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Wie die IG BCE-Führung einen Streik beendet – Was glaubt ihr, was bei Neupack los ist?!
Artikel von Dieter Wegner (aktiv im Soli-Kreis Neupack) vom 12.05.2013
Der Arbeitskampf bei Neupack ist bei vielen GewerkschafterInnen und Linken bekannt. Aber es wird sich in mehrfacher Weise ein falsches Bild gemacht. Besonders dann, wenn die Streikinfos der IG BCE einzige Informationsquelle sind. Die IG BCE behauptet, es gäbe einen Flexi-Streik. In Wirklichkeit gibt es seit dem 24. Januar ein fast normales Arbeitsleben für die KollegInnen von Neupack. Ein Arbeitsleben, unterbrochen von wenigen Tagen Streik, z.B. für Mitgliederversammlungen.
Die Streikfront stand – bis zum 24.1., dem Tag des Beginns des Flexi-„Streiks“. Jetzt sind in Rotenburg von 49 Streikenden (zu Beginn des Streiks am 1.11.2012) nur noch 27 dabei, in Stellingen von 60 nur noch 50. Die Zahl von denjenigen steigt, die diese seltsame Veranstaltung der IG BCE-Führung nicht mehr mitmachen wollen.
Sie haben auch materielle Nachteile:
- Falls die IG BCE-Führung die Streiktage (Mitgliederversammlungen) vor Feiertage legt, weigert sich Krüger, diese zu bezahlen.
- Gelder für Überstunden und Sonderschichten fallen seit dem 1.11. weg.
- Etliche hatten vor Beginn des Streiks zu geringe Mitgliedsbeiträge bezahlt, hatten dadurch wesentlich weniger in den ersten drei wirklichen Streikmonaten.
- Sie müssen Kredite aufnehmen, um zu überleben.
Es gibt etliche AufstockerInnen, die BearbeiterInnen in der Behörde kennen sich nicht damit aus, daß mal die Firma Krüger bezahlt, dann wieder die IG BCE Streikgeld.
Der Hauptgrund ist jedoch, daß sie keine Hoffnung mehr auf ein Gewinnen des Kampfes sehen. Daß sie sich von der IG BCE-Führung, der sie anfangs vertraut hatten, besonders nach den Worten von Vassiliadis: „Wir werden an Krüger ein Exempel statuieren, koste es was es wolle“, seit langem buchstäblich verarscht fühlen.
Überraschend werden Streiktage angeordnet, die praktisch Zählappelle sind: Wer steht noch offiziell zum Flexi-„Streik“?
Die Mitgliederversammlungen dienen dazu, die Stimmung bei den Mitgliedern zu testen. Aber Wut und Kampfeswillen sind kaum noch da, nur noch Resignation.
Der IG BCE-Vorsitzende Vassiliadis, der in seinem „politischen Bericht“ vom 24.4. an den Beirat der IG BCE den Soli-Kreis als „linksradikale Störenfriede“ bezeichnete, schreibt darin: „Da wird versucht, aus dem Arbeitskampf einen Klassenkampf zu machen, der nur mit dem vollständigen Sieg oder der heroischen Niederlage enden kann – ohne Rücksicht auf die Leute, die man genauso verantwortungslos für die eigenen Zwecke mißbraucht, wie das auch die Neupack-Bosse nicht anders tun“.
Herr Vassiliadis scheint schlecht informiert zu sein, was vor sich gegangen ist bei Neupack, nachdem er selbst oder der Landesbezirksleiter Ralf Becker den Flexi-Streik anordnete: Mobbing, Abmahnungen, fristlose Kündigungen ohne Zahl. Kolleginnen ließen sich krank schreiben, sind in psychologischer Behandlung! Diese Behandlung passierte durch seinen renitenten Sozialpartner Krüger. In diese Situation wurden „ohne Rücksicht die Leute“ in die Hallen von Neupack geschickt! Und wo bleibt der Erfolg nach über sechs Monaten? Von Tarifvertrag keine Rede mehr von IG BCE-Seite! Was ist mit dem Versprechen von Herrn Vassiliadis, ein Exempel zu statuieren, koste es, was es wolle?
Wenn jemand rücksichtslos „die Leute“ für die eigenen Zwecke mißbraucht, dann sind das Vassiliadis/Becker für ihre Ideologie von Sozialpartnerschaft und Krüger/Hoeck für ihre Herrschaftsideologie.
Die Kämpfenden von Neupack waren bereit, die Krügers niederzustreiken, weil die gewiß nicht ihre Wohlstandsquelle, den Betrieb, für ihre Luxuslimousinen und ihre Villen am Elbufer und an der Alster aufs Spiel gesetzt hätten. Noch nie ist in Deutschland eine Firma in die Pleite gestreikt worden – bevor es wirklich weh tat, haben sie immer aufgehört.
Der Brief des Betriebsrates an den Hauptvorstand in dem gefordert wird, einen wirklichen Flexi-Streik zu führen und diesen selbst zu bestimmen, wurde noch nicht einmal beantwortet! In diesem Brief wird im Detail begründet, wie sich die KollegInnen ihren Streik vorstellen, überraschend rein und rausgehen, Krüger in Abteilungen und zu Zeiten treffen, wo es wirksam ist. Sie kennten schließlich den Betrieb besser als der Hauptvorstand im fernen Hannover.
Im Streikinfo der IG BCE (Nr. 58 vom 10. Mai) wird getitelt: „Ein großer Teil des Paketes ist heute geschnürt worden“. Geschnürt, nach über sechs Monaten Verhandlung?! Das sind Erfolgsversprechungen und Ankündigungen wie seit Monaten.
Weiter: „Jetzt kann ich sagen: Wir sind mit Neupack im Gespräch, um hier eine Lösung im Verfahren (gegen den BR-Vors. Murat Günes. DW) zu erreichen“. Am Freitag wurde über Murat Günes und die Maßregelungsklausel nicht gesprochen. Es finden also wieder Geheimgespräche statt zwischen Ralf Becker und Neupack (Hoeck?). Ohne den Betriebsrat, ohne die örtliche Tarifkommission!
Hoeck/Krüger stellen inzwischen weiter Maschinenführer und Packer ein, zu den 60 bisher Eingestellten. Ihre neue Mannschaft dürfte ziemlich komplett sein. Sie brauchen dann nur noch ca. 30 aus der Stammbelegschaft loswerden, um wieder die alte Sollstärke vom 1. November, nämlich 195 Beschäftigte zu erreichen.
Die Frage ist nur noch: Wie wird die IG BCE-Führung das Ende des Streiks der Gewerkschaftsöffentlichkeit verkaufen? Eine Kostprobe steht im Streikinfo 58: …“wenn die noch offenen Punkte abgearbeitet sind, wird es eine Einigung geben. Sie enthält für die Beschäftigten eine vergleichbare Sicherheit, wie sie auch ein Tarifvertrag bieten würde“. Eine Regelungsabrede mit vergleichbarer Sicherheit eines Tarifvertrages? Wer die Bedeutung einer Regelungsabrede kennt, kann nur zum Schluß kommen: Wers glaubt, wird selig, wers nicht glaubt, kommt auch in den Himmel.
Dieter Wegner (aktiv im Soli-Kreis Neupack), www.soli-kreis.tk