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Wachsende Protestbewegung und Streiks gegen das teure(re) Leben in Martinique
Dossier
„Die Proteste in Martinique, die vor einigen Wochen wegen der steigenden Lebenshaltungskosten begannen, haben in den letzten Tagen an Intensität zugenommen. Die Lage spitzt sich weiter zu, da die Polizei verstärkt gegen die Demonstrant:innen vorgeht und es bereits zu mehreren Festnahmen kam. Besonders umstritten ist die Entscheidung der französischen Regierung, die Bereitschaftspolizei nach Martinique zu entsenden. (…) Die Protestierenden fordern von der Regierung Maßnahmen zur Senkung der Lebenshaltungskosten sowie eine bessere soziale Absicherung und einen gerechten Mindestlohn. (…) Eine zentrale Rolle bei der Mobilisierung spielen mehrere große Gewerkschaften wie die Confédération Générale des Travailleurs de la Martinique (CGTM) und die Force Ouvrière (FO). Zahlreiche lokale Bürgerinitiativen und soziale Bewegungen haben ebenfalls zu den Protesten aufgerufen…“ Beitrag von Ani Dießelmann vom 28.09.2024 in amerika21 („Proteste in Martinique verschärfen sich“) – siehe mehr Informationen:
- Zu Frankreich zählende Karibikinseln (Antillen): Nach bald zwei Monaten sozialer Mobilisierung auf La Martinique nun auch heftige soziale Konflikte auf Guadeloupe
„Nach anderthalb, bald zwei Monaten sozialer Mobilisierung auf La Martinique sowie im Energiesektor auf der Nachbarinsel La Guadeloupe, Ausgangssperren und Demoverboten: Steht eine Auflösung des Konflikts bevor? – Eine Lösung für extrem überhöhte Lebenshaltungskosten und, wenigstens, ihre Angleichung an die Preise im europäischen Frankreich soll in Sicht stehen – Auf ein Abkommen vom 16. Oktober d.J., das jedoch durch lokale Kräfte z.T. als unbefriedigend bezeichnet wird, folgt nun ein Votum der französischen Nationalversammlung: Der Staat soll bei bestimmten Produkten auf die Mehrwertsteuer verzichten – Proteste werden jedoch fortgesetzt – Die seit dem 10. Oktober geltende nächtliche Ausgangssperre wird bis vorläufig kommenden Montag, 04. November aufrechterhalten – Auf Guadeloupe kam es zu heftigen sozialen Auseinandersetzungen in der Stromproduktion…“ Artikel von Bernard Schmid vom 29.10.2014 – siehe auch:- „Die Wut gegen die hohen Lebenshaltungskosten lässt auf Martinique nicht nach. Daran ändert auch die Repression nichts. Die Revoltierenden lassen sich immer mehr einfallen, um die Polizei daran zu hindern, die Straßensperren aufzuheben…“ franz. Tweet von Cerveaux non disponibles vom 24. Okt. 2024 zum Video
- Hafen, Flughafen, LKW-Fahrer: Mehrere Sektoren rufen zum Streik in Martinique auf, die Repression verschärft sich
„In Martinique schließen sich Sektoren der Arbeiter:innenbewegung der Mobilisierung gegen zu hohe Lebenskosten an und rufen am Donnerstag zum Streik auf. Trotz der Repression, die sich mit der Entsendung der Eliteeinheit CRS8 verschärft, wächst die Protestbewegung.
