Gegen die Überwältigung durch eine Regierung mit dem Prinzip der Alternativlosigkeit
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 5.11.2013
Koalitionsverhandlungen: Das Prinzip Alternativlosigkeit / von Stephan Hebel
Heute habe ich einmal versucht, einen Kommentar in seiner schlüssigen und konsequenten Argumentation nicht durch kommentierende Einsprengsel zu erweitern, sondern ihn in seinem „Fluss“ zur Freude des Lesers / der Leserin zu erhalten. Die m.E. dennoch sinnvollen Vertiefungen und Klärungen habe ich als „Amerkungen“ mit den Ziffern 1 bis 3 einfach folgen lassen. Wem also dieser in sich schon wunderbare Kommentar reicht, kann auch auf die Anmerkungen verzichten.
Was bleibt? – Eine bloße Politik der Ankündigungen (Das Beispiel Finanztransaktionssteuer)
Der erste Erfolg der schwarz-roten Koalitionsverhandlungen – zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer – ist genau der gleiche, den Rot-Grün vor mehr als einem Jahr in der Opposition erzielte. Wozu soll also die SPD mitregieren? Warum, bitte, braucht man eine Koalition, um eine Wiederholung von Ankündigungen zu erreichen, auf die 16 Monate lang so gut wie gar nichts folgte? (siehe 1.) Es wäre nicht sehr schön für die Demokratie, wenn diese Spekulation auf die Vergesslichkeit des Wahlvolkes verfangen würde.
Am Beispiel der Fimanztransaktionssteuer zeigt sich noch etwas anderes, das die großkoalitionäre Zeit, die uns bevorsteht, zur bleiernen Ära machen könnte: In dem Moment, in dem die Oppositionspartei SPD in die Regierung wechselt, wird es weitgehend vorbei sein mit solchen – auch nur – symbolischen Verhandlungserfolgen. Der Koalitionsvertrag dürfte wie ein Bremsklotz wirken für ein zentrales Moment demokratischer Prozesse: den Streit um Lösungen, bei dem der Sieger nicht von vorneherein feststeht.
Durch einen Rückblick sei dies verdeutlicht: Im Juni 2012 benötigte die Regierung die Stimmen der Opposition (und aus den rot-grün geführten Ländern), um den Fiskalpakt durchzusetzen, also das Merkel`sche Herzensanliegen, ganz Europa auf ihre schädlich überzogenen Sparpolitk zu verpflichten. (siehe 2.) Die versprochene Gegenleistung namens Finanztransaktionssteuer wäre zwar auch dann nicht üppig gewesen, wenn die (damalige) Regierung das Versprechen eingelöst hätte. Aber es war – damals – klar: Wenigstens dann, wenn das Grundgesetz berührt wird und die Regierung eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht, verfügt das andere politische Lager über die notwendigen Mittel etwas zu bewegen.
Noch einmal: während der laufenden Verhandlungen, kann die SPD jetzt mit einem „Nein“ bei ihrem Mitgliederentscheid drohen, um wenigstens das zu erreichen, was sie auch als Oppositionspartei bekam. Mehr aber auch nicht: Die Forderung die Krisenlast in Europa durch einen Schuldentilgungsfonds – wie ihn der Sachverständigenrat für Wirtschaft forderte – etwas fairer zu verteilen, lehnt die Union so unbelehrber ab wie im Juni 2012, als Rot-Grün diesen Fonds schon einmal verlangte. (siehe dazu 3.) Es wird schädlich für die Demokratie, wenn nun diese Alternativlosigkeit zum Strukturprinzip dieser zukünftigen Regierung erhoben wird. FR (http://www.fr-online.de/bundestagswahl—hintergrund/koalitionsverhandlungen-leitartikel-das-prinzip-alternativlosigkeit,23998104,24839650,view,asFirstTeaser.html )
1.) Finanztransaktionssteuer als „Linsengericht“ für den Verkauf der sozialdemokratischen Seele
Als 1.) Anmerkung vergleiche dazu doch einfach u.a. den Abschnitt „Und der Merkel`sche Dauerbrenner Finanztransaktionssteuer – vor dem endgültigen „Aus“?“ auf der Seite 10 bei (https://www.labournet.de/?p=44179) – um dabei gleichzeitig nicht zu vergessen, auch den Zusammenhang mit dem Fiskalpakt genannten allgemeinen „unwiederruflichen“ Spardiktat mit der Finanztransaktionssteuer bei der Sozialdemokratie herzustellen: in dem Abschnitt „Fiskalpakt: Verkauft die Sozialdemokratie ihre Seele (die Sozialstaatlichkeit und Demokratie) für ein Linsengericht (die Finanztransaktionssteuer)? auf der Seite 6 bei http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl33.html = eine Übersicht vom 12. Juni 2012 oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=13587#h07 )
