Sprachlos beim Arzt: Dolmetscherdienste im Gesundheitsbereich sollen Kassenleistung werden
„Wenn ausländische Patienten ihren behandelnden Arzt nicht verstehen, kann das gravierende Folgen haben. Deshalb befürworten Fachleute, in Sprechstunden oder bei Klinikaufenthalten Dolmetscher anzubieten. Doch wer soll dafür die Kosten tragen? (…) Fachleute befürworten Angebote für eine professionelle Sprachmittlung in der Gesundheitsversorgung. Sprachbarrieren verhinderten in vielen Fällen eine effiziente medizinische Versorgung (…) Sprachbarrieren sorgten für Reibungsverluste und benachteiligten Personen mit geringen Deutschkenntnissen. Eine gesetzliche Regelung und eine verbindliche Übernahme der Kosten für Dolmetscherdienste seien daher dringend geboten. Für Sprachmittlung als Kassenleistung kämpft auch das Aktionsbündnis Patientensicherheit . Denn ohne Sprachmittlung erhöhe sich das Risiko von Behandlungsfehlern…“ Beitrag von Pat Christ vom 16.04.2024 im Migazin und dazu:
- Sensible Kommunikation: Bündnis fordert Recht auf Dolmetscher im Gesundheitswesen
„Anders, als viele Vorurteile nahelegen, nehmen Migranten Gesundheitsleistungen vergleichsweise seltener in Anspruch. Dieser Befund ist wissenschaftlich belegt. Oft liegt das an Sprachbarrieren. Ein Verbändebündnis fordert ein Recht auf Sprachmittlung. Lokale Projekte dazu gibt es schon.
Manchmal reicht eine einfache Übersetzung von Worten nicht aus. Nazila Afshar wurde das klar, als sie in einer Arztpraxis im hessischen Vogelsbergkreis saß, und für eine erkrankte Frau dolmetschen musste. „Sie hatte Nierenprobleme“, berichtet Afshar. „Der Arzt hat eine Behandlung vorgeschlagen, aber dabei so viele Fachwörter benutzt, dass ich erst nachfragen musste, was sie bedeuten.“ Dann erst habe sie der Klientin nicht nur übersetzen, sondern die vorgeschlagene Therapie auch erklären können. Afshar übersetzt regelmäßig für das Projekt „Sprachmittler“ des Vogelsbergkreises aus dem Deutschen ins Persische und umgekehrt. Bei dem Projekt werden speziell geschulte Dolmetscherinnen und Dolmetscher eingesetzt. Nicht nur, aber auch im Gesundheitswesen. (…) Eine Untersuchung der Universität Hamburg aus dem Jahr 2017 beispielsweise geht von fünf Prozent an Patientinnen und Patienten in Berlin aus, mit denen keine oder kaum Verständigung möglich ist. Schätzungsweise 34.000 Behandlungen und Operationen werden demzufolge in der Hauptstadt jährlich vorgenommen, ohne dass über die Eingriffe ausreichend aufgeklärt wurde. (…)
Professionelle Dolmetscherinnen und Dolmetscher sind den Behelfslösungen in der Regel überlegen. Sie können medizinische Fachbegriffe erklären, und sie haben keine eigenen Interessen dabei. Viele Kliniken bieten auch bereits heute schon muttersprachliche Leistungen in Medizin und Pflege an. Aber einen Rechtsanspruch auf eine professionelle Übersetzung gibt es nicht. (…) Das will das „Bündnis für Sprachmittlung“ ändern, in dem auch die Diakonie Deutschland engagiert ist. Vor rund einem Jahr veröffentlichte es ein Forderungspapier dazu. (…) Das Papier fordert unter anderem, einen Rechtsanspruch auf Sprachmittlung im Sozialgesetzbuch V zu verankern für alle Gesundheitsleistungen, die im Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung stehen. Zudem sollten auch Asylsuchende nach Asylbewerberleistungsgesetz diesen Anspruch haben. Für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz hatten SPD und Grüne im November einen Änderungsantrag eingebracht. Darin ist auch eine Sprachmittlung vorgesehen, allerdings nicht als Rechtsanspruch. (…) Nicht immer können Dolmetscher vor Ort sein. Digitale Lösungen für Übersetzungen hat das Verbändebündnis daher mitbedacht…“ Beitrag von Nils Sandrisser vom 12. Januar 2025 im MiGAZIN