Weit davon entfernt, der Unterdrückung des Kolonialstaats Frankreich nachzugeben, hat sich die Bewegung gegen die prekären Lebensbedingungen in den letzten Tagen verstärkt und auf Martinique ausgebreitet. Während am vergangenen Mittwoch eine Ausgangssperre verhängt wurde, wurden in der Nacht von Donnerstag auf Freitag drei Blockaden in Le Lamentin und acht im Süden der Insel errichtet. Auch die Demonstrant:innen haben dem seit letztem Freitag wirksamen Demonstrationsverbot nicht nachgegeben: Am Tag nach der Veröffentlichung der Verbotsverordnung hat eine Demonstration gegen die teuren Lebenskosten und die Ankunft der Polizei-Eliteeinheit CRS8 aus dem Stadtteil Dillon heraus mehr als eine Stunde lang einen Teil der Autobahn A1 blockiert Die RPPRAC, die zu der Demonstration aufgerufen hatte, ist eine Organisation „zum Schutz der afrokaribischen Menschen und Ressorucen“ und eine treibende Kraft der Proteste auf Martinique. Am selben Tag wurde vor dem Carrefour Market du François, der zur Bernard Hayot-Gruppe gehört, eine Blockade errichtet, um die überteuerten Lebenshaltungskosten und die Verantwortung der großen Konzerne anzuprangern. Am Sonntag wurde die Autorität des Kolonialstaates erneut von mehreren hundert Demonstranten, die gegen die Lebenshaltungskosten protestierten, in Frage gestellt und angeklagt. (…)
In einer am 20. September veröffentlichten Erklärung gab die Confédération Générale du Travail de Martinique (CGTM) bekannt, einen verlängerbaren Streik von zunächst 24 Stunden zu planen der zahlreiche Tätigkeitsbereiche in Martinique betrifft. Ein Streik, der an diesem Donnerstag beginnt. Die Forderungen der Pressemitteilung lauten wie folgt: „Anhebung des Mindestlohns, der Altersrenten und der Sozialmindestbeträge auf 2.000 Euro netto pro Monat; Anpassung der Löhne, Renten und Sozialmindestleistungen an die Inflation; Einführung der Preisbremse für Grundbedürfnisse; Fallenlassen der staatlichen Anzeigen gegen Aktivist:innen.“ Die CGTM-Gewerkschaften (Samac, Servair, Transair) kündigten im Flughafengebiet an, sich der Mobilisierung anzuschließen. Youri Rogol, Gewerkschaftsvertreter der CGTM bei der Samac, prangerte in einer Pressemitteilung die vom großen Einzelhandel erzielten Gewinne und die Mitschuld des Staates bei der Auferlegung tödlicher Lebenskosten an und sagte: „Der Flughafen und der Hafen sind wirtschaftliche Lungen Martiniques. Wenn wir aufhören müssen zu arbeiten, um zu demonstrieren, werden wir es tun“. (…)
Über die CGTM hinaus beginnt sich die Protestbewegung auch auf die Mitglieder der Transportarbeiter:innen-Gewerkschaft UNOSTRA auszudehnen. Ab Dienstag werden sie einen „Konvoi gegen das teure Leben“ organisieren und sie kündigen eine Reihe von Straßenblockaden in Lamentin, Robet, Saint-Joseph und Case-Pilote an…“ Artikel von Camille Yomiclo am 24.09.2024 bei Klasse gegen Klasse in der Übersetzung durch Baki Devrimkaya und Julius Götz - Martinique: Ein Aufstand gegen soziale Ungerechtigkeit
„Proteste eskalieren. Karibikinsel von strukturellen Problemen betroffen. Frankreich reagiert mit Repression
In den vergangenen Tagen ist es in Martinique zu massiven Ausschreitungen gekommen. Ausgelöst wurden die Proteste durch soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeiten, die sich zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gesteigert haben. Martinique ist als sogenanntes Übersee-Département eine Region Frankreichs und seit 1635 kolonialisiert.
Die Unruhen begannen in der Hauptstadt Fort-de-France und breiteten sich schnell auf andere Teile der Insel aus. Tausende von Menschen gingen auf die Straßen, um gegen die steigenden Lebenshaltungskosten, die hohe Arbeitslosigkeit und die anhaltenden sozialen Ungleichheiten zu protestieren.