Und so machte schon die darauf folgende Bundestagsdebatte damals klar, dass der ganze politische Deal beim Fiskalpakt mit der „Gegengabe“ einer Finanztransaktionssteuer ausgehen würde wie das Hornberger Schießen (= Großer Aufwand aufgeboten, ohne die geringste Wirkung zu erzielen) (vgl. die Seite 3 bei (http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/fiskal_bahl1.html) Und das Risiko mit dem Fiskalpakt auf der anderen Seite war und ist groß, da er das ökonomische Scheitern des gesamten europäischen Euro-Projektes in sich birgt. (ebenda auf der Seite 3)
2.) Merkel`s Wahlkampf für die Euro-zerstörende Fiskal-Pakt-Spar-„Stabilitäts“-Union
zu 2.) siehe dazu die Übersicht vom 26.07. 2012 „Merkels Kampf in Europa für eine Stabilitätsunion – und wo sind die Alternativen?“ – Die Bundestagswahl 2013 als Volksabstimmung für ihre Stabilitätsunion (http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl36.html) und dort insbesondere die Abschnitte „Deutschland wieder über alles in Europa (?)….“ auf der Seite 1, den Abschnitt „Und Merkel Deutschland scheint sich weiter für die schlechten Risiken zu entscheiden – schlechte Risiken und lediglich gekaufte Zeit für den „Untergang“ des Euro.“ ff. auf den Seiten 2 f. sowie vor allem noch den Abschnitt „Europa der Nothelfer für die Spekulation der Banken“ auf den Seiten 5 f.
Makroökonomie ist keine moralische Veranstaltung, sondern zeigt „technische“ Funktionsstörungen auf
Bei allen asozialen Folgen für die Mehrheit der Bevölkerung, den diese ganze Sparpolitik hervorbringt, wie der Nobelpreisträger Paul Krugman ausführlich vorträgt, kommt er doch auch zu dem etwas resignierenden Schluss: Ist der immer noch vorherrschende Austeritätsimpuls also ein rein psychologisches Phänomen von entweder fälschlich moralisierenden Leuten (= der Fortschritt der Keynesschen Ökonomie war doch gerade die grundsätzliche Annahme, dass Makroökonomie keine Moralität, kein Morality Play ist, sondern dass Depressionen vielmehr im Wesentlichen technische Funktionsstörungen sind) oder einfach falsch „kalkulierenden“ Forschern? (vgl. auch Paul Krugman zur Scharlatanerie von Reinhart-Rogoff (www.nachdenkseiten.de/?p=16972 sowie www.nachdenkseiten.de/?p=19015#h05 ) Dennoch ist ideologische „Treue“ für die EU wichtiger als eine realitische Politik gegen das falsche Spardenken. So verschwand ein die deutsche Sparpolitik kritisierendes EU-Papier zunächst einfach von der EU-Website – wie uns leider nur der österreichische Standad berichtete, denn die deutsche Presse erweist sich dafür als zu „linientreu“. (http://derstandard.at/1381369623520/Wirbel-um-EU-Phantomstudie )
Die Studie zeigte auf, dass Sparen – wie es doch so offensichtlich sich laufend in den Fakten ausdrückt – stärker auf das Wachstum drückt als bisher angenommen. Aber schließlich nimmt sich der Ökonom auch Deutschland noch einmal speziell vor: Deutschland hat auf die falsche Strategie gesetzt, da die Bundesrepublik wegen der Kapitalflucht aus Südeuropa günstig an Kredite kam, hätte – zumindest! – die Regierung in Berlin nicht sparen, sondern in Infratrukturprojekte investieren müssen. Dasselbe gelte auch für Österreich, die Niederlande und Finnland. (http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/economic_paper/2013/ecp506_en.htm ) Aber auch diese Fakten werden keine Merkel – in ihrer Treue fest zum Spar-Diktat-Dogma – je umstimmen können. Lieber sorgt man dafür, dass so etwas nicht veröffentlicht wird – auch wenn es nicht immer ganz klappt.
