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Zum Arbeitskampf der KollegInnen von Neupack in Rotenburg – Stand Ende Juli 2013
Kommentar von Erich Kassel vom 20.07.2013
An die Unterstützer in Bremen! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Arbeitskampf ist noch nicht beendet, das Streikzelt steht noch und zwischen 14.15 Uhr und 15.30 Uhr treffen sich immer noch einige dort vor und nach ihrer Schicht. Die angefügten Artikel aus der TAZ und dem „Neuen Deutschland“ beschreiben die Situation, wie sie die IG BCE Ende Juni darstellte. Das Schreiben der SPD in Rotenburg toppt das noch.
Doch die Lage ist anders.
Die KollegInnen in Rotenburg fühlen sich wieder verarscht, denn Krügers haben die Zusagen bisher überhaupt nicht eingehalten, es sind keine Arbeitsplatzbeschreibungen zugestellt worden und über eine Betriebsvereinbarung wird nicht gesprochen. Was möglich ist, ist nur eine Regelungsabrede. Eine Übersicht über die neuen Einkommen enthält wieder unterschiedliche Löhne für gleiche Tätigkeiten und wird nicht von den KollegInnen in Rotenburg akzeptiert. Was zugesagt wurde, änderte Herr Krüger wieder. Außerdem werden KollegInnen während der Arbeit immer noch gemobbt.
Dadurch, dass seit langem nicht gestreikt wird, sind zu viel Arbeitskräfte in der Firma – die angestellten Streikbrechern plus die Stammbelegschaft. Die Läger sind voll und in den Gängen stapelt sich schon die Produktion. Deshalb sagen KollegInnen, dass ein Streik zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht sinnvoll ist, freuen sich regelrecht über die Probleme der Firmenleitung. Viele bekommen Urlaub und können sich durch das Azoren-Hoch-Wetter auch richtig sonnen und erholen.
Der Arbeitskampf ist den Krüger´s auf jeden Fall sehr teuer gekommen, nicht nur die Verstärkung des Managements ist es – z.B. mit dem Unternehmensberater Hoeck („wie wird man einen Betriebsrat los“) und den vielen Prozessen, auch die polnischen KollegInnen sind in Pensionen untergebracht. Doch das hat die Firmeninhaber nicht zum Einlenken und zur Abkehr ihres „Herr im Hause“ Standpunktes gebracht.
Bei Besuchen sollte über mich abgestimmt werden, wen wir im Streikzelt treffen. Ich kümmere mich jetzt um das Thema, welchen Lernprozess die Neupack-KollegInnen durchgemacht haben. Z.B. ob sie allein den unnachgiebigen Herrn Krüger als Gegner erkennen oder auch unser Wirtschafts-System mit seinen Marktgesetzen und der herrschenden Konkurrenz als Triebkraft des Widerstands von Herrn Krüger sehen.
Ein wichtiger Lernprozess war auf jeden Fall, dass sie die Politik der IG BCE jetzt beeinflussen können. Die wollte nach Krügers Zusagen Ende Juni den Arbeitskampf beenden und auch die Zelte abbauen. Die versammelte Belegschaft protestierte dagegen und machte klar, dass das erst geschehen dürfe, wenn sie die Arbeitsplatzbeschreibungen und die Betriebsvereinbarung hätten. Die IG BCE gab ihnen nach und heute sagen die Neupack-KollegInnen in Rotenburg selbstbewusst: „Wir hatten recht, zurückweichen ist falsch“. Andererseits wird die IG BCE-Politik der verantwortlichen Sekretäre überhaupt nicht verstanden, denn „die waren wieder zu gutgläubig“, „die haben den Mund zu voll genommen“, „haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht“ und „IG BCE-Sekretär Becker hat wohl immer noch nicht begriffen, dass Krüger unnachgiebig ist“, d.h. Versprechungen nicht einhält. Diese Politik der IG BCE wirkt demobilisierend, enttäuscht und drückt die Stimmung vieler KollegInnen erheblich.
Euer Erich, 20.7.13
Anhang
Immerhin ein Ergebnis: Artikel von Susann Witt-Stahl im Neues Deutschland vom 13.07.2013
Arbeitskampf bei Neupack: Geordneter Rückzug Artikel von Kai von Appen in der TAZ vom 01.07.2013
„An die Belegschaft der Firma Neupack: Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
die Nachricht, dass es in Eurem Kampf um einen Tarifvertrag zu einem Abschluss gekommen ist, erfüllt uns mit großer Freude. Wir freuen uns mit Euch über das erzielte Ergebnis.Wir gratulieren zu diesem Erfolg, der sicherlich ohne die tatkräftige Unterstützung der Gewerkschaft kaum möglich gewesen wäre.Aber ohne die Bedeutung starker Gewerkschaften schmälern zu wollen, danken wir jedem Einzelnen von Euch für seinen persönlichen Einsatz in dem acht Monate dauernden entbehrungsreichen Arbeitskampf. Euer Durchhaltevermögen verdient allerhöchste Anerkennung. Zu einer Zeit, in der die Gewerkschaften Mitgliederschwund beklagen, wurde durch Euch in Rotenburg der eindrucksvolle Nachweis geliefert, dass Solidarität und geschlossenes Auftreten gerade in der heutigen Zeit dringend notwendig ist, um für gerechte Bedingungen am Arbeitsplatz zu sorgen.
Im „Neupack-Arbeitskampf‘ wurde auch durch Euren Einsatz in Rotenburg ein Stück Gewerkschaftsgeschichte geschrieben. Dafür danke ich im Namen der Rotenburger SPD allen Beteiligten, die je nach den eigenen Möglichkeiten ihren bewundernswe11en Beitrag dazu geleistet haben. Wir wünschen für die Zukunft ein gutes Arbeitsklima bei gutem Lohn und ein solidarisches Miteinander, wie es im Arbeitskampf gelebt wurde. Mit den allerbesten Wünschen grüße ich im Namen der Rotenburger Sozialdemokraten“ Schreiben der SPD Fraktion im Rat der Stadt Rotenburg vom 02.07.2013