Union will das Informationsfreiheitsgesetz abschaffen – und in die Zeit des „Amtsgeheimnisses“ zurückkehren
Dossier
„In den Koalitionsverhandlungen drängen CDU und CSU darauf, das Recht auf staatliche Informationen abzuschaffen. Angetrieben wird das Vorhaben von Philipp Amthor – der wegen seiner umstrittenen Nebentätigkeiten bei Augustus Intelligence selbst unter IFG-Anfragen zu leiden hatte. (…) Das geht aus dem Verhandlungspapier der Arbeitsgruppe zu „moderner Justiz“ hervor, das wir veröffentlichen
. Die SPD hat dem Vorhaben bisher nicht zugestimmt. Zuerst hatte das RND davon berichtet
. (…) Die Union hat bisher noch nie öffentlich die Abschaffung des IFG gefordert, hatte dies aber offenbar im Verborgenen vorbereitet. Auch das Umweltinformationsgesetz (UIG) will die Union teilweise abschaffen. Das Spezialgesetz für Umweltinformationen basiert auf EU-Recht. Die von der Union vorgesehene Einschränkung wäre somit europarechtswidrig…“ Beitrag von Arne Semsrott vom 26. März 2025 bei FragDenStaat
(„Union will Informationsfreiheitsgesetz abschaffen“) – siehe auch den Protest von Netzwerk Recherche und einen treffenden Komentar der Volksverpetzer:
- Keine Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes: 41 Organisationen fordern: SPD muss Informationsfreiheitsgesetz schützen
„Anlässlich der Ankündigung der Unionsparteien in den Koalitionsverhandlungen, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) abschaffen zu wollen, fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis von den SPD-Vorsitzenden, die Informationsfreiheit zu schützen. 41 Organisationen, Vereine und Projekte aus Bereichen wie Menschenrechte, Transparenz und Journalismus wenden sich in einem öffentlichen Brief an Saskia Esken und Lars Klingbeil. Sie appellieren an die SPD-Vorsitzenden, Informationsfreiheit nicht zur Verhandlungsmasse zu machen. Stattdessen sollte die nächste Bundesregierung die Auskunftsrechte der Öffentlichkeit mit einem Transparenzgesetz stärken. Angesichts einer erstarkenden autoritären Rechten und der wachsenden Präsenz der AfD im Bundestag brauche es eine resiliente Demokratie, einen transparenten Staat und eine Bundesregierung, die das Vertrauen seiner Bürger*innen nicht nur einfordert, sondern auch die notwendigen Bedingungen dafür schafft…“ Offener Brief vom 1. April 2025 bei FragDenStaat - #IFG retten: Keine Koalition ohne Informationsfreiheit! Viel Widerstand und 2 Petitionen gegen Amthors Rache – und Rufe nach dem Transparenzgesetz
- [Petition] SPD, keine Koalition ohne Informationsfreiheit!
„Die Zwischenergebnisse der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD zeigen Erschreckendes: Die Union will das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und damit das Grundrecht auf staatliche Informationen abschaffen. Das ist ein Frontalangriff auf die Informationsfreiheit, staatliche Transparenz und unsere Demokratie – und das dürfen wir nicht hinnehmen. Öffentliche Kontrolle und Transparenz sind der Union für ihre kommende Regierung offenbar ein Dorn im Auge. Wer Angst vor Informationsfreiheit hat, hat etwas zu verbergen. Denn durch das Informationsfreiheitsgesetz hat jede*r einen Anspruch auf Informationen von Bundesbehörden und Verwaltung. Das IFG ist damit ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Es hilft uns als Bürger*innen, die gewählten Politiker*innen und Behörden zur Verantwortung zu ziehen und es ermöglicht Journalist*innen, Missstände in Politik und Behörden aufzudecken…“ Petition von Frag Den Staat auf Campactan Saskia Esken und Lars Klingbeil und auch:
- #IFG retten: Keine Koalition ohne Informationsfreiheit!
Petition bei openPetitionan Saskia Esken und Lars Klingbeil (SPD) von FragDenStaat, Lobbycontrol, Abgeordnetenwatch.de, Netzwerk Recherche, Campact
- #IFG retten: Keine Koalition ohne Informationsfreiheit!