Doch ein Eigeninteresse bei der Austeritätspolitik: Priorität für die reichen Kreditgeber
Nein, bei dieser Austeritätspolitik ist auch eine ordentliche Portion Eigeninteresse im Spiel. Wie viele Beobachter feststellen, wird durch diese Abkehr von haushalts- und geldpolitischen Anreizen den Kreditgebern die Priorität gegenüber Arbeitnehmern eingeräumt. Wenn trotz massenhafter Arbeitslosigkeit die staatlichen Haushaltsdefizite zusammengestrichen werden, mag das zwar die Depression verschärfen. Es verschafft aber Anleihebesitzern mehr Sicherheit, dass ihr Geld vollständig zurückbezahlt wird. (Paul Krugman, „Austerität: Der Einsturz eines Glaubensgebäudes“ – vor allem auf der Seite 8 f. (http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2013/juli/austeritaet-der-einsturz-eines-glaubensgebaeudes )
Ein Ende dieses Reichtums-Vermehrungs-spiels – auch im Interesse der Reichen? Steuererhöhungen für die Besserverdienenden müssen auf die Tagesordnung
Dem würde wohl Ulrike Herrmann – jedenfalls auf längere Sicht – etwas widersprechen wollen: Da sie auf „Dauer“ ein Ende dieses Reichtums-Vermehrungsspiels herannahen sieht: Wer reich bleiben will muss Keynes lesen – dieses Geld „wandert“ letztlich sinnlos,.denn nur beim Staat und bei den normalen Arbeitnehmern wäre jeder „Zusatz“-Euro bestens angelegt. (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2013%2F10%2F25%2Fa0108&cHash=1f627e8a163d10f270a0d0ef57938009 ) Steuererhöhungen sind jetzt ganz aktuell für sie die realistische und eigentlich vollkommen logische Antwort (siehe dazu „Steuererhöhungen sind kein Thema…“ (www.nachdenkseiten.de/?p=19047 ) sowie auch noch „Chronik der Steuererleichterungen für Reiche und Unternehmer“ (www.nachdenkseiten.de/?p=18433 ) auf diesen derzeit stattfindenden Aktienboom, der in der realen Wirtschaftswelt keinerlei Spuren hinterlassen konnte: Der DAX hat sich in den letzten beiden Jahren fast verdoppelt – aber die deutsche Wirtschaftsleistung ist in dieser Zeit nur um 1,2 Prozente gewachsen. So basiert der jetzige Höhenflug nicht auf ökonomischen Fakten, sondern auf Psychologie. Diese Aktienblase macht jedoch überdeutlich, (siehe dazu auch Stephan Schulmeister`s Aufsatz weiter unten = siehe den Abschnitt zur „EBI“) dass das Geld falsch verteilt ist. Die reichen Anleger wissen nicht, wo sie ihr Geld sinnvoll investieren können – während die Reallöhne der Normalverdiener seit der Jahrtausendwende gefallen sind. (vgl. dazu weiter unten auch den Abschnitt zum „Exportüberschuss-Lohndumping-Modell“ aus Deutschland)
Dieses ökonomische Missverhältnis zwischen dem vielen Geld, das händeringend nach Anlagen sucht, und dem sinkenden Einkommen bis hin zur steigenden Armut in unserer Gesellschaft, muss schon aus ökonomischen Gründen – die Gerechtigkeit ist dann nur ein zusätzlicher Beweggrund – durch die Steuerpoltik korrigiert werden, so macht es Ulrike Herrmann uns deutlich, – wenn man einen Crash noch verhindern will. (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a2&dig=2013%2F10%2F26%2Fa0167&cHash=bf37c2868b44fa65cc957ddb83bcb3fd )
Weiter erst einmal mit dem „Krieg gegen die Armen“
Da die Politik jedoch weiterhin nicht den Mut haben wird, diese falsche und krisenförderliche Verteilung zu korrigieren, bleibt es erst einmal bei diesem Krieg gegen die Armen mit dem Soar-Austeritäts-Diktat, wie Paul Krugman die Situation in einem kürzlichen Kommentar aktuell zuspitzt. Ja Paul Krugman hat seine Diktion diesbezüglich inzwischen auch zugespitzt – und betrachtet dies permanent weitere Streben nach Austerität bloß noch als „War on the Poor“ („Krieg gegen die Armen“, www.nachdenkseiten.de/?p=19138#h06 ) Ja, es erscheint schon wie ein Treppenwitz der Geschichte, dass jetzt die Sozialdemokratie ein treibender Teil dieses „Krieges gegen die Armen“ bleibt.