Der Gouverneur der Insel, Jean-Christophe Bouvier, hat eine Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr in den am stärksten von den Protesten betroffenen Gebieten verhängt. Die Maßnahme wird mindestens bis zum 23. September in Kraft bleiben. Aus Frankreich werden Sicherheitskräfte auf die Insel mobilisiert, um die Proteste zu stoppen. Zeugen berichten von gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Barrikaden wurden errichtet, und mehrere Geschäfte wurden geplündert. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, um die Menge zu kontrollieren. Das führte zu weiteren Eskalationen. (…) Preise für Grundnahrungsmittel und Dienstleistungen sind in Martinique in den letzten Jahren stark gestiegen. Viele Familien können sich die täglichen Ausgaben nicht mehr leisten. Eine Studie des Nationalen Statistikinstituts aus dem Jahr 2023 hat gezeigt, dass die Preise für Grundnahrungsmittel in Martinique 40 Prozent höher sind als auf dem französischen Festland. Die Arbeitslosigkeit, insbesondere unter jungen Menschen, ist alarmierend hoch. Nicht zuletzt hat die COVID-19-Pandemie bestehende Probleme wie den Zugang zu medizinischer Versorgung verstärkt. Zudem leidet die Insel unter ökologischen Herausforderungen, die oft von unzureichenden politischen Maßnahmen begleitet werden. Der Anstieg des Meeresspiegels ist eine ernste Bedrohung für die Karibikinsel.
Die Lehrer:innen-Gewerkschaft (UNSA) rief zur Gewaltlosigkeit auf und schrieb aber auch: „Mehr als ein Viertel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Niemand kann mit leerem Magen in der Schule lernen.“
Der Protest richtet sich nicht nur gegen die unmittelbaren Missstände, sondern auch gegen eine tief verwurzelte postkoloniale Struktur…“ Beitrag von Ariana Pérez vom 20.09.2024 in amerika21 - GEWERKSCHAFTSÜBERGREIFENDES KOMMUNIQUÉ: TEUERES LEBEN UND ELEND
„Teuerung und Not: Keine Rücksichtslosigkeit, keine Passivität!
Am Sonntag, den 1. September 2024, beteiligten sich Hunderte von Demonstrantinnen und Demonstranten an der Mobilisierung gegen die Teuerung. Die Legitimität des so an diesem 1. September neu entfachten Kampfes ist unbestritten und weithin anerkannt. Die Gewerkschaftsbewegung hat nicht aufgehört, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ob berufstätig oder nicht, sowie die schulpflichtige Jugend aufzurufen, gegen die soziale Notlage zu kämpfen, die sie trifft: – die exorbitanten Preise für Grundnahrungsmittel, – die Hungerlöhne, die lächerlichen Renten und sozialen Mindestleistungen, – die Angriffe der Macht auf die Arbeitslosen, auf die Rente, – der Verfall der öffentlichen Dienstleistungen, ein Verfall, der organisiert wird, um die Privatisierung zugunsten einer Handvoll Profiteure zu beschleunigen.
All diese Probleme sind eng miteinander verknüpft und erfordern eine allgemeine Mobilisierung der Arbeiterschaft und aller unterdrückten sozialen Gruppen, um ihnen entgegenzutreten. Die unterzeichnenden Gewerkschaftsorganisationen rufen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch all jene, die generell Opfer von Profiteuren sind, dazu auf, die von der herrschenden Klasse aufrechterhaltenen Spaltungen zurückzuweisen und wo immer möglich ein gemeinsames Vorgehen zu entwickeln, um die Arbeitswelt in die Aktion zur Verteidigung ihrer Interessen, ihrer Bestrebungen und der Würde der Bevölkerung im Allgemeinen zu bringen.“ franz. Meldung vom 10.9.2024 bei CGTM der Gewerkchaften CDMT CFDT CFE-CGC CFTC CGTM CGTM-FSM FSU UNSA
Siehe auch:
- Petition : Président de la République, Emmanuel Macron Stop la vie chère en Outre-mer!
- #VieChere #Martinique
- CGTM: Confédération Générale du Travail de la Martinique – Homepage
Transportarbeiter:innen-Gewerkschaft UNOSTRA – Homepage - RPPRAC (Rassemblement pour la protection des peuples et des ressources afro-caribéens auf Instagram