- Union gegen Öffentlichkeit: Viel Widerstand gegen Vorstoß von CDU und CSU
„… „Frag den Staat“ bezeichnete die geplante Abschaffung als „Frontalangriff auf Informationsfreiheit“. Das von dem Aktivisten Arne Semsrott mitgegründete Portal bietet seit 2011 einen einfacheren Weg, von Behörden Antworten zu bekommen und sie allgemein zugänglich zu machen. „Frag den Staat“ wurde eigenen Angaben zufolge für mehr als eine Viertelmillion Anfragen an Ämter genutzt. Dass sich das Portal damit bei Ministerien oder Verwaltungen unbeliebt macht, sahen die Betreiber:innen stets als Qualitätsausweis. Pikant ist im Zusammenhang mit der Unionsforderung nach Abschaffung des IFG auch eine Personalie: Für die Union hat der Abgeordnete Philipp Amthor die Arbeitsgruppe zu dem Thema geleitet. Er war in den vergangenen Jahren in eine Affäre um umstrittene Nebentätigkeiten verwickelt, die unter anderem durch „Frag den Staat“ und IFG-Anfragen öffentlich wurde. Semsrott wirft Amthor deshalb vor, sich mit der IFG-Abschaffung demokratischer Kontrolle entziehen zu wollen. (…)
Die Ampel-Koalition hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag eigentlich vorgenommen, das IFG zu einem Transparenzgesetz auszuweiten. Ein Reformentwurf scheiterte aber am SPD-geführten Bundesinnenministerium. Aktivist:innen kritisierten zudem die Grünen, sie hätten in der Regierung weniger für Transparenz getan als in der Opposition. (…)
Den Versuch, das Gesetz im Bund abzuschaffen, kritisierte auch der Journalismus-Verband DJV scharf. Der Vorstoß gefährde „die Demokratie zugunsten von Machterhalt und undurchsichtigen Machenschaften“, so dessen Bundesvorsitzender Mika Beuster. Die Transparenz-NGO Lobbycontrol erklärte, Zugangsmöglichkeiten zu behördlichen Informationen seien essenziell für deren demokratische Kontrolle…“ Artikel von Daniel Roßbach vom 29.03.2025 in der FR online - Einen Vorschlag dafür ein Transparenzgesetz hat die Zivilgesellschaft schon 2022 vorgelegt: https://transparenzgesetz.de/
- Angriff auf Informationsfreiheit: Amthors Rache
„CDU und CSU möchten in der kommenden Koalition das Informationsfreiheitsgesetz abschaffen. Gelingt ihnen das, ist mit mehr Korruption zu rechnen…“ Kommentar von Arne Semsrott vom 27.3.2025 in der taz online
- [Petition] SPD, keine Koalition ohne Informationsfreiheit!
- Union plant Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes – Netzwerk Recherche: Transparenz weiterentwickeln, nicht beschneiden
„… „Wer die Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes fordert, ohne eine andere Transparenzregel an seine Stelle treten zu lassen, fürchtet sich offensichtlich vor mehr Offenheit und Bürgernähe. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen den staatlichen Institutionen misstrauen, ist es ein gefährlicher Irrweg, demokratische Rechte beschneiden zu wollen und den Weg der Abschottung zu gehen“, kommentiert Manfred Redelfs, bei Netzwerk Recherche zuständig für das Thema Auskunftsrecht und Informationsfreiheit.
Das Informationsfreiheitsgesetz will mehr Licht in Verwaltungsvorgänge bringen, indem Journalistinnen und Journalisten, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger vor nunmehr 20 Jahren das Recht erhalten haben, Einsicht in Behördenunterlagen zu nehmen oder Kopien anzufordern. Es steht für ein modernes Staats- und Demokratieverständnis. Für den Journalismus werden so vertiefte Recherche aufgrund des Zugangs zu Originalakten möglich. Die Union möchte offensichtlich in die Zeit des „Amtsgeheimnisses“ zurückkehren. Gefragt ist stattdessen eine Weiterentwicklung, z.B. mit automatischen Veröffentlichungspflichten, wie Netzwerk Recherche und andere Verbände seit langem fordern und wozu bereits ein eigener, moderner Gesetzentwurf aus der Zivilgesellschaft vorliegt…“ Meldung vom 26.03.2025
- „Die Union möchte das Informationsfreiheitsgesetz in seiner jetzigen Form abschaffen. Die einzige Möglichkeit, wie wir dann noch Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Bundesbehörden kriegen, ist, wenn ein AfD-Minister dann irgendwann einen SPIEGEL-Journalisten zum Signal-Chat hinzufügt.“ Post der Volksverpetzer.de am 27.3. auf bsky
Siehe zuletzt die Drohung im März 2024: Bundesverwaltungsgericht legt die Axt ans Informationsfreiheitsgesetz: Anonyme Anträge seien nach dem IFG unzulässig