Dennoch: Deutschland will „nur“ auf Kosten der Steuerzahler die Banken retten
Dies kann jetzt ganz aktuell noch ergänzt werden durch eine Vergleichsanalyse für die Bankenrettung in Deutschland auf der Grundlage von IWF-Materialien durch Sven Giegold, der dann nur noch resümierte „Rettet die Gläubiger und Aktionäre“ (http://www.sven-giegold.de/2013/rettet-die-glaubiger-und-aktionare/ ) Demnach gab die US-Regierung – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – weniger Geld aus, um marode Banken zu stützen. Vor allem aber erhielt sie ihre Dollar zu 100 Prozent zurück. Der deutsche Staat blieb daggen laut der IWF-Bilanz auf den Kosten in Höhe von knapp 11 Prozent des Brutto-Inlandsproduktes sitzen. Im Durchschnitt aller Industrieländer dagegen beliefen sich die Verluste bis jetzt auf 2,9 Prozent. (http://www.fr-online.de/wirtschaft/bankenrettung-teure-prinzipienreiterei,1472780,24793030.html )
Früher meinten die deutschen Konservativen über die Sozialdemokraten lästern zu können,“die Sozis verstünden nichts vom Geld“ – heute muss man ganz allgemein sagen, die Deutschen verstehen nichts vom Geld des Finanzkapitals “ Vergleiche dazu auch den „Bericht zu Kosten der Bankenrettung: „Stupid German Money“ ohne Ende? (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bericht-des-waehrungsfonds-deutschland-zahlt-ueberdurchschnittlich-viel-fuer-bankenrettung-1.1796045 ) Der deutsche Bankensektor war weder solide aufgestellt, noch gut überwacht, sagt der Grünen-Politiker Sven Giegold. Die Schlussabrechnung werde der deutsche Steuerzahler wohl erst in ein paar Jahren erhalten.
Wirkung der bisherigen Bankenregulierung fraglich
Inwieweit eine mögliche Einigung auf Stresstests und zur Abwicklung maroder Banken (www.nachdenkseiten.de/?p=19015#h10 ) weiterhelfen kann, muss man angesichts der bisherigen Ankündigungspolitik gegenüber dem Finanzsektor auch erst einmal abwarten. Erst einmal jedoch belasten eine Billion an faulen Krediten Europas Banken (www.nachdenkseiten.de/?p=19081#h05 ) Aber zur Bankenabwicklung gibt es in der EU nur „Zahlensalat zum Dinner“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eu-gipfel-zur-abwicklung-maroder-banken-zahlensalat-zum-dinner-1.1802602 )
3.) Schuldentigungsfonds zum Ausgleich?
Ja auch der Schuldentilgungsfonds hat – auch in seinem Verhältnis zum Fiskalpakt – seine Geschichte. Hatte doch der Sachverständigenrat für Wirtschaft ihn schon als notwenige Ergänzung vorgeschlagen (http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/download/publikationen/arbeitspapier_01_2012.pdf ) Und es wurde festgestellt, dass er verfassungskonform sein kann (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/neues-gutachten-schuldentilgungsfonds-kann-verfassungskonform-sein-11832833.html ) Im Bundestag ist er natürlich umstritten (http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2012/40395232_kw36_europa_union/ ) während das Europa-Parlament ihn befürwortet (http://www.nachdenkseiten.de/?p=14379#h04 )
Oder sind doch Eurobonds die für Europa angemessensten Lösungen?
