalten, dass es mit solch ungleichem Einkommen auch kein Wachstum geben wird. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=20902#h10 externer Link, siehe weiter z.B. auch „Ein Ausweg nur über die Verteilungsfrage…“ auf der Seite 5 f. bei https://www.labournet.de/?p=53716)

Und so wird Europa zur „Union der Armen“: Während an den Finanzmärkten die Euro-Krise abgehakt scheint – die Aktienkurse steigen, schmerzt die Krise die Menschen kollosal weiter: 19, 2 Millionen Menschen in der Eurozone sind arbeitslos (http://www.fr-online.de/schuldenkrise/eurokrise-union-der-armen,1471908,26427026.html externer Link)

Das „Euro-Memo“ macht auch noch klar, wie ungleich diese Folgen in der Eurozone verteilt sind. Unter der Überschrift „Europa spaltet sich“ schreiben die Wissenschaftler, die Finanz- und Wirtschaftskrise hatte für viele Menschen in Europa sehr rückschrittliche soziale Auswirkungen: hohe Arbeitslosigkeit, Armut und eine verlorene Zukunft für viele junge Menschen. Nach den jüngsten EU-Statistiken ist jeder vierte EU-Bürger arm und jeder achte der Erwerbsbevölkerung ist ohne Arbeit. Die hohe Jugendarbeitslossigkeit ist besonders besorgniserregend: Jeder vierte Jugendliche in der EU ist arbeitslos, in Griechenland, Spanien und Italien gar jeder zweite oder dritte. Die hohe Arbeitslosigkeit und Armut haben die Verhandlungsposition der Beschäftigten gegenüber den Arbeitgebern geschwächt – eine Entwicklung, die das Entstehen prekärer Beschäftigungsver-hältnisse begünstigt haben: jeder fünfte Arbeitsvertrag in der EU ist befristet und Kurzarbeit oder unfreiwillige Halbtagsarbeit breiten sich seit Ausbruch der Krise in Europa weiter aus. (vgl. dazu die Ziff. 5 in der Zusammenfassung des „Euro-Memos“ bei www.nachdenkseiten.de/?p=20902#h06 externer Link)

Aber selbst in dieser – ökonomisch gesehen – „Insel der Glückseligen“, in Deutschland, gibt es nicht nur 3,2 Millionen offizielle Arbeitslose, sondern auch noch zwei Millionen sogenannte Schattenarbeitslose. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/stille-reserve-zwei-millionen-schatten-arbeitslose-1.1901012 externer Link)

Und die europäischen Gewerkschaften weiter als unsichere „Kantonisten“? Die Unfähigkeit zu einem gemeinsamen Europa-Projekt

In diesem Zusammenhang muss so dringend die Verteilungsfrage gelöst werden. (siehe dazu: eine echte Gesundung der Wirtschaft kann eben nicht nur durch eine staatlich initiierte Investitionsförderung angegangen werden, sondern muss auch die „konsumtive Frage“ sich vornehmen – und damit die Schieflage der Einkommenverhältnisse vor allem auch und gerade erst einmal in Deutschland angehen, anstatt das Lohn-Niveau über einen Wettbewerbspakt a la Merkel weiter – gemäß dem Druck aus „old Germany“ – in den anderen Ländern noch tiefer zu drücken. Vgl. in der Mitte der Seite 5 bei https://www.labournet.de/?p=53716)

Daher ist es auch spannend wie die beiden Autoren Gammelin und Löw auf die Rolle der Gewerkschaften in diesem Prozess der Euro(pa)-Werdung eingehen. Sie widmen einen ganzen Abschnitt auch noch den Gewerkschaften (S. 142 bis 147) unter der Überschrift „Zögerliche Gewerkschaften“ – und auch hier bringen sie in ihrer Darstellung das Problem der Europäischen Gewerkschaften angemessen auf den Punkt, indem sie einerseits die Unfähigkeit der europäischen Gewerkschaften – vor allem in der Form des EGB – für ein gemeinsames Projekt Europa – gerade in der Lohnfrage jeweils „gefangen“ in ihrer betreffenden nationalen Agenda – schildern, und andererseits darstellen wie die Gewerkschaften diese Unfähigkeit zu einer Gemeinsamkeit zuzudecken versuchen mit lediglich plakativen Slogans für ein soziales Europa – ganz ohne politischen „Biss“ und ökonomischen Zusammenhang.

So legten diese Autoren auch auch auf diesem Gebiet die Maßstäbe für den Europa-Wahlkampf fest – und damit höher und präziser als bisher!

P.S.: Und nach der TAZ hat inzwischen doch auch der „Spiegel“ diesem Buch eine Würdigung angedeihen lassen (= nicht so deutlich auf den Punkt gebracht wie bei Misik: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/euro-krise-rezension-gammelin-loew-die-strippenzieher-a-956274.html externer Link)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=54334
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