Aber ein wenig erscheint das immer wieder als ein „Ausweichmanöver“ gegenüber der konsequenteren Lösung mit Eurobonds, denen die deutsche Kanzlerin Merkel ihren ganzen Kampf angesagt hatte, als sie dies einfach „des Teufels“. (vgl dazu „Merkels alternativlose Herrschaft der Finanzmärkte in Gefahr: Der Kampf um die Eurobonds – ein Kampf um die Entmachtung der Fianzmärkte“ vom 22.5. 2012 (http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl31.html) Ja, während Deutschland sich Merkel`sch marktkonform seine eigene Erzählung „schuld sind immer die Anderen“ als „Schuldenkrise“ zurechtbastelt, wird in den „anderen“ Ländern der Eurozone doch immer mehr eine andere Erzählung auch gesehen – nämlich die deutsche Mitverantwortung für die Ursachen der Krise. Deshalb weiter noch die Frage aktuell: „Warum lohnt sich ein Kollissionskurs mit der deutschen Kanzlerin? (vgl. dazu die Seite 1 unten bei http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl46.html)
USA stellt das Exportüberschuss-Lohndumping-Modell aus Deutschland in Frage. – Exportschlager Arbeitslosigkeit –
Nachdem die Europäer dazu allenfalls den Mund gespitzt haben, ohne zu pfeifen (vgl. dazu „Deutsche Vormacht in Europa: Frankriechs Linke träumt von Anti-Deutschland-Bund“ (17.5.2013): https://www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-krise/eukrise-allg/deutsche-vormacht-in-europa-frankreichs-linke-traumt-von-anti-deutschland-bund/) hat jetzt doch das US-Ministerium in seinem Bericht an den Kongress Klartext geredet: „Das Wirtschaftswachstum in Deutschland ist weiterhin abhängig von Außenhandelsüberschüssen – auf der Basis dieses spezifisch deutschen Exportüberschuss-Lohndumping-Modells -, die den außenwirtschaftlichen Anpassungsprozess im Euro-Raum – gemeint sind die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte innerhalb der Europäischen Währungsunion – verzögern. (http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/2013/10/us-finanzministerium-liest-deutschland-leviten-sie-werden-auf-taube-ohren-stosen/ )
Die tauben Ohren werden in Deutschland dann „großkoalitionär“ sein – und es bleibt allenfalls der „Mini“-Opposition der Linken im Bundestag überlassen, dies wieder einmal zu thematisieren. (siehe dazu „Report to Congress on International Economic and Exchange Rate Policies“ – Die USA wollen dass Deutschland weniger auf den Export setzt und mehr für die Binnennachfrage tut“ http://www.axel-troost.de/article/7446.report-to-congress-on-international-economic-and-exchange-rate-policies.html )
Robert von Heusinger bringt diese Exportüberschuss-Politik doch klar auf den Punkt: „Exportschlager Arbeitslosigkeit“: Die Kritik der USA an der deutschen Abhängigkeit von Ausfuhren ist nur allzu berechtigt. Denn die Jobs, die bei uns – durch dieses Modell – entstehen, fehlen anderswo. Das kann auf Dauer nicht gut gehen! (http://www.fr-online.de/meinung/leitartikel-wirtschaftspolitik-exportschlager-arbeitslosigkeit,1472602,24844604.html )
So sehr selbst die deutschen Gewerkschaften der SPD ihr großkoalitionäres „Appeasement“-Geschäft an Merkels Stabilitäts-Union (= hatte sie nicht, dies quasi zum „Plebiszit“ für dein Bundestagswahl gemacht?) einfach inzwischen mittragen – und jegliche Solidarität mit den anderen europäischen Gewerkschaften hinter sich gelassen haben. (vgl. dazu „Die Welt der Potemkinschen Dörfer des Arbeitsmarktes – oder die „Jobwunder-Märchen“ – Das lohndumpende Deutschland außer Kontrolle – „für“ ein Ende der gemeinsamen Eurozone“ https://www.labournet.de/?p=43343 oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=18486#h07 )
Widerspruch hiergegen kommt wiederum gerade noch von der Linken, wo Michael Schlecht moniert: „Merkels bittere Medizin bewirkt keine Heilung“ (www.nachdenkseiten.de/?p=19015#h12 – oder noch breiter www.nachdenkseiten.de/?p=17592#h04 ). Als Gegenmittel schlägt er den Krisenländern noch einmal – was schon George Soros und Heiner Flassbeck taten -, gemeinsam aufzutreten – und dann entweder den Ausschluss von Deutschland aus der Eurozone zu fordern oder mit einer gemeinsamen Neugründung einer Währungszone zu drohen.
Gemeinsames Europa wird mit dieser Regierung wohl in einer Krise ohne Ende beerdigt werden müssen – Fiskalpakt durch Wettbewerbspakt getoppt –
Allein über einen verbesserten Aussenhandel (= Exportüberschuss) wird ein solides Wirtschaftswachstum in den Krisenländern ohnehin nicht zu erreichen sein. Ein dauerhaftes Miniwachstum in den Krisenländern macht außerdem ein Herauswachsen aus den Staatsschulden unmöglich. So führt Merkel Europa nicht aus der Krise, sondern in eine Krise ohne Ende. Und nun steht noch Merkels erneuter Versuch den Fiskalpakt noch durch Wettbewerbspakte in Europa zu toppen: Merkels jetzt erneuerter Versuch zur neoliberalen Dressur Europas durch Wettbewerbspakte – Marktkonform statt rechtskonform. (www.nachdenkseiten.de/?p=19028#h06 )
Wenn auch aus der SPD-Bundestagsfraktion noch eine klare – aber wohl zu schwache – Stimme für eine Umkehr zu vernehmen war: Statt einem Fiskalpakt, der die Mitgliedsstaaten zur Einführung einer Schuldenbremse verpflichtet, brauchen wir einen Sozialpakt mit einer Sozialabbau-Bremse für Löhne, Renten und Gesundheitsleistungen (http://www.spdfraktion.de/themen/europa-braucht-die-wende )
Nur wenn man auf die Verhandlungen zu Europa blickt, wird dies wenig Chancen in dieser Koalition haben. Der Gedanke von einem gemeinsamen Europa wird mit dieser Koalition wohl „beerdigt“ werden können. So tönt es aus der Union auch: „Ein Schuldentilgungsfonds ist mit der Union nicht zumachen – und über Eurobonds haben wir erst gar nicht gesprochen“… (http://www.fr-online.de/bundestagswahl—hintergrund/koalitionsgespaeche-beschwingtheit-verflogen,23998104,24834528.html )
Wird damit das Ende der gemeinsamen Währung Euro durch diese große Koalition endgültig besiegelt? – Und gleichzeitig wird die Demokratie abgeschafft –
Es wird eine Frage sein, wie lange das politische System, bzw. die „Systeme“ noch durch die ständig steigende Armut stabil bleiben können. Teresa Cavero und Krisnah Poinasami haben in einer Studie für Oxfam genauer aufgezeichnet, wie und in welchen Ausmaß durch diese Austeritätspolitik in Europa die Armut zurückkehrt. (http://www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org/wearchiv/042ae6a14f0bd4d03/042ae6a2590711a01.php )
Und ihrer Studie vorangestellt haben sie ein Zitat des Nobelpreisträgers Joseph Stiglitz: „Ich wünschte, Merkel könnte verstehen, dass Austerität zu abnehmender Leistungskraft der Wirtschaft, zu höherer Arbeitslosigkeit, niedrigeren Löhnen und mehr Ungleichheit führt. Es gibt kein Beispiel für eine große Volkswirtschaft, die durch Austerität zu Wachstum gekommen ist“. (siehe auch oben Paul Krugman – sowie den IMK-Report 86 zur Situation im Herbst 86: Außer der Arbeitslosigkeit und der Staatsschuldenquote steigt – in den Krisenländern – nichts … – siehe dazu www.nachdenkseiten.de/?p=18856#h04 ) – auch wenn dort die Krisenursache des Lohndumping „unterschlagen“ wird, die in früheren Analysen des IMK eine entscheidende Rolle noch gespielt hatten)
Nur kann man nirgends eine ökonomische Strategie entdecken, die dem aktuell bevorstehenden Abdriften in Arbeitslosigkeit entgegenwirkt, stattdessen werden die europäischen Staaten mit dem jetzt anstehenden Wettbewerbspakt, der nicht in Frage gestellt wird, so quasi zu weiterer Armut verdonnert. (www.nachdenkseiten.de/?p=19050#h04 und noch www.nachdenkseiten.de/?p=19050#h03 ) Was nimmt es also Wunder, dass zur Europawahl die Gefahr von rechts wächst. (www.sueddeutsche.de/politik/europawahl-warum-die-gefahr-von-rechts-waechst-1.1806362 ) Nur muss das die Merkel`sche Politik wenig tangieren, denn mit dem Pakt für Wettbewerbsfähigkeit werden auch noch die demokratischen Rechte in Europa so beschnitten – und die demokratisch gewählten Regierungen werden weitgehend einfach entmündigt. (http://lostineu.eu/naechste-wahlbetrug/ ) Ja, so schafft man – scheinbar ohne großes Aufsehen -, wozu Hitler noch ein Ermächtigungsgesetz benötigte.
Und Griechenland allen voran am Abgrund
In Griechenland sinken die Einkommen um 40 Prozent – und so stürzen die Griechen massenweise in Armut. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechenland-absturz-in-die-armut-1.1800856 und www.nachdenkseiten.de/?p=19028#h03 ) Politisch versinkt Griechenland – nach dem „gewohnten“ Muster Wirtschaftskrise führt zum Rechtradikalismus – politisch im Chaos: Terror und Gegenterror (http://www.sueddeutsche.de/politik/angriff-auf-neonazis-in-griechenland-terror-und-gegen-terror-1.1809684 ) Aber das hindert die spekulierenden Hedgefonds nicht, auf Profite aus Anteilen an griechischen Banken zu wetten, die zuvor mit öffentlichen Kapitalhilfen „gerettet“ wurden. Und zugleich erhöhen diese Kapitalsammler den Druck auf Athen, die Privatisierung des Bankensektors voranzutreiben. (siehe Rudolf Hickel „In Hellas viel Asche, aber kein Phoenix“ http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=au&dig=2013%2F10%2F11%2Fa0137&cHash=2766d0a443395087aeb6fec2f10ac583 sowie www.nachdenkseiten.de/?p=18918 ) So setzen die großen Hedgefonds eben auf die griechischen Banken (http://www.faz.net/-hhl-7i7k7 ) Wer es noch genau wissen will, ob Griechenland auf „Weimarer Verhältnisse“ zusteuert, der kann dies mit Niels Kadritzke auch ausführlicher tun (www.nachdenkseiten.de/?p=19136 )
Und Italien nicht weit davon
So beschließt Italien Notmaßnahmen gegen das Haushaltsdefizit, – das natürlich auch hier unter der desaströsen Ägide der Austerität nur wächst (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/italien-kabinett-beschliesst-notmassnahmen-gegen-haushaltsdefizit-1.1791418 ) Resignierend veranlasst das den italienischen Ökonomen zu der entsetzten Aussage: Die EU-Auflagen treiben halb Europa in den Abgrund (http://www.jungewelt.de/2013/10-25/028.php )
Frankreich mit im Abwärtsstrudel
Das deutsche Lohndumping-Modell drückt auch die „Grande Nation“ wirtschaftlich weiter nach unten: Rekordarbeitslosigkeit in Frankreich (www.nachdenkseiten.de/?p=19050#h07 ) Und so wird es wohl auch bei den Europawahlen einen Rechtsruck in Frankreich geben: Rechtsextreme vor Wahlsieg in Frankreich bei den Europawahlen. (http://www.fr-online.de/politik/front-national–rechtsextreme-vor-wahlsieg-in-frankreich-,1472596,24590312.html ) So hat im Grunde die Deutsch-Merkel`sche Europa-Politik den enttäuschten französischen Wähler dorthin getrieben – mitsamt einem französischen und auch noch sozialistischen Staats-präsidenten Holland, der dem nur neoliberale Unterwerfung entgegenzusetzen hat: Auf jetzt zum „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“. (vgl. dazu auch noch einmal einen aktuellen Überblick „Frankreich will es selber angehen mit einem New Deal für Frankreich – und dem Druck auf die Löhne“ auf der Seite 7 bei https://www.labournet.de/?p=45417)
Auswegslos eingekesselt in in diese Alterntivlosigkeit – oder doch ein Entrinnen über eine „EBI“ („Europäische Bürger-Initiative“)
Stephan Schulmeister hat jetzt vehement Stellung bezogen gegen alle „Initiativen“ zur Euro-Auflösung, einfach weil der Prozess der Selbstzerstörung letztlich konsequenterweise nur zu einem Wirtschaftskrieg zwischen den EU-Ländern führen muss. Ein Zusammbruch der Währungsunion würde Europa daher unweigerlich in eine ökonomische, politische und soziale Katastrophe führen Für ihn ist daher der Erhalt des Euro eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für eine Überwindung der Krise. Die Hauptursache der Krise besteht eben darin, dass die – an sich richtige und ökonomisch wichtige – Gemeinschaftswährung des Euro unter finanzkapitalistischen Rahmenbedingungen und daher nach neoliberalen Regeln eingeführt wurde.(vgl. Stephan Schulmeister, „Euroabwicklung: Der finale Schritt in den Wirtschaftskrieg“ – in den „Blättern“ vom Oktober 2013 (http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/index.php?id=6 )
Für ihn gibt es ein Entrinnen aus dem Austeritäts-Beton von „Fiskal-Pakt“ und dann „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ („Der Euro als gemeinsame Währung war und ist das Richtige im Falschen“) jedoch vor allem über die Europäische Bürgerinitiative: Wie die USA in der Weltwirtschaftskrise braucht Europa heute einen „New Deal“ – und zwar jetzt und nicht erst am Tiefpunkt der Krise. Doch selbst wenn es heute europäische „Roosevelts“ gäbe, so könnten sie in einer EU von 28 Staaten keine Leadership entfalten, das über den jeweiligen Nationalstaat hinausgeht (- oder ist das „alternativlose“ Merkel-Europa-Oktroi nicht doch ein Gegenbeweis?) Vielleicht müsste – und könnte – stattdessen die Bevölkerung Europas ein machtvolles Signal aussenden – mit der EBI? Der fulminante Erfolg der „Europäischen Bürgerinitiative“ gegen die Wasser-Privatisierung hat doch gezeigt mit diesem Instrument kann man erfolgreich mobilisieren. (vgl. auch den Abschnitt „Nur wie kann man das ändern? Möglichst „demokratiekonform“!“ auf der Seite 2 bei https://www.labournet.de/politik/eu-politik/wipo-eu/vor-dem-juni-gipfel-der-eu-was-noch-fehlt-fur-eine-richtige-wahrungsunion/)
Es wird – und damit hat Stephan Schulmeister recht – bisher einfach zu wenig geredet, wie man mit solch einer EBI diese die Barrieren dieser geballten Macht der Wirtschaft (des Finanzkapitals) über die Politik für die Allgemeinheit überwinden könnte. (vgl. ab dem Abschnitt „Eine neue europäische Verfassung durch eine „Europäische Bürger-Initiative“ auf der Seite 3 ff. bei https://www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-verfassung/wann-kommt-die-unterwurfigkeit-zwischen-frankreich-und-deutschland-an-ihr-ende-stets-zu-diensten-als-motto-von-frankreichs-politik/)
Endlich doch noch eine europaweite Bürgerinitiative „Stop Austerity – promote a social Europe“
Deshalb meint Stephan Schulmeister, eine europaweite Bürgerinitiative unter dem Motto „Stop austerity – promote a social Europe“, welche in wenigen Punkten die Eckpfeiler des Europäischen Sozialmodells definiert und einfordert, könnte -so meint Schulmeister – leicht 30 Millionen Unterstützer finden. Dies würde eine Kursänderung erzwingen, gegen diese Regierungen und ihre neoliberalen Propagandisten.
Die Hauptforderungen dieser EBI müssten lauten:
- Erstens, das Gewinnstreben auf die Realwirtschaft zurückverlagern – durch strikte Finanzregulation.
- Zweitens, die Systeme der sozialen Sicherheit mssiv zu stärken.
- Drittens, die sozialpartnerschaftliche Lohnbildung durch europäische Tarifverträge zu koordinieren
- Viertens, öffentliche Investitionen in Bildung, Umwelt und Infrastruktur erheblich auszuweiten.
- Und schließlich fünftens, diesen New Deal durch Beiträge aller Bürger und Unternehmen entsprechend ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage zu finanzieren.
So könnte eine „Leadership von unten“ für ein soziales Europa entwickelt werden.
Kann die Eurozone doch noch gerettet werden?
Dieser Frage werden sich in den USA vom 4. bis 5. November einige ökonomische und politische Koryphäen den Kopf noch zerbrechen – nur inwieweit diese Stimmen der Vernunft noch über den Atlantik nach Deutschland dringen werden, muss man erst abwarten: „Can the Eurozone Be Saved?“ – ein Kongress in Austin / Texas (http://www.utexas.edu/lbj/events/2013/eurozone )
Aber vielleicht kann diese Frage – wenigstens ökonomisch auch gar nicht mehr so „offen“ in „old Germany“ diskutiert werden? (Dazu vielleicht ein anderes Mal noch mehr)